Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, angesichts dieses wichtigen Themas ist es nicht angebracht, diesen Antrag mit populistischen Forderungen zu überfrachten.
Wir müssen das tun, was uns auf den Weg bringt, etwas ganz Konkretes zu machen, was uns wirklich weiterbringt.
Sie haben alternative Abstimmung beantragt. Ich beantrage für die Koalition, unseren Antrag an den Sozialausschuss zu überweisen. Das gibt uns allen miteinander Gelegenheit, darüber zu diskutieren, wie uns wenigstens der erste Schritt zur Bekämpfung dieser Ausgrenzung gelingen wird, der darin besteht - das ist auch Bestandteil des Aktionsplans -, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren, die Verbände mit einzubeziehen und gemeinsam darüber zu diskutieren, wie wir der Lösung des Problems einen Schritt näherkommen.
Es liegt noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor. Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk hat das Wort.
Mir liegen jetzt drei Anträge vor: erstens nur einen Antrag zu überweisen, zweitens beide Anträge zu überweisen - wenn man weiterberaten will, ist das
Der weitestgehende Antrag ist der Antrag auf Überweisung an die Fachausschüsse. Darüber lasse ich zunächst abstimmen. Wer dafür stimmen möchte, beide Anträge an die Ausschüsse zu überweisen federführend an den Sozialausschuss und mitberatend an den Europaausschuss -, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit sind die Anträge mit den Stimmen von CDU und FDP sowie der SSW-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE zur weiteren Beratung an die beiden Ausschüsse überwiesen worden.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lasst uns den Tieren eine Stimme geben! Der Tierschutz ist zum einen im Tierschutzgesetz des Bundes geregelt, der Schutz der Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit steht zum anderen seit einigen Jahren als Staatsziel im Grundgesetz und genießt Verfassungsrang. Der Tierschutz ist damit als Verfassungsgut anderen Schutzgütern wie zum Beispiel dem Recht auf Freiheit der Berufsausübung, dem Recht auf Freiheit von Wissenschaft und Forschung oder dem Recht auf Eigentum gleichgestellt. Dies nutzt den Tieren aber wenig, wenn niemand ihre Interessen vor Gericht und vor den Behörden vertreten kann.
Somit klafft zwischen dem Verfassungsanspruch und der tatsächlichen rechtlichen Ausstattung zur Erreichung des Verfassungsziels eine große Lücke.
Diese gilt es aus den genannten rechtlichen Gründen zu schließen. Insbesondere ist auch in der Sache selbst begründet, eine Verbesserung des Tierschutzes zu erlangen.
Das von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachte Gesetz über das Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände ermöglicht es den Verbänden, gegen Verstöße zu klagen und sich für Tiere einzusetzen.
Stellen Sie sich irgendeinen Tierschutzkonflikt vor, sei es schlechte Haltung, Tierexperimente, Wanderzirkus, Anketten eines Wachhundes, Genehmigung einer Betäubungsanlage. Wir haben immer die folgende Konstellation: Der Halter hat als Eigentümer an der Sache Tier nach dem BGB das Recht zu handeln, aber kein Interesse. Das betroffene Tier hat ein Interesse daran, dass gehandelt wird, ist aber nicht rechtsfähig. Der Tierschutzverband ist rechtsfähig, hat auch das Interesse am Tierschutz, ist aber rechtlich nicht betroffen. Er muss die Verletzung eigener Rechte geltend machen, um sein Rechtsschutzbedürfnis zu begründen. Es sind jedoch die Rechte eines oder mehrerer Tiere verletzt, nicht die des Tierschutzvereins.
Diese Lücke soll nun durch das von uns eingebrachte Gesetz geschlossen werden. Sein Kern ist die Befugnis zum Rechtsbehelf für anerkannte Tierschutzverbände, „ohne die Verletzung eigener Rechte geltend machen zu müssen“, wie es wörtlich im Gesetz heißt.
