Wir werden uns dann mit Fachleuten über den Zusammenhang zwischen Glücksspielsucht und Suizid unterhalten, wir werden uns über Straftaten unterhalten, die im Zusammenhang mit der Glücksspielsucht begangen werden, und über die sozialen Kosten des Glücksspiels. Wir sind jetzt schon gespannt, wie motiviert private Anbieter sein werden, all diese Gefahren durch die Senkung ihrer Umsätze zu minimieren.
Wir werden in diesem Sinne in die Beratungen gehen und uns schwerpunktmäßig für die Prävention vor den Gefahren der Spielsucht einsetzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Sicht des SSW ist der heute vorliegende Entwurf zur Neuordnung des Glücksspiels nur ein weiterer zweifelhafter Versuch, kurzfristig Mehreinnahmen zu generieren, ohne dabei aber die langfristigen Folgen für das Allgemeinwohl im Blick zu haben. Die Kritik der Oppositionsparteien, der Wohlfahrtsverbände und auch der Experten in der Suchtberatung scheint ganz offensichtlich keine Wirkung auf die Regierungsfraktionen zu haben. Besonders scheint mir dies für den Kollegen zu gelten, der durch seine wiederholten Glücksspiel-Reisen nicht nur mangelnde Lernfähigkeit beweist, sondern auch den Eindruck erweckt - lieber Kollege Kubicki -, dass sich die Glücksspiellobby in Schleswig-Holstein „einkaufen“ kann. Diesen Eindruck sollte man nicht erwecken. Zumindest diese Mühe sollte man sich machen.
Die Gesetzesvorhaben von CDU und FDP zu diesem Thema bevorzugen jedenfalls eindeutig die Interessen der privaten Glücksspielanbieter. Angesichts der aktuellen Geschehnisse scheint uns ein besonders kritischer Blick und eine genaue Prüfung geboten; denn ganz grundsätzlich gilt, dass der Spielerschutz und die Suchtprävention den höchsten Stellenwert bei der Neuordnung des Glücksspiels haben müssen, und nicht etwa die Interessen der Glücksspiellobby.
Als Begründung für den geplanten Alleingang Schleswig-Holsteins mit dem Ausstieg aus dem Glücksspielstaatsvertrag wird ja unter anderem das aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofes genannt. Dabei ist doch die Lehre aus diesem Urteil, dass die wesentlichen Vorgaben der Suchtbekämpfung, des Spieler- und Verbraucherschutzes und der Betrugsvorbeugung effektiver umgesetzt werden müssen. Das Gericht fordert vor allem eine Einschränkung der Glücksspielwerbung und sieht darin dann die Voraussetzung für ein rechtmäßiges Monopol.
Dies gilt im Übrigen auch für das häufig bemühte dänische Beispiel. Hier sollte der Markt ursprünglich zum 1. Januar 2011 über ein Lizenzsystem für ausländische Anbieter geöffnet werden. Die logische Konsequenz wäre natürlich eine aggressivere Bewerbung des Glückspiels durch die zunehmende Zahl von Wettbewerbern gewesen. Nach dem Urteil ist nun auch die in Dänemark geplante weitere Liberalisierung gekippt, so dass auch bei unserem nördlichen Nachbarn nachgearbeitet werden muss.
Doch nun zurück zu uns! Anstatt die Lehre aus dem Urteil anzunehmen, sollen nach dem aktuellen Entwurf von CDU und FDP Werbebeschränkungen massiv gelockert und der Vertrieb von Onlinespielen und -wetten durch Private ermöglicht werden. Hiermit würden die maßgeblichen Faktoren für die Entstehung von Spielsucht, nämlich die Spielfrequenz und die Einsatzhöhe, erheblich weniger beschränkt als bisher.
Auch die fehlenden Regelungen im Bereich der Geldspielautomaten, in dem wir es mit dem nachweislich höchsten Suchtfaktor zu tun haben, bereiten uns Sorge. Das Automatenspiel ist für 70 bis 80 % aller Spielsüchtigen die Ursache ihrer Abhängigkeit. Die bisherige Regelung über das Gewerberecht und die Spielverordnung greift ganz offensichtlich zu kurz. Wenn wir es also ernst meinen mit dem Spielerschutz, muss auch hier angesetzt und über den Bundesrat eine Entschärfung dieser Gefahrenquelle eingeleitet werden.
