Bernd Heinemann
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Familie Dübelt aus Büdelsdorf! Die SPD-Fraktion bedankt sich zunächst herzlich für den Bericht zur Krankenhausfinanzierung in Schleswig-Holstein.
Die Landesregierung hat sich entschlossen, den Weg der Kreditfinanzierung zu verlassen und stattdessen eine Förderung aus dem Sondervermögen des Wohnungsbaus zu wählen. In der Tat würde der alte Weg dauerhaft zu einem Anwachsen der Zinskosten führen und den Haushalt nachhaltig belasten. Dafür müssen wir aber nun hinnehmen, dass erstens die Fördersumme mit 40 Millionen € dauerhaft reduziert ist und zweitens im sozialen Wohnungsbau - zumindest vorübergehend - eine andere Lücke entsteht, sodass uns die demografische Entwicklung bald vor neue Probleme stellen wird. Wir können das ohnehin kaum noch vorhandene Geld eben nur einmal einsetzen. Zumindest einigen von uns ist unbehaglich, dass geliehenes Geld zur besseren Renditeentwicklung für Aktionäre beiträgt.
Das will ich dann auch noch sagen, meine Damen und Herren.
Der Landesrechnungshof sprach sich noch 2006 für die Umstellung auf eine monistische Krankenhausfinanzierung aus. Insbesondere aus betriebswirtschaftlichen Aspekten und im Interesse einer optimalen Allokation der Ressourcen sollte die Krankenhausfinanzierung im Rahmen der Diagnosis Related Groups, also DRG oder diagnosebezogenen Fallgruppen, refinanziert werden. Die Investitionsmittel sollten schlicht über Zuschläge auf die DRG finanziert werden. Die Idee dabei ist: Ein Krankenhaus mit allen Investitionen kostet X, eine Leistung mit allem Aufwand kostet Y, dies ergibt eine DRG mit einem Zuschlag von Z unter anderem eben für diese Investitionskosten. Gute Idee, denkt man, aber das Risiko des Zins- und Tilgungsvolumens hätte auch uns gezwungen, diesen Weg wieder zu verlassen, wenn es eben nicht zu dieser gewünschten Refinanzierung kommt.
Die vertragliche Monistik konnte sich schlicht nicht durchsetzen. Jetzt haben wir sie schleichend und ungesteuert, weil die Landeszuschüsse bundesweit immer weiter einbrechen und die anderen Akteure dazu gezwungen werden. Der jetzt eingeschlagene Weg wird von uns nach den gemachten Erfahrungen allerdings unterstützt. Aber das ändert leider nichts am massiven Rückschritt bei der Basisfallfinanzierung der Krankenhäuser, die dadurch gefährdet werden, und dies vor allem deshalb, weil diese Büchse der Pandora, der bundeseinheitliche Satz bis 2015, durch den FDP-Referentenentwurf zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz geöffnet wurde. Meine Damen und Herren, nun kriegen wir den Deckel nicht wieder drauf.
Das fragwürdige Ausführungsgesetz dazu, das Sie morgen unter Punkt 4 ohne Aussprache durchwinken wollen, mit einem neuen Landesgremium unter anderem zur Landeskrankenhausplanung lässt Patienten und Pflege vor der Tür. Das ist der Weg ohne Aussprache.
Ohne Rücksicht auf die Anhörungsergebnisse drängen Sie in Artikel 2 auch noch die Krankenkassen zurück. Refinanzierung der Krankenhäuser und Krankenhausplanung nur noch mit dem Segen der Kassenärzte, das ist der Weg, den wir jetzt gehen.
Gemeinsam haben sich mit dem Rückenwind der Monopolkommission der Bundesgesundheitsminister, der Wirtschaftsminister und die Bundesjustizministerin im Bundeskabinett für die Anwendung des Kartellrechts auf die gesetzlichen Krankenkas
sen durchgesetzt. Verzweifelt hält der Bundesrat seit dem 30. März unter der Führung der hessischen CDU-Regierung dagegen. Mit ihrem Antrag will sie verhindern, dass dieses liberale Kartell die solidarische Krankenversicherung zu freien Unternehmen im Sinne des Kartellrechtes macht. Das ist letztlich ein Schritt zur Privatisierung unseres solidarischen Gesundheitssystems. Oder es ist, wenn Sie so wollen, eine Verstaatlichung nach liberalem Muster. Denn die Pflichten sollen bleiben.
Die hessische CDU-Regierung würdigt in ihrem Antrag das Solidarprinzip, nach dem, wie wir wissen, im Insolvenzfall die Kassen sogar füreinander haften müssen. Sie fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag mit Datum vom 14. März auf, sich gegen die Vorschläge der Monopolkommission zur Wehr zu setzen, damit die Rabatte zum Vorteil der Versicherten künftig nicht vor Zivilgerichten, sondern weiterhin vor Sozialgerichten ausgetragen werden. Wird die Refinanzierung von teuren Krankenhausbehandlungen zukünftig zu einer Kartellfrage, meine Damen und Herren? Soll hier das Sozialgesetz ausgehebelt werden?
Der Bundesrat stimmte der hessischen CDU-Regierungsinitiative mit 15 Stimmen zu. Das ist gut so und war am 30. März. Herrlich! Einzig SchleswigHolstein ist wieder einmal allein zu Haus; denn mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und Gesundheitsminister stellt sich ein kleines Bundesland wieder einmal gegen den Rest der Welt. Ja, meine Damen und Herren, schon wieder: neues Spiel, neues Glück! Wird eine Krankenhausbehandlung bald zum Glücksspiel? Sozial-liberal ist das alles schon lange nicht mehr. Wir von der SPD werden gegen diese spezielle FDP-Monopolpolitik kämpfen. Keine Zusatzbeiträge und Behandlungsbeschränkungen für benachteiligte Menschen!
Die gesetzlichen Kassen repräsentieren unser solidarisches Gesundheitssystem. Krankenhausrefinanzierung durch eine starke GKV muss auf diesem solidarischen Weg auch in Zukunft noch möglich sein.
Meine Damen und Herren, entschuldigen Sie meine Erregung, aber es ist manchmal nur schwer auszuhalten, was mit unserem Gesundheitssystem angerichtet wird.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestern hätten wir beinahe einen Glückstag gehabt. Nun ist es heute doch noch aufgefallen. Es sollten nämlich die Krankenkassenüberschüsse verteilt werden. Da hätte ich gerne mitgemacht, das wäre schön gewesen. Aber so haben wir immerhin noch Grund zur Freude, dass wir zur Kenntnis nehmen konnten, dass die Konjunktur in Deutschland dazu beigetragen hat, dass die ungerechten Zusatzbeiträge für die Versicherten wieder abgeschafft werden, weil es eine Rücklage gibt. Jetzt haben wir die Chance, auch den zweiten ungerechten Zusatzbeitrag, nämlich die Praxisgebühr, abzuschaffen. Das sollten wir nutzen.
Die Kassen haben Rücklagen, das ist nun wohl so. Aber machen wir uns nichts vor. Die neuen Rücklagenüberschüsse haben einen Leistungswert von gerade einmal einer Woche. Wenn wir die Praxisgebühr abziehen, dann sind das vielleicht ein oder zwei Tage weniger. Das ist das, was wir an Reserven haben, mehr ist das nicht. Die kleinste Unwucht führt zur radikalen Verknappung und erneut zu Zusatzbeiträgen. Deswegen warnen wir vor der Verteilung des Bären, bevor wir eine neue Alternative haben.
Zusatzbeiträge sind unsolidarisch, einseitig, unfair und schaden dem System einer verlässlichen Gesundheitsversorgung insgesamt. 2003 haben SPD, Grüne, CDU und CSU mit guter Absicht Zusatzbeiträge vereinbart, die im GKV-Modernisierungsgesetz als Praxisgebühren, die keine Sozialstaffel enthalten, eingeführt wurden. Seinerzeit erhofften sich die Beteiligten eine höhere Steuerungswir
kung auf die überragende Häufigkeit der Arztbesuche, meine Kollegin hat es erwähnt. Die Erfahrungen zeigen nun aber, dass die Praxisgebühr oft genau den gegenteiligen Effekt mit sich gebracht hat. Die Praxisgebühr ist keine Flatrate, kann aber so verstanden werden. Glücklicherweise sind die meisten Patientinnen und Patienten verantwortungsbewusst. Aber die Praxisgebühr als Regulativ hat sich jedenfalls nicht bewährt.
Fakt ist, ein einheitlicher Basisfallwert bis spätestens 2015 wurde in Plön 2008 auf unsere Initiative von der GMK beschlossen. Das, was wir dort mit den Händen aufgebaut haben, wird zurzeit von den Freien Liberalen per Gesetzentwurf in Berlin wieder eingerissen. Was wir jetzt haben, nennt sich Korridor mit Grenzwerten, in denen wir Schleswig-Holsteiner aber wieder ganz hinten stehen. Das sind die Gründe, warum die Mitarbeiter in den Krankenhäusern in Schleswig-Holstein benachteiligt werden, und das können wir nicht hinnehmen.
Die Situation, die uns jetzt in diesen Korridor getrieben hat, ist für uns kein tolles Ergebnis.
Mit dem Antrag der Grünen haben wir vor allen Dingen deshalb Probleme, weil wir der Auffassung sind, dass die Rücklagen der Kassen den Versicherten gehören. Das Polster ist für die Beitragsstabilität und soziale Gerechtigkeit - ich sagte es bei den Zusatzleistungen - auch dringend erforderlich. Wir wollen den Versicherten prinzipiell nicht in die Tasche greifen, um eine schreiende Ungerechtigkeit an anderer Stelle, zum Beispiel bei der unfairen Finanzierung der Krankenhäuser, zu flicken.
