Protocol of the Session on May 25, 2011

- Macht er nicht mehr? Hat er zurückgenommen? Mag sein.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Ja, hätte aber auch geheißen, dass wir zusätzlich zu den 130 Millionen €, die wir jedes Jahr einsparen müssen, noch einmal 120 Millionen € hinzugeben müssen.

(Zuruf von Minister Rainer Wiegard)

- Das wird der Finanzminister noch mal näher ausführen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Koch, darf ich Sie einmal unterbrechen? - Zwischenbemerkungen und Diskussionsbeiträge von der Regierungsbank sind grundsätzlich nicht möglich. Der Minister bekommt aber nachher eine Redezeit von fünf Minuten.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Vielen Dank Herr Präsident, dass Sie meine Redezeit so lange angehalten haben. Das war sehr korrekt.

(Heiterkeit)

Damit nicht genug. Der SPD-Landesparteitag in Husum beschließt das beitragsfreie Kindergartenjahr nicht nur für ein Jahr, sondern für alle drei Jahre - 90 Millionen €. Der SPD-Landesparteitag beschließt, 1.800 Lehrerstellen, für die es aufgrund der demografischen Entwicklung keine Schüler mehr gibt, zu halten - Kosten: 90 Millionnen €. In der Summe sind das 300 Millionen €.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Ich habe noch gut Ihre Anträge aus der Haushaltsdebatte in Erinnerung: Kürzung beim Landesblindengeld zurücknehmen, Kürzung bei der Schülerbeförderung zurücknehmen, Kürzung bei dänischen Schulen zurücknehmen. Das ist die rote Wundertüte und kein Konzept, das sind keine Aussagen, auch keine aktuellen Aussagen von Ihnen, wie das alles bezahlt werden soll.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf des Abge- ordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Stattdessen zetteln Sie eine Phantomdebatte zu Steuersenkungen an, und weisen Forderungen zurück, die niemand aus diesem Land erhoben hat.

(Tobias Koch)

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Ja, niemand hat sich für Steuererhöhungen eingesetzt.

(Beifall und Lachen bei der SPD)

- Niemand aus diesem Land hat sich für Steuersenkungen eingesetzt.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der FDP)

Das ist Ihr reines Wunschdenken, damit Sie ein Thema haben. Erklären Sie den Bürgern lieber, was auf sie zukommt, wenn Rot-Grün regiert, welche Einnahmesteigerungen Sie erzielen wollen, welche Steuern Sie erhöhen wollen! Das wären aktuelle Aussagen gewesen, dann hätte diese Aktuelle Stunde ihren Namen verdient gehabt. So war es nur Kaffee von gestern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Katharina Loedige das Wort. - Die Redezeit in der Aktuellen Stunde beträgt fünf Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es bemerkenswert, dass Herr Stegner sich hier hinstellt und der Regierung Vorwürfe macht. Im Mai 1988 hat die SPD die Regierung mit 9 Milliarden € Schulden übernommen. Als wir an die Macht kamen, waren es 25 Milliarden € Schulden. Das ist ein Plus von 180 %.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Eichstädt [SPD])

Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass Sie beim Wirtschaftswachstum genauso zugelegt hätten. Das war leider ein Fehlschluss. Das hat nicht funktioniert. Ich weiß auch nicht, was die Überschrift „Haushaltspolitische Konsequenzen“ oder was der Antrag überhaupt sollte. Die haushaltspolitischen Konsequenzen haben Sie uns heute leider überhaupt nicht vorgelegt. Sie haben überhaupt keinen Plan, wie es hier weitergehen soll.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir reden über eine Steuerschätzung, also geplantes Geld, noch nicht eingenommenes Geld. Das wäre natürlich konsequent, wenn die Steuerschätzung düster und dunkel wäre, dann müssten wir heute eine Aktuelle Stunde machen. Aber nein, sie ist ja

ganz hervorragend. Wir sehen haushaltspolitisch guten Zeiten entgegen, hoffen wir jedenfalls. Aus dieser Mai-Prognose sollten wir natürlich auch die Konsequenz ziehen, die die Regierung gezogen hat: Kredite tilgen und den Haushalt konsolidieren. Das hätte man auch schon früher machen können - in Zeiten, als Rot und Grün regiert hat. In guten Zeiten bildet man Rücklagen, von denen man sich in schlechten Zeiten auch nähren kann. Das ist in den Zeiten der letzten Regierung in den letzten 20 Jahren nie passiert. Ihr schlechtes Regierungsverhalten, 20 Jahr lang, hat die schwarz-gelbe Regierung jetzt auszubaden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die nächsten Haushaltsrisiken stehen schon vor der Tür. Der Landtag hat in seiner letzten Sitzung zu Recht beschlossen, dass wir schneller als bisher vorgesehen aus der Kernkraft aussteigen wollen. Das ist auch richtig so, aber wir müssen uns dann auch davon verabschieden, eine Oberflächenwasserabgabe von über 35 Millionen € jährlich einzunehmen. Das heißt, die Ausgaben müssen dann auch geringer werden. Die können wir auf diesem Niveau natürlich auch nicht halten. Einen Vorschlag dazu habe ich bisher von Ihnen noch nicht gehört.

Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer sind die Eckpfeiler dieser Steuerprognose. Sie gehen nach oben. Das zeigt uns, dass wir es mit einer erholenden Konjunktur zu tun haben, die sich jetzt auf den Weg macht, die Zahlen von 2008 in kürzerer Zeit zu erreichen, als wir alle gehofft haben. Das freut uns, es wird uns aber nicht übermütig machen. Wir sind nach wie vor ein Konsolidierungsland, auch wenn die unerwartete Steuermehreinnahme letzte Woche in Höhe von 560 Millionen € suggeriert, dass wir ein Geberland würden. Unter dem Strich bleibt nichts über, im Gegenteil, wir müssen noch 35 Millionen € an den Bund abführen. Das zeigt einmal wieder, dass der Länderfinanzausgleich außerordentlich absurd ist und wir ihn ganz schnell ändern müssen.

(Beifall bei der FDP)

Die Fehler der Vorgängerregierungen, nach guten Steuerschätzungen die Ausgaben zu erhöhen und vermeintlich wichtige Wohltaten zu verteilen, werden wir nicht machen.

(Beifall der Abgeordneten Ingrid Brand- Hückstädt [FDP])

(Tobias Koch)

Das rate ich auch unseren Kommunen, die in gleicher Weise an den virtuellen Steuermehreinnahmen beteiligt sind.

Der SPD geht es ja nie darum, die Ausgaben den Einnahmen anzupassen, sondern lediglich darum, wie kann ich den Steuerzahler noch mehr zur Kasse bitten. Herr Stegner, das haben sie gerade auch bestätigt und erklärt: Erbschaftsteuer hinauf, Vermögensteuer einführen. Da freut sich natürlich jeder Haus- und Grundeigentümer, von denen wir - im Vergleich zu anderen europäischen Ländern - viel zu wenige haben. Frau Herdejürgen sagt fairerweise allerdings in ihrer Pressemitteilung auch, dass eine übersichtliche und transparente Besteuerung durchzuführen ist, um Steuerschlupflöcher zu schließen. Dabei finden Sie die Liberalen natürlich an Ihrer Seite. Steuervereinfachung ist das Zauberwort, das in Berlin leider noch nicht so richtig gehört worden ist.

Welche Vorstellungen Ihr Spitzenkandidat Albig, von der Konsolidierung eines Landeshaushalts hat, hat sich uns noch nicht so ganz erschlossen. Wir haben gerade gehört, dass er von 120 Millionen € Finanzausgleich wieder ab ist. Es geht einmal rauf, einmal runter. Letzte Woche war er dafür, jetzt ist er wieder dagegen. Er will auch den Lehrerstellenabbau nicht. 2.000 Lehrer bedeuten über 100 Millionen € im Personalhaushalt, die wir aufbringen müssten. Merkwürdigerweise kreidet er der schwarz-gelben Regierung den Eingriff in den Finanzausgleich an. Ich stelle hier klar, dass das zuzeiten eines Innenministers Ralf Stegner gemacht worden ist und nicht von dieser schwarz-gelben Regierung.

(Beifall bei der FDP)

Die SPD plant über 200 Millionen € mehr Ausgaben in einem Jahr und weiß nicht, woher das Geld kommen soll. Es bleibt des Kandidaten Geheimnis. Vielleicht hofft er ja noch auf einen Telefonjoker. Meine Redezeit ist leider abgelaufen. Ich hätte noch einiges zu sagen und werde mich sicherlich noch mal melden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Loedige, mit den Zahlen und den Vergleichen ist das ein bisschen schwierig. Ich könnte mich hier hinstellen und sagen: Die teuerste Regierungszeit war die, in der die FDP dabei war. In den zwei Jahren gab es über 2 Milliarden € Schulden mehr. Was ist das aber für eine Rechnung?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Zahlen der Steuerschätzung sprechen eine deutliche Sprache. Finanzminister Wiegard hat die Entwicklung der Steuereinnahmen in seiner Pressemitteilung anschaulich dargestellt. Deutschland erholt sich schneller als bisher gedacht von der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise. Die konjunkturell bedingten Steuereinbrüche gehen zurück. Wenn es so kommt, wie es prognostiziert ist, dann wird Schleswig-Holstein im Jahr 2012 in etwa so viel einnehmen wie im Jahr 2008. Das heißt, dass die Ausgaben jährlich um zirka 1,1 % gestiegen sind. Die Einnahmen sind aber nicht gleichermaßen gestiegen. Dementsprechend ist die Lücke größer geworden.

Deshalb zeigt uns diese Steuerschätzung noch einmal, was die Wirtschafts- und Finanzmarktkrise tatsächlich verursacht hat. Das Minus, das in die öffentlichen Kassen hineingetragen wurde, ist katastrophal. Verantwortlich dafür waren milliardenschwere Spekulationsgeschäfte von Banken und von anderen gewinngierigen Akteuren. Wenn wir über die Steuerschätzung und über die Entwicklung der Steuern reden, dann muss dies in dieser Deutlichkeit benannt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weder die Vereinigten Staaten noch Europa sind aus dem Tal raus. Wir wissen noch nicht, wie es mit dem Euro weitergeht. Dies gilt insbesondere dann, wenn wir nach Südeuropa gucken. Im Klartext heißt das: Diese Steuerschätzung ist nicht mehr als eine Prognose. Sie ist keine Einladung, den Konsolidierungskurs zu verlassen. Schleswig-Holstein hat schwierige Jahre vor sich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)