Protocol of the Session on June 30, 2011

(Dr. Ralf Stegner)

kraten, die denen das absprechen wollen. Das ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Für uns als Union waren drei Dinge bei der Stromproduktion immer wichtig.

(Zurufe von der SPD)

Der erste Punkt ist, dass wir die Stromversorgung aus Deutschland sichern. Das bedeutet, dass Deutschland unabhängig vom Ausland ist und weder von Kernkraftwerken aus Frankreich oder Tschechien und noch von russischem Gas abhängig ist.

Genauso war uns als Zweites wichtig, dass die Versorgung sicher ist, also Netzstabilität und Versorgungssicherheit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sind.

Drittens war und ist für uns wichtig, dass Strom bezahlbar ist für die Bürgerinnen und Bürger genauso wie für klein- und mittelständische Unternehmen, aber auch für Betriebe, die aufgrund von chemischen und physikalischen Prozessen stromintensiv sind, die wir in Deutschland behalten wollen.

An diesen drei Zielen hat sich auch durch Fukushima und durch das Umstiegskonzept der Bundesregierung nichts geändert. Darum werden wir alle Maßnahmen, die wir vorschlagen und die die Bundesregierung vorschlägt, im Prozess der nächsten Jahre beobachten und notfalls evaluieren und ändern, wenn sie einem dieser drei Ziele zuwiderlaufen. Das ist eine Kernbotschaft, an der haben wir uns immer messen lassen und an der werden wir uns auch in der Zukunft messen lassen müssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn wir heute mit einem wesentlich konkreteren Zeitplan aus der Kernenergie aussteigen wollen, als es Rot-Grün je verabredet hat, Herr Kollege Stegner, wenn wir gleichzeitig alte Kohlekraftwerke ersetzen wollen, wissen wir, dass das nur durch wesentliche Veränderungen in der Förderung und auch durch eine Beschleunigung im Ausbau der erneuerbaren Energien geht, und zwar zu dem Status quo, den Sie uns mit dem Ausstiegsbeschluss 2000 hinterlassen haben. Das gehört auch zur Wahrheit dazu. Insofern wäre von Ihrer Stelle aus, Herr Kollege Stegner, ein wenig Selbstkritik an dem, was beschlossen worden ist, gut, richtig und in dieser Debatte vernünftig gewesen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie haben nach dem Ausstiegsbeschluss in diesem Land immerhin noch 5 Jahre regiert. Das einzige, was Sie uns hinterlassen haben, waren nicht gesunde Netze für einen Umbau, sondern war ein Land, das pleite ist. Auch das ist die Wahrheit, Herr Stegner.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich bin und war noch nie ein Freund von Subventionen, aber wir müssen schon feststellen, dass Stromerzeugung in Deutschland immer subventioniert war: Milliardensubventionen für deutsche Steinkohle, Milliardensubventionen für Nachsorge und Entsorgung bei der Kernenergie, welche der Bund bei der Privatisierung den Energiekonzernen vom Halse gehalten hat. Auch jetzt geht es wieder um Subventionen, das müssen wir ehrlich sagen, aber es geht jetzt um Subventionen in erneuerbare Energien. Viele Bundesländer haben in der Vergangenheit von Subventionen in fossile Träger profitiert. Ich finde es recht und billig, wenn wir als Schleswig-Holsteiner einmal sagen können, von dieser Subvention profitieren diesmal wir. Das ist auch gut so.

Schon heute fließen aus dem EEG rund 500 Millionen € jährlich an Wertschöpfung in unser Land. Durch die neue Energiepolitik wird diese Wertschöpfung beträchtlich weiter wachsen. Das ist genau der Umstieg, begleitet durch eine ganze Anzahl von Gesetzesnovellen, der uns von dem Ausstieg der Vorgängerregierung unterscheidet. Wenn wir etwas tun, dann tun wir es richtig und mit einem verantwortungsbewussten Gesamtkonzept.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Schauen wir uns das im Einzelnen einmal an. Die Windenergie auf Land: Die Onshore-Windenergie wird weiterhin den größten Beitrag zur Stromerzeugung leisten, weil sie im Verhältnis zu anderen regenerativen Energien vergleichsweise geringe Kosten aufweist. Wir haben aber schon in der letzten Novelle die Vergütung deutlich erhöht. Gleichzeitig sind die Anlagenpreise gefallen, sodass für diesen Bereich in den Vorschlägen nur noch moderate Änderungen vorhanden sind. Die Vergütungsstruktur wird also beibehalten.

Die Degression wird vorsichtig von 1 auf 1,5 % erhöht. Es wird ein Systemdienstleistungsbonus für Neuanlagen zum 1. Januar 2012 gestrichen, aber der Bonus für Bestandsanlagen bis zum Ende 2015 verlängert. Der Repoweringbonus wird auf alte, letztlich problematische Anlagen begrenzt, die bis zum Jahr 2001 in Betrieb genommen worden sind. Der Druck auf die bestehenden Kostensenkungs

(Dr. Christian von Boetticher)

potenziale in den Herstellungsprozessen wird damit weiter erhöht.

Um unsere Hausaufgaben als Land - und das war das Wichtige, Herr Kollege Stegner - haben wir uns bereits gekümmert. Die Windeignungsfläche wurde von 0, auf 1,5 % der Landesfläche erhöht, und die Abstandserlasse wurden überarbeitet. Beides sind Themen, die Sie als SPD-Innenminister in diesem Land in vielen Verhandlungen, an denen ich beteiligt war, immer blockiert haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das gehört auch zur Wahrheit dazu.

