- Ich habe sehr viel in Ihrer Rede darüber gehört, wogegen Sie sind, aber leider wenig dazu, wofür Sie sind. Herr Stegner, das ist das Grundproblem Ihrer Rede gewesen.
Ich sage noch ein paar Worte zur Solarenergie. In den vergangenen Jahren hat die Photovoltaik 80 % aller Investitionen auf sich gezogen. Aber wir wissen, dass sie insgesamt die teuerste aller Technologien zur CO2-Vermeidung ist. Allein 2010 sind bundesweit 7.400 MW ans Netz gegangen. Dabei machen aber inzwischen die kleinen Anlagen nur noch 34 % aus. Inzwischen sind große Anlagen auf dem Vormarsch, auch große Flächenanlagen.
Ich sage Ihnen, auch angesichts der ersten 20-haAnlage, die wir in Schleswig-Holstein haben, eines: Wenn wir in Deutschland und in Schleswig-Holstein anfangen, unsere landwirtschaftliche Nutzfläche, auf der wir heute Nahrungsmittel mit der weltweit höchsten Produktivität erzielen und erarbeiten, bei gleichzeitig weniger Fläche auf der Welt und mehr Menschen, für solche Anlagen zu verwenden, dann machen wir etwas nicht richtig, und dann stimmt etwas nicht. Auch hier müssen wir gegensteuern.
Schon in der ersten Evaluation des EEG von 2009 ist daher die Solarförderung zu Recht gekürzt und die Degression verschärft worden. Deshalb hat die Bundesregierung an dieser Stelle nur noch geringe Veränderungen vorgenommen: Die Eigenverbrauchsregelung wird für Anlagen bis 100 kW bis 2013 verlängert, es wird keine Vergütung für Freiflächen auf Konversionsflächen, Nationalpark- und Naturschutzgebieten geben, und ein umfangreicher Maßnahmekatalog zur Netzintegration wird erstellt, der allerdings auch lange erwartet und notwendig war.
Ich will noch ein Wort zum Thema Biomasse sagen. 2005 hatten wir in diesem Land 50 Biogasanlagen. Heute sind es über 320 mit der Folge, die wir hier häufig im Parlament diskutiert haben: Maisanbau, Umbruch von Grünland, Auswirkungen auf Vegetation und auf Vogelschutz. Wir haben intransparente Förderstrukturen, Überförderung und ökologische Fehlanreize aus Schleswig-Holstein, auch aus der Landesregierung, auch von dem Ministerpräsidenten - bei dem ich mich freuen würde, wenn er mir wieder zuhören würde, ebenso wie der grüne Abgeordnete vielleicht auch.
Ich habe immer darauf hingewiesen, dass wir an dieser Stelle den Finger in die Wunde in Berlin legen und zu Änderungen kommen sollten. Und wir haben eine solche Änderung bekommen: neues Vergütungssystem, vier Anlagekategorien mit einer Grundvergütung zwischen 6 und 14,3 ct. Rohstoffvergütungsklasse I: nachhaltig erzeugte Energie
pflanzen, Mais, Getreide, Holz; Rohstoffvergütungsklasse II: Substrate wie Gülle, Stroh, Gras; nicht vergütet werden Nahrungsreste, Rapskuchen, Getreidestempe. Aber es gibt - das finde ich gut eine besondere Vergütung für Bioabfallvergärungsanlagen zur Mobilisierung von Abfall- und Reststoffen. Hier liegt ein erhebliches Potenzial, das bisher ungenutzt ist.
Die besondere Vergütung für kleine Gülleanlagen ist etwas, was wir immer gefordert haben; Erhöhung der Degression, in diesem Fall von 1 bis 2 % bei der Grundvergütung; Begrenzung des Maiseinsatzes auf 50 Masseprozent in jedem Kalenderjahr; Einführung der anteiligen Vergütung, das heißt, alle Rohstoffklassen können gemischt werden; eine Mindestanforderung an Wärmenutzung, mindestens 25 % im ersten Betriebsjahr, danach 60 % oder alternativ 60 Masseprozente für Gülle - all das sind Dinge, die wir aus diesem Landtag heraus, die wir aus Schleswig-Holstein lange gefordert haben und die jetzt umgesetzt werden. Das finde ich wirklich gut.
