Protocol of the Session on February 24, 2011

Ich bitte um Ruhe. Das Wort hat Frau Abgeordnete Funke.

Frau Kollegin Dr. Bohn, Sie stellen als Mitglied einer Oppositionsfraktion hier ideologische Forderungen auf, die Ihre Fraktion in Regierungsverantwortung nicht umgesetzt hat, weil auch Sie wissen, dass das, was Sie hier und heute in Ihrem Gesetzentwurf vorbringen, nicht vernünftig ist.

(Christopher Vogt [FDP]: Das wissen die nicht!)

Das ist ein Politikstil, der sich nicht an der Sache orientiert, sondern populistisch unhaltbare Dinge fordert.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, gern debattiere ich mit Ihnen über das Thema Frauenquote in Aufsichtsräten, und dies steht auch auf der Agenda im Innen- und Rechtsausschuss. Wie Sie wissen, halte ich eine gesetzliche Quotenregelung für den falschen Ansatz, um verstärkt Frauen in Führungspositionen zu bringen. Denn jede Quotenregelung ist willkürlich. Warum 30, 40 oder 50 %? Meiner Meinung nach ist das Thema viel komplexer und lässt sich nicht einfach über eine Regelung für Aufsichtsräte lösen.

(Kirstin Funke)

(Unruhe)

Unser Ansatz ist, das Thema gesellschaftspolitisch anzugehen, um beispielsweise Anreize in Arbeitszeitmodellen für Führungskräfte zu schaffen, damit mehr Frauen die Chance erhalten, in die mittlere und obere Managementebene aufzusteigen. Nur so kann es zu einem gesellschaftlichen Umdenken kommen, und nur so kommt es nicht nur einigen wenigen Frauen zugute, sondern Ziel muss es sein, dass sich das Verhältnis der Anzahl von Frauen in der Bevölkerung auch in den Unternehmen auf allen Ebenen widerspiegelt.

(Beifall bei der FDP)

Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Sehr geehrte Kollegin Dr. Bohn und Kollege Andresen, es spricht im Grunde nichts für Ihren Gesetzentwurf, aber das parlamentarische Verfahren gebietet es, dass ein Gesetzentwurf im Ausschuss behandelt wird. Deswegen stimmen wir einer Ausschussüberweisung zu, obwohl wir über den Gesetzentwurf auch schon heute abstimmen könnten.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat nun Herr Abgeordneter Björn Thoroe das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass Frau Funke sogar meint, in der CDU Kommunistinnen anzutreffen, weil sie die Frauenquote als kommunistisch bezeichnet hat. Das fand ich sehr spannend.

(Widerspruch bei der FDP- Kirstin Funke [FDP]: Zuhören!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Grundgesetz beschreibt die Pflicht des Staates, für eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu sorgen. Seit Jahren, fast schon Jahrzehnten wird darüber diskutiert, wie sich Geschlechtergerechtigkeit herstellen lässt - bisher leider ohne Erfolg, wie ein kurzer Blick auf die Landesregierung bestätigt. Ein ähnliches Bild zeigt sich im Wissenschaftsbetrieb: Vor gut einem Jahr waren in Deutschland we

niger als 20 % der Professuren durch Frauen besetzt. Das ist ein Armutszeugnis im europäischen Vergleich. Noch schlechter sieht es in SchleswigHolstein aus. Hier wird weniger als jede sechste Professur von Frauen besetzt.

Herr Abgeordneter Thoroe, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt?

Herr Kollege Thoroe, meinen Sie wirklich, dass die Kollegin Funke eben in ihrem Redebeitrag das Wort „kommunistisch“ verwendet hat? Kann es nicht sein, dass sich das Wort eher in Ihrem Kopf abgespielt hat und weniger in ihrer Rede?

(Sandra Redmann [SPD]: In wessen Kopf?)

- In seinem Kopf.

- Ich weiß nicht, wenn ich der Einzige bin, der das gehört hat, dann habe ich mich wohl verhört.

(Zurufe: Ja!)

Wenn das auch andere gehört haben, dann nicht.

(Heinz-Werner Jezewski [DIE LINKE]: Sie liest ja nicht immer so deutlich ab! - Weitere Zurufe)

Fahren Sie bitte in Ihrer Rede fort.

