Protocol of the Session on March 19, 2010

Natürlich wollen wir damit Geld machen. In dieser Debatte soll keiner scheinheilig tun. Sowohl auf der privaten als auch bei der staatlichen Seite geht es immer um Geld.

Wenn Sie unseren Entwurf von 2007 gelesen hätten, hätten Sie festgestellt, es geht um Spielerschutz, um Altersschutz, um Jugendschutz, um Höchstabgaben. Das alles sind Dinge, die darin enthalten waren. Wir haben ein großes Interesse daran, dass dieses Geld, das wir kriegen, weiterhin dem Breitensport - und ausschließlich dort - und nicht dem Profisport zur Verfügung gestellt wird. Auch da sind wir uns seit 2007 einig. Wir wissen inzwischen von anderen europäischen Ländern - gehen Sie nach Österreich, gehen Sie nach Italien, gehen Sie nach Frankreich, gehen Sie nach Belgien -: Dort gibt es einen liberalisierten Sportwettenmarkt. Dort läuft es. Dort funktioniert es über eine Konzessionierung. Das ist überhaupt kein Problem.

Sie stellen eine Gruppe von Spielern und Betreibern in die Illegalität. Wir holen sie aus der Illegalität raus! Wir legalisieren sie, und dann kontrollieren wir sie. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Heinold, zu glauben, das EuGH-Urteil - Frau Heinold, ich spreche Sie direkt an - würde für uns irgendein Problem lösen, ist falsch. Der EuGH wird am Ende feststellen, ob der Glücksspielstaatsvertrag EU-konform ist oder nicht. Das Problem ist aber ein politisches Problem. Wo immer Sie mit den Leuten reden, erfahren Sie, dass es nur von Politikern und dieses Mal sogar nur von Landtagsabgeordneten zu ändern ist, nicht vom Bundestag. Das ist unsere Stärke, hier zu zeigen, dass wir Mehreinnahmen rekrutieren können. Ich garantiere Ihnen, wir reden hier nach dem jetzigen Stand von 30 Millionen bis 50 Millionen € allein für Schleswig-Holstein. Wir reden über viele zusätzliche Arbeitsplätze im Land Schleswig-Holstein. Wir können nicht einfach aus ideologischen Gründen ablehnen, darüber eine Debatte zu führen. Deshalb danke ich noch einmal für den Antrag. Ich danke Ihnen auch dafür, dass Sie mir erlaubt haben, meine Redezeit eine Minute zu überziehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat der Kollege Andreas Beran, der auch zwei Minuten überziehen darf.

(Heiterkeit)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Man kann doch sehr schnell sehen, wie unterschiedlich man Berichte interpretieren kann. Meine Lesart dieses Berichts ist auch eine etwas andere.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Grünen dafür bedanken, dass sie diesen Berichtsantrag gestellt haben. Ich bedanke mich auch bei der Regierung für die Abgabe dieses Berichts. Auch wir haben durch den vorliegenden Koalitionsvertrag von der Absicht der Regierungskoalition Kenntnis genommen, den Glücksspielstaatsvertrag in der jetzigen Form über den 31. Dezember 2010 hinaus nicht zu verlängern. Ziel - insbesondere des Ministerpräsidenten, wie ich gelesen habe - ist, die Sportwetten- und Lotteriemärkte zu liberalisieren, dies unter Umständen auch im Alleingang ohne die anderen Bundesländer.

Liest man diesen Bericht, verwundert es sehr, wenn die Landesregierung bei diesen Plänen bleibt. Denn der vorliegende Bericht zeigt, dass die Entscheidung für das gemeinwohlorientierte Staatsvertragsmodell richtig war. Der Staatsvertrag ist europarechtskonform, der Staatsvertrag ist verfassungsrechtlich zulässig.

Die Umsätze haben sich stabil entwickelt. 2009 wurden in den Haushalt, in den Bereich des Gemeinwohls, in die Bereiche Breitensport, Soziales, Kunst und Kultur sowie Umwelt- und Denkmalschutz, auf der Grundlage des Staatsvertragsmodells 105 Millionen € eingestellt. Das sind 3 % mehr als im Vorjahr. Das ist auf Seite 26 im Bericht nachzulesen.