Auch bei den Netzen - darüber sprach der Ministerpräsident - haben wir vorgearbeitet. Ab 2010 gab es eine Netzentwicklungsinitiative Schleswig-Holstein. Natürlich stehen bei uns oben auf der Agenda der dringend erforderliche Ausbau der 380-kV-Leitung von Nordfriesland in den Süden. Aber wir wissen, dass das ohne länderübergreifende Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen durch Deutschland nichts werden wird.
Darum brauchen wir das Netzausbaubeschleunigungskonzept. Hier wird es in der Tat zum Schwur kommen. Der Ministerpräsident hat gesagt: Planfeststellungsverfahrenebene auf den Bund übertragen. Er findet das richtig. Ich auch. Ich glaube, Kompetenzgluckerei, wie sie andere Bundesländer im Augenblick betreiben, bringt uns überhaupt nicht weiter. Wir werden untereinander einen intensiven Dialog darüber führen müssen, was denn Netzbeschleunigung heißt.
Ich höre ja immer, die Bürgerbeteiligung dürfe nicht verkürzt werden. Ich finde es richtig, wenn man sagt, die Bürgerbeteiligung dürfe in den Inhalten nicht verkürzt werden. Aber natürlich müssen wir an der Beschleunigung der Verfahren arbeiten. Es würde mich freuen, wenn wir zu einem übergreifenden Konsens in diesem Hause kämen.
Aber es geht eben nicht nur um Energieproduktion, sondern es geht auch um Energieeinsparung. Wir haben als Umweltpolitiker eigentlich immer gesagt, Energieeinsparung kommt zuerst, und dann muss man über die Produktion reden. Die Ereignisse haben die Debatte ein wenig umgekehrt. Ich darf sagen: Hier können wir in Schleswig-Holstein auf gute Vorbilder zurückgreifen. Ein gutes Vorbild ist im Augenblick leider nicht im Raum. Das ist der SPDInnenminister Hay, der damals in der Großen Koalition mit der Wohnungswirtschaft einen Klimapakt Wohnen geschlossen hat, um von 2008 bis 2020 29 % CO2-Minderung zu erreichen. Das war richtig. Dieser Weg wird bundesweit gelobt. Wir werden ihn weitergehen.
Natürlich braucht es weiterer Anreize, Anreize, die der Bund bisher in keiner Form gesetzt hat. Darum kann man darüber reden, ob man dadurch, dass man bei Energieeinsparmaßnahmen ein Zehntel von der Steuer absetzen kann, schon am Ende dessen ist, was man leisten kann. Ich glaube auch, dass da noch mehr geht. Aber das ist ein Steuersenkungsvolumen von 1,5 Milliarden €. Ich sage Ihnen: Das wird beträchtliche Investitionen in der Hauptfrage, nämlich bei der Frage der Altgebäudesanierung, auslösen und ist ein richtiger und wichtiger Schritt bei der Frage der Energieeinsparung im Gebäudebereich und darum absolut zu begrüßen.
Ich sage Ihnen auch, dass meine Fraktion - das sagte ich bereits am Anfang - genau gucken wird, wie dieser Prozess in den nächsten zehn Jahren abläuft. Eines wäre wirklich ein Irrweg. Wir brauchen mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt. Das ist wohl unumstritten. Wir brauchen ihn auch durch gut aufgestellte Stadtwerke. Aber was wir nicht brauchen, ist eine Zerschlagung von Konzernen und eine komplette Dezentralisierung der Energieversorgung. Das ist grober Unfug.
Sie brauchen nur eines zu machen: Gucken Sie sich einen täglichen Gebrauchsgegenstand an, Ihr Handy, Ihre Waschmaschine, Ihr Auto. Keines dieser Produkte ist von einem kleinen lokalen Hersteller produziert worden, sondern in der Regel von einem großen Konzern. Jetzt können Sie darüber nachdenken, warum das wohl der Fall ist. Das liegt an Kostenstrukturen. Das liegt an Möglichkeiten. Das liegt an Forschungspotenzialen, an Innovationen, die im Laufe der Jahre natürlich auch durch Fusionierungen und andere Strukturen zustande gekommen
sind. Wer meint, die Weisheit liege allein in der Zerschlagung und in der Kleinteiligkeit, hat in der Tat von Wirtschaft und von Volkswirtschaft wirklich nichts verstanden.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aber Sie! - Wort- meldung des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Darum sage ich Ihnen eines: Ich hätte mich gefreut, wenn wir zu intensiveren Beratungen hätten kommen können. Ich war immer für einen Ausstieg aus der Kernenergie, aber natürlich nicht in einer Übernachtaktion. Wir hatten zwischen dem 11. März und 8. Juli 2011 nur vier Monate Zeit.
