Protocol of the Session on March 19, 2010

(Beifall bei der SPD)

Viele machen es sich ganz einfach und lasten die von Unternehmen und Betrieben viel beklagte fehlende Ausbildungsreife von Jugendlichen ausschließlich der Leistungsbereitschaft der Jugendlichen an. Aber so einfach geht das nicht. Denn es ist unsere Verantwortung, ein Bildungssystem zu

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

schaffen, das die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Berufsstart ermöglicht, und die Unternehmen zu verpflichten, daran mitzuwirken.

(Beifall der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Mit dem Projekt „Schule & Arbeitswelt“ haben wir in Schleswig-Holstein ein erfolgreiches Instrument installiert. In den nächsten Monaten werden wir die Evaluierung haben, und ich bin davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Allerdings darf uns das nicht davon abhalten, die Maßnahmen stetig an die neuen Anforderungen anzupassen. Ein Schwachpunkt bleibt nach meiner Einschätzung, dass es noch nicht möglich ist, an jeder Schule ein qualitativ gleiches Angebot von Beratung und Unterstützung zu erreichen. Im Moment erreichen wir lediglich 200 Schulen und damit nur jede zweite weiterführende Schule, und ein Angebot an Förderzentren haben wir bislang auch nicht.

Ziel muss es sein, die unterschiedlichen Projekte, die zum Teil auch auf kommunaler Ebene im sogenannten Übergangsmanagement entstanden sind, so zu bündeln, dass wir an jeder Schule in Schleswig-Holstein ein gleichwertiges Angebot haben, dass wir jedem Jugendlichen in Schleswig-Holstein die gleichen Startchancen geben.

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, das Ausbildungsangebot in Schleswig- Holstein weiter zu erhöhen und sowohl quantitativ als auch qualitativ hoch zu halten.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE])

Ich fordere die Landesregierung auf, im Landesarbeitsmarktprogramm weiterhin durch präventive Angebote den Schwerpunkt auf die Bekämpfung und Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit zu setzen.

Wir brauchen nach wie vor Ausbildungsplatzakquisiteure, die um Ausbildungsplätze in den Betrieben werben. In dem Zusammenhang begrüße ich außerordentlich, dass das Wirtschaftsministerium die Anzahl der Ausbildungsplatzaquisiteure in Migrantenbetrieben mehr als verdoppelt hat; das ist der richtige Weg. Wir müssen die Möglichkeiten der Teilzeitausbildungen ausbauen. Wir brauchen die Instrumente der überbetrieblichen Ausbildung, wir brauchen Ausbildungsverbünde für die kleinen Betriebe. Wir brauchen ein höheres Angebot der Beruflichen Schulen im vollzeitschulischen Bereich als Ergänzung zum dualen System.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schöpfen noch lange nicht die Ausbildungsmöglichkeiten im Bereich Pflege und Erziehung aus, um den Arbeitsmarktbedarf in diesem Bereich zu decken. Dazu gehört natürlich auch, diese Ausbildungen und Berufe attraktiver zu machen, damit sich junge Menschen für diesen Weg entscheiden.

Auch die Qualität von Ausbildung ist bislang im Bündnis für Ausbildung kein Thema gewesen, aber angesichts hoher Ausbildungsabbrecherzahlen, vor allem bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund, ist das durchaus ein Problem.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehe davon aus, dass ich mit diesen Forderungen hier im Haus und bei der Landesregierung offene Türen einrenne. Insofern würde ich mich freuen, wenn Sie mit der Zustimmung zu unserem Antrag ein Signal an die Jugendlichen gäben, die im Moment einen Ausbildungsplatz suchen: Wir bündeln alle Kräfte, um jedem Jugendlichen in Schleswig-Holstein einen erfolgreichen Start ins Berufsleben zu ermöglichen.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Karsten Jasper das Wort.

Frau Präsidentin Todsen-Reese! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vorwegschicken - das hat auch meine Vorrednerin von der SPD, Annette Langner, betont -, dass das Bündnis für Ausbildung und Schule und Arbeit positive Erfolge zu verzeichnet hat, und zwar dank eines starken Engagements der verschiedensten Ministerien und auch der verschiedensten Regierungen; das läuft ja bereits über einen längeren Zeitraum. Vor allem gilt der Dank der Wirtschaft, den Schulen, den Verbänden und auch der Politik.