Dies zeigt, dass die Behauptungen der kommerziellen Glücksspielindustrie, der Staatsvertrag sei rechtlich nicht haltbar und führe zu massiven Umsatzrückgängen, falsch sind.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski [DIE LINKE])

Es gibt keinen vernünftigen Grund, vom Erfolgsmodell Glücksspielstaatsvertrag abzuweichen, denn er sichert ein hohes Niveau bei Spielerschutz und Suchtprävention, sorgt für ein moderates Glücksspielangebot, ermöglicht hohe Abgaben auf Glücksspiel in Höhe von etwa 40 % auf den Umsatz und damit mehr als 100 Millionen € für Schleswig-Holstein jedes Jahr.

Eine Kommerzialisierung des Glücksspiels, wie es von der schwarz-gelben Koalition vorgesehen ist, würde zu einer Flut von aggressiven Glücks

(Hans-Jörn Arp)

spielangeboten in Schleswig-Holstein führen, zu mehr Spielsucht, zu mehr Begleitkriminalität und zu erhöhten Verarmungsrisiken. Gleichzeitig würde dies das Ende der Förderung von Sport und Gemeinwohl auf dem bisherigen nachhaltigen Niveau bedeuten. Wieso will die Landesregierung freiwillig auf mehr als 100 Millionen € jedes Jahr verzichten?

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist doch albern!)

Profitieren würden die Aktionäre der kommerziellen Glücksspielindustrie. Die kommerziellen Anbieter sitzen in Steueroasen wie Gibraltar und Malta und drängen von dort mit ihren reißerischen Angeboten auf den deutschen Markt. Bei der Einführung eines kommerziellen Konzessionsmodells würden die Regeln des Gemeinsamen Marktes gelten: europaweiter Wettbewerb, europaweite Ausschreibungen, keine Möglichkeit der Besteuerung von Anbietern mit Sitz im Ausland, kein Zwang zur Niederlassung in Schleswig-Holstein.

Niemand kann im Konzessionsmodell Anbieter zwingen, sich in Schleswig-Holstein niederzulassen oder hier Abgaben zu zahlen. Dies würde nur gelingen, wenn man europaweit konkurrenzfähige Abgabensätze einführen würde, die ja auch schon von kommerziellen Anbietern genannt wurden. 15 % auf ihren Rohertrag. - Das sind bei üblichen Ausschüttungsquoten von 90 % bei kommerziellen Wettanbietern 1,5 % auf den Umsatz. Das würde bei dem derzeitigen Umsatz für Schleswig-Holstein heißen: etwa 4 Millionen € Abgaben gegenüber den jetzigen Einnahmen in Höhe von etwa 100 Millionen € jährlich.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Arp?

Herzlichen Dank. Herr Kollege, Sie reden von Mindereinnahmen von 100 Millionen € und von Mehreinnahmen für den Sport von 4 Millionen €, richtig? Wissen Sie, dass in den 100 Millionen € auch die Lottoeinnahmen mit dabei sind? Habe ich gesagt, dass ich daran irgendetwas ändern will, außer dass ich das attraktiver machen will? Sie können doch die 100 Millionen € nicht mit den 4 Millionen €

vergleichen. Wie sehen Sie denn eigentlich das Konzessionsmodell?

- Also, ich habe die 4 Millionen € anders dargestellt. Ich habe dargestellt, wenn die Vorstellungen, die die kommerziellen Glücksspielanbieter haben, durchgedrückt werden, wir heute damit zu einem Ertrag von 4 Millionen € kommen könnten. Das können Sie auch nachrechnen und nachlesen. Das hängt damit zusammen, dass die Abgaben europaweit andere wären, als wenn wir sie nur hier in Deutschland hätten.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Nur zum Verständ- nis: Beim Lotto oder bei den Sportwetten?)