Mit unseren Plänen können wir es schaffen, bis 2015 9.000 MW an installierter Leistung Onshore zu produzieren. Nur zur Information: Das überschreitet das, was wir auch in Lastspitzen benötigen, bei Weitem.

Ich sage aber auch deutlich, dass ich begrüße, dass das Anliegen von Herrn Kretschmann aus BadenWürttemberg nicht gehört worden ist, besonders schlechte Standorte überproportional zu fördern, nur damit wir Baden-Württemberg seinen „nackten Windkrafthintern“ noch vergolden. Ich glaube, Windenergie gehört dahin, wo Windenergie am besten erzeugt werden kann, und das ist für uns die Küste.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sehr geehrter Herr Kollege Stegner, darum kann ich nur sagen, Ihre Worte zur Offshore-Windkraft zeugen von einer kompletten Ahnungslosigkeit in Energiefragen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die über 40.000 MW an Leistung, die wir durch den Ausstieg aus der Kernenergie und durch den Ausstieg auch aus der alten Kohlekraft ersetzen müssen,

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der alten!)

lassen sich nur ersetzen, indem wir auch Offshore massiv ausbauen. Anders ist das überhaupt nicht möglich.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Matthiessen?

Herr von Boetticher, Sie sprachen die Initiative von Herrn Ministerpräsident Kretschmann für den Süden der Republik an, mit der er eine Besserstellung der Binnenlanderzeugung im Vergütungsrahmen für die süddeutschen Länder fordert. Ist Ihnen bewusst - weil Sie das einfach in einem Nebensatz so abgetan haben -, dass die mit diesem Modell weiter unter den Erzeugungskosten liegen, die zurzeit für Offshore-Windenergie durch die EEG-Novelle angestrebt werden, und ist Ihnen bewusst, dass das natürlich auch eine Entlastung für die Netzausbaunotwendigkeiten in Deutschland wäre? Darüber sind Sie einfach so hinweggegangen.

- Nein, das ist mir nicht bekannt, weil Sie natürlich sehen müssen, dass Energie am besten dort erzeugt wird und langfristig auch zu den günstigsten Kosten, wo das Windaufkommen mit Abstand am höchsten ist. Der Ministerpräsident betont immer so schön, dass die Leistung in der dritten Potenz zur Windgeschwindigkeit steht. Da ist viel Wahres dran. Darum sage ich Ihnen, wer langfristig denkt, wer nicht nur in kurzfristigen Prozessen denkt, der weiß, das Windkraft auf Dauer immer dort am besten produziert wird - das gilt übrigens für Solarstrom und andere Energiebereiche auch -, wo die besten Grundbedingungen herrschen. Dort müssen die Standorte aufgebaut werden. Deshalb ist Offshore für uns in Schleswig-Holstein - ich komme übrigens gleich noch auf das Thema Offshore - besonders wichtig.

(Beifall bei CDU und FDP)

Offshore soll nach dem Willen der Bundesregierung zur zweiten wichtigen Säule beim Ausbau der erneuerbaren Energien entwickelt werden. Bisher ist sie nicht - im Übrigen auch nicht wie von Ihnen damals im Jahr 2002 geplant - vorangekommen. Grund sind die hohen Risiken und schwierigen Rahmenbedingungen bei der Finanzierung, aber auch die Tatsache, dass Netzanbindungen für die ersten Trassen durch Nordsee und Ostsee über viele Jahrelang hinweg beklagt worden sind.

Es gibt nun mehrere Maßnahmen. Erstens Verschiebung des Degressionsbeginns von 2015 auf 2018. Dann die Einführung eines optimalen Stauchungsmodells, nach dem die Anfangsvergütung von 19 Cent pro Kilowattstunde für die ersten 8 Jahre steigt. Dann kommt die Verlängerungsphase und erst anschließend die Grundvergütung. Außerdem wird ein 5-Milliarden-€-Programm der

(Dr. Christian von Boetticher)

KfW aufgelegt, um für die rund 10 Windparks die Finanzierung zu sichern, und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie erarbeitet einen Masterplan für eine Offshore-Netzanbindung.

Ich sage Ihnen eines: Von allen diesen Maßnahmen wird gerade Schleswig-Holstein massiv profitieren. Auch wenn wir wissen, dass Offshore in der Nordsee ein Stück teurer ist als Offshore in der Ostsee, ist es gerade für unsere Westküste, für den Ausbau unserer Häfen, für die Zulieferung von einem unglaublichen Interesse und Wichtigkeit. Ohne Offshore-Windparks wird es für die Häfen an der Westküste schwer werden, wird es schwer werden, dort Infrastruktur auszubilden. Deshalb ist auch das ein Konjunkturprogramm für Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Stegner, all das, was Sie hier eben zu Offshore gesagt haben, ist ein Schlag in die Magengrube der Westküste, die genau darauf seit Jahren wartet.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter, Sie gestatten eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stegner?

Mit großer Freude.

Lieber Herr Kollege von Boetticher, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass ich mich in meiner Rede nicht gegen Offshore-Energie ausgesprochen habe, sondern nur gegen den Vorrang von Offshore gegenüber Onshore, weil Onshore viel stärker den kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein nützt,

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Gegen die Konzerne!)

wohingegen Offshoreunternehmungen riesiges Kapital brauchen, was die meisten schleswig-holsteinischen Unternehmen gar nicht aufbringen könnten?

- Ich habe sehr viel in Ihrer Rede darüber gehört, wogegen Sie sind, aber leider wenig dazu, wofür Sie sind. Herr Stegner, das ist das Grundproblem Ihrer Rede gewesen.