Protocol of the Session on March 19, 2010

(Zuruf von der SPD: Den alten!)

- Natürlich haben wir den alten Gesetzentwurf eingebracht. Aber wir müssen doch von der Realität ausgehen. Die Eltern haben ihre Kinder an diesen Schulen angemeldet. Wenn wir ihnen im Juni mitteilen, dass das alles Humbug war, dann müssen sie sich - zu Recht - veralbert vorkommen. Das hat mit Demokratie herzlich wenig zu tun. Das hat etwas damit zu tun, wie wir mit Schule, Eltern, Kindern und Lehrern umgehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Spoorendonk zu?

Das ist sehr gut, Frau Kollegin. - Ich kann gut nachvollziehen, was Sie soeben gesagt haben. Soll ich das aber so verstehen, dass das Argument, man habe das Volksbegehren abwarten wollen, eigentlich nur vorgeschoben war?

(Heiterkeit des Abgeordneten Dr. Ralf Steg- ner [SPD])

- Das war kein vorgeschobenes Argument, sondern das war das Argument für die Änderung des Schulgesetzes im Januar. Liebe Anke Spoorendonk, wir haben doch eine Realität vor Ort geschaffen. Ich wiederhole: eine Realität vor Ort; wir Pädagogen wissen, dass Wiederholung festigt.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wozu dann das Volksbegehren?)

- Herr Dr. Stegner, Sie haben davon wirklich keine Ahnung. - Die Kinder sind angemeldet. Von dieser Tatsache können wir doch nicht einfach absehen. Wir können den Eltern doch nicht im Juni sagen:

(Dr. Henning Höppner)

Ihr habt eure Kinder an einer Realschule angemeldet, aber wir machen daraus zum Sommer eine Regionalschule. - Die Lehrerkollegien müssten wir bitten, das über die Sommerferien zu organisieren. Liebe Leute von der Opposition, das ist nun wirklich Quatsch.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Vorsitzenden der Fraktion des SSW, Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich ergreife noch einmal kurz das Wort, weil ich mehr sagen möchte, als im Rahmen einer Frage möglich ist. - Ich bleibe dabei, dass das Argument mit dem Volksbegehren nur vorgeschoben war. Es kann gut sein - ich glaube, das ist der Kern der Sache -, dass man den Schulen die entsprechende Möglichkeit geben und die Realschulen erhalten wollte. Dann hat man Glück gehabt, dass das Volksbegehren im Raum stand. Das heißt, das Argument mit dem Volksbegehren ist vorgeschoben. Sie haben etwas anderes vor. Sie wollen das gegliederte Schulsystem durch die Hintertür wieder einführen. Das ist doch der Punkt.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vereinigte Opposition - Rot-Rot-Grün plus SSW stellt heute eine interessante Gesetzesinitiative zur Diskussion. Sie will, dass alle derzeit noch bestehenden Haupt- und Realschulen mit Ablauf des 31. Juli 2010 automatisch zu Regionalschulen werden, wie es das Schulgesetz aus dem Jahr 2007 vorsah. Bemerkenswert ist dabei nicht nur die bislang unbekannte Leidenschaft der vereinigten Opposition für die Schulart Regionalschule, gleichsam die auf der linken Seite des Hauses aufblühende späte Liebe für eine dort bis dato eher ungeliebte Schulart. Bemerkenswert ist darüber hinaus die er

staunliche Unkenntnis der Antragsteller, was sie im Falle eines Erfolgs mit ihrer Gesetzesinitiative tatsächlich bewirken würden.

Nach derzeitigem Stand wird es im kommenden Schuljahr noch etwa 30 auslaufende - auslaufende! - Hauptschulen beziehungsweise Hauptschulteile geben, in denen teilweise nur noch wenige Klassen beziehungsweise Jahrgangsstufen unterrichtet werden. Sollen diese Schulen nach dem Wunsch der vier Oppositionsfraktionen nach den Sommerferien Regionalschulen werden bei einer vorgegebenen Mindestgröße von 240? Gleiches träfe für fünf auslaufende Realschulen zu, darunter die Realschule Ratekau mit zwei Schulklassen und 47 Schülern, sowie für drei Schulen auf Nordseeinseln, die einschließlich eines Grundschulteils derzeit zwischen 97 und 210 Schülern umfassen.

(Zurufe)

Was mag die vier Oppositionsfraktionen dazu bewogen haben, diesen Gesetzentwurf einzubringen? War es Prinzipienreiterei,

(Christopher Vogt [FDP]: Klugscheißerei!)

oder war es vielleicht doch mangelnde Kenntnis der Sachverhalte?

(Beifall bei FDP und CDU)

Es gab und gibt keine sinnvolle Begründung für die Initiative der großen Opposition. Die Hinausschiebung der Zwangsumwandlung von Haupt- und Realschulen um ein Jahr - um nichts anderes ging es ja beim Vorschaltgesetz, das der Landtag Ende Januar mit den Stimmen von CDU und FDP beschlossen hat - war vor allem dem Respekt vor dem Ausgang des Volksbegehrens zum Erhalt der Realschule geschuldet.

