Der Oppositionsführer beschränkte sich darauf, seine hinlänglich bekannten Textbausteine vorzulesen, in denen er die Forderung nach Mindestlohn oder andere Allgemeinplätze nennt. Damit will er den von ihm wesentlich mit verursachten Schulden- und Pensionsberg bekämpfen. Durch eine von oben verordnete Kreisgebietsreform und Änderungen an der kommunalen Struktur sollen schwindelerregende Effekte in dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet werden. Natürlich soll zur Sanierung des Landeshaushalts abkassiert werden. Herzlichen Glückwunsch, Herr Kollege Stegner. Wir lösen unsere Probleme selbst. Wir bereichern uns nicht an den Sparanstrengungen der Kommunen.
Meine Damen und Herren, die Grünen sind ein bisschen besser im Aufschreiben von Texten, das muss man tatsächlich zugeben. Sie beschreiben wortreich Papiere, von denen Sie Gott sei Dank selbst eine Zusammenfassung machen, damit man es leichter hat, sie zu lesen. In diesen Papieren legen Sie dar, wie Sie im Ergebnis 420 Millionen € einsparen und gleich wieder 350 Millionen € ausgeben. Das ist Ihre Vorlage. Die Einsparungen haben Sie übrigens von uns abgeschrieben. Da ist keine neue Erkenntnis dabei.
Schließlich verlangen Sie von der Landesregierung, den Bund und die anderen Länder dazu zu bewegen, uns die in Ihrer jämmerlichen Regierungszeit aufgetürmten Schulden abzunehmen. Das ist Ihr Vorschlag zur Konsolidierung. Er ist abenteuerlich!
So wird immer weiter gestümpert. Herr Kollege Habeck, ich hatte eigentlich gedacht, die Zeit der Stümperei müsste vorbei sein, aber das ist weit gefehlt, denn wir haben ja Frau Heinold.
So wird die Landesregierung dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, die sogenannte kalte Progression und den Mittelstandsbauch der Einkommensteuer aufkommensneutral zu beseitigen. Hören Sie genau zu, was Sie - glaube ich - noch heute selbst in den Landtag einbringen. Als Lösung schla
gen Sie vor, dafür den Spitzensteuersatz von 42 % auf 45 % zu erhöhen. Es ist bekannt, dass Ihre Rechenfähigkeiten nicht ausreichen, solche Dinge darzustellen. Um die kalte Progression und den Mittelstandsbauch zu beseitigen, brauchen Sie etwa 25 Milliarden bis 30 Milliarden €. Das heißt, Sie müssten den Spitzensteuersatz schon auf 72 bis 75 % erhöhen. Für die Haushaltskonsolidierung haben Sie dann aber noch keinen einzigen Cent erwirtschaftet. Ich empfehle Ihnen dringend, einen Kurs bei der Volkshochschule zu besuchen, um die Grundrechenarten kennenzulernen.
Meine Damen und Herren, wir stehen heute und in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Wir nehmen diese Herausforderung an.
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So etwas nennt sich Finanzmini- ster! - Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Glocke des Präsidenten)
- Frau Kollegin, ich fange noch einmal von vorn an, damit Sie das wirklich hören. Wir nehmen diese Herausforderung an.
- Lassen Sie sich Zeit, Frau Kollegin. Wir sind bereit, mit jedem über unsere Vorschläge zu reden, der bereit ist, zu akzeptieren, dass wir unser heutiges Leben nicht weiter auf Pump aufbauen und die Schulden auf künftige Generationen übertragen dürfen. Wenn es bessere Argumente und bessere Vorschläge für andere Konsolidierungsmaßnahmen gibt, dann stehen wir dieser Diskussion aufgeschlossen gegenüber. Bisher habe ich keine gesehen; jedenfalls nicht von Ihnen. Es stünde insbesondere denjenigen gut zu Gesicht, die die Probleme verursacht haben, sich nun langsam auf den Weg zu machen, statt ein paar populistische Pressemitteilungen als Rollsplitt auf die Autobahn der Haushaltskonsolidierung zu werfen. Schleswig-Holstein ist mit unserem Finanzplan und mit unserem Haushaltsplan sowie mit dem Haushaltsbegleitgesetz auf dem Weg. Wir sind es unserem Land und unseren Bürgerinnen und Bürgern schuldig, und wir sind es den künftigen Generationen schuldig. Wir geben der Zukunft eine Chance.
