Protocol of the Session on September 14, 2011

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig unterstützen wir die Entscheidung, das staatliche Lottomonopol zu erhalten und in seiner Begründung rechtskonform zu ändern. In diesem Zusammenhang möchte ich anmerken: Es ist gut, dass wir uns jetzt wohl auf einen gemeinsamen Weg zu einem Spielhallengesetz begeben. Das ist überfällig. Es ist genauso notwendig wie die Verschärfung der Spielverordnung auf Bundesebene.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, meine Fraktion erkennt durchaus an, dass CDU und FDP mit der Forderung der Liberalisierung die Grundlage für ein modernes Glücksspielgesetz legen wollen. Aber - jetzt werden

(Wolfgang Kubicki)

Sie sicherlich nicht mehr klatschen - die Überzeugung, die richtige Lösung gefunden zu haben, rechtfertigt weder das dilettantische Vorgehen von CDU und FDP, noch rechtfertigt es den Kuschelkurs mit den Lobbyisten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es rechtfertigt erst recht nicht die Aufkündigung der föderalen Solidarität.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Komische Auffassung von Föderalismus!)

Der Alleingang Schleswig-Holsteins ist ein Affront gegenüber den anderen Bundesländern.

(Zuruf von der CDU: Na, na!)

Mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes starten Sie einen gnadenlosen Erpressungsversuch gegenüber den anderen Ländern, um diese auf Ihren Kurs zu zwingen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen doch genau, Herr Arp, dass davon auszugehen ist, dass der Europäische Gerichtshof Beschränkungen des Glücksspiels in anderen Bundesländern als nicht zulässig erachten würde, wenn das Glücksspiel in Schleswig-Holstein liberalisiert ist und in andere Bundesländer ausstrahlt. Genau darauf setzen Sie ja auch. Dann sollten Sie das aber sagen.

Meine Damen und Herren, aber auch gegenüber dem zukünftigen Landtag ist das Vorgehen von CDU und FDP unverschämt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit Ihrem Gesetzentwurf können die ersten Lizenzen ab März 2012 an private Anbieterinnen und Anbieter vergeben werden, zwei Monate vor der Landtagswahl, für sechs Jahre gültig und ohne generellen Widerrufsvorbehalt. Damit verbauen CDU und FDP dem neuen Landtag die Möglichkeit, sich im Nachhinein - vielleicht im nächsten Sommer - entschädigungsfrei mit den anderen Bundesländern auf einen gemeinsamen Glücksspielstaatsvertrag zu einigen. Wenn der 1. Dezember verstrichen sein wird, haben wir diese Möglichkeit nicht mehr.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki?

Frau Kollegin Heinold, ich habe es im Ausschuss bereits ähnlich vernommen: Sind Sie der Auffassung, dass wirklich alle Genehmigungen so erteilt werden sollen, also unter dem Vorbehalt eines Regierungswechsels?

- Es gibt die Möglichkeit, Genehmigungen nicht an die Frage des Regierungswechsels zu binden, sondern beispielsweise an die Frage, ob es eine bundesweit einheitliche Lösung gibt. Für diesen Fall sollte das Widerrufsrecht gegeben sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, CDU und FDP nehmen mit dieser Regelung bewusst ein finanzielles Risiko für den Fall einer späteren bundeseinheitlichen Regelung in Kauf. Das ist nicht nachhaltig, sondern verantwortungslos. Meine Damen und Herren, anscheinend haben zumindest einige Kolleginnen und Kollegen in der Koalition ein schlechtes Gewissen. Denn Ihre Resolution, Herr Kubicki, wird nicht für uns bestimmt sein, sondern für Ihren Koalitionspartner. Wie sonst wäre es zu erklären, dass parallel zu einem Gesetz, über das heute abgestimmt werden soll, ein Antrag beschlossen werden soll, mit dem begehrt wird, dass dieses Gesetz doch lieber nicht in Kraft treten soll?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, durch die gesamte parlamentarische Beratung hat sich das ungute Gefühl gezogen, dass CDU und FDP ihren Gesetzentwurf intensiver mit der Glücksspielindustrie beraten als mit den Abgeordneten im Fachausschuss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der FDP: O Gott!)

