Protocol of the Session on August 25, 2011

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich mir die aktuellen verkehrspolitischen Entscheidungen der Bundesregierung bezüglich Elbvertiefung, Nord-Ostsee-Kanal und Wasser- und Schifffahrtsamt anschaue, bestätigt sich die negative Einstellung zu Norddeutschland: kein Interesse, keine Ahnung, keine

(Jens-Christian Magnussen)

Lobby. Es muss frustrierend sein, Herr Verkehrsminister, dass man zwar von der eigenen Fraktion gelobt wird, aber so wenig Einfluss in Berlin hat, obwohl dort Ihre eigenen Leute regieren.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der FDP)

Der Nebel ist groß. Der Vorschlag der Bundesregierung, erst einmal zu sanieren und später die fünfte Schleuse zu bauen, ist nämlich alles andere als vernünftig. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Wir brauchen die fünfte Schleuse, damit der Kanal während der Sanierung weiter passiert werden kann, und wir brauchen dann rasch den weiteren Ausbau.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Beim Kanalausbau geht es darum, den reibungslosen Verkehr auch in Zukunft zu ermöglichen und diese für den internationalen Handel so wichtige Wasserstraße an die Anforderungen der modernen Handelsschifffahrt anzupassen. Die Bundesregierung nähme durch die bei der Sanierung drohenden Teilsperrungen in Kauf, dass der Ruf Deutschlands als Hochtechnologiestandort nachhaltigen Schaden nimmt. Wir würden der Welt demonstrieren, dass wir bereits mit der Instandhaltung einer eher archaischen Technologie offensichtlich hoffnungslos überfordert sind. Das wäre das, was dabei herauskäme.

(Christopher Vogt [FDP]: Was hat die SPD gemacht?)

Dann wird versucht, die beiden Projekte Elbvertiefung und Kanalausbau gegeneinanderzuschieben, wie das der Kollege Tietze mit seiner gestrigen Pressemitteilung vorgeschlagen hat.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich muss ehrlich sagen: Hier gegen Straßen, dort gegen Schienen, jetzt auch gegen Wasserstraßen das geht wirklich nicht! Der Hamburger Hafen ist in Wirklichkeit unser norddeutscher Hafen, und er braucht einen funktionstüchtigen Nord-Ostsee-Kanal. Unsere Wirtschaft hier braucht wiederum einen bestens erreichbaren Hamburger Hafen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Schiffe aus dem Hafen Hamburg würden immer noch an den kaputten Kanalschleusen in Brunsbüttel und Kiel-Holtenau scheitern, der Nord-OstseeKanal wäre für ihren Tiefgang nicht ausgelegt, lange Wartezeiten wegen einer fehlenden fünften

Schleuse vor Brunsbüttel machen die Passage teuer und unattraktiv.

Beide Projekte gehören zusammen, und beides darf nicht zu kurz gedacht werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich sage aber auch, ökologische Belange müssen natürlich berücksichtigt, die Deichsicherheit gewährleistet und die Verschlickung der Elbhäfen gemindert beziehungsweise verhindert werden.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Günther Hildebrand [FDP])

Ich glaube übrigens, es wäre an der Zeit, die norddeutsche Zusammenarbeit zu intensivieren, um mit einer Stimme in Berlin zu reden. Statt wie die hiesige Union Olaf Scholz anzugreifen, geht es darum, gemeinsam zu agieren und unsere Position in Berlin wirksam zu vertreten. Leider habe ich den Eindruck, dass Landes- und Bundesregierung nicht wissen, was auf dem Spiel steht.

Die Unternehmen und Betriebe am Kanal verlieren ihre Planungssicherheit. Diese verhindert nicht nur dringend benötigte Arbeitsplätze, sondern gefährdet auch bestehende Arbeitsplätze bei den Lotsen, in Maklerbetrieben, in Hafenbetrieben und in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Die ganze Region ist von der Entwicklung der Häfen - auch und gerade des Hamburger Hafens - und des Kanals geprägt. Stattdessen würden die geplanten Personaleinsparungen im Wasser- und Schifffahrtsamt die Position Norddeutschlands weiter schwächen. Insgesamt 960 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Nord-Ostsee-Kanal sind durch die anstehende Reform betroffen.