Wir kennen bereits das Verbandsklagerecht für die Naturschutzverbände - von diesem Hohen Haus beschlossen. Da liegen über einen längeren Zeitraum jetzt Erfahrungen vor. Diese sind durchweg positiv. Das erwarten wir auch für den Bereich der Tierschutz-Verbandsklagerecht. Die Statistik zeigt, dass durch Einführung der Verbandsklage im Naturschutz die Zahl der Verfahren vor den Verwaltungsgerichten nicht explodiert ist. Die Verbände sind offenbar keine Prozesshansel, sondern gehen mit den ihnen übertragenen Rechten sehr verantwortungsbewusst um.
Zudem werden sich die Verbände auch wegen des Kostenrisikos natürlich gut überlegen, ob und an welcher Stelle sie ein Gerichtsverfahren anstrengen.
Nach § 1 können nur anerkannte Tierschutzverbände beim Erlass von Rechts- und Verwaltungsvorschriften und nur begrenzt mitwirken.
Nach § 3 können Tierschutzverbände nur in näher bestimmten Verfahren Rechtsbehelf einlegen. Das sind besonders Widerspruch bei der Verwaltungsbehörde, Klage beim Verwaltungsgericht und Berufung beim Oberverwaltungsgericht.
Nach § 4 haben anerkannte Tierschutzverbände nur die gleichen Informationsrechte, wie sie jedermann nach dem Umweltinformationsgesetz ebenfalls hat.
Die Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes, der als Bundesgesetzgeber für die Tierschutzrechtsetzung zuständig ist, lässt eine Abweichung vom Grundsatz, dass zur Erlangung von Rechtsschutz die Verletzung eigener Rechte geltend gemacht werden muss, zu.
Ein Landesgesetz zur Tierschutz-Verbandsklagerecht gibt es inzwischen in Bremen; es soll in Hamburg kommen, und es ist im Koalitionsvertrag im Saarland auf die politische Agenda gesetzt.
Die SPD hat - das hat der Präsident bekannt gegeben - ihren Antrag zurückgezogen. Der SPD-Antrag zielte auf eine Initiative der Landesregierung ab und forderte diese auf, einen Gesetzentwurf zur Einführung des Tierschutz-Verbandsklagerechts vorzulegen. Alternativ könnte man auch über eine Bundesratsinitiative nachdenken, Frau Kollegin.
Ich glaube, in Berlin gibt es im Moment andere Prioritäten. Sollte der Bundesgesetzgeber die Tierschutz-Verbandsklagerecht abschließend und vollständig regeln, werden wir uns freuen und unser Landesgesetz zurücknehmen. Wir sollten jedoch unsere Landeskompetenz wahrnehmen, die auch durch ein Gutachten bestätigt wurde. Mit einem Landesgesetz müssen wir nicht auf Bundeshandeln mit ungewissem Ausgang und begrenzten Einflussmöglichkeiten warten. Wir können selbst schneller und auch genauer am eigenen politischen Willen orientiert handeln. Das sollten wir tun. Insofern ist die Rücknahme durch die SPD-Fraktion konstruktiv und hilfreich.
Unser Gesetz ist keine Vermenschlichung der Tiere, wie es ab und zu behauptet wird, nein, wir wollen gerade erreichen, dass Tiere Tier bleiben können, als Mitgeschöpfe des Menschen, wie es im Tierschutzgesetz verbindlich heißt.
Wie wir Menschen uns gegenüber Tieren verhalten, ist nicht nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern auch der Kultur.
Weil wir damit den vom Recht eigentlich geschützten Wesen wenigstens ein Stück zu ihrem Recht verhelfen können, ist es auch eine Frage des Rechtsstaats.
Passend zu dem Tagesordnungspunkt hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner seinen blauen Elefanten mit in den Plenarsaal gebracht. - Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte der Carl-Maria-von-Weber-Schule aus Eutin. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Das Wort zu seiner ersten Rede in diesem Hause erteile ich Herrn Abgeordneten Heiner Rickers von der CDU-Fraktion.
Nach Herrn Matthiessen, dem Tierarzt, steht hier jetzt der Landwirt. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Jungfernrede heute zum Tierschutz-Verbandsklagerecht wird etwas anders ausfallen als die Worte, die wir eben gehört haben.