Die große Frage allerdings ist: Was bedeutet an dieser Stelle ,,auch“? Das ist typisch für die Arbeit dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen. Sie sagen immer, was sie ,,auch“ wollen, aber nie, was sie eigentlich wollen.
Wo ist denn das Leitbild? Wo sind die Häfen, wo sind die Schienenwege, wo ist der Blick über den Tellerrand und die Kooperation mit Hamburg bei den Verkehrsströmen?
Der Ausbau der erneuerbaren Energien bleibt vage. Über Mais und Photovoltaik wird lamentiert, statt eine klare Regelung für die Flächenkonkurrenz vorzuschlagen und dann zu einem Ausgleich zwischen Naturschutz und erneuerbaren Energien zu kommen. Die Frage, welche Strukturen wir für eine moderne, saubere, ökologische Energieversorgung brauchen, wird erst gar nicht aufgeworfen. Der Klimaschutzbericht und der Nachhaltigkeitsbericht der Landesregierung werden offensichtlich gar nicht zur Kenntnis genommen.
Stattdessen wird schwadroniert über die Flughäfen Jagel und Kaltenkirchen, als wäre Ihnen LübeckBlankensee nicht Mahnung genug.
Wenn schon Blankensee in der bevölkerungsreichsten Region zwischen Hamburg und Lübeck keine hinreichenden Passagierzahlen hinbekommt, wie soll das dann für Jagel reichen? Dafür schädigen Sie das Tourismuskonzept für die Schlei-Region. Für Kaltenkirchen wäre dieser Ausbau der Garaus.
Herr Kollege Habeck, haben Sie beim Lesen zur Kenntnis genommen, dass die von Ihnen im Augenblick skizzierten Vorhaben zwar nicht in dem Antrag, wohl aber im Entwurf des Landesentwicklungsplans vorhanden sind?
- Ja, ich komme darauf zurück. Ich bezweifele, dass die vorgeschlagenen Eckpunkte mit dem Entwurf des Landesentwicklungsplans überhaupt kongruent sind.
Dieser Entwicklungsplan ist faktisch die vorsätzliche Schaffung von Subventionsruinen. Er wird die Stadt-Umland-Beziehung zerstören. Er wird die Flächenversiegelung vorantreiben. Er wird die Zersiedelung der Landschaft befeuern. Er wird die Innenstädte ausbluten lassen und die Tendenz zur ,,Aldisierung“ fortsetzen. Und das aus einem einfachen und sehr tragischen Grund: weil CDU und FDP nicht kapiert haben, dass Politik Gestaltung bedeutet, dass Wachstum eine Richtung braucht, dass die Märkte eben deshalb Märkte heißen und Märkte sind, weil sie Regeln haben. Es ist der dümmliche Gegensatz von Freiheit und Staat, der hier hochgezogen wird und der schuld an diesem ideologischen Antrag ist.
Herr Kalinka, er wird nämlich das Gegenteil dessen auslösen, was Sie beabsichtigen, und deshalb will ich nicht in die CDU.
Eigentum und Immobilien und der ländliche Raum werden so eben gerade nicht gestärkt. Ein Überangebot an Häusern führt zu Preisverfall und Leerständen. Ein Dumpingwettbewerb zwischen den Gemeinden wird die Gewerbesteuer ruinieren. Ihr System sieht die gnadenlose Konkurrenz in der Fläche vor, statt dass Sie einen Mechanismus entwickeln, der zu Ausgleich und Solidarität zwischen den Kommunen führt.
Das Zentralörtliche System bringt viele Probleme mit sich. Es ist nicht dynamisch, es spiegelt nicht die Entwicklung der letzten Jahre wider. Es ist hierarchisch und nicht besonders flexibel. Es produziert - das ist richtig - Gewinner und Verlierer. Nur ist es gerade unverantwortlich, jetzt einfach den Spieß umzudrehen und zu sagen: Ach, vorher ging es denen schlecht, jetzt sollen mal die anderen bluten. Genau das sagt Ihr Antrag. Da sage ich: Der Exzesse sind wahrlich genug. Klarer Kopf wäre gefragt statt liberales Delirium und christdemokratische Hinterhofpolitik.
