Wer in dieser Landtagstagung eine Regierungserklärung abgibt, sich an die Bevölkerung wendet und sagt, wir müssten jetzt alle sparen, wir müssten die Gürtel enger schnallen - die Vereine, die Verbände und die Menschen mit dem kleinen Einkommen -, und noch am gleichen Tag hingeht und das aufhebt, was das Parlament zur HSH Nordbank und zur Begrenzung der Managergehälter beschlossen hat, der hat jedwede Form von Glaubwürdigkeit eingebüßt. Das ist eine Frechheit!
Das ist eine Frechheit, und das zeigt ganz genau, dass das Motto dieser schwarz-gelben Regierung heißt: Eigennutz statt Gemeinwohl. Das ist das, was Sie hier propagieren.
Frau Kollegin Loedige, Sie sind noch neu in diesem Haus, deswegen will ich da zurückhaltend sein, aber die Art und Weise, wie Sie hier über Menschen mit geringem Einkommen geredet haben, ist der Zynismus der Partei der Besserverdienenden. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Das hat mit dem Amtseid, das Wohl der Bevölkerung und des Landes zu mehren, nichts zu tun, sondern das ist die Haltung derjenigen, die nur Selbstbedienungspolitik für sich und die Großverdiener in diesem Land machen. Das werden wir Ihnen so nicht durchgehen lassen.
- Es ärgert Sie ja, dass weniger über die Regierungserklärung geredet wird und stattdessen über das, was Sie Skandalöses machen bezogen auf das Geld, das Sie den HSH-Managern hinterherwerfen. Aber ich sage Ihnen: Das werden wir Ihnen vorhalten. Ich kündige Ihnen jetzt schon an: Wenn Sie die
Gehälter bei den Verbänden und Vereinen kürzen werden, werden wir hier auch namentliche Abstimmung beantragen, und dann werden wir den Menschen zeigen, dass die Gleichen, die den HSH-Managern das Geld hinterherwerfen, den armen Menschen das Geld kürzen. Das sollen Sie dann mal rechtfertigen, dann werden Sie die längste Zeit hier regiert haben. Das verspreche ich Ihnen.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und dem SSW - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich dem Appell des Herrn Kollegen Kubicki zum Frieden nachkomme, möchte ich gern auf zwei - meiner Ansicht nach - logische Brüche in seiner Argumentation hinweisen, die es schwer machen, emotional gefasst zu bleiben.
Zum einen hatte ich schon in meiner Erwiderung auf Herrn Carstensen gesagt: Wir sind fähig zur Selbstkritik. Aber wenn Sie sagen, ihr habt da einen Fehler gemacht, und jetzt machen wir den gleichen Fehler noch einmal, aber ihr könnt nicht mehr dagegen reden - wo dahinter sozusagen die starke Logik stecken soll, ist mir nicht aufgegangen.
Das Zweite: Noch weniger ist mir aufgegangen, wie Sie sich hier hinstellen und sagen können: „Hört mit dem Wahlkampf auf“, und danach Herrn Stegner Bilanzfälscher nennen. Was ist denn das für ein Zusammenhang? Ich weiß auch gar nicht, ob das - wo wir gestern über Sprache und juristische Ausdrücke geredet haben - zwei über den Durst waren.
Zum Antrag selbst! Erstens. Ich will keine neuen Argumente und keine alten Argumente noch einmal neu vortragen. Ich will nur noch einmal erklären, wie der Antrag zustande kam. Er ist nämlich im Wesentlichen die parlamentarische Übersetzung
dessen, was wir in der letzten Zeit als Zitate aus der Regierungsfraktion und der Regierung selbst hören konnten. Wir haben die Regierungserklärung von Herrn Carstensen noch im Ohr. Daraus wurde in unserer Sprache dies: Der Schleswig-Holsteinische Landtag stellt fest, dass weder das Land noch die Kommunen weitere Einnahmeverluste verkraften können. Das Land ist am Ende seiner Handlungsfähigkeit, wir haben schwere Zeiten vor uns, weitere Belastungen können wir uns nicht leisten. Das haben wir alles gehört. Das ist eins zu eins das, was von Ihnen, aber auch von Ihnen, Herr Kubicki, und von Herrn Koppelin gesagt wurde.
Zweitens. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, im Bundesrat nicht gegenfinanzierte Steuersenkungspläne der Koalition aus CDU, CSU und FDP abzulehnen. Herr von Boetticher hat gesagt: Wer die Musik bestellt, der soll auch bezahlen. Im parlamentarischen Deutsch heißt das: Nichts Gegenfinanziertes wird abgelehnt. - Vertagen Sie also nicht, machen Sie den Rücken gerade, und stimmen Sie für den Antrag.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte noch einmal dafür werben, dass jetzt alle in diesem Haus dem Antrag der Grünen zustimmen.
Ich möchte noch einen Aspekt einbringen, der vielleicht etwas zu kurz geraten ist. Man kann spontan sagen, okay, wir haben noch Zeit. Das sagte der Kollege Koch vorhin. Wir haben noch Zeit, die Bundesratssitzung ist erst am 18. Dezember 2009. Das kann man so hinnehmen, das kann man so akzeptieren. Man kann das Argument aber auch umkehren und sagen: Gerade weil noch Zeit ist, ist es wichtig, diesem Antrag jetzt zuzustimmen.