Dieser Pakt für Ausbildung ist Spitze in Deutschland. Aber er stellt auch eine gemeinsame Herausforderung dar, die Maßnahmen weiterzuentwickeln und an aktuelle Anforderungen anzupassen. Selbstverständlich brauchen wir dazu auch eine aussagefähige Evaluation, um daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Ziel ist: Wir brauchen Unterstützung und Beratung für junge Menschen, damit möglichst alle einen qualifizierten Arbeitsplatz bekommen.

(Anette Langner)

Gerade der demografische Wandel ist eine große Herausforderung, Jugendliche ohne Arbeit entsprechend ihrer Qualifikation in Arbeit zu bringen. In der Zukunft müssen wir die Ressourcen und Maßnahmen noch mehr bündeln, müssen wir noch intensivere Netzwerke bilden und einen teilweise undurchsichtigen Maßnahmendschungel lichten. Ziel muss es sein, die Jugendarbeitslosigkeit von 2003 bis 2013 um ein Drittel zu senken, trotz der Wirtschaftskrise.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen die Erfahrungen aus dem Handlungskonzept „Schule und Arbeit“ nutzen. Wir brauchen Berufsfelderprobungen, Qualifikationsbausteine, und wir brauchen individuelles Coaching für die jungen Menschen. Bereits heute gibt es 62 Standorte in Schleswig-Holstein in Regional- und Gemeinschaftsschulen, in denen wir die flexible Übergangsphase eingerichtet habe. Das liegt daran, dass dafür einzig und allein die Schulämter der Kreise in eigener Verantwortung zuständig sind.

Für die flexible Übergangsphase liegen für 2010/ 2011 die ersten aussagefähigen Zahlen für eine Evaluation vor. Hier ist besonders herauszustellen: Es ist bereits auf einem guten Weg, dass zwischen Schulen und der Regionaldirektion Nord eine intensivere Zusammenarbeit mit den Schulen vereinbart worden ist. Das Ziel ist eine bessere und effektivere Zusammenarbeit zwischen den Schulen und der Berufsberatung.

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Lehrkräftemangel sagen. Wir müssen Maßnahmen erarbeiten, um den Lehrkräftemangel zu beseitigen. Wir brauchen Fachkräfte als Seiten- und Quereinsteiger für die Berufsschulen. Wir brauchen befristete Maßnahmen, um kurzfristig Bedarfe zu decken.

Teilzeitausbildungsplätze - auch das wurde von Annette Langner angesprochen - wurden 2009/2010 in einer Größenordnung von 250 aus der Wirtschaft zur Verfügung gestellt beziehungsweise akquiriert durch spezielle Mitarbeiter, die von der Agentur für Arbeit gekommen sind. Meine Damen und Herren, dieses Projekt hat Vorbildcharakter in der ganzen Bundesrepublik.

Vollschulische Ausbildung ist ein wichtiger Pfeiler der Qualifikation. Zurzeit ist das Angebot geringer als die Nachfrage. 2009/2010 waren es 10.700 Vollzeitschüler.

Die Quintessenz aus dem SPD-Antrag: Vieles, was in Ihrem Antrag formuliert ist, Frau Langner, ist be

reits getan. Das haben auch Sie gesagt. Dass wir das mit Ihnen gemeinsam in der Großen Koalition gemacht haben, will ich hier gerne zugestehen. Wir werden das mit der FDP auch so weiterführen. Meine Hoffnung ist, dass wir gemeinsam mit der Opposition konstruktiv bei diesem Thema zusammenarbeiten. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie durch diesen Antrag das Thema noch einmal in den Fokus der Öffentlichkeit gebracht haben. Von besonderer Bedeutung ist, dass der Punkt von gestern Abend, wo kein Mensch mehr zugehört hätte, auf heute Morgen verschoben worden ist. Dadurch kommen wir besser in den Fokus. Ich freue mich, dass wir das in den Ausschüssen noch einmal diskutieren können.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Oliver Kumbartzky.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine solide Berufsausbildung ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg in ein erfolgreiches Berufsleben. Von daher lohnt es sich, ausbildungswillige junge Menschen und ausbildungswillige Betriebe zusammenzubringen.

