Meine Damen und Herren, schon bei der Abstimmung über den Staatsvertrag 2006 stand die Frage der EU-Konformität offen im Raum. Meine Fraktion hat sich damals enthalten, und auch heute gibt es keine Rechtsklarheit; das wurde eben noch einmal genannt. Es gibt europaweit eine unendliche Anzahl rechtlicher Verfahren.
So hat das Verwaltungsgericht Schleswig erhebliche Zweifel, ob ein staatliches Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie Sportwetten und Lotterien mit dem europäischen Vertrag vereinbar ist, ob Dienstleistungsund Niederlassungsfreiheit gewährt werden.
Das führt absurder Weise dazu, dass in SchleswigHolstein circa 40 unerlaubte Sportwettbüros geduldet werden müssen. Dies muss beendet werden. Wir brauchen endlich Rechtsklarheit. Ich fordere den Europäischen Gerichtshof auf, eine Entscheidung zu treffen.
Das Bundesverfassungsgericht hat hingegen die Verfassungsgemäßheit des Glückspielstaatsvertrags im Oktober 2008 bestätigt. Es hat deutlich gesagt, dass die Eingriffe in Grundrechte von gewerblichen Spielvermittlern in vollem Umfang als gerechtfertigt angesehen werden, da die Gemeinwohlziele wie der Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Glückspielsucht und der mit den Glückspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität höher zu gewichten sind.
Uns bleibt nichts anderes übrig. Es ist Geduld gefragt. Wir müssen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs abwarten. Kurzschlusshandlungen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, sind völlig kontraproduktiv.
Es ist doch keine Option, jetzt - Schleswig-Holstein im Alleingang gegen den Rest der Welt - das Staatsmonopol aufzugeben. Das würde dazu führen, dass Schleswig-Holstein als erstes aus dem bundesdeutschen Lottoblock fliegen dürfte und nicht mehr am starken Lotto 6 aus 49 teilnehmen könnte.
Kommerzielle Anbieter müssen sich den kleinen Markt in Schleswig-Holstein teilen, in anderen Bundesländern dürften sie nicht operieren. Private Anbieter von Glücksspielen mit Konzessionen eines EU-Landes müssten diskriminierungsfrei in Schleswig-Holstein zugelassen werden. Sie würden dann keiner Niederlassungspflicht in SchleswigHolstein unterliegen, und jeder kann sich ausmalen, dass Abgaben und Steuern dann mit Sicherheit nicht nach Schleswig-Holstein fließen würden.
Letztlich würden die Einnahmen dann tatsächlich drastisch sinken. Ein Desaster für diesen Landeshaushalt. Das können wir uns nicht erlauben. Deshalb fordere ich Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, auf: Beenden Sie Ihre Lobbypolitik auch an dieser Stelle für Private! Orientieren Sie sich endlich am Gemeinwohl! Das Glücksspiel braucht eine glückliche Hand. Schwarz-Gelb darf das Staatsmonopol nicht verzocken.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich danke dem Innenminister, dem Innenministerium, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diesen Bericht und sogar den Grünen dafür, dass sie den Antrag gestellt haben.
- Frau Heinold, bitte! Ich höre Ihnen ja gern zu. Aber machen wir es einmal umgekehrt. Hören Sie mir jetzt erst einmal 5 Minuten zu. Dann erfahren Sie eine Menge über Dinge, über die Sie etwas Falsches erzählt haben.
Wir haben im Haushalt Schleswig-Holstein ein strukturelles Defizit und wollen jedes Jahr mindestens 120 Millionen € einsparen. Dazu hat sich die Koalition verpflichtet. Das hat es früher nicht gegeben. 60 % der Schulden sind von Rot-Grün, die wir jetzt irgendwann einmal abfangen müssen.
Wir kriegen das - da sind Sie mit in der Verantwortung - allein durch Einsparungen nicht hin. Wir müssen jede Einnahmequelle wahrnehmen, die legal ist und die dem Land hilft.
- Ich höre Ihnen auch einen ganzen Tag lang zu. Manches von dem, was Sie sagen, ist richtig Quatsch. Einige Dinge sind auch unerträglich.
Wir haben dramatische Einbrüche beim Lotto, insbesondere bei den gewerblichen Spielvermittlern. Das müssen Sie doch zugeben. Das sind Zahlen. - Jetzt lesen Sie zum ersten Mal den Bericht! Das ist auch toll.
Weniger Einnahmen gegenüber 2006, Frau Heinold. Das ist die Situation bei den gewerblichen Vermittlern. Das ist die tatsächliche Situation: von
Herr Kollege Arp, glauben Sie, dass es zielführend für die Debatte ist, wenn Sie mir innerhalb von 30 Sekunden dreimal vorwerfen, ich hätte den Bericht nicht gelesen?