Ich glaube, das wird auch von Ihnen kritisiert, weil man für eine vernünftige Beratung von Gesetzen das gilt für den Bundestag genauso wie für den Landtag - ein wenig Zeit braucht. Wir stimmen vor allen Dingen zu, weil Schleswig-Holstein davon profitieren wird. Der Ministerpräsident hat sich frühzeitig auf Bundesebene eingebracht, hat viele Dinge, die ich heute gelobt habe, in die Debatte in Berlin einbringen können. Ich sage Ihnen, die Union wird es leisten, so wie sie es geleistet hat, den Kapitalismus mit dem Sozialstaatsprinzip zur sozialen Marktwirtschaft zu vereinen, nun die soziale Marktwirtschaft mit der Ökologie und der Nachhaltigkeit
Die CDU hat bewiesen, dass sie das kann. Das kann auch nur die CDU und nicht die SPD mit ihrer schönen, alten Rückblicksnostalgie, wie Sie sie gern pflegen, Herr Stegner. Bleiben Sie da. Sie sind Daueroppositionsführer. Sie werden Daueroppositionsführer bleiben, weil Sie Herrn Albig keine
Das Wort erteile ich jetzt dem Vorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rede des Oppositionsführers hat es wegen der herausgehobenen Stellung in der Verfassung verdient, dass sie wenigstens mit einigen wenigen Worten gewürdigt wird. Herr Kollege Dr. Stegner, Sie hatten heute eine Chance zu einer großen Rede. Die Chance haben Sie vertan, wie Sie wahrscheinlich auch an der Reaktion nicht nur des gesamten Hauses, sondern auch Ihrer eigenen Fraktion gemerkt haben. Ich finde es nachgerade witzig, dass ausgerechnet Sie immer, wenn Ihre eigene Rolle in den letzten zehn Jahren in der Landespolitik beleuchtet werden soll, darauf hinweisen, man solle nicht zurück, sondern nach vorne blicken. Aber Sie haben heute eine Rede gehalten, die nichts anderes beinhaltet hat als eine Vielfältigkeit von Geschichtsklitterungen, von falschen Argumenten und der herausgehobenen Rolle der SPD in SchleswigHolstein, die offensichtlich die einzig wahren Grünen in diesem Land sind.
Ich will Ihnen nur sagen: Die atomkritische Haltung meiner Partei ist seit über 20 Jahren bekannt. Wir haben keine Belehrung von Ihnen nötig.
Aber die Tatsache, dass Sie einmal vor einem Kernkraftwerk oder in Wyhl demonstriert haben - ich habe in Brokdorf demonstriert -, heißt nicht, dass Sie höhere Weihen der Erkenntnis haben.
Lieber Kollege Christian von Boetticher, auch die Rede des Fraktionsvorsitzenden der CDU war in dem Punkt sehr bemerkenswert, dass alleinig ausgerechnet die CDU es ist, die die Marktwirtschaft mit der Ökologie versöhnen kann. Ich finde das als Liberaler sehr bezeichnend.
Ich will nur darauf hinweisen, dass es am Anfang der Republik ohne die FDP die soziale Marktwirtschaft gar nicht gegeben hätte,
weil die CDU in ihrem Ahlener Programm die Verstaatlichung aller Industrien gefordert hatte. Aber damit soll es mit der Geschichte zu Ende sein, weil ich denke, es ist wichtiger, sich mit der Frage zu beschäftigen, was eigentlich nach dem kommt, was heute in Berlin beschlossen wird.
Die Bundesregierung hat - ich bin mit solchen Worten immer sehr vorsichtig - tatsächlich ein Energiekonzept vorgelegt - über einzelne Gesetze wird man mit Sicherheit noch reden müssen -, das in seinen Ausmaßen und Dimensionen einmalig ist. Mit diesem Konzept wird Deutschland eine weltweite Vorreiterrolle haben. Das Ende der Kernenergie ist in Deutschland absehbar.
Lassen Sie mich in vier Punkten erwähnen, weshalb der Ausstieg für unser Land besonders wichtig ist.
Erstens. Die störanfälligen Meiler Krümmel und Brunsbüttel werden nicht mehr ans Netz gehen. Die potenzielle Gefahr, die diese beiden Kernkraftwerke hervorriefen, wird endgültig gebannt sein.