Es waren unsere Krankenhäuser, die sich die mahnenden Worte von Günther Jansen seinerzeit zu eigen gemacht haben und, wie wir heute wissen, offensichtlich zur falschen Zeit sparsam und wirtschaftlich gehandelt haben. Diese wirtschaftliche Leistungserbringung wurde fälschlich zum faktischen Kostenmaßstab und unsere Krankenhäuser zur Dauerspardose. Das haben die Krankenhäuser nicht verdient.
Die wirtschaftlich handelnden Krankenhäuser in unserem Land der Horizonte waren und sind bis heute dafür die Dummen. Länder, in denen großzügig gewirtschaftet wurde, hatten eben einen höheren Bedarf und bekamen natürlich auch höhere Landesbasisfallwerte. So war das damals. Aber
dafür können wir nicht die Versichertengemeinschaft in Haft nehmen, die dann später dann wieder mit Zusatzbeiträgen bestraft wird, wenn das Geld nicht langt.
Liebe Grüne, wir werden sicher bald den großen Wurf machen, über den Gesundheitsfonds nachdenken und die Bürgerversicherung einführen. Darauf freuen wir uns heute schon. Das wird kommen.
Aber auch Minibeitragssenkungen - um das einmal deutlich zu sagen -, wie die Bundesregierung sie anstrebt, sind bei einer Größenordnung von 0,1 % schlicht weiße Salbe, Herr Kollege Kubicki. Insofern helfen uns die FDP-Ideen überhaupt nicht weiter.
Auch an dem notwendigen Bundeszuschuss, der in den Kostenrücklagen der Kassen steckt, wollen wir schon deshalb nicht rühren, weil diese Steuermittel den Solidarbeitrag darstellen und deswegen die Mitversicherung von Kindern finanzieren, die noch keinen Beitrag leisten können. Also gehen wir nicht wieder an die Steuern heran.
Um es zusammenzufassen: Schwarz-Gelb stellt noch schnell einen Nebelantrag, in dem schon die Überschrift - wie gesagt - ein Problem darstellte, jedenfalls gestern. Wir haben uns mit dem SSW zu einem eigenständigen Antrag entschieden, weil wir die notwendigen Stellschrauben anders nutzen wollen. Aber das machen wir in Zukunft alle drei gemeinsam.
Wir beantragen, dass die Anträge zu eigenständigen Anträgen gemacht werden, Frau Präsidentin. Beim Antrag der Grünen werden wir uns enthalten, und den Wunschkatalog der LINKEN müssen wir leider ablehnen.
Herr Minister, ich weiß nicht, wer Ihnen die Reden zusammenstellt. Ich glaube, da müssen Sie noch ein bisschen nacharbeiten.
Fangen wir einmal mit dem Gesundheitsfonds an! Beim Gesundheitsfonds ist es doch in der Tat so, dass die Steuermittel dafür notwendig sind, damit die Kinder von Versicherten auch versichert sind. Das kann man doch den Versicherten nicht aufs Auge drücken. Darum haben wir uns dafür entschieden, mit Steuermitteln zu intervenieren. Das wissen Sie auch. Wenn man diesen Weg nicht mehr gehen will - wir wollen ihn in Zukunft nicht mehr gehen -, dann muss man einen anderen Weg finden. Diesen Weg sehen wir im Moment aber noch nicht. Punkt eins.
Punkt zwei. Länder haben ihre Interessen. Bremen hat seine Interessen. Rheinland-Pfalz hat seine Interessen und so weiter.
Wir hatten bis 2015 einen Korridor,
wir hatten bis 2015 die Abschaffung des Basisfallwertes beschlossen.
Das haben die gelben Minister vor Ort und in Berlin durch den Entwurf zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz umgeworfen.
Das wissen sie. Deswegen sind die Basisfallwerte jetzt in einen Korridor gezwängt, der SchleswigHolstein am Ende stehen lässt.
Drittens. Wir haben damals - um das einmal ganz klar zu sagen - die Praxisgebühr eingeführt, weil wir damit den Zugang zu den Fachärzten über die Hausärzte erzwingen wollten und den direkten Zugang zu den Fachärzten über eine Praxisgebühr realisieren wollten. Im Bundesrat kam es dann dazu, dass die CDU-regierten Länder das für alle Ärzte einführen wollten, auch für den Hausarzt. Damit ist unser Modell, das wir eigentlich wollten, gescheitert. Jetzt ist es ganz gescheitert. Wir wollen dieses Modell nicht mehr. Das ist die Wahrheit.
Man muss die Fakten einzeln nennen. Wenn man sich etwas herausgreift und das nach Wohlgefallen macht - das werden Sie wahrscheinlich in Ihrem nächsten Beitrag auch wieder tun -, sollten sie alle Fakten nennen. Das wäre fair.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind eigentlich ganz froh darüber, dass dieses Thema öffentlich diskutiert wird, denn es ist die Sache wert.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wie kaum in einem anderen Bereich kommt es bei unserem intimsten Befinden, also bei unseren Krankheiten und bei unseren inneren Sorgen, zu dieser Bedeutung, die sie hat. Menschenrechte dieser Dimension sind unveräußerlich. Dies steht in einem besonderen Widerspruch zu einer in der mobilisierten, globalisierten Welt besonderen und in Europa einmaligen Praxis der Deutschen, nämlich dass illegale Einreise und Aufenthalte hier Straftaten sein können. Das ist woanders anders.
Entsprechend hoch sind die normativen Kontrollmechanismen auf der institutionellen Ebene. Das darf uns als humane und menschliche Gesellschaft nicht davon abhalten, unserer besonderen Fürsorgepflicht gegenüber jedem Menschen, der sich bei uns aufhält, Geltung zu verschaffen. In diesem Zusammenhang möchten wir uns herzlich beim Medibüro, bei der AWO und bei Praxis ohne Grenzen in Bad Segeberg bedanken. Dort widmet man sich aufopferungsvoll diesem Thema.
Im Ergebnis stecken wir in einem Dilemma. 1973 wurde in Deutschland die UN-Konvention über ökonomische, soziale und kulturelle Rechte unterschrieben. In Artikel 12 wurde das Recht des Menschen auf den höchsten erreichbaren Gesundheitszustand festgeschrieben. Medizinische Einrichtungen und ärztliche Betreuung müssen insbesondere für schutzbedürftige Gruppen der Bevölkerung zugänglich sein, so der Tenor.
Zur Umsetzung dieses Rechtes gibt es das Asylbewerberleistungsgesetz. Also ist alles klar für Menschen ohne Papiere, jedoch schließt das unter Umständen die Abschiebung mit ein, wenn die Sozialbehörden, zu denen auch Gesundheitsämter, öffentliche Krankenhäuser und indirekt auch die Krankenkassen und andere gehören, unverzüglich nach § 87 des Aufenthaltsgesetzes Meldung machen müssen.
Für die ethnische Gruppe der Roma beispielsweise, von der allein auf dem Ostufer Kiels circa 400 Menschen als EU-Staatsbürger unter zum Teil erbärmlichen Umständen leben, bedeutet die Nicht
bezahlung oder - juristisch ausgedrückt - die Erschleichung medizinischer Leistungen gegebenenfalls auch die Ausweisung.
Soziale Leistungen dürfen von EU-Bürgern ohne selbst erworbenen Leistungsanspruch eben nicht ohne Weiteres in Anspruch genommen werden. Trotzdem wissen wir, dass Roma in ihrem Heimatland durchaus verfolgt und benachteiligt werden. Auch das ist ein Dilemma für uns, meine Damen und Herren. Diese Situationen führen dann oft dazu, dass diese Menschen, die sich so bedroht fühlen, Diagnosen und Behandlungen bis zur lebensbedrohlichen Notlage verschleppen.
Auch die Gefahren für die öffentliche Gesundheit im Fall von ansteckenden Krankheiten wie TBC, Aids und so weiter dürfen von uns nicht übersehen werden. Damit müssen wir uns befassen, und zwar angemessen und umfassend. Das möchte ich betonen, und das ist uns Sozialdemokraten wichtig. Wir erwarten vom Gesundheitsminister hier eine klare Aussage.
Der Antrag der LINKEN ist nach unserer Auffassung weder zielführend noch umfassend. Zielführend ist er nicht, weil er ausschließlich auf einen anonymen Krankenschein mit ungeklärter Finanzierung fokussiert. Denn der Staat darf den rechtswidrigen Zustand selbst nicht fördern, hat sich aber andererseits zum Schutz der Menschenrechte verpflichtet. Umfassend ist der Antrag deshalb nicht, weil er beispielsweise die EU-Problematik, die ich genannt habe, nicht erfasst.
Wir Sozialdemokraten können uns auch andere Modelle einer qualifizierten medizinischen Versorgung oder deren Sicherstellung vorstellen. So zeigen Projekte und anonyme Sprechstunden wie schon in Bremen, Frankfurt, München und anderswo, dass es andere Wege gibt. Wir können uns auch einen Fonds vorstellen, der die Versorgung durch außerstaatliche Organisationen und Einrichtungen, die es zum Teil in Schleswig-Holstein schon gibt, sicherstellt.
