Protocol of the Session on August 25, 2011

Im Handel mit Nordosteuropa ist Hamburg darauf angewiesen, dass Schiffe ohne lange Wartezeiten an den Schleusen den Kanal passieren können. Schon jetzt kommt es vor den Brunsbütteler Schleusen zu Wartezeiten, die den Zeitvorteil der Kanalpassage gegenüber dem Seeweg über Skagen zumindest teilweise aufheben. Die Gefahr ist groß, dass Reedereien zum bereits erwähnten Hafen Rotterdam abwandern und von dort die Route über Skagen gen Ostsee fahren.

Der Schifffahrt müssen ständig zwei große Schleusenkammern in Brunsbüttel zur Verfügung stehen. Deswegen muss zuerst eine neue Schleuse als Bypass zur Verfügung stehen, ehe die großen Kammern nacheinander grundsaniert werden.

(Beifall der Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP] und Christopher Vogt [FDP])

Die FDP-Fraktion begrüßt, dass der Wirtschaftsausschuss gestern eine fraktionsübergreifende Resolution zum Thema Kanalschleusen beschlossen hat. Wir müssen auch weiterhin gemeinsam dafür werben, dass es gelingt, beim Bund eine für den NOK positivere Priorisierung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel zu erreichen, damit umgehend mit den Bauarbeiten fortgefahren werden kann. Es

bringt nichts, wie Herr Tietze und die Grünen das in Pressemitteilungen immer wieder gern tun, der Landesregierung Untätigkeit vorzuwerfen. Es ist ja Fakt, dass sich die Landesregierung nachdrücklich und wiederholt für den Schleusenneubau und den Ausbau des Kanals eingesetzt hat und sich auch weiterhin einsetzen wird.

(Zuruf des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

In den kommenden Wochen muss gemeinsam für den NOK geworben werden. Es darf nicht zu einem Totalausfall der Schleusen kommen. Das hätte verheerende Auswirkungen auf Schleswig-Holstein und den Hamburger Hafen.

Ich bitte im Zustimmung zu dem Antrag von CDU und FDP. Die SPD kann auch gern zustimmen. Schleswig-Holstein braucht den Ausbau des NOK, funktionsfähige Kanalschleusen und ebenso auch die Fahrrinnenanpassung der Elbe.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es in dieser Debatte? - Es geht darum, Farbe zu bekennen. Es geht darum, klar zu sagen, was zuerst kommt, was für unser Land und für die wirtschaftliche Entwicklung wichtig ist. Deshalb sage ich hier ganz deutlich: Wir Grüne bekennen uns zum Nord-Ostsee-Kanal als wichtigste Priorität für unsere wirtschaftliche Entwicklung. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es nützt gar nichts, wenn Sie in dieser Phase mit dem Antrag auf Elbvertiefung kommen. Ich kann ja verstehen: Sie haben vor drei Monaten zusammengesessen, haben sich überlegt, wie Sie noch einmal die Backen aufblasen können,

(Christopher Vogt [FDP]: Die Wangen, nicht die Backen!)

um zu zeigen, dass Sie auch für Infrastrukturprojekte in diesem Land sind. Nur ist Ihnen dann die Debatte um den Nord-Ostsee-Kanal gehörig dazwi

(Oliver Kumbartzky)

schengekommen. Mit Ihrem Antrag akzeptieren Sie nicht nur die falsche Prioritätensetzung des Bundes, sondern Sie lassen den Nord-Ostsee-Kanal im Regen stehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals ist für unser Land zurzeit das allerwichtigste Projekt. Deshalb sollten wir die politischen Kräfte darauf konzentrieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen in der jetzigen Debatte eine klare politische Prioritätensetzung, eine klare Kante und nicht das Spiel mit dem Feuer. Ihre Botschaft nach Berlin ist jedoch zweideutig: Einerseits wollen Sie die Fahrrinnenanpassung der Elbe und andererseits den NOK. Noch vor einigen Tagen sind Sie zu mir gekommen und haben gesagt: Das gehört doch gar nicht zusammen! Nun bekennen Sie sich in dem Antrag dazu, den wir gestern im Wirtschaftsausschuss Gott sei Dank auf unsere Initiative noch mit dem Zusatz versehen haben, dass der Nord-OstseeKanal die höchste Priorität der Bundeswasserstraßen besitzt. Nur weil Sie diesen Zusatz aufgenommen haben, wird aus dem Antrag überhaupt ein scharfes Schwert, und wir brauchen ein scharfes Schwert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Dr. Tietze, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt zu?

Sehr gern.

Herr Kollege Tietze, habe ich Sie richtig verstanden, dass, wenn das Geld vom Bund für beide Projekte zur Verfügung gestellt wird, auch Sie die Elbvertiefung befürworten?