Meine Damen und Herren, nutzen Sie die Chance, die das Urteil des Landesverfassungsgerichts zu den Ämtern darstellt und verzahnen Sie die Diskussion um den LEP mit einer Verwaltungsstrukturreform.
- Herr Kalinka, das ist ein Plural. Sie müssen die Gemeinschaft der Kommunen herstellen, nicht die Vereinzelung der Gemeinden. Ihre Vorschläge lassen jede Gemeinde und jedes Dorf allein. Sie stellen den Sinn von Selbstverwaltung geradezu auf den Kopf.
Verknüpfen Sie also die Frage der Schulstandorte mit dem Schulgesetz. Die beste Entwicklungshilfe für den ländlichen Raum sind nämlich im Moment attraktive Gemeinschaftsschulen. Das wissen auch Ihre Kommunalpolitiker von der CDU.
In der Bildungsfrage, liebe Christdemokraten, ist Ihr eigentlicher Gegner nicht die LEP-SPD, es ist Ihr Koalitionspartner.
Ganz grundsätzlich - lieber Herr Dr. von Boetticher, nur so kann ich auf Ihre Frage antworten - ist diese Debatte schief eingestielt. Wenn das, über das wir hier beschließen sollen, LEP-Grundlage wird, dann handelt es sich faktisch um einen ganz neuen LEP. Es geht eben nicht - Herr Kalinka, dass Sie es extra anführen, zeigt Ihr schlechtes Gewissen - um Kontinuität. Alle Paradigmen der alten Planung werden auf den Kopf gestellt. Wenn es so kommt, werden alle Beteiligungs- und Anhörungsverfahren hinfällig und müssen neu durchgeführt werden.
Herr Kollege Habeck, Sie haben die ganze Zeit aufgezählt, was Sie den Kommunen alles nicht zutrauen. Ich glaube, das ist angekommen. Können Sie am Ende einmal positiv formulieren, was Sie den Kommunen zutrauen?
Nur glaube ich, dass Planung bedeutet, die Kriterien für die abzustimmenden Gemeinsamkeiten festzulegen. Das heißt, es muss Ausschüsse oder Vermittlungen zwischen den Gemeinden und den Kommunen geben. Es muss eine Abstimmung der einzelnen B- und F-Pläne geben. Genau das liegt in dem vorliegenden Entwurf nicht vor.
Aber es muss Kriterien geben, es muss ein Verfahren geben, sodass die Kommunen ein geordnetes Verfahren anwenden.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Barbara Ostmeier [CDU]: Vielen Dank, dass wir da einer Meinung sind!)
Sollte dieses Geschreibsel Wirklichkeit werden, müssten alle Anhörungs- und Beteilungsverfahren neu durchgeführt werden. Ich habe die Regierung bisher allerdings so verstanden, dass sie genau das nicht will, eine Neueröffnung des Verfahrens. Aber genau das steht an, wenn wir das hier so beschließen.
Deshalb gibt es genau zwei Möglichkeiten: Sie von der Regierung lassen Ihre eigenen Fraktionen hier rumturnen, und es ist Ihnen völlig wurscht, was hier beschlossen wird, oder Sie wollen sich nicht daran halten. Das nenne ich dann aber Vortäuschung falscher parlamentarischer Tatsachen. Beides sind bedenkliche Alternativen. Es gibt eine dritte. Stimmen Sie unserem Antrag zu!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Mitglieder der Fraktionsarbeitskreise Innen und Recht sowie Wirtschaft von CDU und FDP haben seit November 2009 den aktuell geltenden Entwurf des Landesentwicklungsplans bearbeitet und das vorgelegte Eckpunktepapier erstellt, das wir Ihnen nun als Antrag vorgelegt haben.