Die Schaffung eines Fonds für Nichtversicherte in der Rechtsform einer Stiftung wäre als Instrument zur Finanzierung der Kosten der medizinischen Versorgung vielleicht sinnvoll, falls dafür wie zum Beispiel in den Niederlanden auch öffentliche Mittel zur Verfügung gestellt würden. Im Rahmen der Prävention von ansteckenden Krankheiten, von denen ich sprach, könnten sich dann sogar gesetzliche Krankenversicherungen beteiligen, um ihre Versichertengemeinschaft zu schützen. Das ist nämlich ihr Auftrag. Wir brauchen neue, gut durchdachte
Lösungen. Private Spenden allein reichen dafür jedenfalls nicht aus.
Direkte Leistungen können diese Krankenkassen ohnehin auch dann nicht erbringen, wenn die Menschen ohne Papiere beschäftigt und krankenversichert sein wollen. Da die Kassen Anstalten des öffentlichen Rechts sind, landen die Daten dann sofort bei der Ausländerbehörde.
Ein weiterer Weg könnte die Erweiterung des Gesundheitsdienstgesetzes sein, wodurch die Aufgaben der Gesundheitsämter auf weitere Infektionskrankheiten ausgeweitet werden würden und dann im Rahmen der ärztlichen Schweigepflicht eine geschützte Behandlung sorgenfrei durchgeführt werden könnte. Der Gesundheitsminister kann uns sicherlich auch dazu etwas sagen.
Wir wollen uns jedenfalls nicht voreilig auf eine verengende Beschreibung einlassen, die wichtige Akteure schon im Antrag unerwähnt lässt. Warum Ärztekammern, warum nicht Leistungserbringer und Leistungsträger an den Tisch bringen und einen tragenden Rettungsschirm für das Dilemma suchen? Lassen Sie uns einen gemeinsamen menschlichen Weg der Hilfe finden! Im Ausschuss ist dazu der richtige Platz.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Justizminister, ich habe sehr viel Verständnis für Ihren Vortrag. Umso mehr bedauere ich es, dass nach dem, was ich deutlich gemacht habe - es handelt sich um ein Gesundheitsthema; ich habe auch die ganzen Bereiche aufgezählt, um die es geht -, der Gesundheitsminister hier nicht Stellung nimmt. Dieses Thema gehört in die öffentliche Diskussion auch durch die Landesregierung in Person des Gesundheitsministers. Die Aufgaben, um die es hier geht, sind in der Tat - Sie haben es richtig beschrieben - im Moment in diesem Dilemma. Sie beschreiben die eine Seite des Dilemmas, aber es gibt auch eine andere. Da gibt es eine ganze Reihe von gesundheitspolitischen Fragestellungen, die ich in meinem Referat hier vorgetragen habe und die zwingend eine Stellungnahme des Gesundheitsministers erfordern. Deshalb hätte ich mich gefreut, wenn das geschehen wäre.
Ja, natürlich.
- Frau Kollegin, selbstverständlich weiß ich, dass der Gesundheitsminister sich dieses Themas annimmt. Er ist sehr gewissenhaft; das wird er tun. Ich hätte mich nur gefreut, wenn er dieses gesundheitspolitische Thema in dieser öffentlichen Debatte, in diesem Schaufenster für die Öffentlichkeit, zumindest erwähnt und sich dessen angenommen hätte. Insofern ist es richtig
- aber die Kameras laufen noch! -, dass sich der Justizminister dieses Themas sehr korrekt angenommen hat. Ich hätte mich aber gefreut, wenn wir das zu einer gesundheitspolitischen Debatte gemacht hätten. Das ist meine Antwort auf Ihre Frage.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Was ist passiert, meine Damen und Herren, dass nicht die Regierung, sondern die ihr behilflichen Fraktionen ganz schnell und mal eben ein Gesetz verabschieden wollen, am liebsten ohne Aussprache? Zunächst: Ein neues Landesgremium GKV-Versorgungsstrukturgesetz wird von uns Sozialdemokraten begrüßt. Regional planen, alle kennen das Land und die Besonderheiten, das macht Sinn. Jetzt wird die Versorgung an die Wirklichkeit in unserem Land angepasst. Endlich. So weit, so gut.
- Jetzt kommt es. - Die Aufgabenstellung des Gemeinsamen Landesgremiums klingt auf den ersten und schnellen Blick einleuchtend. Aber warum muss eine Geschäftsstelle beim Land eingerichtet werden, und was bedeutet das für eventuelle Planstellen? Von wem werden diese besetzt, mit welchem Ziel? Sicherlich sollen keine Posten für verdiente Regierungsmitarbeiter geschaffen werden. Das machen Sie bestimmt nicht, das wäre ja ein Karnevalsscherz.
Aber gibt es andere Möglichkeiten, die Geschäftsstelle zum Beispiel mit den Beteiligten selbst oder sogar rotierend zu besetzen? An die Vertretung der Patienten wurde gleich gar nicht gedacht. Es geht um die Versorgung von uns. Dann sollten wir als Patienten auch vertreten sein, meine Damen und Herren.
Wir Sozialdemokraten haben nicht nur dazu Fragen, es soll ja schließlich ein gutes Gesetz verabschiedet werden. Das gilt auch für das Privileg als unmittelbar Beteiligte nach § 19 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes für die Kassenärztliche Vereinigung. Dieser Vorstoß ist 2011 schon einmal rechtlich gescheitert und muss nun erst mal gutachterlich erneut geprüft werden. Dafür brauchen wir Zeit.
Wir würden auch gern mit den Kassenärzten im Rahmen dieser Gesetzesänderung darüber sprechen, wie die KV zum Beispiel selbst durch eine Satzungsänderung eine sektorenübergreifende Verstän
digung und einen gestaltenden Austausch mit der Krankenhausgesellschaft formal neu organisieren könnte. Nur der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass wir alle in Augenhöhe die Versorgung organisieren wollen.
Meine Damen und Herren, es gibt viele Fragen, die mit den wie auch immer Beteiligten zu klären sind, und sicherlich auch viele gute Ideen, bevor wir uns hinterher alle über einen Schnellschuss ärgern.
Wir haben mit diesem Gesetz eine weitere Chance, die arzt- und sektorenzentrierte Sichtweise zu überwinden. Aber schon das GKV-Versorgungsstrukturgesetz selbst leidet beispielsweise an der weitgehenden Ausblendung des Krankenhaussektors. Wirklich zukunftweisende sektorenübergreifende Strukturveränderungen sind ohne das umfassende Mitdenken der Krankenhäuser im Land undenkbar.
Insbesondere die Durchsetzung einer sektorenübergreifenden wirksamen Versorgungsplanung ist in strukturschwachen Regionen für die Schaffung zusätzlicher Versorgungskapazitäten ohne die Krankenhausversorgung kaum machbar. Dabei bricht sich ganz nebenbei die Erkenntnis Bahn, dass die diagnosebezogenen Fallgruppenabrechnungen das kleine Krankenhaus auf dem Land eigentlich gar nicht mehr vorsehen. Es wird, wie wir nun in Brunsbüttel sehen, immer enger für die Versorgung im ländlichen Bereich.
Hier versprechen wir uns durch das neue Landesgremium eine Lockerung betonierter Sektorengrenzen, wenn es die beteiligten Akteure zulassen, das Gremium richtig besetzt ist und die Rahmenbedingungen stimmen. Wir sind da zuversichtlich und versprechen uns für die medizinischen Versorgungszentren eine neue Aufbruchstimmung, also auch hier eine Perspektive.
Was wir nicht wollen, ist eine weitere Schwächung der Grundversorgung und der Allgemeinmedizin. Es entsteht der Eindruck, dass das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vor allem zugunsten der auch finanziell fortschreitenden Spezialisierung immer weiterreichendere Offerten bietet. Besonders wichtig ist uns Sozialdemokraten zum Beispiel die Beteiligung der Kommunen in diesem Versorgungsgremium, denen im Zweifel das Hemd „direkte Standortversorgung“ näher ist als die Hose „schönes Kreiskrankenhaus“.
Im letzten Jahr habe ich einen Gemeindebürgermeister aus Dithmarschen kennengelernt, der sich mit seiner Gemeindevertretung für den Erhalt einer Landarztpraxis den weiteren Ausbau der Straße,
Beleuchtungsprojekte und eines teilweisen Bauhofs verkniffen hat, damit er durch einen Anbau eine Arztpraxis einrichten und damit zwei Gewerbebetriebe im Ort halten kann. Standortfragen im Bereich der medizinischen Versorgung werden also immer wichtiger.
Mit dem neuen Gesetz können Kommunen unter Umständen sogar direkt in die Versorgung einsteigen und müssen das in Zukunft vielleicht sogar, wenn sie strukturell nicht völlig abgehängt werden wollen.
Ein Thema für dieses Gremium könnte auch die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes mit Versorgungsplanungsexperten sein. Dies setzt die Beiziehung dieses Sachverstandes allerdings zwingend und gegebenenfalls auch formal voraus. Das Gremium bietet viele Chancen, wenn es nicht zahnlos bleibt. Die Empfehlungen, die gemeinsam entstehen, sollten dann auch umgesetzt werden. Viele Chancen und viele Fragen! Gut ist die Etablierung dieses Landesgremiums vor allem dann, wenn sie dafür sorgt,
gegenseitige Schuldzuweisungen für Versorgungslücken, für Unterfinanzierung, für Überlastungen und Engpässe zu verhindern. Dazu sollte es taugen.