- Ich habe deutlich gemacht, dass wir in einer knappen Finanzsituation leider nicht bei dem Thema „Wünsch dir was“ sind, sondern dass wir bei der realistischen Fragestellung sind, was wir mit dem vorhandenen Geld, das die Bundesregierung zur Verfügung stellt, in Schleswig-Holstein tatsächlich erreichen können. Deshalb hat der Nord-Ostsee-Kanal für mich die erste Priorität.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Dr. Tietze, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Magnussen zu?

Nein, ich möchte jetzt meine Rede im Zusammenhang halten.

(Zurufe von CDU und FDP)

- Sie stellen immer wieder die gleichen Fragen. Wenn Sie einmal ein paar intelligentere Fragen stellen würden, würde ich mich gern bemühen, die zu beantworten.

(Zurufe)

Ich frage Sie allen Ernstes: Welche Botschaft senden Sie nach Berlin? - Sie packen den Rucksack voller Infrastrukturprojekte, und Ihre Kollegen in Berlin lachen darüber. Die Entscheidung ist doch ganz klar: Wenn Sie das Thema Infrastrukturprojekte in Deutschland bei knappen Kassen bewältigen wollen, wenn Sie eine realistische Perspektive für Schleswig-Holstein im Blick haben wollen, dann müssen Sie sich zur Prioritätensetzung bekennen. Das tun Sie in Ihrem Antrag nicht. Sie sagen: So what, alles geht. Wir sagen: Das ist die falsche politische Botschaft, denn damit macht man sich in Berlin unglaubwürdig. Wenn man alles will, kriegt man am Ende gar nichts.

(Christopher Vogt [FDP]: Haben Sie gar nicht zugehört?)

Ich möchte zum Kollegen Arp kommen. Wo ist er eigentlich? Ich habe ihn nicht gesehen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Hier!)

- Herr Kollege Arp, Sie haben in Presseerklärungen der letzten Monate immer wieder gesagt - ich zitiere mit Verlaub, Frau Präsidentin -: Wir sagen im Grunde genommen: Der Elbeausbau ist für mich an Nummer 1 gesetzt.

Bei allen Themen, Nord-Ostsee-Kanal, Infrastrukturprojekte, haben Sie immer gesagt: Die Elbvertiefung ist für mich an Nummer 1 gesetzt. Wenn Sie diese Auffassung haben, dann müssen Sie im Umkehrschluss den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern, dann müssen Sie der Lotsenbruderschaft, dann müssen Sie den Menschen in Ihrem Wahlkreis auch sagen: Ich bin dafür, dass zuerst die Elbe ausgebaggert wird, und der Nord-Ostsee-Kanal ist mir im Grunde genommen scheißegal.

(Dr. Andreas Tietze)

Das ist Ihre Botschaft, das ist Ihre Aussage, das halten wir für grundlegend falsch.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe)

Herr Arp, verkehrliche Großprojekte - das weiß man schon in der ersten Klasse, wenn man im Parlament ist - kosten viel Geld. Sie müssen bewertet werden, sie müssen eine Priorität haben, und dann müssen sie umgesetzt werden, damit sie nachhaltig sind. Das ist das, was wir für den Nord-Ostsee-Kanal immer gesagt haben. Der Nord-Ostsee-Kanal ist nachhaltig, weil er klimaverträglich ist, weil er eine Perspektive für unser Land und die Arbeitsplätze in unserem Land hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Dr. Tietze, lassen Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Stegner, zu?

Ja, bitte schön!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Der Begriff „scheißegal“ ist unparlamentarisch! - Weitere Zurufe)

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Tietze, ich habe eine Doppelfrage an Sie. Zum einen: Glauben Sie, dass die Finanzierung von verkehrlichen Großprojekten leichter möglich ist, wenn sie von mehreren norddeutschen Ländern unterstützt werden, als wenn sie nur von einem unterstützt wird? Zum anderen: Glauben Sie, dass Hamburg und Niedersachsen unsere Anforderungen an den Nord-Ostsee-Kanal unterstützen, wenn wir im Gegenzug den Ausbau des Hamburger Hafens, der für Arbeitsplätze extrem wichtig ist, nicht unterstützen?

(Beifall bei CDU, SPD und FDP)

- Herr Stegner, mir ist klar, dass wir Projekte im norddeutschen Verbund voranbringen müssen, aber Sie wissen genauso gut wie ich, dass Hamburg Elbe und Hafen an erster Stelle hat und dann lange nichts kommt. Wenn man so argumentiert, haben die Niedersachsen das Problem mit ihrem Weser-Jade-Port, und wir haben das Problem mit dem Nord-Ostsee-Kanal. Man muss das auch einmal als Ganzes denken.

(Lachen und Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Ich würde mir wünschen, dass wir zu dieser Perspektive kämen. Herr Dr. Stegner, wenn man diese Bewertung trägt, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass der Nord-Ostsee-Kanal eine hohe Priorität hat, weil es die beste und einzige Wasserstraße in Europa ist, die einen hohen wirtschaftlichen Erfolg garantiert.