Protocol of the Session on March 18, 2010

Bereits vor zwei Jahren hat der Vorsitzende des Kulturausschusses der Kommune Sønderborg das Projekt im Europaausschuss vorgestellt und bei dieser Gelegenheit betont, dass die Kandidatur auch für das Grenzland und für Grenzlandprojekte gelten solle. Dies steht in vollem Umfang im Kontext mit den oben angeführten Zielen der EU.

Im vergangenen Herbst hat der Kulturausschuss des Kreises Schleswig-Flensburg einstimmig einen Prüfauftrag der Verwaltung der Kulturstiftung erteilt. Die Untersuchung sollte ergeben, ob und wie der Kreis Schleswig-Flensburg mit den Regionspartnern Kreis Nordfriesland und Stadt Flensburg die Bewerbung der dänischen Nachbarkommune für die Europäische Kulturhauptstadt 2017 unterstützen kann.

Die Stadt Flensburg und die Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg haben zwischenzeitlich die Unterstützung der Bewerbung Sønderborgs beschlossen. Dass der Ministerpräsi

dent und der Kulturstaatsminister sich ebenfalls positiv geäußert haben, war aus dem vorhergehenden Beitrag schon zu hören.

Die Bewerbung Sønderborgs sehe ich als große Chance für die gesamte deutsch-dänische Region, um vielfältige kulturelle Angebote international zu vermarkten. Der Aspekt eines grenzüberschreitenden Kulturangebots in einer Region mit zwei Kulturen und zwei Sprachen könnte zudem ein Vorteil für die Bewerbung Sønderborgs sein.

Daher wird auch meine Fraktion den Tenor des SSW-Antrags unterstützen. Eine erfolgreiche Bewerbung Sønderborgs kann nur vorteilhaft für Schleswig-Holstein und insbesondere für den nördlichen Landesteil sein. Kultur, Tourismus und Wirtschaft der gesamten Grenzregion können nur profitieren. Es würde sich zudem eine gute Möglichkeit ergeben, ein weiteres Beispiel der besonderen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein der europäischen Öffentlichkeit zu präsentieren.

Ich kann mich nur anschließen: Um diesem Antrag die größtmögliche Basis zu sichern, schlage ich vor, dass wir ihn an den Ausschuss überweisen und möglichst einen interfraktionellen Antrag formulieren.

(Beifall im ganzen Haus)

Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir begrüßen gemeinsam auf der Tribüne Gymnasiasten und Gymnasiastinnen aus Schenefeld.

(Beifall)

Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Pauls von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kære kollega fra Sønderborg! Die Kulturhauptstadt Europas ist eine Kulturinitiative der Europäischen Union. Jährlich wird der Titel an mindestens zwei Städte der Europäischen Union vergeben. Die Benennung soll dazu beitragen, den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des kulturellen Erbes in Europa herauszustellen und ein besseres Verständnis der Bürger Europas füreinander zu ermöglichen. Seit 1985 gibt es dieses Programm; Athen war die erste Stadt, und Essen beziehungsweise das Ruhrgebiet sind zusammen

(Wilfried Wengler)

mit Istanbul die aktuellen Kulturhauptstädte des Jahres 2010.

Natürlich kann man sich die Frage stellen - wir haben das in der Fraktion auch getan -, was in aller Welt der Schleswig Holsteinische Landtag mit einer Bewerbung der dänischen Stadt Sønderborg als Kulturhauptstadt zu tun hat. Dürfen wir uns da überhaupt einmischen, da sich ja auch noch eine andere dänische Stadt beworben hat, nämlich Århus? Ist es nicht vielleicht eher eine nationale Entscheidung Dänemarks, die wir zwar beobachten können, aber nicht beeinflussen sollten?

Unsere Antwort: Ja, wir dürfen, und wir sollten uns sogar einmischen. Sønderborg bewirbt sich nämlich nicht nur als Stadt, sondern als ganze Region. Und diese Region ist geprägt von einem gemeinsamen Grenzland. Eine erfolgreiche Bewerbung würde die Augen Europas auf diese für viele als Vorbild geltende Region richten, auf das für dieses Grenzland so spezifisch gewachsene friedliche Miteinander, ein Miteinander in vielen sozialen Bereichen, über alle Gruppen und Altersgruppen hinweg, ein Miteinander auf einem lebendigen gemeinsamen Arbeitsmarkt, ein Miteinander in der Politik, eine grenzübergreifende Gesundheitsversorgung, ein Miteinander der Kulturen, ein ständiger lebendiger Austausch.