Der letzte Satz, Herr Präsident! - Allerdings, ein gutes Gesetz setzt gute und umfassende Beratungen voraus. Wer wirklich ein nachhaltiges und gutes Gesetz will, der muss alle damit verbundenen Fragen vorher beantworten und auch Nachfragen bei allen Beteiligten vorher ermöglichen, und das mit der nötigen Sorgfalt und Zielstrebigkeit. Wir zählen auf Sie, eine sorgfältige Vorbereitung zu machen. Ich hätte mich gefreut, wenn die Landesregierung selber dieses Gesetz eingebracht hätte. Aber wenn es schnell gehen soll,
- dann muss es jetzt sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der eindrucksvolle Vortrag des Abgeordneten MarkOliver Potzahr zeigt: Suchtprobleme erschüttern, berühren und aktivieren das Hohe Haus gleichermaßen fraktionsübergreifend. Das war unter den Abgeordneten Tengler, Eichstädt, Dr. Garg, Birk und Spoorendonk so, und das wird sich auch in Zukunft immer wieder so entwickeln, weil es einfach erschütternd ist. Ich möchte zugeben: Wir waren gegen eine Kommunalisierung ohne Netz und doppelten Boden. Der Antrag von CDU und FDP weist aber darauf hin, dass die Abgeordnete Klahn offensichtlich mehr weiß. In dem Antrag wird davon gesprochen, etwas effektiver aufzustellen. Wir sind sehr daran interessiert, was damit gemeint ist und wer was wo wie und wann aufgestellt hat.
Bei den Gestaltungsspielräumen möchte ich darauf hinweisen, dass es in Schleswig-Holstein Kreise gibt, die ihre Suchtberatung vom Gesundheitsamt erledigen lassen und die Landesmittel dazu benutzen, ein Hilfeangebot für illegal Drogenabhängige als eigenständige Landeseinrichtung zu betreiben. Das kann nicht der Weg sein, den einzelne Kommunen hier gehen. Wir müssen einen landesweit einheitlichen und qualifizierten Weg gehen.
Angeblich sollen mit den kommunalen Gebietskörperschaften Grundsätze entwickelt werden. Ich verstehe nur Bahnhof, denn die kommunalen Gebietskörperschaften sagen dann, wenn wir sie anrufen und sie fragen, einmütig, sie wüssten nichts von einem Plan und von Grundsätzen, die entwickelt werden sollten. Wir würden im Ausschuss gern wissen, wann wer was und in welche Richtung entwickelt hat. Ich sehe nur Fragen über Fragen, und ich finde es gut, dass alle Fraktionen des Hauses gemeinsam im Fachausschuss darüber beraten wollen.
Die Facheinrichtungen sollen sich nach Ansicht eines Mitglieds dieses Hohen Hauses nicht an die Landesregierung, sondern an die Abgeordneten wenden, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Ich würde gern wissen, wie dies funktionieren soll. Ich denke, die Landesregierung kann sehr gut gemeinsam mit den Fachverbänden, der Landesstelle und den Gebietskörperschaften auf diesem Weg gehen. Wir werden das gemeinsam sicherlich schaffen.
Ich weiß nicht, bei welchen Herbstgesprächen die Kollegin Klahn war. Wir haben jedenfalls gut zugehört, und das ist das Ergebnis des guten Zuhörens. Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam zu einer Lösung kommen, selbst wenn der Antrag nachher etwas anders aussieht. Er sollte möglichst fraktionsübergreifend sein, denn dieses Thema ist zu wichtig und zu dramatisch. Ich hoffe, wir werden es wieder schaffen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In meinem Beitrag geht es um eine Grundsatzfrage und um eine besondere Situation.
Zunächst einmal zum Arsenal in Kiel. Dabei geht es weniger um die Frage, ob wir ein Arsenal brauchen. Vielmehr geht es um die Grundsatzfrage, ob wir noch eine Marine in der Ostsee wollen und welche Marine wir wollen, wenn wir die Marine in der Ostsee noch wollen. Es ist leicht zu erkennen, dass ohne ein Arsenal in Kiel sämtliche Reparaturen, die die Marinetechnik betreffen, künftig in Wilhelms
haven durchgeführt werden. Das kostet Geld, und zwar viel Geld.
An dieser Stelle zeigt sich die zweite Problemstellung: Welche Kosten sind für die Marine mit dem Arsenal beziehungsweise ohne das Arsenal aufzubringen? Mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis steht das Arsenal anerkanntermaßen an der Spitze. Die Betriebsergebnisse des Marinearsenals machen eine Vollauslastung deutlich. Gleichzeitig spricht der Parlamentarische Staatssekretär Schmidt im Bundestag von einem Auslastungsdefizit. Das ist natürlich ein Widerspruch.
Wir wissen aber auch, dass bisher keine Reform, die das Bundesverteidigungsministerium vorgeschlagen hat, genauso umgesetzt worden ist, wie sie vorgeschlagen worden ist. Insofern habe ich an dieser Stelle noch Hoffnung; denn alles andere würde teurer. Schließlich geht es hier um Einsparungen. Jede Reparatur macht diesen Vorgang teurer.
Mein Vorredner hat bereits die große Zahl der Ausbildungsplätze angesprochen. Es stehen 160 Ausbildungsplätze zur Verfügung, die nicht nur für Kiel beziehungsweise für die Kernregion, sondern für das ganze Land zur Verfügung stehen. Viele Elektromechaniker, Maschinenschlosser und so weiter haben ihre Ausbildung im Marinearsenal in Kiel genossen. Ich habe übrigens dort auch einmal als Elektromechaniker gearbeitet. Ich weiß, dass die regionale Versorgung mit Ausbildungsplätzen mit einem besonderen Konversionsprogramm einhergehen muss.
Wie gesagt: Keine Reform ist so durchgezogen worden, wie sie vorgeschlagen worden ist. Vernunftargumente haben bisher immer ein Stück weit gegolten. Das war in Husum so, und zwar nachhaltig. Husum hätte es so gar nicht mehr gegeben. Bei der neuen Reform ist das noch nicht einmal erwähnt worden. Das heißt, es gibt auch gute Gründe, Entscheidungen rückgängig zu machen oder neu zu gestalten, und zwar nachhaltig. Das erhoffe ich mir für das Marinearsenal und vor allem für die Marine in der Ostsee. Ich hoffe, dass es auch in Zukunft eine Marine in der Ostsee geben wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Menschen, die ihre Gefühle zeigen, Freude oder Schmerz empfinden, sind keine Maschinen, die nicht mehr funktionieren. Das Herz wird nicht dement. - Das ist ein Spruch, den ich eben draußen am Stand der Alzheimer-Gesellschaft gelesen habe. Herr Minister, vor viereinhalb Jahren haben Sie damit begonnen, sich für einen Aktionsplan für an Demenz erkrankte Menschen einzusetzen. Sie haben dazu beigetragen, dass die Erkenntnis reifte: Schleswig-Holstein benötigt ein zusammenhängendes Konzept für den Umgang mit dem Krankheitsbild Demenz.
Es hätte fast geklappt. Nach vielen Gremiensitzungen, schriftlichen und mündlichen Anhörungen, vielen Impulsen, Veranstaltungen und Diskussionen sollte Ihr Antrag nur noch einmal vertagt werden. Dann hatte es zwischen Schwarz und Rot geknallt, und Ihr schöner Demenzplan kam unter die Räder. Mit der Koordinierung in Norderstedt haben wir jetzt eine gute Voraussetzung, um es noch einmal zu versuchen, diesen Weg zu gehen. Nun haben die Oppositionsfraktionen auf Anregung des SSW weite Teile Ihres Antrags schlicht übernommen. Herr Minister, Sie können das nachlesen. Teilweise geschah dies wortwörtlich. Sie haben allerdings pragmatisch noch etwas hinzugefügt. Der Kollege Meyer hat darauf hingewiesen.
Die Wucht und die Folgen von Demenzerkrankungen treten nicht selten plötzlich und unerwartet auf. Dabei hätten Sachkenntnis und ein Konzept vielleicht weitergeholfen. Ich nenne dazu ein Beispiel: Oft kommen ältere Menschen mit einem Oberschenkelhalsbruch ins Krankenhaus, und ein bis dahin geordnetes Leben gerät in Unordnung. Es gibt fremde, wechselnde Gesichter, lange Flure, viele Türen, Hektik, unbekannte Umgebung, Betäubungen, Schläuche im Körper, weiße Kittel, Geräusche und vieles mehr. Aus einer unauffälligen, freundlichen Person, die bisher geborgen, klar und zuversichtlich war und in der eigenen Wohnung gut zu
rechtkam, wird eine verzweifelt suchende, sehr laute, gegen die Therapie gerichtete, verwirrte, hyperaktive, aggressive oder apathische und unter Umständen flüchtende Patientenperson, die dann laut und heftig angegangen, sediert oder gar fixiert wird. Daraus folgen Verletzungsrisiken, Thrombosegefahren, vielleicht Inkontinenz oder ein akuter Ernährungseinbruch; von psychischen Traumata ganz abgesehen.
In Münster hat man mit Landesunterstützung ein Demenzkonzeptmodell mit einer implizierten Akutgeriatrie entwickelt. Dabei werden Altenpfleger als selbst weiterqualifizierte Demenzlotsen oder Delirkräfte als feste Bezugspersonen eingesetzt, und es werden - wo möglich - über Rooming-in Brücken zur Vertrautheit geschlagen. In diesem Modellkonzept wurden demenzbedingte Mehrkosten durch eine lange Verweildauer und Komplikationen drastisch gesenkt. Andere Kostenträger wurden durch die Vermeidung einer stationären Folgebehandlung und einer dauerhaften Unterbringung bei vergleichsweise geringen Aufwendungen erheblich entlastet. Weiterhin stiegen die Belastbarkeit und die Arbeitszufriedenheit des geschulten Personals, und der Krankenstand sank.