Wir alle wissen aus Erfahrung, dass wir uns im politischen Leben manchmal in einer günstigen Verhandlungsposition befinden. Ich stelle die Behauptung auf: Die neue Landesregierung befindet sich in so einer günstigen Verhandlungsposition, denn ihre Stimme wird letztlich entscheidend dafür sein, ob das, was von der Bundesregierung vorgeschlagen wird, durch den Bundesrat gehen kann. Die neue
Landesregierung wird sozusagen das Zünglein an der Waage sein. Daher hätte ich von der Landesregierung erwartet, dass man jetzt schon ein Konzept hätte vorlegen können. Ich hätte erwartet, dass der Ministerpräsident sich nicht erst jetzt dagegen ausspricht, nachdem sich drei bis fünf andere Ministerpräsidenten dagegen ausgesprochen haben. Herr Carstensen hinkte hinterher. Ich hätte von der Landesregierung erwartet, dass man gleich in die Puschen gekommen wäre, dass man gleich gesagt hätte: Mit uns so nicht!
Das, was man akzeptiert, ist, dass ausreichend kompensiert wird. Die Kommunen in Schleswig-Holstein wissen, was das heißt. Sie haben diese Kompensationsmaßnahmen in den letzten Jahren hin und her geschoben bekommen. Wir alle wissen, dass die Kommunen mit den vorgeschlagenen Kompensationen nicht einverstanden sind. Man kann vielleicht aus den Erfahrungen in SchleswigHolstein lernen, dass man mit Sachleistungen keine Kompensation durchführen kann. Wenn es um Geld geht, dann stellt sich die Frage: Mit wie viel Geld stellt sich die Landesregierung zufrieden? - Anscheinend reichen 70 Millionen € für das Land, aber 60 Millionen € für die Kommunen sind nicht mit im Bild. Ein Altschuldentilgungsfonds scheint jetzt auch keine Rolle zu spielen. Somit bin ich wieder bei der günstigen politischen Verhandlungssituation. Ich erwarte ganz einfach, dass die Landesregierung mit härteren Bandagen kämpft,
denn das ist notwendig. Das ist notwendig, wenn wir überhaupt weiterkommen wollen mit dem, was zum letzten Tagesordnungspunkt besprochen wird. Wir können alles - von der Schuldenbremse bis zur Verfassungsänderung - vergessen, wenn es uns nicht gelingt, hier weiterzukommen. Darum sage ich: Es ist ein Armutszeugnis, das noch einmal zu verschieben und zu sagen: Na ja, wir werden hinter den Kulissen verhandeln. Es ist eine Stärkung der Landesregierung, wenn ein einmütiger Beschluss des Parlaments vorliegt.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erhält der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Herr Dr. Christian von Boetticher, das Wort.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wir können auch einen interfraktio- nellen Antrag daraus machen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal in größeren Gremien Verhandlungen geführt hat.
- Ich habe nur gesagt, ich weiß nicht, wer von Ihnen schon einmal in größeren Gremien Verhandlungen geführt hat. Normalerweise ist es so, dass man mit einer bestimmten Forderung in die Verhandlungen geht, dass man sich aber nicht von vornherein auf einen endgültigen Punkt vorfestlegt. Ich kenne das aus Brüssel. Wer dort von Anfang an sagt, er trage eine bestimmte Sache nicht mit, der ist raus aus dem Spiel. Mit dem wird am Ende weniger verhandelt.
- Sehen Sie mal! Und weil ich das alles nicht verraten will, sage ich Ihnen auch nur, dass es einfach dämlich wäre, zu viele Vorfestlegungen zu treffen. Darum haben wir gestern ganz deutlich gesagt, was unsere Parameter sind. An diesen Parametern werden wir uns am Ende auch messen lassen. Wir werden uns für die Verhandlungsführung und für die Art und Weise dessen, was wir fordern, hier nicht vorab von Ihnen binden lassen. Das wäre dämlich, und das haben wir auch nicht vor. Darum werden wir heute auch nicht -
- Nein. Ich gehöre dem Parlament selbst an, dass haben Sie noch nicht ganz mitbekommen, Herr Stegner. Mittlerweile sitze ich dort drüben. Das hat sich jetzt ein bisschen geändert. Sie haben das noch nicht ganz verstanden, ich sehe Ihnen das nach. Ich sage auch: Was Sie noch nicht verstanden haben, das werden wir der Öffentlichkeit in den nächsten Tagen noch einmal lupenrein darlegen. Sie haben nämlich vergessen, was Sie mit uns gemeinsam sowohl am 25. Februar als auch am 3. April 2009 beschlossen haben, nämlich das, was die Regelung über die HSH Nordbank und den SoFFin angeht,
Das, was wir gemeinsam beschlossen haben, will ich heute nicht ausführen. Das würde zu weit führen, aber das kriegt die Öffentlichkeit mit. Dann werden Sie wieder einmal als das dastehen, was Sie sind, nämlich jemand, der hier große Töne spuckt und sich am Ende von der Wahrheit widerlegen lässt. Das ist Ihr Problem, Herr Stegner!
(Beifall bei CDU und FDP - Zurufe der Ab- geordneten Peter Eichstädt [SPD] und Dr. Ralf Stegner [SPD])
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Kollegin Monika Heinold von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
(Wolfgang Baasch [SPD]: Nur Nebelkerzen zünden, aber nichts sagen! - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist eine etwas eigenartige Situation, weil die Opposition der Landesregierung glaubt und sie unterstützen möchte. Die die Regierung tragenden Fraktionen sagen: Vorsicht an der Bahnsteigkante!