Die Ignoranz gegenüber unseren Entwicklungschancen scheint uferlos zu sein. Das ist aber auch kein Wunder: Die CDU ist weitgehend mit sich selbst beschäftigt, der Ministerpräsident hat das Regieren weitgehend eingestellt, und die FDP hat genug damit zu tun, den Kopf wieder über Wasser zu kriegen.

(Christopher Vogt [FDP]: Die Situation ken- nen Sie ja!)

Wir brauchen beides, die Elb- und die Kanalvertiefung, wir brauchen die Schleusensanierung, und wir müssen mit der fünften Schleuse in Brunsbüttel anfangen. Ich finde es positiv, dass der Wirtschaftsausschuss des Landtags gestern eine gemeinsame Erklärung gefasst hat.

Zum Schluss habe ich noch eine persönliche Bitte an Sie, Herr Verkehrsminister de Jager. Wenn Sie

(Dr. Ralf Stegner)

jetzt mit der Bundesregierung in Verhandlungen darüber eintreten, dass wir mehr Geld bekommen: Setzen Sie nicht wieder auf die scheinbar so geniale Kubicki-Taktik, die Sie bei der Uni Lübeck angewandt haben! Drohen Sie also bitte nicht mit der Sperrung des Nord-Ostsee-Kanals! Das ist nämlich eine internationale Wasserstraße. Wir wissen vom Suezkanal, welche Folgen das haben kann.

(Beifall bei der SPD)

Von Schleswig-Holstein geht momentan manches aus, worüber in der Republik alle den Kopf schütteln. Also bitte, wenden Sie dieses Mal eine andere Taktik an als in Lübeck! Sorgen Sie auf konventionellem Weg dafür, dass wir Verhandlungserfolge haben, und zeigen Sie auch, dass wir die Mittel brauchen, um unsere so wichtigen Wasserstraßen hier auszubauen! Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Oliver Kumbartzky das Wort.

Sehr geehrte liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP-Landtagsfraktion befürwortet nicht nur den NOK-Ausbau und die Investitionen in die Schleusenanlagen, sondern auch die sich derzeit in Planung befindende Fahrrinnenanpassung der Elbe.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

- Danke. - Die Grünen haben zum vorliegenden Antrag in Pressemitteilungen schon einiges erklärt. Gestern wurde erklärt, dass CDU und FDP ihren Antrag eigentlich zurückziehen müssten. Aber warum? - Klar, Sie wollen heute wieder einmal nicht Farbe zu dem Thema bekennen, wie es eben schon bei der A 20 war. Doch nur deshalb, weil die Grünen die Elbvertiefung aus ideologischen Gründen ablehnen und den wirtschaftlichen Nutzen für Schleswig-Holstein und ganz Norddeutschland ignorieren, werden wir unseren Antrag nicht zurückziehen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Was bei den Grünen vielleicht nicht verstanden worden ist, ist: Es geht uns in unserem Antrag darum, das Projekt der Fahrrinnenanpassung konstruktiv zu begeleiten, den gemeinsamen Nutzen daraus zu ziehen und die Belange des Natur- und

Umweltschutzes sorgfältig zu berücksichtigen. Daran scheinen Sie kein Interesse zu haben.