Dies ist nur ein Beispiel in drei Minuten. Von diesen Modellen gibt es viele. Herr Minister, Sie haben recht. Wir brauchen einen Aktionsplan Demenz. Kurz, wir brauchen einen Demenzplan für das Gesundheitsland Schleswig-Holstein. Sicher sind Sie wie ich enttäuscht über den Antrag der CDU. Die können Ihnen eben nicht folgen. Mit Norderstedt haben wir aber eine gute Grundlage, um so einen Plan zu entwickeln. Tun Sie es!
Schade, Herr Minister. Jetzt haben Sie alles wieder kaputtgeredet. Eigentlich waren Sie auf dem richtigen Weg. Was Sie gerade aber hier fabriziert haben, lässt mich nur noch staunen.
Wie kommen Sie dazu, sich Norderstedt ans Revers zu heften? Das ist gar nicht Ihr Verdienst. Das ist
eine Privatinitiative. Das wissen Sie ganz genau. Diese haben Sie benutzt, um sich ins rechte Licht zu stellen. Das finde ich nicht in Ordnung.
Ebenso haben Sie unterstellt, irgendjemand hätte Ihren Antrag bezogen auf einen Demenzplan abgelehnt. Das sagen Sie einfach. Dann will eine Kollegin nachfragen, aber Sie erlauben die Zwischenfrage nicht.
Niemand hat den Antrag abgelehnt! Er ist ein paar Mal vertagt worden. Es gab eine schriftliche und eine mündliche Anhörung. Dann ist die Koalition auseinandergeflogen. Ihr Antrag ist sozusagen noch unbearbeitet. Wie können Sie so etwas unterstellen? - Wenn Sie hier stehen und so viele Emotionen zeigen, dann sagen Sie wenigstens die Wahrheit!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Spielhallengesetz ist okay. Das hat Herr Kollege Beran schon gesagt. Aber aus Sicht der Suchthilfe ist dies nur ein Teilerfolg. Insoweit möchte ich einiges zu dem ergänzen, was mein Vorredner gerade gesagt hat.
Nach wie vor hängen problematische Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit im Imbiss, oft im Abstand von nur wenigen Metern und oft Imbiss neben Imbiss. Dagegen ist vielleicht sogar eine Spielhalle ein Klacks. Deswegen muss man sich dieses Thema auch von dieser Seite ganz genau anschauen.
In der Spielhalle darf ich nichts essen. Das finde ich wunderbar. Aber wenn ich auf meine Bratwurst warte oder sie esse, dann lockt nicht nur ein Spielautomat, sondern locken mehrere Automaten. Damit beginnt oft auch die Karriere suchtkranker Spieler. Ich habe in meinen 20 Jahren als Suchtberater immer wieder erlebt, dass die Sucht gerade im Imbiss begann. Deswegen halte ich es für wichtig, dass im Rahmen der weiteren Diskussion, die vor uns liegt, auch die Problematik der Schwellenlosigkeit von Glücksspielautomaten oder besser gesagt von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Imbissen zum Thema gemacht wird. Aus meiner Sicht reicht es, wenn man sagt: Pro Imbiss nur noch ein Spielgerät. Dann wird die Problematik quasi halbiert. Das wäre eine hilfreiche Maßnahme.
Vielleicht gibt es im Rahmen des Anhörungsverfahrens eine Möglichkeit hierzu.
Meine Damen und Herren, hören Sie sich die Schicksale der Spieler, die Sie hoffentlich zur Anhörung einladen werden, genau an! Sie werden immer wieder auf dieses Phänomen stoßen. Lösen Sie dieses Problem mit einer entsprechenden Formel im Spielhallengesetz, sodass in einem Nichtspielhallenbetrieb nicht mehr als ein Gerät hängen darf! Diese kleine Ergänzung wäre vielleicht ein Weg. Vielleicht gibt es auch noch einen anderen Weg. Sie werden sicherlich kreative Lösungen finden. Aber sehen Sie sich dieses Problem genau an! Das wünsche ich mir.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, zunächst einmal herzlichen Dank für Ihren Bericht. Ich hoffe, die Versorgung wird wirklich besser. Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz birgt in den bisher vorliegenden Inhalten einige Flexibilisierungen und bietet Chancen. Das haben Sie eindrucksvoll geschildert, Herr Minister. Geplant ist allerdings eine eierlegende Wollmilchsau, und das fast geschenkt. Wenigen im Gesetzentwurf genannten Kostenfaktoren stehen weitreichende optimistische Einsparvisionen durch weniger Behandlungen gegenüber. Da können wir uns wirklich freuen.
Einzig Finanzminister Schäuble macht in seiner Bewertung die Kostenrisiken deutlich: Heilmitteldauerverordnung, Entlassungsmanagement, Zuschläge für besondere Leistungen, Wegfall der Abstaffe
lung von Arzthonoraren, Aufhebung der Grundlohnanbindung bei zahnärztlichen Vergütungen, neue spezialärztliche Versorgungsbereiche ohne Budgetierung, neue Abrechnungsziffern zum Beispiel für Telemedizin und, und, und. Manches ist wirklich sinnvoll.
Der FDP-Bundesgesundheitsminister spricht über Kosten von „nur“ 320 Millionen €, sagen wir einmal: ein Schnäppchen. Wir sind begeistert, sehr begrenzt, toll. Aber der CDU-Bundesfinanzminister kalkuliert mit 4 Milliarden € plus x. Das ist deutlich solider kalkuliert, meine Damen und Herren. Im Gesetzentwurf bleiben die Risiken und die Finanzierung im Dunkeln. Hier ist unser Bundesfinanzminister schlau, denn er hat den Bundeshaushalt gegen einen steigenden Sozialausgleich für die Zusatzbeiträge abgesichert. Das hat er in dieses Gesetz hineindiktiert. Mehrkosten dürfen den Bundeshaushalt nicht belasten.
Nun möchte man die liberalen Gesundheitsminister in Land und Bund fragen: Was machen wir denn nun? Verlierer sind die Beitragszahler, vor allem die Menschen mit geringem Einkommen, die Rentner, also die, die sich nur schwer wehren können. Sie müssen nämlich die gewollten Zusatzbeiträge, die jetzt anstehen, bezahlen, die für die weiteren neuen Kosten und Risiken aufzubringen sind.
Jetzt sollen die Beitragszahler auch noch selbst für den Sozialausgleich derjenigen aufkommen, die durch die sozialen Zusatzbeiträge überfordert werden. Minister Rösler hat den Sozialausgleich aus Steuermitteln versprochen. Da hat er sich wohl versprochen. Denn die Versicherten zahlen jetzt selbst. Die Menschen und nicht nur die unteren Einkommensgruppen werden immer weniger Netto vom Brutto haben, meine Damen und Herren. Wir Sozialdemokraten werden das ändern mit einer leistungsfähigen Bürgerversicherung aus allen Einnahmen, solidarisch, paritätisch und gerecht finanziert.
Das werden wir tun, unterstützt von einem einheitlichen Basisfallwert. Mehrheiten können sich ändern. Gerecht bedeutet auch - das will ich hier durchaus sagen - gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei stationären und ambulanten Ärzten, und zwar von GKV und privater Krankenversicherung gleichermaßen.
Das Gesetz wäre auch eine gute Gelegenheit gewesen, eine Alternative zur jetzigen Ausgestaltung der Berufshaftpflicht für alle Gesundheitsberufe zu schaffen. Die Hebammen sind nämlich nur die Spitze des Eisbergs.
Über das neue Entlassungsmanagement freuen wir uns, aber was das für die Praxis in den Krankenhäusern und die Finanzierung bedeutet, bleibt schlicht im Nebel. Die Krankenhäuser haben im Normalfall die Verantwortung. Schön. Aber der Gesetzgeber muss auch beachten, dass die niedergelassenen Ärzte die notwendigen Verordnungen grundsätzlich nur nach persönlicher Untersuchung realisieren können. Nicht überall kann das so funktionieren wie in der Westküstenklinik, die ich gerade besucht habe, wo man kooperiert und dieses Problem gemeinsam - frei praktizierend und stationär lösen will.
Der Informationsaustausch zwischen Krankenhaus, niedergelassenem Arzt und anderen Leistungserbringern ist zwar möglich, aber nicht verbindlich geregelt, weder mit den Hilfsmittelerbringern noch mit den ambulanten Pflegediensten, selbst Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses hierzu - Fehlanzeige.
Und was ist mit der Entscheidungsfreiheit der Patienten? Wer informiert die Patienten im Rahmen des Entlassungsmanagements über die relevanten ambulanten Behandlungsmöglichkeiten in den Regionen? Vielleicht große private Krankenhäuser mit einladenden Ambulanzen, alles offen? Herr Minister, Privatmonopole sind auch zentral - sehr zentral.
Wenn wir das Problem der ärztlichen Unterversorgung wirklich lösen wollen, müssen wir auch die Überversorgung im Blick behalten, sonst werden bei sehr knappen neu ausgebildeten Allgemeinmedizinerinnen mit Teilzeitarbeitswünschen immer mehr Ärzte benötigt, weil die Überversorgung eben erhalten bleibt. Kauft die KV wirklich Praxen auf, um sie vom Markt zu nehmen? Wir sind gespannt.
