Protocol of the Session on October 9, 2008

Schließlich wird den jungen Menschen in der Ausbildungsphase in Auslandspraktika, durch Arbeit an gemeinsamen Projekten, aber auch durch den Besuch von Kultur und Bildungseinrichtungen im Gastland die Möglichkeit eröffnet, ihre interkulturelle Kompetenz zu verbessern.

Das Land fördert internationale Jugendaustauschmaßnahmen vielfältig und in der Zuständigkeit mehrere Ressorts - das Sozialministerium, das Bildungsministerium, das Europaministerium und das Umweltministerium. Im Bericht der Landesregierung werden unterschiedliche Wege und Programme zur individuellen und institutionellen Förderung internationaler Jugendbegegnungen dargestellt, ebenso die verschiedenen Förderprogramme aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln, von Jugendwerken und Stiftungen.

Über den staatlichen Rahmen hinaus gibt es selbstverständlich viele weitere Formen des Austauschs, von gesellschaftlichem Engagement getragen, finanziert beispielsweise aus privatrechtlichen Stiftungen und anderen. Auch das will ich an dieser Stelle ausdrücklich würdigen, auch wenn der Bericht der Landesregierung nur die Teilbereiche abdecken kann, die der Landesregierung bekannt sind, insbesondere durch Förderprogramme. Aber ich glaube, diejenigen, die den Bericht gelesen haben, sehen, wie viel das schon ist. Es ist ein wirklich unglaubliches Kompendium, das dort zusammengekommen ist.

Allen Programmen in ihrer Vielfältigkeit ist eines gemeinsam: Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Verständigung und zur Zusammenarbeit junger Menschen in Europa und der ganzen Welt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung bekennt sich zu ihrer Förderung und freut sich über die Befassung hier im Parlament zu diesem wichtigen Thema.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für den Antragsteller hat Frau Abgeordnete Monika Heinold.

(Ministerin Dr. Gitta Trauernicht)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mir sicher, dass jeder von Ihnen in seiner Familie oder seinem Freundeskreis einen jungen Menschen kennt, der das Glück hatte oder hat, an einem Schüleraustausch teilzunehmen, der ein Auslandssemester absolviert oder im Rahmen von internationaler Jugendbegegnung im Ausland gewesen ist. In bestimmten Kreisen unserer Gesellschaft ist es unter Jugendlichen geradezu selbstverständlich, ein Schuljahr oder zumindest einige Monate im Ausland zu verbringen, auch wenn damit hohe Kosten verbunden sind.

Bis zu 10.000 € sind Eltern bereit, für ein Schuljahr ihrer Kinder im Ausland zu bezahlen. Eltern zahlen, weil sie wissen, dass Sprachen erlernen und andere Kulturkreise kennenlernen gerade in unserer globalisierten Welt wichtige Erfahrungen für junge Menschen sind.

Wer sich solch teure Exkursionen nicht leisten kann, ist darauf angewiesen, dass sein Kind im Rahmen des internationalen Jugendaustausches und der Jugendbegegnung diese Erfahrungen mithilfe von staatlich und durch Vereine organisierten und geförderte Programme machen kann. Der vorliegende Bericht gibt einen guten Überblick über die öffentlich bezuschussten Angebote in Schleswig-Holstein. Vielen Dank dafür.

Die Palette der verschiedenen Angebote ist breit und bunt: Förderprogramme auf Europa-, Bundesund Landesebene, Kooperationen mit internationalen Jugendwerken, Schüler- und Studentenaustausch, Schulpartnerschaften, Ausbildungskooperationen, projektbezogene Austauschprogramme, Angebote über Stiftungen, Austausch von Begegnung im Freizeit- und Verbandsbereich und vieles mehr.

Die Vielfalt des Angebotes macht aber auch deutlich: Es ist schwierig, einen Gesamtüberblick zu bekommen. Für Familien, Schüler und Lehrerinnen und Lehrer sowie Jugendbetreuer ist es aber unabdingbar zu wissen: Was ist das richtige Angebot für mich? Wo kann ich mich informieren? Wie erhalte ich Zuschüsse? Was kann ich mir leisten? Deshalb begrüße ich die Absicht der Landesregierung, einen Infoflyer der Förderprogramme ins Netz zu stellen und die Übersicht der von der EU geförderten Angebote zu überarbeiten.

