Protocol of the Session on November 13, 2008

Frau Heinold, Sie haben gefragt, warum wir das immer wieder unter den Finanzierungsvorbehalt stellen. Das will ich Ihnen gern erläutern. Es gehört ein Stück Ehrlichkeit in die Politik. Sie bestellen sich doch heute auch nicht für 2011 und 2013 ein Auto, ohne zu wissen, wie Ihr finanzieller Haushalt dann sein wird.

(Lars Harms)

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Es gibt eine Beschlusslage, Frau Heinold, die zum einen sagt, wir wollen drei Kindergartenjahre beitragsfrei machen. Das will auch die CDU; selbstverständlich, das ist unser Ziel, gar keine Frage. Wir haben zum anderen aber auch beschlossen, dass das im Rahmen von verfassungsmäßigen Haushalten mit der Zielsetzung eines ausgeglichenen Haushaltes 2015 passieren muss. Auch das ist Beschlusslage, und daran haben wir uns zu halten. Wenn wir das hinkriegen, sind wir die Letzten, die Nein sagen. Aber wir brauchen ein Stück Ehrlichkeit in der Politik. Das muss man auch sagen dürfen. Wenn man das Geld dafür hat, dann machen wir das. Wenn man das Geld dafür nicht hat, dann müssen wir sehen, wie wir andere Lösungen finden.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Ministerin Erdsiek-Rave das Wort.

Meine Damen und Herren, ich will in aller Ruhe, aber auch sehr klar noch einmal auf die Seite 3 des Berichts verweisen

(Zurufe)

- ja, das ist wahr, das fällt mir schwer -, in der in aller Klarheit steht - das ist ein Bericht, den nicht die Bildungsministerin verfasst hat, sondern den das Kabinett verabschiedet hat -, die Gebührenfreiheit des zweiten Kindergartenjahres wird 2011 und die des dritten im Jahr 2013 folgen.

(Beifall bei der SPD)

Ein paar Zeilen weiter steht ferner der Satz: Die Landesregierung hat bei diesem Stufenplan das Ziel bekräftigt, verfassungsgemäße Haushalte und bis 2013 ausgeglichene Haushalte vorzulegen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum nicht einzelbetriebliche Förderung?)

Melden Sie sich bitte zu Wort, wenn Sie eine Zwischenfrage haben.

Ich habe gesagt, ich habe keine Lust, diesen Streit fortzusetzen. Dass Sie als Opposition das versuchen, versteht sich von selbst.

Ich will jetzt in der Sache noch ein paar Dinge richtigstellen.

(Zurufe)

Nennen Sie es, den Streit hier reintragen. Das ist ja auch nachvollziehbar.

(Lachen bei der FDP)

Das Wort hat die Frau Ministerin!

Liebe Frau Heinold, dass Sie - das sage ich in allem Ernst - angesichts der Tatsache, dass die Koalition 30 Millionen € jährlich in die Hand nimmt und damit die Eltern direkt entlastet, hier sagen, die Eltern würden verschaukelt, ist ein starkes Stück.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich weiß, Sie haben sich auf die beiden nächsten Stufen bezogen. Aber die Kinder, die 2013 nach unserem Stufenplan dran sind, sind heute überhaupt noch nicht geboren, und die Kinder, die 2011 ins zweite Jahr des Kindergartens kommen, sind gerade geboren. Dass Sie jetzt davon sprechen, die Eltern in Schleswig-Holstein würden verschaukelt, weise ich zurück. Sie werden entlastet, und zwar nachdrücklich. Ich finde, dazu könnten Sie hier auch ruhig stehen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Nun zu Ihnen, Herr Dr. Klug. Zu der bekannten Vorgehensweise, hier immer zu fordern und draußen immer zu sagen, wir müssen sparen, habe ich beim letzten Mal schon etwas gesagt. Aber wenn Sie hier sagen, und dann von Herrn Kubicki auch noch sekundiert, das sei alles 20 Jahre SPD-Verantwortung, will ich Sie daran erinnern,

(Zuruf)

- allerdings, und das will ich Ihnen gern mal in Zahlen klar machen -, was das in Bezug auf die Kindergartenpolitik bedeutet. Als die SPD 1988 hier an die Regierung kam - Sie erinnern sich vielleicht noch dunkel an die Haushaltszahlen damals -, war für Kindergärten im gesamten Landeshaushalt kei

(Heike Franzen)

ne halbe Million DM enthalten. Keine halbe Million DM! Wir sind heute bei 60 Millionen €. Sie könnten ja vielleicht mal anerkennen, dass das eine gewaltige Leistung ist. Und das sind nur die Betriebskosten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich kann Ihnen auch ein paar andere Zahlen nennen!)