Meine Damen und Herren! Auf der Zuschauertribüne begrüße ich unseren ehemaligen Landtagskollegen Manfred Ritzek. - Herzlich willkommen!
Das Wort hat jetzt der Oppositionsführer im Schleswig-Holsteinischen Landtag, der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Ralf Stegner.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als vor ein paar Monaten die Haushaltsstrukturkommission der Öffentlichkeit ihre Vorschläge vorgelegt hat, haben wir ganz viel Selbstlob gehört. Da hieß es: Wir sind bundesweit vorbildlich. Die anderen beneiden uns. Wir gehen einen Weg, der viel besser ist als das, was alle anderen tun.
Wenn man das Ergebnis heute hört, dann stellt man fest - das Bild kann man hier in Kiel gut verwenden -: Der eigene Wind füllt die Segel nicht!
Die Methode, die Sie dabei angewandt haben, nämlich weder mit Betroffenen noch mit Fachleuten zu sprechen, rächt sich dann, wenn man das Ergebnis betrachtet. Wenn Sie selbst beim Schleswig-Holstein Musik Festival, wohin ganz viele Menschen kommen, die Ihnen zugeneigt sind, mit Pfiffen empfangen werden, dann ist verständlich, dass die Menschen mindestens den Anspruch haben, dass man mit ihnen spricht, bevor man Entscheidungen trifft. Dann kommt nämlich etwas Besseres dabei heraus.
Dann wurde immer gesagt: Wer etwas anderes möchte und das kritisiert, der soll das doch durch etwas Besseres ersetzen. Das ist nur schwer möglich, wenn man dem ganzen Konvolut so gar keine Richtung abgewinnen kann, wenn man gar nicht sieht, was insgesamt gemeint ist.
Mit anderen Worten: Das Flicken an Details nützt gar nichts, sondern man muss sich mit der gesamten Richtung auseinandersetzen. Dass es übrigens schon bröckelt, merkt man ja von Lübeck bis Friedrichskoog, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich hatte mit Spannung auf die Rede von Ihnen gewartet, lieber Herr Kollege Wiegard. Mein Respekt vor Ihnen, den ich wirklich immer noch habe, hindert mich daran, mich mit dieser sehr traurigen Rede auseinanderzusetzen.
Das will ich Ihnen wirklich sagen: Das war keine Rede, die irgendetwas zu den Haushaltsproblemen des Landes beigetragen hätte
oder Lösungen aufgezeigt hätte. Nein, verehrter Herr Kollege, das waren die Leerformeln, die wir seit Jahren kennen, und das von jemandem, der ja nun schon seit Jahren dieses Amt innehat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Sozialdemokraten haben, als wir uns mit unserem eigenen Konzept beschäftigt haben, gesagt - damals erwarteten wir übrigens, noch vier Jahre Oppositionsarbeit machen zu müssen, aber wir haben es trotzdem gesagt -: Wir müssen eine seriöse Alternative entwickeln, die die Probleme unseres Landes wirklich löst und die eben nicht nur an der einen oder anderen Stelle mit Flickschusterei beginnt. Dass Ihr Zahlenwerk Makulatur ist, haben die Kollegen von den Grünen in den letzten Tagen ja sehr deutlich dargelegt. Ich wäre vorsichtig mit dem Verweis auf Grundrechenarten, wenn ich ein solches Machwerk insgesamt vorgelegt hätte.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auch ganz deutlich sagen: Über die Konsolidierungsnotwendigkeit dieses Haushalts kann ernsthafterweise kein Zweifel bestehen. Das Land ist in einer extrem schwierigen Situation. Wir gehen mit den Schulden auf die 27 Milliarden € zu. Wir haben mehr als 1 Milliarde € an Zinsbelastung, wir haben mehr als 1 Milliarde an strukturellem Defizit, wir haben ungefähr 1 Milliarde an Pensionszahlungen zu leisten, und wir haben mit großer Mehrheit die Schuldenbegrenzung in der Landesverfassung beschlossen.
