In den Einrichtungen gibt es nach wie vor eine hohe Unklarheit in der Frage der Anforderungen. Es gibt nach wie vor viel zu häufig einen vorauseilenden Gehorsam in der Frage, was alles möglicherweise noch aufgeschrieben werden soll; im Zweifel auch mit der Hand auf irgendwelche Zettel. Aus diesem Grund erarbeiten wir die Prüfrichtlinie, die ganz klar definiert, welche Anforderungen in Zukunft zu erfüllen sind, und zwar in Frageform. Die Art der Beantwortung reduziert den Aufwand für die Pflegenden durch einfaches Ankreuzen erheblich.
Wir haben eine bundesweit anerkannte Expertin als Beraterin für das ganze Verfahren geholt. Wenn diese neue Prüfrichtlinie eingeführt wird, dann wird sie durch eine entsprechende Studie wissenschaftlich evaluiert. Ich glaube, mehr kann man für die von Ihnen zu Recht geforderte Entbürokratisierung im Bereich der Pflege nicht leisten; es sei denn, Sie meinen, dass die Pflegedokumentation auf ein Minimum reduziert werden soll. Dagegen bin ich allerdings entschieden.
Pflege anhand der Diskussion, die wir ab August über die Durchführungsverordnung zur Selbstbestimmungsstärkung führen werden, zu erreichen. Vielleicht gelingt dies über die Sommerpause. Werfen Sie einfach einen Blick auf die bisher erreichten Ziele der Landesregierung und auf die bisherigen Aktivitäten der Landesregierung im Bereich der Pflege! Vielleicht überlegen Sie sich dann den einen oder anderen Debattenbeitrag im Hinblick auf vermeintliche Versäumnisse. Wenn ich mit den Menschen im Land spreche, die in den Pflegeeinrichtungen tätig sind, dann zeigt sich: Wir waren in der Pflege noch nie so weit, wie wir es heute sind.
Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um 2 Minuten und 50 Sekunden überschritten. Diese Zeit steht allen Fraktionen wieder zur Verfügung. Ich erteile jetzt der Frau Abgeordneten Birte Pauls von der SPD-Fraktion das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich freue mich. Ich freue mich wirklich über jeden Weg, der die Pflege in Zukunft sicherstellt
und der sicherstellt, dass es Menschen gibt, die den Pflegeberuf wieder ergreifen können. Fakt ist heute etwas anderes.
Fakt ist nämlich, dass die Menschen in den Einrichtungen, die eine hervorragende und engagierte Arbeit leisten, zusätzlich zu dieser Arbeit ständig und immer noch ihre Freizeit benötigen und in Anspruch nehmen, um Dokumentation zu leisten. Ich habe oft mit den Menschen in den Pflegeeinrichtungen gesprochen. Es wurde mir immer wieder mitgeteilt, dass die Menschen einen ständigen Spagat machen. Es gibt einen ständigen Spagat zwischen fachlicher Kompetenz auf der einen Seite und wirtschaftlichem Denken auf der anderen Seite. Es gibt einen ständigen Spagat zwischen Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Heimbenotung führt dazu, dass alles, was nicht dokumentiert wurde, quasi nicht gemacht ist - egal, wie gut die Pflege ist. Dies wirkt sich auf die Heimbenotung aus. Dies hat wiederum Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Heime. Die Leute haben dann Angst um ihre Arbeitsplätze und so
Das ist die Situation heute. Wer das so, wie es Frau Sassen und Frau Klahn gemacht haben, missachtet und uns an dieser Stelle Populismus vorwirft, hat nicht erkannt, dass wir hier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu erfüllen haben, die wir möglichst schnell angehen müssen, weil wir hier eine „Baustelle“ haben. Immer mehr Pflegekräfte gehen in die nördlichen Nachbarländer, auch nach Holland, weil sie dort bessere Rahmenbedingungen vorfinden und weil sie in unseren Einrichtungen frustriert sind, die im Augenblick nur mit wirtschaftlichem Zwang arbeiten können. Diese Rahmenbedingungen zu ändern, muss unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Wenn der Herr Minister diesbezüglich einen Schritt nach vorn macht, dann kann ich mich an dieser Stelle nur freuen.
Frau Abgeordnete Sassen erhält das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag oder im Rahmen des Zeitkontingents.
Frau Präsidentin! Frau Kollegin Pauls, ich möchte an dieser Stelle etwas ganz deutlich machen: Wenn Sie meinem Redebeitrag und auch dem Redebeitrag von Anita Klahn genau zugehört haben, haben Sie gehört, dass wir uns in diesem Haus in der Sache alle einig sind, dass sich an der Pflege, bei den zu Pflegenden und bei den Pflegenden etwas ändern muss. Wir werden Ihren Antrag nur deswegen ablehnen, weil er ein Rundumschlag ist. Er ist inhaltlich nicht dazu angetan, die spezielle Angelegenheit in dieser Sache zu verbessern und in Gang zu bringen. Wir können das gern bei einem anderen konkreten Beispiel tun. Ich glaube, hier nicht im Raum stehen lassen zu dürfen, dass hier irgendjemand nicht in dem Sinne, den Sie genannt haben, handeln möchte.