(Beifall des Abgeordneten Christopher Vogt [FDP])

Die vorgesehene Fahrrinnenvertiefung der Elbe ist für den Hafenstandort Hamburg und die umliegende Region von sehr großer Bedeutung. In Schleswig-Holstein sind schließlich Zehntausende Arbeitsplätze vom Hamburger Hafen abhängig. Aber neben den positiven Aspekten müssen natürlich auch mögliche Nachteile sorgsam abgewogen werden. Für uns ist dabei die Sicherheit der Deiche und der dort lebenden Menschen und ihrer Güter entscheidend, ebenso die Umweltverträglichkeit. Deshalb bitten wir die Landesregierung in unserem Antrag, sich weiterhin „dafür einzusetzen, dass im Rahmen der Entscheidung über die Fahrrinnenanpassung der Elbe mögliche Auswirkungen auf die Deichsicherheit, die Entwicklung der Flora und Fauna auf den Ausgleichsflächen und die Entwicklung der Topografie, insbesondere der Sedimentation …, in erforderlichem Umfang erfasst und dokumentiert werden“. Immens wichtig ist für uns auch die „Zielsetzung, mögliche Nachteile für das Land durch den Abschluss von Vereinbarungen mit dem Bund zu regeln“.

Meine Damen und Herren, ich sage es noch einmal ausdrücklich: Wir wollen einen wettbewerbsfähigen Hamburger Hafen. Die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens ist durch eine zügige Optimierung der seewärtigen Zufahrt sicherzustellen. Deutschland ist eine Exportnation. Da müssen wir die infrastrukturellen Bedingungen den globalen Entwicklungen anpassen. Zudem steht der Hafen in Hamburg in einem direkten Wettbewerb mit anderen Häfen wie zum Beispiel in Rotterdam.

Wenn man über den Hamburger Hafen spricht, muss man in einem Atemzug den Nord-OstseeKanal und damit die Schleusenkammern in Brunsbüttel erwähnen. Ganz klar ist: Der Bau der neuen Schleusenkammer und die Sanierung der bestehenden Schleusen in Brunsbüttel sowie der Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals sind dringend erforderlich und haben allerhöchste Priorität.

(Beifall bei FDP und CDU)

Bemerkenswert - das ist hier heute schon einmal gesagt worden, auch von Herrn Stegner; dafür bedanke ich mich ganz herzlich -, dass die Grünen ihre ideologische Ablehnung der Elbvertiefung nun auf einmal damit begründen, dass die Schleusen repariert werden müssen. Was die Grünen nämlich noch nicht verstanden haben, ist: Die Wettbewerbs

(Dr. Ralf Stegner)

fähigkeit des Nord-Ostsee-Kanal hängt direkt von der des Hamburger Hafens ab und umgekehrt. Außerdem ist die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens und des Kanals von existenzieller Bedeutung für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein und ganz Norddeutschland.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Es ist nicht das erste Mal, dass die Grünen Verständnisprobleme bei wirtschaftlichen Zusammenhängen haben. Aber hier spielen sie zwei Infrastrukturprojekte aus ideologischen Gründen gegeneinander aus. Das kann es wirklich nicht sein.

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Die FDP-Landtagsfraktion setzt sich für einen umgehenden Neubau der planfestgestellten fünften Schleusenkammer in Brunsbüttel sowie die Sanierung der Schleuse ein, unterstützt aber selbstverständlich auch die für Schleswig-Holstein wichtige Elbvertiefung, denn der Nord-Ostsee-Kanal als Wirtschaftsstandort und wichtige Verkehrsader würde leiden, wenn es mit der Elbvertiefung nicht voranginge. Allerdings würde es genauso dem Hafenstandort Hamburg schaden, wenn der Ausbau des Kanals und des Schleusenbaus in Brunsbüttel auf die lange Bank geschoben würden.

Im Handel mit Nordosteuropa ist Hamburg darauf angewiesen, dass Schiffe ohne lange Wartezeiten an den Schleusen den Kanal passieren können. Schon jetzt kommt es vor den Brunsbütteler Schleusen zu Wartezeiten, die den Zeitvorteil der Kanalpassage gegenüber dem Seeweg über Skagen zumindest teilweise aufheben. Die Gefahr ist groß, dass Reedereien zum bereits erwähnten Hafen Rotterdam abwandern und von dort die Route über Skagen gen Ostsee fahren.