Zuschläge dürfen jedenfalls nicht einseitig erhalten bleiben, während Abschläge gestrichen werden. Stattdessen sollte alles getan werden, um die Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe in allen Sektoren zu fördern. Dies gilt besonders für die strukturschwachen Regionen.
Das Gesetz, wie es jetzt vorliegt, ist keine echte Hilfe. Es setzt Fehlanreize zur weiteren Mengenexpansion und zum Konkurrenzkampf zwischen
Sektoren und Berufen. Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz ist in der jetzigen Form unklar und schwach. Herr Minister, Ihr Doc-Mobil ist in Schleswig-Holstein schon jetzt gescheitert. Die Ärzte verweigern sich schlicht. Mobilität geht auch anders.
Was wir für die Versorgung in Schleswig-Holstein brauchen, ist eine Versorgung, die sich am Bedarf ausrichtet und für die älter werdende Bevölkerung erreichbar ist. Dafür müssen wir stärker die Sektoren überwinden und Haus- und Fachärzte gegebenenfalls mit Anreizen, übrigens auch der Kommunen, unter einen Hut bringen.
Es darf nicht sein, dass das Einzige, mit dem fest zu rechnen ist, die höheren Honorare und die steigenden Kosten für die Versicherten sind.
Deshalb wollen wir die richtigen Anreize auf echter Augenhöhe setzen und eine glaubwürdige Gegenfinanzierung auf den Weg bringen, mit mehr Mitwirkung der Länder, nicht am Katzentisch, sondern wirklich gestalterisch. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Machen wir unseren Gesundheitsminister mit diesem Auftrag stark!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gesundheitspolitik gibt wirklich ein trauriges Bild ab, und in den vorangegangenen Redebeiträgen, insbesondere von der Kollegin Klahn, wurden einige Provokationen deutlich, die man nicht einfach so im Raum stehen lassen kann, das muss man als Ganzes betrachten.
Ablehnen, Verzögern, Verschieben von Verantwortung, Stillstand, Hygieneverordnung ein Jahr, die Hebammen vielleicht jetzt durch das GKV-Versorgungsgesetz einen kleinen Impuls, Zusatzbeiträge statt Bürgerversicherung, Psychiatrieplanung gar nicht, Pflegedokumentation gar nicht, und jetzt haben wir als Nächstes: Pflegeberufsordnung gar nicht. - Stillstand aller Orten!
Meine Damen und Herren, wir werden alle diese Baustellen, vor allem aber die Pflege ab dem 6. Mai nächsten Jahres ein Stück nach vorn bringen, gemeinsam mit den Grünen, gemeinsam mit dem SSW.
Ich hoffe, wenn sich die FDP nicht mehr beteiligt, dass die CDU wieder in aktive Politik zurückfindet, die wir leider vermissen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 3.000 Menschen insgesamt hier vor der Tür, immerhin noch 2.500 haben auf der Straße in eindrucksvoller Weise stellvertretend für die 35.000 Menschen in der stationären Krankenversorgung ihr Anliegen vorgetragen.
Gesundheitsminister Jansen war es, der in die Krankenhausplanung den Begriff der Effizienz eingeführt hat. Wir waren in Schleswig-Holstein über lange Zeit federführend. Die folgende Optimierung führte aber im Ergebnis zu den niedrigsten Basisfallwerten, weil Verschwenden im Ergebnis offensichtlich mehr Bedarf zum Ausdruck bringt. Das wollte Ministerin Trauernicht schließlich wieder geradebiegen. Ein Oppositionsabgeordneter wollte die damalige Ministerin Trauernicht 2008 sogar zum Jagen tragen. Aber diese Einladung kam zu spät; denn sie hatte bereits 14 Tage zuvor in der Gesundheitsministerkonferenz im Schloss Plön den einstimmigen Beschluss für einen bundeseinheitlichen Basisfallwert ab 2015 erkämpft.
Diese Errungenschaft hat dann Schwarz-Gelb unter Führung ihrer FDP-Minister wieder gekippt und preist nun gar einen Rettungskorridor an. Das klingt zwar tröstlich, nur stehen wir in dem Korridor mit anderen sparsamen Ländern gemeinsam hinten, weit weg von den Schatzkammern höherer Basisfallwerte, in denen sich andere Länder weiterhin bedienen können. Das ist auch in einem begrenzten Raum weiterhin ungerecht. Ein Vorteil dieser einseitigen Verknappung ist weder für die Versicherten noch für die Bediensteten erkennbar. Wem, bitteschön, sollte eine drohende Insolvenzspirale auch nutzen?
Was das für unseren einzigen Maximalversorger bedeutet, ist klar: Wenn das UKSH mit der jetzigen Ausstattung und dem jetzigen Umfang allein stehen würde, hätte es 85 Millionen € mehr in der Kasse. Allein das ist schon ein Indiz dafür, wie man einen
Maximalversorger sturmreif bekommt. - Das alles zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zulasten der Infrastruktur. Die Privatisierung gibt der qualifizierten Versorgung und Ausbildung dann vielleicht noch den Rest. Das ist ein Rückschritt, meine Damen und Herren!
Aber der über die Löhne und Gehälter ausgetragene Dumpingwettbewerb ist als marktliberales Element ja gerade gewollt. Wir, die SPD-Fraktion, sagen: Das ist unsolidarisch, es ist auf Dauer teuer, und es ist hochgefährlich für unsere Haushalte im Lande und letztlich für den sozialen Frieden.
Wir wollen statt eines ruinösen Preiswettbewerbs einen zielführenden Qualitätswettbewerb mit kostendämpfender Nachhaltigkeit.
Meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, für viele Beschäftigte ist es schon jetzt fünf nach zwölf. Sie leiden unter den zunehmenden psychischen und physischen Belastungen in der stationären Arbeit derart, dass sie den Anforderungen ihres schweren Berufes oft kaum noch gerecht werden können.
Fragen Sie die Beschäftigten. Besuchen Sie zum Beispiel die Pflegekräfte am Arbeitsplatz. Das haben wir getan. Die SPD-Fraktion hat im Juni ein Pflegepraktikum durchgeführt. Machen Sie es wie wir, hören und sehen Sie gut zu. Wir haben deutlich vor Augen geführt bekommen, was Pflegearbeit bedeutet. Schließen Sie sich uns an und sehen Sie sich durch die Brille der Beschäftigten und der Patientinnen und Patienten die stationären Arbeitsbedingungen an. Wir haben das getan, und wir sind entsetzt, meine Damen und Herren.
Reine Begrüßungsformeln von Scheinlösungen oder ein Beschluss des Bundesrates, auch wenn dieser jetzt von Rot-Grün dominiert wird, helfen bisher nicht weiter. Als Claqueure stehen wir für die Erfolge Dritter zulasten der Menschen in Schleswig-Holstein nicht zur Verfügung. Da sind wir auch gern bereit, uns mit unseren Genossinnen und Genossen in anderen Bundesländern anzulegen. So kann man mit Schleswig-Holstein nicht umgehen.
Es ist uns nach wie vor unverständlich, warum die CDU die Gemeinsamkeiten der Großen Koalition so schnell preisgegeben hat. Nach wie vor sind mindestens 20 eingeplante Millionen € im Rahmen
der Konvergenzentwicklung jährlich futsch. Wir erwarten die Intervention direkt an der Wurzel im liberalen Gesundheitsministerium in Berlin.
Das Statistische Bundesamt hatte den Auftrag bekommen, Vorschläge für die Ermittlung von Orientierungswerten für die Realfinanzierung von Krankenhäusern zu finden. Sie haben den Auftrag erfüllt, sehr schön, aber nun halten die Minister Rösler und jetzt Bahr diese vielleicht weisen Erkenntnisse unter Verschluss. Was soll denn das? Wir haben die Daten irgendwo in Berlin, und wir kommen nicht heran. Die Große Koalition hat auch noch mehr auf den Weg gebracht. Das Bundesprogramm für zusätzliche pflegerische Fachkräfte, eine gute Idee unserer ehemaligen Bundesgesundheitsministerin, wird nicht verlängert. Warum das? - Das ist in der jetzigen Situation unverantwortlich. Ich hoffe, das kriegen Sie wieder hin, Herr Minister. Was jedenfalls fehlt, ist eine dauerhafte Regelung der Personalbemessung in der Pflege. Tragen Sie Ihren Bundeskollegen Bahr zum Jagen, Herr Minister!
Was wir noch brauchen, ist schließlich der Ausbau unserer solidarischen Krankenversicherung. Wir wollen eine moderne, umfassende Bürgerversicherung mit umfassenden Spielräumen für die Überwindung von Sektorengrenzen mit echten Kooperationen für die Sicherstellung ambulanter medizinischer Versorgung. Im September mehr dazu.
Nun noch kurz zu den Anträgen: Leider ist der Antrag der LINKEN eigentlich gar kein Antrag, sondern eine Stellungnahme mit Handlungsidee. Das ist schön. Aber wir verstehen Ihr Anliegen sehr wohl und haben daraus einen richtigen Antrag gemacht. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diesen Antrag wenigstens in den Sozial- und Gesundheitsausschuss überweisen, damit wir gemeinsam mit den Krankenhäusern und ihren Personalvertretungen nach Lösungswegen suchen. Oder lehnen Sie unsere Anträge auch gern ab, damit wenigstens die Betroffenen da draußen wissen, wem sie am 6. Mai 2012 noch vertrauen können.
