Protocol of the Session on September 14, 2011

(Beifall beim SSW)

Meine Damen und Herren, man kann es anscheinend nicht oft genug betonen: Die einzige verlässliche Vorhersage, die sich heute treffen lässt, lautet, dass eine Ausweitung des Angebots zu einer größeren Zahl von Spielsüchtigen führt. Für den SSW bleibt der umfassende Schutz der Spieler das oberste Ziel bei der Neuregelung des Glücksspiels. Wir sind der Auffassung, dass sich dieses Ziel nur durch eine bundeseinheitliche Regelung erreichen lässt. Auch ein Spielhallengesetz bringt uns hier weiter; doch ein landeseigenes Glücksspielgesetz in der vorliegenden Form vernachlässigt nicht nur die

(Lars Harms)

Suchtprävention, sondern ist auch finanzpolitisch höchst zweifelhaft, ja fast schon gefährlich.

Deshalb werden wir der Arp-Kubicki-Regierung nicht folgen und den Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei SSW, SPD und der LINKEN)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich als unsere Gäste Schülerinnen und Schüler der Herderschule aus Rendsburg. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Innenminister Klaus Schlie das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Thema Glücksspiel und der Weiterentwicklung des Glücksspielstaatsvertrags hat sich auch die Landesregierung intensiv beschäftigt. Dabei handelt es sich um einen außerordentlich komplexen Themenbereich. Mit dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen hat sich die Landesregierung - am Schluss des Verfahrens, Herr Kollege Kubicki, nachdem wir dazu aufgefordert worden sind - ebenfalls intensiv und fachlich kompetent beschäftigt.

Das bisherige Modell des Glücksspielstaatsvertrags hat nicht nur rechtlich versagt, es hat auch faktisch versagt und den Grau- und Schwarzmarkt weiter anwachsen lassen. Das ist übrigens das Grundproblem, mit dem wir uns wirklich intensiv beschäftigen müssen. Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Entscheidungen vom 8. September 2010 deutliche Hinweise zur Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Glücksspielstaatsvertrags unterbreitet. Der EuGH hat allen allen - Ländern in Deutschland aufgegeben, einheitliche und kohärente Regelungen für alle Glücksspielbereiche zu schaffen. Eine bloße Fortschreibung des bisherigen Glücksspielstaatsvertrags war und ist damit nicht mehr möglich. Ich finde es gut, Herr Oppositionsführer, dass Sie diese Erkenntnis auch haben, nachdem Sie jahrelang auf dem falschen Trip waren.

(Beifall bei der CDU)

Schleswig-Holstein, hier vor allem Ministerpräsident Carstensen, konnte inzwischen zwar alle Länder von seiner Forderung nach einer Wiederzulassung von Glücksspielangeboten im Internet und

von der Lockerung der Werbebeschränkungen überzeugen - insbesondere das Internetverbot, gegen das sich Schleswig-Holstein schon bei den Verhandlungen über den Glücksspielstaatsvertrag 2008 ausgesprochen hatte, ist eine wesentliche Ursache für die Umsatzrückgänge der letzten Jahre bei den staatlichen Lotterien und der Sportwette Oddset aber die Beratungen mit den anderen Ländern haben bisher keine Lösung für die europarechtlich geforderte einheitliche und kohärente Struktur des gesamten Glücksspielmarkts ergeben.

Die vorgestellten Modelle der anderen Länder wie beispielsweise sieben Sportwettenkonzessionen oder eine Live-Übertragung von Casinospielen im Internet sind hierzu eben nicht geeignet. Sie werden darüber hinaus eine Kanalisierung weg vom Grauund Schwarzmarkt im Internet auch nicht bewirken. Die Europäische Kommission hat im Rahmen der Notifizierung des Entwurfs des Glücksspielstaatsvertrags der anderen Ländern deutliche Kritik an dem Modell geübt. Willkürliche Anzahlen von Konzessionen und erdrosselnde Abgaben waren Teile der Kritik der Kommission.