Ich sehe, wenn ich mich umschaue, keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Beratung, und wir kommen zur Abstimmung.
trag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1573. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt worden.
Wir kommen dann zur Abstimmung zu b) Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/1594 (neu). Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/1594 (neu) mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt.
Das Wort für den Bericht hat der Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Herr Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ihnen vorliegende Bericht gibt, glaube ich, sehr ausführlich Antwort auf die Fragen, die gestellt worden sind zur Situationen von älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Ich will deswegen nicht den Bericht referieren, sondern ich will einige grundlegende Bemerkungen zu dem Thema machen, weil dieses Thema zunehmend an Bedeutung gewinnen wird unter dem Aspekt, wie wir ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch stärker in den Arbeitsmarkt einbinden. Dazu gehört aber auch die Frage, welchen Beitrag die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits heute für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes leisten. Wenn Sie sich einmal überlegen, was wir uns in den vergangenen Jahren geleistet haben, auf welches Wissen verzichtet wurde durch unterschiedlichste Philosophien, durch Frühverrentungsmöglichkeiten, auf welches Potenzial an dieser Stelle, auf welches Wissen, auf welche Erfahrungen verzichtet wurde, ich glaube, wenn man freundlich ist, dann schmunzelt man heute nur darüber, dass man das in der Vergangenheit so getan hat. Wenn
man weniger freundlich ist - und an der Stelle würde ich dazugehören -, dann ist ganz klar: Eine solche Dummheit kann sich heute keiner mehr leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten.
Es gehört aber auch dazu, ganz klar zu sagen: Menschen sind heute gesünder, und sie sind Gott sei Dank leistungsfähiger als jemals zuvor - und das auch im Alter. Die durchschnittliche Lebenserwartung steigt beständig und damit natürlich auch die Rentenbezugsdauer. Dennoch scheiden ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland immer noch verhältnismäßig früh aus dem Erwerbsleben aus, im besseren Fall als Frührentnerin oder als Frührentner, im schlechteren Fall als Arbeitslose ohne realistische Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Ich meine, das ist gerade angesichts der Bevölkerungsentwicklung - nicht vor der wir stehen, sondern in der wir mitten drin sind - und der künftigen Altersstruktur eine echte Verschwendung von Ressourcen, um das einmal ganz deutlich zu sagen, von Talenten und Erfahrungen, die sich unser Land nicht mehr leisten kann und auch nicht mehr leisten darf.
Deswegen muss in den Unternehmen, selbstverständlich auch in der Politik, ein noch stärkeres Umdenken stattfinden, selbstverständlich auch politisch, aber auch gesamtgesellschaftlich. Es wird zukünftig unabdingbar sein, die Beschäftigungsfähigkeit älterer Menschen zu erhalten und ihre Potenziale für Unternehmen und Gesellschaft länger zu nutzen.
Ich sage ganz deutlich: Gestern haben Sie die sehr erfreulichen Arbeitsmarktdaten von ihrer Grundstruktur für Schleswig-Holstein bekommen. Ich sage als Arbeitsminister, bedauerlicherweise profitieren im Moment vor allem junge Menschen von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung.
- Das ist natürlich nicht zu bedauern, Herr Kollege Tietze. Bedauerlich ist aber, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von dieser derzeitigen konjunkturellen Situation noch nicht in dem Maße profitieren, wie wir uns das alle wünschen. Das gilt übrigens für Schwerbehinderte genauso.
ten, auf diese Potenziale zu verzichten. Ich appelliere deswegen auch heute von dieser Stelle aus an Unternehmen: Geben Sie älteren Menschen eine Chance in Ihrem Unternehmen, geben Sie Ihnen die Chance, sich zu beweisen, und geben Sie Ihnen vor allem die Möglichkeit zu zeigen, dass sie unverzichtbar sind für unser gesamtgesellschaftliches wirtschaftliches Umfeld!
Was wir brauchen, ist die deutliche Reduzierung des oft zu frühen Ausscheidens aus dem Berufsleben, wir brauchen eine bessere Wiedereingliederung älterer Arbeitslose, und wir brauchen deutlich mehr Wahrnehmung von beruflicher Weiterbildung.