Letzter Satz, Frau Präsidentin. - Viel Seegang, viel Wind, viel zu tun, guter Antrag, „klar zur Wende“.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst von der SPD-Fraktion einen herzlichen Dank an Ihr Team für den Bericht, Herr Minister. Offensichtlich konnte es leider nicht gelingen, die Situation bei Eltern-Kind-Kuren in gewünschtem Umfang konkret abzubilden, aber Sie haben sicherlich Ihr Bestes dafür getan. Gleichwohl wird schon an den Eckdaten deutlich, dass es für die betroffenen Eltern und die 28 Einrichtungen im Land Handlungsbedarf gibt.
Wir haben in den vergangenen Monaten eine Reihe von Einrichtungen besucht und wissen daher, dass zumindest zwei Einrichtungen ihren Betrieb teilweise eingestellt haben, „teilweise“ heißt, sie können nicht mehr immer belegen. Das passt zu den für Eltern-Kind-Kuren sinkenden Ausgaben bei den Krankenkassen um knapp 10 %.
Auf die Belastungen der Eltern, Kinder und Einrichtungen sind Sie in Ihrem Bericht eingegangen. Besonders dankbar sind wir, dass Sie ausführlich auf die umfassenden Aktivitäten von Gesundheitsministerin Trauernicht hingewiesen haben, Herr Minister. Sie haben in Ihrem Bericht ein Fachgespräch beim Bundesgesundheitsminister von Anfang Mai erwähnt. Uns würde interessieren, ob Ihnen zwischenzeitlich die Ergebnisse vorliegen.
Der Bericht des Bundesrechnungshofs liegt vor. Hier würde uns interessieren, welche Handlungshinweise die Landesregierung für die Betroffenen daraus ableitet, auch wenn Sie ohne Zweifel hier keine Planungskompetenz haben. Das haben Sie richtig zum Ausdruck gebracht.
Schließlich erkennt der Kostenwächter des Bundes in seiner Bewertung wenig Gleichbehandlung der Versicherten, die Nichtbeachtung rechtlicher Vorgaben des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes, zum Beispiel die gesetzlich vorgegebene Aufhebung des Vorranges für ambulante Leistungen. Ambulante Leistungen sind hier nicht vorrangig zu betrachten, das ist gesetzlich festgelegt, aber das sind ständig die Ablehnungsgründe, die von den Kassen immer wieder genannt werden. Das ist eine Situation, die mit den Kassen zu klären ist. Außerdem fehlen häufig die Rechtsbehelfsbelehrungen, es gibt eine Ungleichbehandlung bei den Anträgen, und es gibt eine Intransparenz, teilweise wird im Bericht des Bundesrechnungshofs sogar von Willkür gesprochen.
Mutter- beziehungsweise Vater-Kind-Kuren sind gesetzliche Pflichtleistungen der Krankenversicherung, doch die Praxis sieht oft anders aus. Die von uns besuchten Einrichtungen berichten übereinstimmend von einer oft restriktiven bis ablehnenden Haltung der gesetzlichen Krankenkassen, wenn es um die Bewilligung dieser unverzichtbaren Aufgabe geht. Oft sind die Begründungen für die Ablehnung schwer nachvollziehbar, und viele Frauen scheuen den Widerspruch, weil das ein aufwendiges und nervenaufreibendes Verfahren ist. Ambulante Leistungen, wie sie der MDK in unzulässiger Weise anmahnt, werden den Krankheitsbildern von Müttern und Kindern oft weder gerecht, noch lassen sie eine Genesung in der Alltagswirklichkeit erwarten. Dies war im Übrigen auch der Grund, dass Mutter-Kind-Kuren zu einer gesetzlichen Pflichtleistung wurden.
Die Einrichtungen berichten, dass der schleppende und sehr oft sogar ablehnende Umgang der Krankenkassen mit Kuranträgen nicht nur den betroffenen Eltern, sondern zunehmend auch den Kureinrichtungen, die nicht mehr ausreichend belegt sind, und damit wichtigen Arbeitgebern in der Region massiv schadet.
Mutter-Kind-Kureinrichtungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil des präventiven und therapeutischen Angebots im Gesundheitsland SchleswigHolstein. Gerade deshalb ist die Landesregierung gefordert, sich bei den Krankenassen weiterhin für die Kuren einzusetzen.
Zumindest bei einer Krankenkasse konnte ich mich im Verwaltungsrat für eine stärkere Unterstützung dieser wichtigen Präventionsmaßnahme einsetzen. Die Belastungen junger Familien, insbesondere alleinerziehender Elternteile, haben sich in der mobilen Kommunikationsgesellschaft teilweise erheb
lich verschärft. Für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Familie - sie bildet eine wichtige Grundlage für gute Chancen im späteren Leben - und der Gesundheit ihrer Mitglieder ist es wichtig, wenn man sich auch einmal eine Mutter- oder VaterKind-Kur erlauben kann.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sich doch die Zeiten ändern! Noch vor drei Jahren war unser heutiger Minister stetiger Jäger, oft eingeladen von seinen Vorgängerinnen, um von den engagierten Impulsen der Ministerinnen in den Feldern der Psychiatrieentwicklung zu hören. Seit September 2009 Funkstille! Das Haus an der AdolfWestphal-Straße ist für Abgeordnete, gar für Abgeordnete der Opposition, geschlossen.
Die SPD-Fraktion hat Verständnis für das gut gemeinte Papier des Landtagspräsidenten mit der Überschrift ,,Parlamentarismus im Wandel“. Daraus möchte ich aus Kapitel drei - mit Verlaub - zitieren:
,,Die Ausschussarbeit ist eine zentrale Säule des Parlamentsbetriebes.“
Und dann weiter: Ausschüsse sind
,,die Gremien, in denen die Fachpolitikerinnen und Politiker gemeinsam mit Experten die Ideen, Initiativen und Vorstöße der Fraktionen untermauern. Anhörungen - mündlich oder schriftlich - erfordern eine bewertende Diskussion und Rückmeldung der Fraktionen an die Angehörten.“
Meine Damen und Herren der CDU und FDP, mich würde brennend interessieren, was Sie den von Ihnen benannten 13 Anzuhörenden denn mitzuteilen haben oder rückgemeldet haben. Haben Sie ihnen geschrieben, dass Ihnen die 274 Handlungshinweise, die dort drinstehen, zu viel seien, um sich damit zu beschäftigen? Haben Sie ihnen mitgeteilt, dass Sie mit der Arbeit im Sozialausschuss völlig überfordert sind und dieses zweifellos wichtige Thema daher zurückstellen müssen? Oder haben Sie gar
nichts gemacht und die Anhörungsergebnisse in den großen Ordner ,,Unerledigt“ abgeheftet?
Dabei haben es Ihnen die Fachverbände mit den vielen Anregungen leicht gemacht, den dringenden Handlungsbedarf zu erkennen. So hat der Landkreistag, ein Kritiker landesplanerischer Ambitionen, den wir gern im Sozialausschuss zur mündlichen Anhörung eingeladen hätten, einen deutlichen Handlungsbedarf gesehen. Er - ich zitiere -:
,,hält es für angezeigt, die psychiatrischen Versorgungskonzepte regelmäßig fortzuschreiben, abzugleichen und zu koordinieren.“
Auch der Städteverband Schleswig-Holstein sieht diesen Handlungsbedarf, indem er feststellt - ich zitiere mit Verlaub -:
,,Es besteht nach Auffassung des Städteverbands Schleswig-Holsteins in etlichen der im Antrag der SPD-Fraktion angesprochenen Schwerpunkte eines neuen Psychiatrieplanes ein Handlungsbedarf...“
Meine Damen und Herren, selbst bei kritischster Betrachtung sind sich alle fachlich Beteiligten darin einig, dass wir uns als Land auch bei den derzeitigen zentralen Strukturen nicht aus der Verantwortung stehlen dürfen. Die regierungstragenden Fraktionen schweigen.
Es ist zumindest erstaunlich, welche Art von Demokratie- und Handlungsverständnis sich in der Arbeit des Sozialausschusses in den letzten Monaten offenbart hat. Der Umgang mit den Angehörten, mit ihren teils verzweifelten Appellen ist nicht mehr zu fassen. Keine Wortmeldungen von CDU und FDP zu unserem Antrag! Eisiges Schweigen zu den Anhörungsergebnissen!
- Ich rede vom Ausschuss, Herr Abgeordnetenkollege.
Schwarz-Gelb ist sogar gegen eine mündliche Anhörung der Kommunen, obwohl diese selbst unstreitig einen Handlungsbedarf sehen und darum bitten.
Und dann meldet sich ein Mitglied der CDU-Fraktion. Wir alle waren nun doch wirklich sehr interessiert, was jetzt passieren würde - vielleicht die Planung des weiteren Vorgehens oder Ähnliches. Nein. Stattdessen hatte ich kurzfristig den Ein
druck, ich hätte einen Hörsturz. Denn es wurde schlicht und ergreifend Abstimmung in der Sache beantragt - ohne weitere Aussprache. Das ist die öffentliche Debatte im Ausschuss - und das ist das Papier des Präsidenten, meine Damen und Herren. Die Oppositionsfraktionen waren über den derartigen Wandel des Parlamentarismus vom Donner gerührt, dass sich blankes Entsetzen auf der Oppositionsbank im Ausschusssaal breitmachte.
Kein einziges Wort zur Psychiatrie im Allgemeinen, zu irgendwelchen Handlungsoptionen oder gar zu wenigstens einer der 274 Anregungen, die uns die Fachleute gemacht haben!