In der Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtags vom 24. bis 27. Mai 2011 hatte ich Ihnen bereits die wesentlichen Gründe erläutert, aus denen sich die Landesregierung nicht in der Lage sieht, dem vorliegenden Entwurf der anderen Länder zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrags zuzustimmen. Diese Gründe werde ich jetzt nicht wiederholen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe unsere Kritikpunkte von der Europäischen Kommission im Nachhinein voll und ganz bestätigt.

Hauptzielsetzung der Landesregierung bleibt es, die Vielzahl der bisher in Deutschland nicht erlaubten Glücksspielangebote im Internet in einen legalen und staatlich überwachten Markt zu überführen, mit der Nebenfolge, daraus auch Einnahmen für die Länder zu erzielen.

Diese Zielsetzung verfolgt auch der vorliegende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen. Der Entwurf eines Glücksspielgesetzes steht für eine Liberalisierung mit dem Ziel umfänglicher Kanalisierung des Glücksspiels und eines regulierten Markts. Das ist es, was europäische Rechtsetzung im Übrigen fordert, und nicht das, was hinsichtlich des Staatsmonopols immer wieder durch die Hintertür Eingang in die Diskussion findet.

(Beifall bei CDU und FDP)

Auf der Grundlage des neuen Gesetzes kann dann die Landesregierung klare und transparente Vorgaben für die Zulassung von Glücksspielveranstaltern

(Lars Harms)

schaffen. Das sind eindeutige und wirklich nachvollziehbare Regelungen. Ich bin davon überzeugt, dass nur die Aufrechterhaltung des Lottomonopols mit dem Hauptziel der Vermeidung von Betrug und Manipulation und ein Erlaubnismodell für Sportwetten und Online-Glücksspiele rechtlichen Bestand versprechen und gleichzeitig flächendeckend Spielerschutz in einem legalen und überwachten Glücksspielmarkt gewährleistet.

Das Lottomonopol wird im Gesetzentwurf beibehaltend. Die aus dem Lottomonopol erzielten Zweckabgaben sollen wie bisher für den Naturund Umweltschutz sowie für Umwelt- und Entwicklungsprojekte im Sinne der Agenda 21, für die Förderung des Sports, für die Verbraucherinsolvenzberatung und für die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren durch Glücksspiele eingesetzt werden.

Ein weiteres Hauptziel der Landesregierung bleibt eine bundeseinheitliche Änderung der Rechtslage mit dem Ziel einer Zulassung privater Glücksspielanbieter. Alle Parteien sprechen sich mit ihren Anträgen hier im Parlament gegen einen Alleingang Schleswig-Holsteins bei der Neuregelung des Glücksspielrechts aus. Aber die anderen Länder müssen eben bei einem rechtskonformen Weg auch mitmachen. Bisher haben wir das nicht erkannt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das, was sich nach den Bemühungen unseres Ministerpräsidenten in der Ministerpräsidentenkonferenz als hoffnungsvolles Zeichen abzeichnete, ist wiederum vor dem EuGH - auch in der Notifizierung - gescheitert. Deswegen sind wir hier schon auf einem richtigen Weg.

Es ist interessant, wie ähnlich zum Beispiel die Forderungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Zielen der Landesregierung und dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen im Kern sind. Der Entwurf enthält keine Internetsperren. Die Suchtprävention ist klar im Gesetz verankert und deren Arbeit übrigens auch dauerhaft finanziert. Das Staatsmonopol für Lotto bleibt erhalten, und der Großteil der Glücksspielangebote wird in die Legalität zurückgeholt. Wenn man einmal den rhetorischen Klamauk weglässt, so sind das die Inhalte, die letztendlich durchtragen, und diese müssen dann auch in einen Gesetzentwurf einfließen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Hauptzielsetzung der Landesregierung ist die Schaffung einer einheitlichen und kohärenten Struktur des Glücksspiels. Auch der Bereich des sogenannten gewerblichen Spiels spielt für eine kohärente und einheitliche Struktur des Glücksspiels eine wichtige Rolle. Daher begrüße ich ausdrücklich auch die verschiedenen Initiativen zur Schaffung von gesetzlichen Regelungen für Spielhallen. Wir sind uns doch hier im Hohen Hause alle darüber einig, dass die Entwicklung im Bereich der Spielhallen so nicht weitergehen kann. In den letzten Jahren sind ständig größere Spielhallen eröffnet worden, die weder städtebaulich noch aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes in unserem Sinne sind. Deswegen finde ich es gut, dass wir nach Möglichkeit zu einer einheitlichen Auffassung kommen wollen. Es ist ja völlig richtig, Herr Kollege Kubicki, dass diejenigen, die jetzt davon reden, dass Sucht zurückgedrängt werden muss, über die Jahre, als sie es hätten tun können, nichts getan haben. Wir werden es machen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt die Dreiminutenbeiträge auf. Ich nenne einmal die Redner in der Reihenfolge der Anmeldungen, wie sie bei mir eingegangen sind: Werner Kalinka, Andreas Beran, Dr. Ralf Stegner und Dr. Robert Habeck. Das sind die bisher angemeldeten Dreiminutenbeiträge. - Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Kollegen Werner Kalinka für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat ein hartes Ringen gegeben, gerade auch in den vergangenen 14 Tagen. Aus meiner Sicht gibt es jetzt aber deutliche Veränderungen, nämlich Verbesserungen. Das ist ein Ergebnis, das nicht jedem gefallen muss, mit dem man aber leben kann. Das ist die Reaktion auf die Wirklichkeit bei diesem Thema.