Durch das Bündnis für Ausbildung bekommen noch mehr junge Menschen eine Chance auf einen erfolgreichen Start ins Berufsleben, und das ist natürlich gut so. Selbstverständlich ist das Bündnis für Ausbildung als Erfolgsmodell anzuerkennen. Die FDP-Fraktion dankt allen Beteiligten, die zu dem Erfolg des Bündnisses beigetragen haben, für ihre Anstrengungen. Ganz besonders ist natürlich den ausbildenden Betrieben zu danken.

(Beifall bei FDP, CDU und SPD)

Meine Damen und Herren, das Bemühen der Bündnispartner, gemeinsame Lösungen zu suchen, um jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anbieten zu können, ist immens wichtig und unbezahlbar.

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich will nicht sagen, dass alle in ihrem Antrag aufgeführten Punkte völlig falsch sind. Nein, das sind sie nicht, aber bei einigen Punkten ist es so, dass sie entweder bereits im Maßnahmenkatalog des Bündnisses für Ausbildung enthalten sind oder aber - so sage ich mal - einen Tick zu weit gehen. Um das an einem Beispiel festzuhalten: Sie fordern in Ihrem Antrag, dass die Bündnispartner darauf verpflichtet werden sollen, sich verstärkt in die Organisation

(Karsten Jasper)

und Durchführung von regionalen Ausbildungsmessen einzubringen. Die Ausbildungsmessen sind unbestritten eine gute Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler, sich über die Berufswahl zu informieren, und es gibt ja auch schon eine sehr hohe Anzahl sehr gut organisierter Ausbildungsmessen. Ich denke aber nicht, dass man die einzelnen Partner per se verpflichten kann, sich noch stärker einzubinden.

(Beifall bei der FDP)

Das werden diese Partner schon aus Eigeninteresse tun. Jeder Kleinunternehmer und Handwerksmeister macht sich doch Gedanken über die Zukunft seines Betriebes und darüber, wie er junge Menschen für seinen Betrieb gewinnen kann.

Das Bündnis für Ausbildung soll helfen, noch mehr ausreichend qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern zu einem Ausbildungsvertrag zu verhelfen. Das funktioniert bisweilen gut. Wir sind der Meinung, dass der Staat bei dem Bündnis die Position des Moderators einnehmen sollte, der zwischen den Parteien vermittelt und gern auch eigene Gedankenanstöße einbringen kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Von einem von der SPD geforderten Eingriff oder besser gesagt Durchgriff wollen wir uns aber distanzieren. Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, Frau Prante. Das lernen wir ja auch aus der deutschen Geschichte.

(Beifall bei FDP und CDU)

Einvernehmliche Lösungen hingegen haben psychologisch positive Wirkungen, während staatlichem Handeln generell ein gewisser Zwang unterliegt.

Ich komme zu einem weiteren Punkt des SPD-Antrags. Sie fordern zum Beispiel, einer deutlich größeren Anzahl von Schulabgängern den direkten Übergang in eine Berufsausbildung zu ermöglichen, um dadurch den Bedarf an Maßnahmen im Übergangssystem zu senken.

(Zuruf von der SPD: Das ist gut!)

- Ja, die Forderung ist natürlich berechtigt, ganz klar,

(Beifall bei der SPD)

aber das ist schon immer eines der Ziele des Bündnisses für Ausbildung. Weitere Ziele des Bündnisses sind zudem präventive Maßnahmen, wie zum Beispiel die stärkere Zusammenarbeit und Vernetzung von Schulen und Ausbildungsbetrieben.

Meine Damen und Herren, zum Teil scheitert die Ausbildungsmöglichkeit an der Ausbildungsfähigkeit und -willigkeit einiger weniger Jugendlicher. Das ist bedauerlich. Hier sind wir als Staat gefordert, diese Probleme früh im Schulwesen anzupacken. Es gilt diesen Jugendlichen ebenfalls eine Chance zu geben, denn wenn wir diese Chance ungenutzt lassen, hat dies nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen, sondern hinterlässt vor allem auch ein gesellschaftlich falsches Bild.