Im Übrigen könnten wir hier, anders als im Bereich der Internetwetten, schnell und effektiv eine Änderung erreichen, die dem Spielerschutz gerecht wird und Mehreinnahmen für diesen Zweck dann auch einbringt. Der Abgeordnete Arp täte zu diesem Zeitpunkt gut daran, das Festhalten am Monopol weder als „deutschen Sonderweg Schleswig-Holsteins“ noch als „gefährliches Spiel“ zu betiteln;
denn mit einer solchen Einschätzung steht er alleine da, ähnlich, lieber Kollege Kubicki, wie der Geisterfahrer auf der Autobahn, der sich trotz Warnmeldung im Radio über den vielen Gegenverkehr ärgert.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Bernd Heinemann aus der SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich kurz etwas ergänzen zu der aktuellen Situation in Dänemark. Die EU, die jetzt beginnt, das dänische Konzept zu zerpflücken, hat ihren Ansatzpunkt vor allem im Steuerrechtlichen und Wettbewerbsrechtlichen, weil es nicht angehen kann, dass die Internetanbieter mit 20 % besteuert werden und die stationären Kasinos mit 70 %. Das ist ein Wettbewerbsverstoß. Das hat Folgen. Insofern ist das dänische Modell kaputt. Benutzen Sie es hier bitte nicht mehr als Musterbeispiel, sondern es ist der nächste Angeklagte auf dem Sitz des Europäischen Gerichtshofes.
Die Evaluation der Automatenspielverordnung, die in der vergangenen Woche vom IFT München veröffentlicht worden ist, hat noch einmal deutlich gemacht, dass der Spielerschutz und die Suchtrisiken gerade beim Automatenspiel eine Katastrophe darstellen. Die Ergebnisse sind haarsträubend, und das alles sollte bei unseren Überlegungen eine Rolle spielen.
Ich frage mich natürlich: Wo bleibt der Einfluss des Landes? Mein Vorredner hat noch einmal klar gemacht, dass es wichtig ist, etwas zur Spielfrequenz und zur Einsatzhöhe zu sagen. Wenn man ein Gesetz macht, bei dem Tür und Tor offen stehen, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Konsequenzen entsprechend hart sind. Das Land muss hier deshalb sauberere Arbeit leisten und sagen: Wenn wir liberalisieren und Leitplanken einziehen wollen, dann müssen die Leitplanken aber auch so sein, dass die entsprechenden Maßnahmen anschließend an den Stellen greifen, an denen die Risiken besonders hoch sind. Das bedeutet, dass auch der Bereich der Suchthilfe - im Haushalt hätte ich mir dazu
schon ein paar Vorschläge im Bereich des Spielerschutzes, der Glücksspielprävention und vor allem auch der Glücksspieltherapie gewünscht - ein Stückchen weit Unterstützung hätte bekommen müssen. Dazu habe ich aber leider nichts gesehen.
Die Ministerpräsidentenkonferenz will diesen Weg mehrheitlich nicht mitgehen. Deshalb wird es auch nicht zugelassen werden, dass wir in SchleswigHolstein das Nevada des Nordens werden. Ich möchte mir einmal den Länderfinanzausgleich angucken, wenn wir uns als Nevada hinstellen und die Hand aufhalten. Wer soll denn da etwas hineinlegen? Es wird heißen: Ihr habt doch im Norden das Glücksspiel. Spielt doch Glück, dann habt ihr euer Geld. - Wir werden Schwierigkeiten mit der Argumentation bekommen.
- Herr Kubicki, wenn wir uns bei den Experten, die Sie auch genannt haben, Rat einholen wollen, dann sollten Sie nicht vergessen, dass der Rat aus Malta bestimmt der falscheste Rat ist, den wir hier gebrauchen können, um den Spielerschutz durchzusetzen. Das ist im Zweifel sicher.
Deshalb fordere ich bei der weiteren Beratung im Ausschuss eindeutige klarere Positionen, die diese Leitplanken ganz konkret beschreiben, die die Hilfen ganz konkret beschreiben und die auch die Grenzen ganz konkret beschreiben. Alles andere ist das von meinem Vorredner eben benannte Fahren des Geisterfahrers auf der Autobahn. Wir brauchen Leitplanken, wir brauchen Sicherheit, und wir brauchen Erste Hilfe.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner von der SPDFraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist kurz vor Weihnachten, und deshalb will ich mich auch auf den grundsätzlichen Teil dessen beschränken, wozu hier etwas gesagt worden ist, und einen Teil der eher kleinteiligen Anmerkungen weglassen.