Weil das so ist, Herr Kollege Jezewski, muss man sich auch insgesamt der Verantwortung stellen, auch wenn man in der Opposition ist.
Wir haben gesagt, und das teilen wir mit dem einen oder anderen, jedenfalls mit vielen Kollegen in der Opposition: Wir wollen Verantwortung für das Land dahin gehend übernehmen, dass wir uns auf die erheblichen Veränderungen einstellen, die uns bevorstehen. Das beginnt mit der demografischen
Entwicklung. Was das allein bedeuten wird für Pflege, für Gesundheit, für den ÖPNV, für Stadtplanung, für Wohnen, für andere Fragen, was das heißt für die ehrenamtlichen Strukturen, die bestimmte Dinge leisten sollen - dann darf man nicht das weghauen, was die an Unterstützung brauchen -, was das heißen muss für eine Bildungsoffensive, wenn wir bis 2020 48.000 Kinder in Schleswig-Holstein weniger haben werden, was das bedeutet, wirklich jedes dieser Kinder bestmöglich zu fördern, oder auch, was wir tun müssen, um die Energiewende voranzubringen und dem Klimawandel zu begegnen - alles dieses verlangt eine seriöse Alternative und im Übrigen die Bereitschaft zur Gemeinsamkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage das hier ausdrücklich: Diese Bereitschaft zur Gemeinsamkeit besteht bei uns nicht nur beim Wahlgesetz. Die Probleme des Landes lassen sich nur lösen, wenn man auf den parteipolitischen Hickhack verzichtet und an der einen oder anderen Stelle jedenfalls versucht, Gemeinsamkeiten voranzubringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Konsolidierungskonzept besteht aus einem Dreiklang. Ich füge hinzu: Nur wenn dieser Dreiklang auch gemeinsam bewältigt wird, hat man eine Chance. Ihr Zahlenwerk ist auch deswegen nicht plausibel, weil Sie sich eigentlich ausschließlich auf das Thema Ausgabenkürzungen beschränken. Sie haben keine vernünftigen Antworten zu Einnahmeverbesserungen, und das Wort Strukturveränderung kommt bei Ihnen zwar vor, aber es ist völlig inhaltsleer. Man sehnt sich ja förmlich danach zurück, dass Sie Herrn Schlie wieder mit der Aufgabe betrauen.
Ich will jedenfalls sagen: Wir glauben, dieser Dreiklang muss daraus bestehen, dass wir erstens in die Zukunft investieren. Das heißt glasklar Prioritätensetzung bei Kinderbetreuung, bei Bildung, bei Klimaschutz und Bewahrung der sozialen Sicherheit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das muss die Priorität sein. Jeder Euro, der hier investiert wird, zahlt sich aus und dient der Zukunft unseres Landes.
Das heißt im Umkehrschluss Kürzen bei den nachrangigen Bereichen. Ich werde darauf in meiner Rede eingehen.
Zweitens. Man muss die Strukturen verändern, und zwar sowohl bei der Verwaltung, bei der Bürokratie, als auch mutiger sein bei der norddeutschen Kooperation. Wir werden das tun.
Drittens. Man muss die Einnahmen verbessern und muss für eine solidarische Altschuldenregelung sorgen. Wir brauchen einen Kraftakt von Bund, Ländern und Kommunen. Anders wird es nicht gehen.
Wer etwas anderes sagt, der versteht entweder nichts von der Sache oder führt die Menschen an der Wahrheit vorbei.