(Beifall)

Und vor allem das gute und selbstverständliche Miteinander der dänischen und deutschen Minderheiten, die das Leben im Grenzgebiet prägen und positiv bereichern. Ein Miteinander und ein Füreinander.

(Beifall der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Bernd Heinemann [SPD])

Dies alles ist Ausdruck dafür, dass Kulturen zusammenwachsen können und sich gegenseitig bereichern, wenn man sich mit entsprechendem Respekt begegnet. Das können wir der Welt mit Stolz ruhig einmal zeigen.

Wie gesagt, diese Region hat in unserem Europa als Land der Regionen Vorbildcharakter. Diese Region ist wirklich mehr als nur Hotdogessen auf der einen Seite und Einkaufen auf der anderen Seite einer eigentlich nicht mehr vorhandenen Grenze.

(Zurufe)

- Deswegen habe ich ja auch gesagt: Es ist mehr, es ist wirklich mehr, Herr Ministerpräsident.

Sønderborgs Bewerbung ist ganz bewusst so konzipiert, dass die Bürgerinnen und Bürger, die dort le

ben, involviert und mitgenommen werden, dass Kultur erlebbar gemacht werden soll für alle und jeden Tag und nicht nur für einige wenige in wenigen Stunden. Eine erfolgreiche Bewerbung hätte selbstverständlich auch einen wirtschaftlichen Aspekt, neben der zu entstehenden Infrastruktur fördert sie auch den Tourismus.

Bekannterweise sind die aktuellen Kulturhauptstädte immer auch Publikumsmagnete, aber sie ziehen nicht nur Kulturinteressierte aus ganz Europa in dem entsprechenden Jahr an, sondern wirken bewusst auch nachhaltig. So steigen erfahrungsgemäß die Übernachtungszahlen durchschnittlich um 12 %, die Beschäftigungsquote steigt um 2,6 %.

In dem Jahr der Durchführung wird die bereits vorhandene grenzübergreifende Kultur durch ein vielfältiges Angebot ergänzt. Unser internationales Profil und Selbstbewusstsein wird gestärkt, der interkulturelle Dialog intensiviert. Menschen aller Altersgruppen, aus Politik und Wirtschaft, aus Vereinen und Verbänden, Organisationen und natürlich auch die Kulturschaffenden selbst werden grenzübergreifend mobilisiert und können neue Gemeinschaften, Netzwerke und Allianzen bilden.

Selbst die Mitbewerber in Århus haben den Vorteil für Sønderborg erkannt. So sagte der Kulturbeauftragte der Stadt, Herr Christensen: Sønderborgs Bewerbung als Grenzregion ist genau deshalb ein starker Konkurrent.

Diese Region, die beidseits der Grenze einen Mangel an Arbeitsplätzen aufzuweisen hat, könnte jedenfalls im kulturellen Bereich auf diese Art und Weise ein kleines Lifting erfahren. Es würde uns allen guttun und beste Werbung für unsere Region sein. Lassen Sie uns gemeinsam Skandinaviens Pforte nach Europa öffnen und den Menschen in der Welt zeigen, wozu diese wunderbare Region im Norden fähig ist!

(Beifall im ganzen Haus)

Für die FDP-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Funke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Am 3. März dieses Jahres wurde das 5. grenzüberschreitende Kinderkulturfestival eröffnet, ein Festival, an dem traditionell drei dänische und drei schleswig-holsteinische Schulen teilnehmen, um sich gegenseitig zu besuchen, sich kennen

(Birte Pauls)

zu lernen und um miteinander künstlerisch zu gestalten. Die Schüler in der Grenzregion von Dänemark und Deutschland erleben in jungen Jahren, was es heißt, sich in Freundschaft zu begegnen und kreativ etwas miteinander zu gestalten.