Lassen Sie mich in acht Punkten kurz vortragen, was die wesentlichen Punkte sind:

Erstens. Wir bekommen ein Spielhallengesetz in Schleswig-Holstein. Darüber wird entsprechend beschlossen. Ich denke, wir dürfen darüber sehr, sehr zufrieden sein. Das hätte vor einigen Wochen und Monaten noch niemand gedacht.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

(Minister Klaus Schlie)

Wir werden die Einzelheiten zu diesem Thema miteinander auch im Ausschuss besprechen. Die Regierung wird dazu sicherlich einen Vorschlag vorlegen: Sperrzeiten, Mehrfachkonzessionen, keine Erlaubnis von Spielhallen in der Nähe von Kinderund Jugendschutzeinrichtungen - ich muss es kurz machen. Das ist der erste Punkt.

Zweitens. Lotto bleibt im Block. Die Unsicherheit ist weg - auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dieses ist ein ganz entscheidender Punkt, den alle gewollt haben. Das haben wir erreicht.

(Beifall bei CDU und FDP)

Drittens. Die Tür für den Bund bleibt offen. Wir haben ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2012, die vollständige Wirkung des Gesetzes zum 1. März 2012. Ich möchte Ihnen auch einmal sagen: Man muss nicht immer für eine Lösung sein, aber wenn man für etwas ist, muss man auch irgendwann ein Ende in der Diskussion setzen und zu Ergebnissen kommen. Das gehört zu dieser Diskussion auch mit dazu.

(Beifall bei CDU und FDP)

Viertens. Wir haben die Zuverlässigkeitskriterien deutlich verschärft. Das haben wir gerade in den vergangenen Tagen gemacht. Wenn Sie dieses als Hektik bezeichnen, kann ich nur sagen: Das Gegenteil ist der Fall. Hier ist mit ruhiger Hand, ganz genau und in Richtung einer bestimmten Zielrichtung etwas gemacht worden. Das ist die Realität.

(Beifall bei CDU und FDP - Lachen bei der SPD)

Herr Kollege Stegner, ich wollte es mir eigentlich verkneifen, aber eines möchte ich doch noch sagen: Mit Ihrem Beitrag sind Sie auf dem Stand von vor einigen Monaten stehengeblieben - nicht nur beim Thema Glücksspiel.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

- Sie hören schon die Reaktionen hier aus dem Haus. Ich glaube, das genügt.

Fünftens. Lizenzen aus anderen EU-Ländern gelten nicht automatisch in Schleswig-Holstein.

Sechstens. Der Staat hat Handlungsmöglichkeiten, und er sollte diese auch nutzen.

Siebtens. Wir haben deutlich mehr Spielerschutz, deutlich mehr Suchtprävention. Die Bekämpfung von Sucht ist und bleibt unser vorrangiges Ziel. Ich sage das noch einmal, damit das ganz deutlich ist.

Und wir werden daran die Wirklichkeit auch messen.

(Beifall bei CDU und FDP)