Der nächste Punkt ist: Ich konnte bisher nicht erkennen, dass die Regierung ein bestimmtes Konzept vorliegen hat, aus dem erkennbar ist, was konkret tatsächlich auch verändert werden soll. Ich habe heute hier die ersten Töne dazu gehört. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen: Wenn es zu einer Veränderung oder auch zu einer Freigabe kommt, würde es zu diesen Ergebnissen kommen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Katharina Loedige [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

Bei diesen Steuersätzen müssten die Umsätze in Schleswig-Holstein auf astronomische Summen gesteigert werden, wenn man von diesen 4 Millionen € ausgeht, wenn man die gleichen Abgaben und Steuern erreichen wollte: Schleswig-Holstein als Las Vegas, - mit allen damit verbundenen Folgen? Will die Landesregierung wirklich auf dem Rücken von Spielsüchtigen, die ihren letzten Cent für Wetten ausgeben wollen, dafür sorgen, dass ein paar Wenige aus der kommerziellen Glücksspielindustrie ihre Gewinne maximieren können?

Der Abgeordnete Arp spricht von positiven Ansätzen für den deutschen Glücksspielmarkt und will eine Kommerzialisierung des Sportwettenmarktes. So habe ich das zumindest nachlesen können. Nein, das Gegenteil ist der Fall. Wer das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Staatsvertrag aus dem Jahr 2006 liest, weiß, dass man Sportwetten und Lotterien nicht trennen kann und dass eine Teilkommerzialisierung der Sportwetten zu einer Kommerzialisierung des gesamten Glücksspiels auch eben der Lotterien - führen würde. Denn Karlsruhe hat auf die Suchtgefahren hingewiesen: Diese sind bei Sportwetten erheblich größer als beim Lotto. Öffnet man den auf den Markt drängenden Sportwettanbietern hier die Tür nur einen Spalt weit, würde das zum Wegfall der ordnungspolitischen Leitlinien der deutschen Glücksspielre

(Andreas Beran)

gulierung und damit auch zum Wegfall der Mittel für den Sport und das Gemeinwohl führen.

Bisher ist kein alternatives Konzept bekannt, mit dem jedes Jahr 2,8 Milliarden € für den Haushalt der Länder, für den Sport und das Gemeinwohl sichergestellt werden kann. Bisher ist nur von Modellen zu hören, die sich die kommerzielle Glücksspielindustrie wünscht, um die Gewinninteressen ihrer Aktionäre und Eigentümer zu befriedigen. Welche Auswirkungen hat denn eine Förderung der Geschäftsinteressen dieser kommerziellen Unternehmen auf die vielen kleinen mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein, die LottoAnnahmestellen, Herr Arp? Es ist doch klar, dass ihnen hierdurch die Lebensgrundlage genommen würde.

Der Glücksspielstaatsvertrag hat sich in seinen Grundzügen bewährt. Wir fordern die Landesregierung auf, das Gemeinwohl und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins zum Maßstab ihres Handelns zu machen. Bleiben Sie bei dem staatlichen Glückspielstaatsvertrag in evaluierter Form! Auch ich denke, dass hier Änderungen vorgenommen werden müssten. Unsere Unterstützung hiebei hätten Sie.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Gerrit Koch.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ende 2007 haben sich die Regierungschefs der Länder auf eine Festlegung des Glücksspielmonopols für Lotterien und Sportwetten verständigt und dies im Glückspielstaatsvertrag umgesetzt. Der Vertriebsweg Internet wurde sowohl für staatliche wie auch nichtstaatliche Lotterien und Sportwetten geschlossen und die Werbung hier untersagt. Dabei umfasst dieses Werbeverbot nicht nur Lotto und Oddset, sondern auch die so genannten Soziallotterien wie die „Aktion Mensch“, SKL und so weiter.

Die Nachfrage nach Glücksspielangeboten sollte allein durch staatliche Anbieter gestillt werden. Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags ist deutlich, dass diese Zielsetzung nicht erfolgreich umgesetzt werden konnte, dafür

aber die Einnahmen des Landes zurückgegangen sind, Einnahmen, die auch Schleswig-Holstein beispielsweise für die Förderung des Breitensports gut gebrauchen könnte. Ich komme darauf noch später zurück.