Von den Unternehmen verlangt die älter werdende Erwerbsbevölkerung selbstverständlich flexiblere Regelungen. Sie müssen die zum Teil großen Unterschiede in der individuellen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigen, und wir brauchen branchenspezifische Lösungen für altersgerechte Arbeitsbedingungen und für eine bessere Gesundheitsprävention, für den Tiefbauarbeiter anders als für eine Sekretärin oder eine Ärztin. Übertragung anderer Aufgaben und das Angebot von Teilzeitmodellen sind hier nur einige Stichworte. Die Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer steht auch im Kontext der Anstrengungen von Bund und Ländern zur Sicherung des aktuellen und noch mehr zur Sicherung des zukünftig sich abzeichnenden Fachkräftebedarfs. Ich glaube, der vorliegende Bericht erläutert die Aktivitäten der Landesregierung dazu im Einzelnen sehr genau. Ich habe Ihnen hier im März über unser Bündnis für Fachkräfte Schleswig-Holstein berichtet, das die Landesregierung im Februar initiiert hat. Derzeit läuft die konkrete Ableitung von politischen Handlungsfeldern auf Arbeitsebene. Die Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Menschen, die das 50. Lebensjahr hinter sich gelassen haben, ist dabei eines der zentralen Handlungsfelder, denen wir uns nicht nur stellen müssen, sondern die wir auch anpacken müssen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst für die Fraktion DIE LINKE die Frau Abgeordnete Antje Jansen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich bei der Landesregierung und insbesondere bei dem federführenden Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit für den vorgelegten Bericht. Herr Minister Garg, ich kann Ihnen in Ihrer Einschätzung nur zustimmen bei dem, was Sie über die Situation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt gesagt haben. Ich hoffe aber, dass die Landesregierung nun auch aktiv das anpackt, was sie gesagt haben, sodass ich Sie dann auch beim Wort nehmen kann.
Zwei Schlagworte bestimmen die Diskussion über die Situation der Älteren auf dem Arbeitsmarkt. Zu dem demografischen Wandel und damit zu dem auf unser Land zukommenden Fachkräftemangel hat der Minister ja schon Stellung genommen. Diesen Mangel haben wir bereits in einigen Berufsfeldern, zum Beispiel im Pflegebereich, worüber wir ja schon im Vorfeld diskutiert haben.
Befürchtet wird, dass durch den demografischen Wandel die Zahl der Erwerbspersonen in Deutschland um bis zu 6,5 Millionen Menschen sinken könnte. Die Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre soll bundesweit etwa 1 Million Arbeitskräfte im Arbeitsmarkt halten. Wenn es denn gelingt, die Quote der Erwerbstätigen bis zu über 55-Jährigen von derzeit 56 auf 70 % zu steigern, wären eine weitere Million Menschen für den Arbeitsmarkt gewonnen.
Die Landesregierung sieht es als Erfolg an, dass die Erwerbstätigenquote der 50- bis unter 65-Jährigen in Schleswig-Holstein im Jahrzehnt von 2000 bis 2009 von 34,2 auf 42,4 % gestiegen ist. Die Altersstatistik der Erwerbstätigen verbessert sich schon dadurch, dass die geburtenstarken Jahrgänge jetzt die 50-Jahres-Grenze erreichen, und sie verbessert sich, weil die geförderten Vorruhestandsregelungen weitgehend abgeschafft worden sind.
Allen positiven Zahlreihen zum Trotz bleibt es dabei: Der Anteil der über 50-Jährigen unter denen, die in die Langzeitarbeitslosigkeit und in Hartz IV gehen, ist in Schleswig-Holstein stabil überproportional und sogar noch leicht angestiegen. Ältere Arbeitslose haben größere Probleme, den Weg in den ersten Arbeitsmarkt zurückzufinden. Für DIE LINKE ist die Frage nach der Situation Älterer auf dem Arbeitsmarkt vor allem die Frage, ob der Zuwachs der Beschäftigung und die Beschäftigung existenzsichernd oder nur ein fließender Übergang in die Altersarmut ist.
Die Zeiten der ungebrochenen lebenslangen Erwerbsbiografien sind vorbei. Notwendig sind armutsfeste Renten. Wir meinen damit armutsfeste gesetzliche Renten, die es auf der Grundlage von Minijobs und Gelegenheitsbeschäftigungen nicht gibt. Armutsfeste Renten setzen sozialversicherungspflichtige und existenzsichernde Arbeitsverhältnisse voraus. Die Schwelle einer existenzsichernden Rente wird durch die Anhebung des Rentenalters auf 67 um zwei Beschäftigungsjahre angehoben. Es ist klar: Eine Alterssicherung, die von vornherein auf gesetzliche Renten plus private Vorsorge gestützt ist, zeichnet den Weg in die Altersarmut für all jene vor, die irgendwann aus der lückenlosen Erwerbstätigkeit herausfallen.