Der Künstler Johannes Caspersen, einer der Organisatoren, nennt dies: „Aus den Düppeler Schanzen werden Düppeler Chancen.“ Das Besondere an diesem 3. März war, dass das Bewerbungskomitee für Sønderborg als Kulturhauptstadt 2017 dabei war und das grenzüberschreitende Projekt schätzt sowie bewertet, was es an Kulturprojekten bereits in der Region gibt.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, bereits die Kreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg und die Stadt Flensburg haben in ihren Kreisparlamenten beziehungsweise im Stadtparlament Unterstützungsbeschlüsse gefasst. Sie haben erkannt, dass - sollte Sønderborg nächstes Jahr innerhalb von Dänemark den Zuschlag zur europäischen Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2017 erhalten - die gesamte Region und damit auch Schleswig-Holstein kulturell profitieren wird. Denn die Bewerbung Sønderborgs gilt nicht allein der Stadt, sondern der Bewerbung einer Region, einer grenzüberschreitenden Region.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, diese Region, wie Sie alle in diesem Haus wissen, zeigt in vielen kulturellen Bereichen seine Besonderheit. Es sei hier die Freiheit, sich unabhängig von der Staatsbürgerschaft zu einer Minderheit zu bekennen und deren Tradition, Kultur und Sprache zu bewahren und zu leben, als das vielleicht Herausragende genannt. Der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt bietet eine weitere Möglichkeit, Ideen und kulturelles Wissen auszutauschen. Durch die Benennung Sønderborgs würde die Möglichkeit bestehen, der Region Sønderjylland-Schleswig einen zusätzlichen kulturellen Anschub zu geben und als weiterer Katalysator für Innovationen verschiedener Bereiche zu dienen.

Das Logo der Bewerbung Sønderborgs zeigt einen Brückenschlag, einen Brückenschlag von Sønderborg ausgehend hin zu den verschiedenen, bunten Punkten der gesamten Region. So ist das Kinderkulturfestival eines dieser bunten Punkte der Region.

Lassen Sie uns daran mitwirken, dass die Region eine gute Chance in seiner Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2017 erhält und wir die Kinder von heute sehen lassen, wie ihr kulturelles Schaffen in den kommenden sieben Jahren wachsen wird!

(Beifall im ganzen Haus)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält nun Herr Abgeordneter Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! „Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel“, dies ist das Motto der Europäischen Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Das Motto beschreibt sehr gut, welche Rolle Kultur in einer strukturschwachen Region spielen kann, die - so unterschiedlich die Herausforderungen und die Geschichte sein mögen - vor erheblichen Herausforderungen steht.

Kultur kann auch für Sønderjylland und Südschleswig einen Wandel bringen, einen Wandel von einer vermeintlichen Randlage zu einer Region, dessen Chancen und Potenziale ins Zentrum gerückt werden. Aus schleswig-holsteinischer Sicht ist es absolut unterstützenswert, dass Sønderborg zusammen mit der gesamten deutsch-dänischen Grenzregion 2017 europäische Kulturhauptstadt werden soll.

Beispiele aus ehemaligen europäischen Kulturhauptstädten - die Kollegin Pauls hat das gerade eben schon genannt - zeigen, wie stark nicht nur im Veranstaltungsjahr, sondern auch in den Folgejahren die regionale Tourismusbranche davon profitiert. So hat beispielsweise Luxemburg die Anzahl der Touristen mehr als verdoppeln können. Auch in den Folgejahren kamen deutlich mehr Menschen in die Region.

Der europäische Reiz einer grenzüberschreitenden Kulturregion ist unter anderem in den in der Grenzregion lebenden nationalen Minderheiten begründet. Durch die Geschichte der Minderheiten wie auch durch die unterschiedlichen Kulturen würde sich in der Region eine spannende Kombination ergeben, die es so in der Geschichte der europäischen Kulturhauptstädte noch nicht gab.

Aber schauen wir uns doch einmal konkret die Zielsätze der europäischen Kulturhauptstädte an. Die drei in der Grenzregion lebenden - sehr geehrter Herr Kollege Harms; drei, nicht zwei, Herr Kollege Wengler

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

(Kirstin Funke)

nationalen Minderheiten ergeben nicht nur für Touristen ein spannendes Profil, sondern können in dem Rahmen auch dazu führen, dass die Region noch weiter zusammenwächst. Und eben dies ist ein Grundgedanke des europäischen Kulturstadtprojekts, grenzüberschreitend Nachbarn und Auswärtigen ihre Kultur näherzubringen.

Neben dem Grenzland- und Minderheitenprofil, was ich gerade eben beschrieben habe, ergibt sich aus unserer Sicht noch ein weiteres spannendes Profil. Die Stadt Sønderborg hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2029 CO2-neutral zu werden. Wir Grüne sehen in den beiden Zielen, Klimahauptstadt auf der einen und Kulturhauptstadt auf der anderen Seite, eine sehr spannende und fruchtbare Kombination.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)