Wir werden am Ende meiner Rede hören, ob Sie etwas dazugelernt haben. Ich habe den Bericht nämlich genau gelesen. Nun warten Sie es ab.
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Würden Sie mir tatsächlich unterstel- len, ich halte hier eine Rede, ohne den Be- richt gelesen zu haben?)
- Nein, das unterstelle ich Ihnen nicht. Ich weiß, dass Sie fleißig sind. Wenn das bei Ihnen so angekommen ist, dann bitte ich um Entschuldigung. Aber die Interpretation, die Sie eben gegeben haben, ist falsch.
Nun lassen Sie mich einmal zum Thema kommen. Allein in diesem Jahr geht der Lottoumsatz um weitere 15 % zurück. Wir verzichten in 2009 durch diesen Glücksspielstaatsvertrag gegenüber 2006 freiwillig auf 24 Millionen € für den Landeshaushalt. Herr Finanzminister, berichtigen Sie mich, wenn das falsch ist. 17 Millionen € aus Lotto und Oddset, 6,5 Millionen € Einnahmen aus unseren Casinos, mit deren Vertretern wir gestern Abend diskutiert haben. Es waren nicht alle Fraktionen des Hauses dabei vertreten. Wir haben aber mit ihnen gesprochen.
Das, was Sie vorhin vorgetragen haben, Frau Heinold, dass wesentlicher Bestandteil des Staatsvertrages ist, die Spielsucht einzudämmen, war die Gesetzesgrundlage, die Begründung für diesen Glücksspielstaatsvertrag.
Wenn wir über das Glückspielpotenzial diskutieren, stellen wir fest, dass in der Bevölkerung - Anteil in der Bundesrepublik Deutschland - nach Nikotin 7 % bis 11 % oder 3,7 % bis 5,8 % süchtig sind - je nachdem, welchen Professor sie zu Rate ziehen. Nach Alkohol sind es 2,4 % bis 5,5 %, 1,3 % bis 1,5 Millionen Menschen. Beim Glückspiel sind es in der Bundesrepublik 0,18 % bis 0,56 % der Süchtigen. Von diesen - das sind wieder 100 % - bei der Deutschen Klassenlotterie 0,1 % bis 0,2 % Süchtige, bei der Toto-Auswahl 0,2 %, bei Pferdewetten 0,6 % bis 1,7 %, bei Oddset-Kombiwette 1,6 % und bei Lotto 6 aus 49 0,5 % bis 0,9 %. Das sind wissenschaftlich belegte Zahlen, die nicht von uns oder vom Verband kommen, sondern die von der Universität Hohenheim stammen. Ich stelle sie Ihnen gern zur Verfügung.
Wir müssen wissen, worüber wir reden, wenn wir über Suchtprävention diskutieren. Wir haben dabei überhaupt kein Problem. Auch wir wollen Suchtprävention. Auch wir wollen Jugendschutz gewährleisten. Das alles sind Dinge, die wir ernst nehmen. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass dahinter eine Menge Arbeitsplätze stehen.
Noch einmal - auch das war nicht richtig, Frau Heinold -: Wir wollen das Staatsmonopol bei Lotto nicht aufgeben. Die Position der CDU hat sich nie geändert. Sie ist seit 2007 gleich. Was sich bei uns verändert, ist, dass wir den Vertrieb liberalisieren wollen. Wir wollen das Internet wieder zulassen. Wir wollen die Spielgemeinschaften und die Werbung bei Lotto wieder zulassen.
Wir reden hier nicht über Sportwetten. Bei Sportwetten gibt es eine andere Ausgangsbasis. Bei Sportwetten müssen wir überlegen, ob es ordnungspolitisch richtig ist, dass wir auf über 95 % des Sportwettenmarktes einfach verzichten. Das ist ein Markt, den man sehr konservativ auf weit über 5 Milliarden € Umsatz schätzt. Dabei macht Oddset gerade einmal 180 Millionen € Anteil aus. Das ist der staatliche Anteil. Über 95 % gehen ausschließlich am Staat vorbei. Darauf hat der Staat keinen Einfluss.
Er kann nicht kontrollieren, weil er ihn nicht genehmigt hat. Deshalb sagen wir: Wir wollen ihn genehmigen, dann können wir ihn auch kontrollieren. Nebenbei können wir dabei auch noch abkassieren.
Natürlich wollen wir damit Geld machen. In dieser Debatte soll keiner scheinheilig tun. Sowohl auf der privaten als auch bei der staatlichen Seite geht es immer um Geld.