Bereits in der letzten Wahlperiode hatte die FDPFraktion die Landesregierung gebeten, über die Situation des Glücksspiels in Schleswig-Holstein zu berichten. Der damalige Bericht der Landesregierung fiel dann in der weiteren Diskussion der Diskontinuität anheim.

Bereits im damaligen, aber auch im aktuellen Bericht der Landesregierung wird belegt, dass die Umsatzzahlen wie auch die Einnahmen des Landes bei Lotto und Sportwetten seit Inkrafttreten des Staatsvertrages deutlich zurückgegangen sind und sich auf niedrigem Niveau stabilisiert haben. Ich möchte Ihnen das an folgenden Zahlen, die sich in den Berichten wiederfinden, deutlich machen;

Erstens. Die Umsatzentwicklung von NordwestLotto ist in den Jahren 2006 bis 2009 negativ. Die Gesamteinsätze gingen von knapp 314 Millionen € im Jahr 2006 auf circa 245 Millionen € zurück.

Zweitens. Die Einnahmen des Landes aus den von NordwestLotto geleisteten Zweckabgaben haben sich in der Folge ebenso negativ entwickelt. Sie gingen von 2007 auf 2009 von knapp 68 Millionen € auf nur noch 60 Millionen € zurück.

Drittens. Die Einnahmen des Landes aus der Lotteriesteuer sind ebenfalls rückläufig. Betrugen sie noch 2007 über 56 Millionen €, so waren es 2009 nur noch etwas unter 48 Millionen €.

Daher hat die Koalition beschlossen, dass der bestehende Glücksspielstaatsvertrag über den 31. Dezember 2011 hinaus nicht verlängert werden soll. 2011, nicht 2010, Herr Kollege Beran! Vielleicht haben Sie sich da nur versprochen. Deshalb haben wir auch noch etwas Zeit, Ihnen ein schlüssiges Konzept vorzustellen.

Dafür gibt es treffende Gründe: Durch die Aufhebung der Werbebeschränkungen für die staatlichen Lotterien würden diesen die Möglichkeit eröffnet, die eigenen Einnahmen und auch die staatlichen Einnahmen zu verbessern. Durch die Zulassung privater Sportwettenanbieter können auch diese besteuert werden. Trotz Onlineverbots werden diese derzeit bei privaten Anbietern off- wie online nachgefragt und bestehende Verbote umgangen. Nach Schätzungen privater Anbieter macht der derzeitige sogenannte Graumarkt ein Volumen

(Andreas Beran)

von ungefähr 5 Milliarden € bundesweit aus. Herr Kollege Arp hat das schon eindrucksvoll dargelegt.

Der Sport könnte durch eine Zulassung privater Anbieter auch zusätzlich private Sponsorengelder einnehmen. Der Deutsche Fußballbund und die Deutsche Fußballliga haben dies schon vor längerer Zeit erkannt. Auch der Deutsche Olympische Sportbund hat sich nun auf seiner Mitgliederversammlung im Dezember 2009 für eine Veränderung des bestehenden Glücksspielstaatsvertrages ausgesprochen. Allen ist bewusst, dass Spitzen- wie auch Breitensport von einer Öffnung des Sportwettenmarktes in Deutschland insgesamt profitieren werden.

Abschließend noch ein Wort zur Suchtprävention, die Ihr einziger Grund für die Legitimation des staatlichen Glücksspielmonopols ist. Seit 2005 erforscht die Division of Addictions - kurz DOA - in Langzeitstudien das Spielverhalten bei Sportwetten und anderen Spielangeboten im Web. Die DOA kommt zu dem Schluss, dass rund 95 % der OnlineSpieler kein problematisches Spielverhalten aufweisen. Für diese besteht überhaupt kein Grund, sie vom Sportwettenmarkt fernhalten zu wollen. Für die anderen - vielleicht fünf Prozent - könnte man durch die entsprechenden Mehreinnahmen mehr zielführende Maßnahmen im Bereich der Prävention durchführen.