Es hat nach Auffassung der FDP-Landtagsfraktion gar keinen Sinn, nun aufgrund der teils durchaus berechtigten Kritik, die es an einzelnen Elementen der Reform gibt, das Rad zurückzudrehen; denn das alte System war mitnichten besser, sondern deutlich schlechter. Es kann auch nicht darum gehen, dass diese wichtige Reform nun zur Spielwiese für die Vergangenheitsbewältigung ehemaliger Regierungsparteien verkommt. Das meine ich völlig ohne Häme. Letztlich hat auch die SPD als die Partei, die es damals durchgebracht hat, in den vergangenen Monaten nicht nur Beiträge gebracht, die inhaltlich begründet sind, sondern auch viel mit Parteipolitik zu tun haben. Das wird letztlich dieser Reform nicht gerecht.
- Herr Kollege Baasch, das hat mit parteiinternen Sachen und weniger mit inhaltlichen Dingen der Reform zu tun; so meinte ich das. Ich glaube, das werden Sie auch nicht bestreiten, wenn ich Ihre Reaktion sehe. Insofern sollte man diese Reform durchaus ernsthaft beleuchten. Es gab natürlich von unterschiedlichen Parteien nicht immer nur hilfreiche Darbietungen; das möchte ich auch nicht bestreiten. Ich denke, wir sollten jetzt nach vorne gucken und das Rad nicht zurückdrehen.
Es gibt manche Ungerechtigkeiten im SGB II. Die Verdreifachung des Schonvermögens durch die schwarz-gelbe Bundesregierung hat da ein Stück weit Abhilfe geschaffen. Natürlich ist klar, dass die Akzeptanz der Bevölkerung vergrößert werden muss. Das bestreitet niemand. Das Synonym Hartz IV - der Kollge Kalinka hat es gesagt - ist wahrlich kein schöner Begriff. Ich glaube, der Abgeordnete Garg hat einmal gesagt, das erinnere ihn immer in irgendeiner Form an „Pershing II“. Auch die Person Peter Hartz hat
mit ihren Arbeitsmethoden - obwohl es meistens nichts mit Arbeit zu tun hatte -, mit ihren Methoden nicht dazu beigetragen, das Image dieser Reform zu verbessern.
- Das Image der SPD interessiert mich da weniger. Was ganz sicher ebenfalls imageprägend im negativen Sinne war und ist, ist die extrem hohe Zahl an fehlerhaften Bescheiden und die geradezu ausgeuferte Zahl an Rechtsstreitigkeiten, die dazu geführt hat, dass mittlerweile alle Sozialgerichte in Schleswig-Holstein mit derartigen Verfahren befasst sind, da diese sonst nicht mehr zu bewältigen wären.
Es gab in den vergangenen fünf Jahren sehr viel Änderungsbedarf bei Gesetzen und Verordnungen, um handwerkliche Fehler auszumerzen und Praxiserfahrung aufzunehmen. Auch der letzte Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten - das wurde schon angesprochen - mahnt viele Veränderungen an, neben weiteren rechtlichen Klarstellungen insbesondere bei der Ausbildung und Schulung von Sachbearbeitern und Fallmanagern. Das wurde auch in dem Bericht deutlich. Auch darum müssen wir uns kümmern, darum wird sich auch gekümmert.
Um Verbesserungen herbeizuführen, werden derzeit auf Bundesebene geeignete Maßnahmen beraten. Wir hoffen sehr, dass schon nach den Herbstkonferenzen der Justizminister sowie der Arbeitsund Sozialminister eine entsprechende Perspektive vorhanden sein wird. Auch das ist in dem Bericht angekündigt worden. Das sollte man sich dann ganz genau anschauen. So muss dann auch die sogenannte Jobcenter-Reform als Chance gesehen werden, da diese dem SGB-II-Bereich zum einen eine rechtliche und auch politische Perspektive gibt, zum anderen bedeutet sie eine große Chance für die Akzeptanz der Reform, auch durch strukturelle Optimierungen in diesem Bereich.
Uns freut sehr, dass bei der Jobcenter-Reform am Ende sehr konstruktiv zusammengearbeitet und noch rechtzeitig eine akzeptable Lösung gefunden wurde. Es war doch kurz vor zwölf. Insofern muss man anerkennen, dass sich auch die Opposition, die SPD-Bundestagsfraktion, dort eingebracht hat, auch die Länder. Das zeigt, dass der politische Wille über die Koalition hinaus da ist, diese Reform weiter zu verbessern.