Dass wir Probleme zu lösen haben, das weiß jeder. Dass die Einnahmen zurückgehen, das weiß auch jeder. Dass wir im Internet Dinge haben, die wir nicht kontrollieren können, stimmt auch. Es stimmt auch, dass die Begründung für das Monopol - jedenfalls was Lotto angeht - nicht das Suchtrisiko sein kann. Das versteht auch jeder. So weit kann man zusammenkommen. Wenn es aber um die Lösung geht, kann man sehr wohl darüber streiten, ob die Höhe der Einnahmen, mit denen gerechnet wird, wirklich stimmt. Wie ist es mit der Niederlassungsfreiheit? Warum soll sich jemand hier niederlassen, der dies auf den schönen Inseln, die genannt worden sind, für viel weniger Abgaben tun kann? Selbst die Engländer, die ja deutlich darunterliegen, schaffen das nicht. Das sind alles Punkte, über die man in Ruhe reden kann.
Mich hat aber eine andere Bemerkung dazu veranlasst, noch einmal nach vorn zu kommen. Herr Kubicki, Sie haben gesagt: Was kümmert es uns, wenn 14 von 16 Ländern sagen, wir machen es nicht. Ich will Ihnen sagen, was uns das kümmern muss: Ich fände es nicht besonders schlau, wenn SchleswigHolstein aus dem Deutschen Lottoblock ausgeschlossen werden würde. Die Position zu sagen: „Was kümmern uns die anderen? Wir sind selber schlau“, ist eine Position, die man auch mit Größenwahn beschreiben kann. Zu glauben, alle anderen machen es falsch, aber man selber macht alles richtig, das ist nicht der richtige Weg.
Sie mögen über die Staatskanzlei von RheinlandPfalz spotten, obwohl es dazu wenig Grund gibt. Das werden Sie sehen, wenn in Rheinland-Pfalz demnächst neu gewählt wird. Menschen, die in Rheinland-Pfalz in der Staatskanzlei oder in Behörden arbeiten, mögen ihre Fehler haben, sind aber dem Gemeinwohl verpflichtet. Mir ist es hundertmal lieber, dass Leute, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen, Gesetzentwürfe machen, als dass man sich die Gesetzentwürfe bei denen besorgt, die davon profitieren. Das ist eine sehr, sehr bedenkliche Tendenz.
Wir kennen das von Herrn Rösler in Berlin. Es ist die Methode, bei der man sagt: Die, die profitieren, die machen uns die Gesetzentwürfe. Dann können wir auch gleich die Legislative privatisieren. Das ist nicht unsere Vorstellung.
Wir glauben - das sage ich Ihnen sehr freundlich, so kurz vor Weihnachten -, dass das, wofür wir alle unseren Eid leisten - nämlich, dass wir für das Gemeinwohl zuständig sind -, Vorrang vor privaten Interessen haben muss. So soll auch bitte die Gesetzgebung sein. Wer sich die Feder von denjenigen führen lässt, die profitieren, der macht am Ende Gesetze, die nicht vernünftig sind. Die Sozialdemokraten sind da altmodisch, das gebe ich zu. Wir sind für das Gemeinwohl und nicht für den Vorrang von privaten Interessen.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki von der FDP-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es mittlerweile nicht mehr hinnehmbar, Herr Kollege Stegner und andere, dass Sie immer versuchen, Ihre Argumentation dadurch zu untermauern, dass Sie sich moralisch überhöhen und mit einem Finger auf andere zeigen.
Ich will das kurz erklären. Die falsche und verleumderische Bemerkung, wir hätten uns die Feder führen lassen von denjenigen, die davon profitieren, weise ich zurück. Die Fraktionen haben aus ihren Fraktionsmitteln juristischen Rat von Kanzleien geholt, die sich in diesem Bereich auskennen, um bei der Formulierung des Gesetzentwurfs mitzuwirken. Das haben wir bezahlt. Wir haben unsere Überlegungen dabei eingebracht.
Selbstverständlich reden wir auch mit denen, die an dem Markt teilhaben. Sie fahren doch auch zu Frauenhäusern, um mit Frauen zu reden, wenn Sie wissen wollen, wie etwas gestaltet werden soll.
Ich habe noch nie jemandem von den Sozialdemokraten vorgeworfen, dass sie gesponsert worden seien. Herr Stegner, Sie waren in der Loge der HSH Nordbank, haben dafür nicht bezahlt. Ich habe Ihnen nicht vorgeworfen, dass Ihre Haltung bei der HSH Nordbank davon beeinflusst worden sei.