Dies hat aber keinen Schulträger daran gehindert und sollte auch keinen Schulträger daran hindern, Anträge auf Einrichtung einer Regionalschule oder einer Gemeinschaftsschule zu stellen. Diese Anträge sind von vielen Schulträgern gestellt worden, und wir haben sie selbstverständlich, sobald sie genehmigungsfähig waren, auch positiv beschieden. Ein Schulträger äußerte bis zuletzt den Wunsch, die Entscheidung zurückzustellen, bis das Ergebnis des Volksbegehrens feststeht, und dessen Bekanntgabe soll nun in der kommenden Woche erfolgen. Wo ist eigentlich der Handlungsbedarf für Ihren heute vorgelegten Gesetzentwurf?

(Beifall bei FDP und CDU)

Falls die große Opposition der Regierungsmehrheit oder dem Bildungsministerium unterstellen wollte,

(Heike Franzen)

wir würden den Weg zum Aufbau von Schulen der neuen Schularten versperren oder behindern, so entbehrt eine solche Behauptung jeder Grundlage.

(Beifall bei FDP und CDU)

Falls es diese große Opposition tatsächlich als zweckmäßig ansehen sollte, drei Dutzend auslaufende Schulen, die oft nur noch über wenige Klassen oder Jahrgänge verfügen, jetzt noch zu Regionalschulen zu machen, so ließe sich das wohl kaum als eine bahnbrechende Initiative der selbst ernannten bildungspolitischen Fortschrittskräfte dieses Hauses bezeichnen. Herr Kollege Höppner, das kann man daraus nicht ableiten.

Ich fasse zusammen: Was soll diese Gesetzesinitiative von SPD, Grünen, Linken und SSW?

(Christopher Vogt [FDP]: Ablenken!)

Sie macht eigentlich nur viel Lärm um nichts.

(Beifall bei FDP und CDU)

Frei nach Lichtenberg könnte man auch sagen: Was die Antragsteller produzieren, ist kein Wind, das ist eher ein wehendes Vakuum.

(Beifall bei FDP und CDU - Zurufe)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 17/371 dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 43 auf:

Für alle Jugendlichen einen erfolgreichen Start ins Berufsleben organisieren

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/401

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat für die antragstellende Fraktion Frau Abgeordnete Anette Langner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bündnis für Ausbildung in Schleswig-Holstein ist seit vielen Jahren ein Erfolgsmodell. Auch die Zahlen für das Ausbildungs

jahr 2009 hören sich gut an: Am 30. September waren nur noch 361 Bewerberinnen und Bewerber unvermittelt, im Rahmen der Nachvermittlungsaktion konnten allen erschienenen Bewerberinnen und Bewerbern individuelle Ausbildungsplatzoder Qualifizierungsangebote unterbreitet werden. Erstmals seit vielen Jahren meldet die Bundesagentur für Arbeit mehr nicht besetzte Ausbildungsplätze als Bewerberinnen und Bewerber. Die Zahl der Ausbildungsverträge ist trotz der schwierigen Wirtschaftslage nur gering zurückgegangen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so weit die guten Nachrichten. Ich danke allen Partnern im Bündnis, die mit ihrem Engagement zu diesem Ergebnis beigetragen haben.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE])

Aber natürlich - sonst würde ich hier nicht stehen gibt es auch Anlass genug, Wasser in den Wein zu gießen: Von den 31.600 Schulabgängern haben sich lediglich 14.513 Jugendliche ausbildungsplatzsuchend gemeldet, bei relativ gleichbleibenden Schulabgängerzahlen sind dies mehr als 2.000 weniger als im Vorjahr. Hinzu kommt: Knapp ein Drittel der Bewerberinnen und Bewerber war bereits auf einer berufsbildenden Schule in einer berufsvorbereitenden Maßnahme. Die Zahl der Altbewerber ist zwar zurückgegangen, immerhin um beeindruckende 24 %, trotzdem sind es nach wie vor 7800 Jugendliche, die bislang erfolglos einen Ausbildungsplatz gesucht haben. Je länger der Schulentlassungszeitpunkt zurückliegt, je älter der Bewerber, die Bewerberin ist, umso schlechter sind die Chancen auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz.

All diese Tatsachen sind nicht neu und zeigen, dass es uns trotz aller Bemühungen noch lange nicht gelingt, jedem Jugendlichen in Schleswig-Holstein einen erfolgreichen Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Deshalb fordere ich die Landesregierung auf, im Bündnis für Ausbildung 2010 mit den Bündnispartnern neben der notwendigen Werbung um Ausbildungsplätze weiter den Schwerpunkt auf den Übergang von der Schule in den Beruf zu legen.

(Beifall bei der SPD)