Wir haben noch erheblich mehr in den Bau von Kindergärten investiert, und zwar bevor es einen Rechtsanspruch gab. Das lasse ich mir hier überhaupt nicht sagen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe der Abgeordne- ten Dr. Ekkehard Klug [FDP] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Noch einmal zum Kostenrahmen. Herr Dr. Klug, ich kann das gern noch einmal im Bildungsausschuss oder im Finanzausschuss erklären. Wir hatten unterschiedliche Berechnungsweisen. Von verschiedenen Seiten wurde ein Durchschnittsbeitrag errechnet. Dabei wurden immer die Nettobeträge der Gebührenordnungen der Träger an ausgewählten Standorten erhoben. Die wurden zusammengerechnet, und dann wurde ein Durchschnitt ermittelt. Wir haben jetzt noch einmal den gesamten Kostenrahmen zusammengestellt, also die Gesamtkosten des Betriebes von Kindertagesstätten, und zwar aufgrund der Zahlen der Bertelsmann-Stiftung. Die stammen von 2005. Insofern war es richtig, als damals gesagt wurde, die spiegeln nicht den aktuellen Stand wider. Diese Gesamtzahlen haben wir dynamisiert und auf 2010 hochgerechnet. Das wird auch von den Kommunen überhaupt nicht bestritten. Auf dieser Grundlage haben wir den Nettoanteil der Elternbeiträge ausgerechnet. Das heißt, das, was wir im Ergebnis haben und was mit einem Durchschnittsbeitrag von etwa 118 oder 120 € übereinstimmt, sind die Nettokosten, die die Eltern in Schleswig-Holstein tatsächlich zahlen. Hinzu kommen die Beträge, die die Kommunen bisher über die Sozialstaffeln ausgezahlt haben. Das heißt also, die Gesamtkosten für das beitragsfreie Kita-Jahr belaufen sich auf die Nettobeiträge der Eltern plus die Sozialstaffeln. Insofern habe ich diesen Widerspruch, den Sie konstruiert haben, aufgelöst.

Meine Damen und Herren, wir haben mit den Kommunen aber auch vereinbart - das ist bei einem solchen Gesetz logisch -, dass diese Kosten in den nächsten zwei Jahren genau überprüft werden, bevor der nächste Doppelhaushalt aufgestellt wird. Aber zunächst einmal sind wir uns mit den Kommunen einig, dass wir auf dieser Basis beginnen, weil es eine genauere Basis nicht geben kann. Bei

de Berechnungen - die zweite Berechnung war ja eine Plausibilitätsüberprüfung - stimmen überein. Das ist eine solide Basis, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Es sind neue Redezeiten entstanden. Die Ministerin hat eine Restredezeit. Wir kommen erneut auf dreieinhalb Minuten Redezeit für alle Fraktionen. Ich erteile zunächst der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Frau Landtagspräsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministern, Sie sagen, Sie haben drei Jahre beitragsfrei im Kabinett beschlossen. Schön. Drei haben Sie eben vorgelesen; in einem Stufenplan. Sie haben uns mit dem Finanzausgleichsgesetz heute, per Gesetz geregelt, ein beitragsfreies Jahr vorgelegt. Da stellt sich doch die Frage: Was ist mit den anderen beitragsfreien Jahren? Wenn Sie das im Kabinett beschlossen haben, warum schreiben Sie das nicht in das Gesetz? Solange Sie dies nicht ins Gesetz schreiben, ist es ein leeres Versprechen. Dabei bleibe ich, und da muss ich überhaupt nichts zurücknehmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe nicht mitgekriegt, dass Sie so schnell fertig sind; Entschuldigung. - Das Wort erteile ich nun dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die doch immer wieder zu beobachtende Dokumentation sozialdemokratischer Gerechtigkeitsinbrunst durch den Kollegen Stegner veranlasst mich, auf einige Dinge hinzuweisen. Herr Kollege Stegner, Sie haben hier formuliert - diese Aussage teile ich -, es gehe um die Lebens- und Zukunftschancen von jungen Menschen, von Kindern. Sie haben erklärt, dass Bildung die Grundfrage der Gerechtigkeit für die Zukunft sei, insbesondere für die Sozialdemokraten. Wenn das so ist - ich glaube, dass Sie es ernst meinen -, müssen Sie die Frage beantworten, warum die Sozialdemokraten in den letzten 20 Jahren diese Zukunft Generationen von Kindern nicht gewährt haben.

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

(Beifall bei der FDP - Widerspruch der Ab- geordneten Jutta Schümann [SPD])

- Frau Schümann, in keinem anderen Bundesland hängt allen Untersuchungen zufolge nach 20 Jahren sozialdemokratischer Bildungspolitik der Zugang zu Bildungschancen so stark von der sozialen Herkunft ab wie in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin nahezu fassungslos, dass Sie uns erklären wollen, Sie hätten 20 Jahre gebraucht, um Missstände, die Sie 1988 oder 1989 vorgefunden haben, zu beseitigen, und das noch nicht einmal ganz. Sie wollen ja noch weitere Missstände beseitigen.

Wie lange sollen denn die Menschen in diesem Land noch durch sozialdemokratische Beglückung gesegnet werden, bis der Zustand erreicht ist, den Sie sich als wünschbar vorgestellt haben? 30 Jahre? 40 Jahre? Weitere Generationen? Sie sagen heute, Sie hätten 60 Millionen € für Kindertagesstätten bereitgestellt. Ich sage: Sie haben 1 Milliarde € 1 Milliarde €! - für die Finanzierung der Landesbank Schleswig-Holstein, jetzt HSH Nordbank, bereitgestellt.

(Widerspruch bei der SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Und zwar blitzschnell!)

Ähnliches haben Sie - darauf kommen wir noch einmal zurück - auch unter Führung von Heide Simonis getan, auch unter Führung von Claus Möller, auch unter Führung von Ralf Stegner, dem Genossen, der uns heute verspricht, was er bei der Wahl 2005 schon gebrochen hat.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Es waren Sozialdemokraten, Herr Stegner, die den Polizeibeamten vor der Wahl versprochen haben: Wir garantieren: Keinen Eingriff in Ihre freie Heilfürsorge. Die Garantie währte relativ kurz.

Heute stellen Sie sich hin und sagen: Wir Sozialdemokraten - die Sozialdemokraten, die an Glaubwürdigkeit wirklich viel nachgelassen haben - müssten garantieren, dass im Jahr 2011 und im Jahr 2013 die weiteren Kindergartenjahre beitragsfrei gestellt werden. Die Menschen in diesem Land wissen, worauf sie sich bei den Sozialdemokraten verlassen können. Das sehen sie gerade in Hessen.