Die zukünftig einheitliche Bezeichnung als Jobcenter wird nicht der einzige Vorteil sein, da auch die Vergleichbarkeit der Arbeitsergebnisse mit Sicherheit steigen wird. Auch das ist nicht unwichtig zu erwähnen. Die neuen Organisationsregelungen werden die Leistungsfähigkeit der Verwaltung steigern.
Meine Damen und Herren, wenn ich sage, dass die Hartz-IV-Reform grundsätzlich in die richtige Richtung ging, dann hoffen wir natürlich auch, dass es in diese Richtung weitergeht. Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene ist leider neu eine Prüfung des Bürgergelds niedergeschrieben. Ich bin einmal gespannt, was dabei herauskommen wird. Letztlich muss man sagen, es gibt immer noch zu viele unterschiedliche Sozialleistungen von zu vielen staatlichen Stellen. Da könnte man ansetzen, dass es zu mehr Transparenz kommt.
Meine Fraktion sieht auch bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten noch Optimierungspotenzial, um den Übergang in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu erleichtern. Die Qualifizierungsmöglichkeiten und die Arbeitsvermittlung insbesondere für junge Menschen, aber auch für ältere Arbeitslose müssen regelmäßig evaluiert und angepasst werden. Denn letztlich geht es bei dieser Reform ja darum, niemanden aufzugeben, sondern den Leuten Chancen und Perspektiven aufzuzeigen.
- Frau Jansen, wenn Sie fragen, wie man Armut am besten bekämpfen kann, möchte ich Sie einmal darauf hinweisen
- Frau Jansen, wenn Sie mich kurz ausreden lassen würden, wäre das ganz nett -: In den Bundesländern und in den Staaten, in denen die wirtschaftliche Entwicklung am besten ist, ist das Risiko von Armut am geringsten. Das müssen Sie als Linke auch einmal zur Kenntnis nehmen.
Deshalb müssen wir uns mehr um die wirtschaftliche Entwicklung auch in Schleswig-Holstein kümmern. Schauen Sie sich die süddeutschen Bundesländer an, deren Wirtschaftspolitik in den letzten Jahren vorbildlich war! Die haben viel weniger Probleme in diesem Bereich. Das sollten sich die Linken einmal anschauen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Nach dem Beitrag von Herrn Minister Garg dachte ich, man könne in Schleswig-Holstein in dieser Frage sanfter mit der FDP umgehen. Herr Vogt, Sie haben das gerade eben wieder ein bisschen relativiert, aber darauf kommen wir vielleicht später noch.
Wenn man über Hartz IV spricht, wird oft gesagt das wurde auch hier von mehreren Leuten gesagt -: Im Grundsatz war die Arbeitsmarktreform richtig und notwendig. Es stimmt: Die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe war längst überfällig. Einige weitere Vorteile hat der Minister gerade eben genannt. Allerdings reicht es aus unserer Sicht nicht aus, sich immer auf diesen Grundsatz zurückzuziehen.
Bei der Einführung von Hartz IV - das ganz selbstkritisch - wurden eine Menge Fehler gemacht. Aus grüner Perspektive denke ich hier beispielsweise an die Höhe der Regelsätze und die menschenverachtenden Sanktionen. Genau deswegen haben wir unsere Politik in dem Bereich überarbeitet und fordern jetzt ein Sanktionsmoratorium und die Erhöhung der Regelsätze in einem ersten Schritt auf 420 €. Dies darf nicht alles sein, aber es wäre ein wichtiger Anfang.
Es geht darum, den Betroffenen mehr Rechte zuzusprechen und ihnen wieder eine Zukunftsperspektive zu geben. Ja, es ist richtig, Herr Garg, wenn Sie im Bericht feststellen, dass Hartz IV in der Gesellschaft keinen guten Ruf genießt. Wer dies ändern will und das Vertrauen der Menschen wiedergewinnen will, muss selbst erst einmal wieder den Menschen vertrauen. Die Hartz-IV-Gesetzgebung gibt den Menschen jedenfalls nicht viel Vertrauen. Wir
begrüßen die Einstellung von mehr Richtern an den Sozialgerichten. Das haben ziemlich viele Vorredner schon erwähnt. Es ist das gute Recht eines jeden Hartz-IV-Empfängers, sich bei Streitigkeiten mit ihrem Verfahren an ein Sozialgericht zu wenden. Dies muss dann auch zügig bearbeitet werden können. Eben das ist gerade noch mangelhaft.