Von der ungeklärten Frage, wer denn die BorisBecker-Veranstaltung im Landtag bezahlt hat, bis zu gesponserten Reisen und zur Teilnahme von Abgeordneten an der sogenannten Sylter Sause entsteht der Eindruck, dass diejenigen, die finanziell von dem Gesetz profitieren, dieses Gesetz federführend mit geprägt haben. Dies hinterlässt mehr als einen bitteren Beigeschmack.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, so hat es mich auch nicht mehr gewundert, dass ich in der letzten Woche einzelne Textpassagen Ihres Änderungsentwurfs von einem Sportwettenanbieter in identischer

(Monika Heinold)

Fassung erhalten habe, und zwar bevor Sie diesen Entwurf dem Parlament zur Verfügung gestellt haben.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, die Beratung über diesen Gesetzentwurf war chaotisch. Bis gestern Abend haben Sie Korrekturen nachgereicht. In den letzen Tagen wurde in erschreckender Weise deutlich, wie fehlerhaft Ihr Gesetzentwurf war. Ganze Textpassagen wurden vergessen. Trotz monatelanger Beratung scheint das Gesetz mit heißer Nadel gestrickt zu sein. Das ist schwarz-gelber Murks ohne Qualitätsgarantie.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Aber, meine Damen und Herren, auch die Prognose von CDU und FDP, in Schleswig-Holstein würden sich 40 Anbieter niederlassen und 2.000 Arbeitsplätzen schaffen, ist abenteuerlich und nährt die Befürchtung, dass Sie unser Land zum Las Vegas des Nordens machen wollen.

(Zurufe von der FDP: O Gott! Die Casinos haben doch Sie eingerichtet!)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wollen Sie Schleswig-Holstein tatsächlich vom Tourismusland zum Zockerland machen? Das kann doch nicht Ihre Absicht sein.

(Beifall von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf von der FDP: Sie haben die Casinos doch gemacht!)

Wollen Sie zukünftig mit dem Slogan werben: „Zwischen Spielhalle und Wettbüro - Urlaub in Schleswig-Holstein“? Und worauf stützen Sie die Annahme, dass die neue Glücksspielabgabe circa 60 Millionen € in den Landeshaushalt spült?

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Mit solchen Sprüchen schadet man dem Land!)

Die Landesregierung hat sich zu Recht im Finanzausschuss geweigert, auch nur annähernd eine Prognose zu wagen. Die Landesregierung will sich in dieser Frage anscheinend nicht verzocken. Schließlich ist es für die Anbieter von Sportwetten finanziell attraktiver, ihren Sitz nicht in Schleswig-Holstein zu haben, denn dann fallen sie unter die günstigere Glücksspielabgabe. Haben sie ihren Sitz in Schleswig-Holstein, zahlen sie die höheren Renn-, Wett- und Lotteriesteuern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nur, solange der Tatbestand erfüllt ist!)

Für meine Fraktion steht fest: Die Liberalisierung der Sportwetten darf nicht im Alleingang eines Bundeslandes stattfinden, und jede Liberalisierung braucht klare Regeln.

Warum schließen Sie in Ihrem Gesetzentwurf die Ereigniswette nicht einfach aus?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Warum erlauben Sie,

(Christopher Vogt [FDP]: Warum denn?)

dass darauf gewettet werden darf, wer in der dritten Minute seine Hose runterlässt? Bei der ersten Lesung waren wir uns noch einig, dass dies nicht erlaubt sein soll.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU] - Christopher Vogt [FDP]: Polemik ersetzt keine Argumentation!)

- Sie als Gesetzgeber hätten es ausschließen können, Herr Arp, ausschließen können!