Herr Präsident, Ihr Anliegen in allen Ehren, aber diese Art Wandel geht in die falsche Richtung. Er geht einige Jahrzehnte zurück. Er geht in die 80er. Arroganz der Macht, kann ich nur sagen.
Die Zeiten der Gestaltung, selbstverständlich mit Oppositionsgespräch, wie sie Ihre Vorgängerinnen mit Ihnen pflegten, Herr Minister, sind vorbei. Da der Minister auch keine Runden Tische einrichtet, wie schon bei den Hebammen oder der Hospizbewegung oder der Palliativmedizin, werden wir als SPD-Fraktion weiterhin die Runden Tische einrichten, werden wir in unseren Fraktionssälen die Kompetenz versammeln. Wir nehmen unsere Rolle als Volksvertreter ernst. Wir werden die Psychiatrieplanung weiter vorantreiben und die neuen Anregungen aufgreifen.
Von CDU und FDP erwarten die betroffenen Menschen in unserem Land nicht mehr viel. Im Ausschuss schweigen Sie zu sechs Monaten Wartezeit auf Psychotherapie. Sie schweigen zu den jetzt notwendigen Anpassungen an die UN-Behindertenrechtskonvention. Sie schweigen zu Zielaussagen für offene Hilfen, Personenzentrierung, Gemeindenähe und kreisübergreifende Koordinierung. Sie schweigen zu der Verantwortung des Landes beim Übergang von Maßregelvollzug und Forensik in das komplementäre Hilfesystem. Sie schweigen zu Änderungen in den Sozialgesetzbüchern II, V, VII, IX und XI, die Anpassungen erforderlich machen.
Sie schweigen zur zunehmend desolaten Situation der gerontopsychiatrischen Versorgung. Sie schweigen zu geforderten verbindlichen Leitlinien und Rahmenbedingungen der Entwicklung der psychiatrischen Versorgung in Schleswig-Holstein.
Meine Damen und Herren, wir schließen uns der Ärztekammer an, die eine Leitstruktur für unent
behrlich und eine alleinige kommunale Verantwortung für nicht ausreichend hält.
Bis zum 6. Mai 2012 werden wir den Dialog auch in der Psychiatrieplanung jedenfalls weit vorangebracht haben.
Ich komme zum Schluss. - Nicht nur die Menschen mit psychischen Belastungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen erwarten neue Rahmen und Lösungen. Wir Sozialdemokraten nehmen unseren Auftrag ernst, Herr Präsident - versprochen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich eine Zwischenfrage stellen. Aber das war nachher so komplex, dass ich gedacht habe, ich muss deutlicher machen, worum es mir geht.
Bei den Beiträgen der Regierungsfraktionen hatte ich den Eindruck, Ihnen geht es wirklich um Pokern und Zocken live. Vertreter der Liberalen machen sich über Suchtrisiken von Lotto lustig - wohl wissend, dass Spielhallen die Quellen der Sucht sind und nicht Lotto. Sie sprechen davon, dass Monopole das Suchtrisiko nicht verhindert haben - wohl wissend, dass der Daddelmarkt überhaupt keine Monopole hat. Meine Damen und Herren, das ist sehr schwierig nachzuvollziehen.
Ein Vertreter der Christdemokraten spricht vom guten Recht der Glücksspielindustrie, sich am Meinungsmarkt zum Beispiel auf Malta und Sylt zu beteiligen - sehr wohl. Er sagt: Die Lottoanbieter tun dies ja auch - wohl wissend, dass CDU und FDP zwar Boris Becker als Staatszocker, nicht aber Nordwestlotto an ihren Tisch eingeladen haben. Das hätten Sie tun können, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, glauben Sie kein Wort: Hier macht Politik den Vorurteilen dort draußen alle Ehre. Die Bürger werden nichts davon haben. Viele werden weniger haben bei diesem Brot- und Spiele-Akt. Und die Schwächstens werden den Internetlöwen zum Fraß vorgeworfen - schade, denn die Erlöse dieser Eintrittskarten werden noch nicht
einmal in Schleswig-Holstein, sondern auf Malta bleiben.
Ein trauriges Spiel, meine Damen und Herren, das hier aufgeführt wird!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon wieder oder besser noch immer sitzen wir hier im Landtag und sehen der Verzweiflung ins Auge: die Sorgen der Eltern, die sich Gedanken um eine Rundumbetreuung für die Geburt ihres Kindes machen, die Verzweiflung der Hebammen, die kaum noch eine Chance haben, auskömmlich ihrem wunderbaren Beruf nachgehen zu können.
Viele haben in diesem verlorenen Jahr schon wieder aufgegeben. Und sie haben nicht nur aufgegeben, weil die Rahmenbedingungen schwierig sind oder die Geburten zurückgehen, sondern weil immer mehr Kaiserschnitte gemacht werden, weil letztlich auf die Hebammen sehend verzichtet wird.
Was ist seither geschehen? Wir hatten nun ein Jahr Zeit: kein Runder Tisch, keine Bundesratsinitiative, kaum ein Impuls, vom ergebnislosen Rösler-Gespräch mal ganz abgesehen. Jetzt sind auch wir verzweifelt.
Kinder und Mütter haben ein Recht auf eine gesunde, qualifiziert unterstützte und, wo immer möglich, natürliche Geburt - ein Recht auf Hebammenunterstützung. Aber diese Rechte sind unmittelbar mit guten Arbeitsbedingungen verknüpft, für freiberufliche und angestellte Hebammen gleichermaßen.
Wir haben an die Landesregierung appelliert, sind mit den Hebammen auf die Straße gegangen, haben in Arbeitskreisen die Probleme erörtert und uns über die Presse zu Wort gemeldet.
Wir setzen uns für die Sicherstellung der Wahlfreiheit des Geburtsortes, für den Erhalt der Hebammenhilfe, aber eben auch für eine angemessene Bezahlung für Hebammenleistungen entsprechend der hohen Verantwortung des Berufes ein. 5 € pro Stunde ist schlicht eine Zumutung.
Wir haben vor knapp einem Jahr für unseren Antrag Drucksache 17/654 - Sie erinnern sich - gekämpft, der die Hebammen stärken und eine Bundesratsinitiative starten sollte: abgelehnt! Die uns immerhin eingeräumte schriftliche Anhörung allerdings führte trotzdem
zu keiner Bundesratsinitiative. Aber, seien wir fair es ist noch nicht gesagt worden -: Immerhin kam es nach längerem Zögern zur Lösung der Beihilfeproblematik. Die Berechtigten sind nun in den Gebührenkanon einbezogen - geht doch.
Aber wir hatten auch einen Runden Tisch mit den Hebammen und Geburtshelfern verlangt. Was geschah? Wie gesagt, nichts. Erst als die Hebammen vor Kurzem plötzlich streikten und sich lautstark vor dem Landeshaus Gehör verschafften, gab es ach ja, da waren ja noch die Hebammen! - eine Kurzaudienz. Und nun? - Der Minister ist nicht da. Die Staatssekretärin ist nicht da. Die Stellvertretung der Staatssekretärin ist nicht da.
Meine Damen und Herren, nun haben wir erneut einen qualifizierten Antrag - sorry, nicht den der Linken, sondern den der Grünen - vorliegen, der unseren alten Antrag weiter in die richtige Richtung vorantreibt.
Das wird mir ja abgezogen, deshalb gern.
Das wird mir nicht von meiner Redezeit abgezogen? - Dann muss ich meine Rede erst schnell zu Ende bringen. Entschuldigung.
Dann bin ich ganz entspannt und lasse sie zu.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für Ihren Bericht, Herr Minister. Wir werden uns in der nächsten Zeit regelmäßig mit dem aktuellen Stand der Enterohämorrhagischen Escherichia-coli-Bakterie auseinandersetzen, die zu allem Überfluss auch noch das Gift ShigaToxin produziert und damit Nierenversagen provoziert. Wir werden uns damit im Gesundheitsausschuss auseinandersetzen. Sie haben angekündigt, dass wir schon morgen in das Thema einsteigen werden.
Die Spurensuche kann nicht verhindern, dass sich Verbände und Organisationen der Lebensmittelproduktion an den Pranger gestellt fühlen. Ermittlungen und die Fahndung nach dem Ursprung eines zweifelsohne bedrohlichen Bakteriums stehen
aber über allen anderen Interessen. Es geht schlicht um Leben und Tod. Wir Sozialdemokraten wünschen uns keine Abwehrbewegung von Interessenverbänden, sondern wir wünschen uns Unterstützung. Die Gesundheitsfahnder müssen in alle Richtungen ermitteln, und schwarze Schafe gibt es überall. Wir nehmen jede Bedrohung der Bevölkerung ernst und erwarten statt Abwehr eine aktive Beteiligung sowohl vonseiten der Lebensmittelindustrie als auch vonseiten der Landwirtschaft.
Die schlimmsten Bakterien sind allerdings nur schwer in den Griff zu bekommen, nämlich die Bakterien der Gleichgültigkeit und der Panik. Wir wissen aus der Virendebatte über H1N1, also der Schweinegrippediskussion, aus der Diskussion über A/H5N1, also aus der Vogelgrippediskussion, und aus der BSE-Debatte, dass beide Bakterien schaden. Wir sind an der Seite des Gesundheitsministers und seines Teams, wenn es um die sachliche Einbeziehung aller nur denkbaren Quellen geht und wenn es um die Beschaffung einer umfassenden, qualifizierten Technik bei der Hilfe und bei der Behandlung geht. Wir brauchen aber mehr politische Interventionen, wenn wir nicht in einen Strudel der Hilflosigkeit geraten wollen.