Nach unserer Ansicht ist die Schwerpunktsetzung beim Beschwerdemanagement falsch. Es ist natürlich begrüßenswert, im Ministerium ein Beschwerdemanagement zu haben, allerdings muss der Schwerpunkt der Arbeit darauf gelegt werden, das Beschwerdemanagement vor Ort in den ARGEn auszubauen.
Ihr Vorhaben, den Bund im Vermittlungsausschuss dazu zu bewegen, einen größeren Teil der Kosten der Unterkunft zu übernehmen, können wir natürlich nur begrüßen und unterstützen wir ausdrücklich.
Eines der Hauptprobleme bei der Umsetzung von Hartz IV ist die Bürokratie, die sich hinter den unverständlichen Bescheiden - Frau Jansen hat das teilweise angesprochen - und teilweise schlechter Vermittlung verbirgt. Wir wollen hier nicht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort Vorwürfe machen, denn wir glauben, dass es vielmehr an dem komplizierten Verwaltungsapparat liegt, der dahintersteckt.
Aus dieser Debatte folgt dann natürlich die Debatte um die Optionskommunen, die wir aktuell führen. Das ist eine Debatte, die zurzeit mehr auf kommunaler Ebene eine Rolle spielt, aber sie ist auch wichtig fürs Land. Wir haben hier schon ausreichend darüber diskutiert. In der Frage „Optionskommune - ja oder nein?“, geht es entscheidend darum, wer die Verantwortung für die zukünftige Arbeitsmarktpolitik trägt. Auch wenn man den Staat - insofern kann man Gewerkschaften und Parteien verstehen, die in die Richtung denken - sicherlich nicht aus der Hauptverantwortung entlassen
Die Kommunalisierung kann den Weg hin zu einer neuen Arbeits- und Sozialpolitik öffnen. Als grüne Landtagsfraktion unterstützen wir deswegen ausdrücklich die Kommunen, in denen es jetzt Überlegungen gibt, sich auf diesen Weg zu machen.
Wenn wir schon beim Bilanzieren sind, sollte noch auf eine andere Bilanz hingewiesen werden: „Kein Rettungsschirm in Sicht? - Eine Hartz-IV-Bilanz“ ist eine Bilanz von einer Reihe von sozialen Institutionen, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. In dem Bericht wird eine etwas negativere Bilanz gezogen, als es in der aktuellen Drucksache der Fall ist. Gerade durch den Beitrag der Bürgerbeauftragten, Frau Wille-Handels, die in anderen Zusammenhängen schon genannt wurde, wird deutlich, welche großen Probleme viele Betroffenen im Kontakt mit den Behörden haben.
Auch die verschärfte Wohnproblematik wird in dem Bericht ausführlich behandelt. Als Hartz-IVEmpfänger oder Hartz-IV-Empfängerin angemessenen Wohnraum zu finden, ist alles andere als einfach. Auch in dem Bericht der Landesregierung wird diese Problematik angesprochen. Wir sind bei dieser Problematik alle aufgefordert, gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen Lösungswege zu finden, und das möglichst schnell, weil das Problem immer drängender wird.
Durch Fehleinschätzungen von Rot-Grün - das gebe ich wie gesagt ganz selbstkritisch zu - und Verschärfungen im Vermittlungsausschuss von Schwarz-Gelb, Herr Vogt, wurde Hartz IV zu dem, was es heute ist. Es geht jetzt nicht darum, besserwisserisch in der Ecke zu stehen und mit dem Finger auf andere zu zeigen. Nein, es geht darum, den Betroffenen schnellstmöglich wieder eine Perspektive zu geben.
Herr Garg, wir begrüßen ausdrücklich einige Schritte, die Sie genannt haben und auf Bundesebene vorantreiben, auch im Vermittlungsausschuss. Wir halten es nicht für angemessen, einen Parteienstreit darüber zu entfachen.
Wenn Sie gute Sachen machen, haben Sie natürlich auch unsere Unterstützung. Wir sagen aber gleichzeitig auch, man muss das Ganze vor dem Hintergrund der Sozialkürzungen sehen, die auf Bundesebene und auf Landesebene stattfinden. Natürlich sind von diesen sozialen Kürzungen vor allen Dingen auch Empfängerinnen und Empfänger von