Derzeit setzt sich der Aufsichtsrat des UK S-H aus sechs Männern und drei Frauen zusammen. Ein Frauenanteil von einem Drittel der Mitglieder hat nichts mit dem Frauenanteil der Arbeitenden im UK S-H zu tun. Vier von neun wären ebenfalls noch zu wenig. DIE LINKE will eine Frauenquote in allen Aufsichtsräten von mindestens 50 %.

(Beifall bei der LINKEN)

Parität wird von den Grünen heute neu definiert. Ausgrenzungsmechanismen sind in den bestehenden Gesellschaftsstrukturen fest verankert. Geschlechtergerechtigkeit ist nicht nur ein Problem der Hochschulen, immerhin handelt es sich um ein gesellschaftlich verankertes Geschlechterregime. Ohne eine Veränderung der strukturellen Rah

(Kirstin Funke)

menbedingungen wird es auch in Zukunft keine Geschlechtergerechtigkeit geben.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE fordert deshalb auch in der Wissenschaft die sofortige Festsetzung einer 50-%-Frauenquote. Es hilft niemandem, wenn die Landesregierung und die regierungstragenden Fraktionen stets auf positive Einzelfälle verweisen. Die Statistiken belegen: Es gibt immer mehr hoch qualifizierte Frauen, die im schleswig-holsteinischen Patriarchat keinen Zugang zu Führungspositionen haben.

Herr de Jager, dass Sie eine staatliche Frauenquote ablehnen, ist uns ja bekannt. Mich würde aber interessieren, welche Alternativkonzepte Sie vorschlagen. Diese spannende Antwort haben Sie uns bisher vorenthalten.

(Christopher Vogt [FDP]: Zwei Staatssekre- tärinnen!)

Möglicherweise sind Sie an der Gleichstellung gar nicht interessiert. Dabei kann bei dieser Thematik noch nicht einmal das unsinnige Finanzargument angeführt werden. Gleichstellung voranzutreiben, ist allein eine Frage des politischen Willens.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie in allen politischen Feldern fehlt CDU und FDP schlicht und einfach der Wille, Frauenförderung zu betreiben. In zahlreichen Stellungnahmen weist die Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und Universitätsklinika Schleswig-Holsteins auf Misstände hin.

Der Gesetzentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung. Er geht allerdings nicht weit genug. Er lässt einige Punkte unberücksichtigt. Der Gesetzentwurf regelt nur die Besetzung der Aufsichtsräte, die wesentlichen Entscheidungen werden aber in den Vorständen getroffen. Deswegen wollen wir eine gesetzliche Regelung für Aufsichtsräte und Vorstände.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Erfahrungen anderer europäischer Nachbarn zeigen auch, dass es dringend notwendig ist, gleichzeitig transparente Auswahlverfahren und Konzepte zur Qualifizierung von Führungskräften einzuführen.

Noch immer gibt es auch geschlechterdeterminierte Einkommensunterschiede. Frauen verdienen im Durchschnitt ein knappes Viertel weniger als Männer bei gleicher Qualifikation. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das gilt nicht nur für den Bereich

der Teilzeitarbeit. DIE LINKE fordert deshalb eine gleiche Entlohnung von Männern und Frauen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir akzeptieren nicht, dass Frauen von Arbeitgebern immer noch skeptisch beäugt werden, weil sie ja schwanger werden könnten. Gleichzeitig wird die Überalterung unserer Gesellschaft propagiert. Wir müssen in den Hochschulen und Forschungseinrichtungen ein umfassendes Betreuungsangebot für Kinder von Studierenden und Hochschulangehörigen schaffen.

DIE LINKE wird weiter für eine geschlechtergerechte Welt streiten. Daher fordert DIE LINKE eine sanktionsbewehrte 50-%-Quote für alle Vorstände und Aufsichtsräte - nicht nur am Frauentag, dem 8. März, der übrigens von der Sozialistin Clara Zetkin begründet wurde, sondern immer.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk von der Fraktion des SSW.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg. Dieses Thema hat natürlich sowohl mit Hochschulpolitik als auch mit Frauenpolitik zu tun. Ich glaube, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich verrate, dass es mittlerweile auch wissenschaftliche Studien darüber gibt, dass es für die gesellschaftliche Weiterentwicklung gut ist, wenn sowohl die Erfahrungen von Männern als auch die Erfahrungen von Frauen, ihr Wissen und ihre Erkenntnisse, mit einfließen können.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)