Internationale Jugendbegegnung ist uns sehr wichtig. Sie zeigt Gemeinsamkeiten der verschiedenen Nationen auf und gibt Einblicke in Unterschiedlichkeiten. Sie öffnet den eigenen Horizont, baut Vorurteile ab und Verständnis auf. Wenn junge Men

schen die Chance erhalten, sich im Rahmen einer internationalen Begegnung aktiv und mit unterschiedlichen Lebensweisen, Sprachen, Kulturen und Religionen auseinanderzusetzen, ist das oftmals eine prägende Erfahrung für das ganze Leben. Wer gewohnt ist, über den eigenen Tellerrand zu gucken, wer andere Sprachen, Sitten und Gebräuche als bereichernd erfahren hat, der hat keine Angst vor Überfremdung, sondern sieht das Zusammenleben verschiedener Nationalitäten als Chance. Deshalb muss es unser Ziel sein, dass möglichst viele junge Menschen diese Erfahrungen sammeln können, mithilfe von Austauschprogrammen und Begegnungsprojekten, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern und organisiert von Schulen oder Vereinen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei CDU und SPD)

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es findet schon viel statt, aber es kann nicht genug stattfinden. Der internationale Jugendaustausch darf kein Programm für Besserverdienende und für Gymnasiasten sein. Er muss möglichst alle Jugendlichen erreichen. Deshalb sollten wir in der Ausschussberatung einige Fragen klären, zum Beispiel welche Schulen und welche Schularten zurzeit überwiegend an den Austauschprogrammen teilnehmen. Was können wir tun, damit alle Schulen, alle Schülerinnen und Schüler die gleichen Chancen erhalten? Ein Schwerpunkt muss sein, wie wir es erreichen können, dass gerade Kinder aus bildungsfernen Schichten an den geförderten Programmen partizipieren können. Chancengleichheit muss auch hier unsere Linie sein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Niclas Herbst das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich weitgehend Ihren Worten anschließen. Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass es eben nicht nur kommerzielle und staatlich geförderte Angebote gibt. Gerade der Bereich Jugendaustausch ist ein klassisches Gebiet für bürgerschaftliches Engagement. Das geschieht ja auch.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es gibt viele Vereine und Verbände, zum Beispiel CISV, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern die sich dort sehr stark engagieren. Das ist wirklich ein klassisches Feld bürgerschaftlichen Engagements. Dies ist ein Lob wert. Diejenigen, die noch zuhören, werden das sicherlich genauso sehen.

(Beifall)

Zum Bericht und zur Qualität des Berichts kann ich mich meiner Vorrednerin anschließen. Ich möchte das nur ein wenig ergänzen. Ich finde es richtig, dass die Landesregierung einen Schwerpunkt auf die Ostseeanrainerstaaten beziehungsweise auf die nordischen Staaten legt. Sicherlich kann man darüber diskutierten, ob das sinnvoll ist. Ich persönlich halte es für gut und für sinnvoll. Als Land haben wir sicherlich einen Mehrwert davon.

Dass es eine Querschnittsaufgabe ist, erkennt man daran, dass dies so breit gefächert und bei vielen Ministerien aufgehängt ist. Das halte ich auch für besser, als wenn dies zentral gesteuert würde. Es geschieht also eine ganze Menge.

Ich möchte nun noch auf einen kleinen Punkt eingehen. Die Ostseejugendstiftung wird Anfang nächsten Jahres - auch das in dem Bericht vermerkt - Geld sammeln. Die Stiftung selber hat lediglich ein Kapital in Höhe von etwa 46.000 €, aber bedeutende Landespolitiker im Kuratorium. Deshalb wäre es wichtig und gut, wenn möglichst viele von uns dies unterstützen. Es wird sicherlich die Möglichkeit geben, dort aktiv nicht nur mit Geld beim Werben zu helfen. Dann würden wir etwas erreichen.

(Beifall)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Sandra Redmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niemand wird bezweifeln, dass Auslandsaufenthalte ganz besonders für junge Menschen eine gute Sache sind,

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

zumindest im Regelfall; Fußballfans stellen manchmal die Ausnahme dar. Der Bericht der Landesregierung benennt die verschiedenen Aspekte bei der

persönlichen, intellektuellen ebenso wie emotionalen Weiterentwicklung der Jugendlichen. Es liegt im Interesse unseres Landes, dass die Dinge, die wir hier häufig politisch hoch halten, wie Kooperation im Ost- und Nordseeraum, sich nicht in Treffen von Parlamentariern erschöpfen, sondern von unten gelebt werden. Das gilt ganz besonders für den deutsch-polnischen Jugendaustausch, nachdem es auf der staatlichen Ebene ja vor nicht allzu langer Zeit Irritationen gab, die von gewissen Massenmedien angeheizt wurden.

Der Bericht der Landesregierung zeigt, dass der internationale Jugendaustausch nicht etwa Domäne der beiden klassischen Ministerien ist, die verantwortlich für die jungen Menschen sind, also des Jugendministeriums und des Bildungsministeriums, sondern dass auch die Staatskanzlei und drei weitere Ressorts hierin eingebunden sind. Zudem gibt es ein neues Förderprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit für den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „Weltwärts“.

Es geht ja auch darum, den Jugendaustausch, soweit er mehr als Schüleraustausch ist, mit Inhalten zu füllen. Gerade Entwicklungsprojekte sind nichts, was wir ausschließlich als Aufgabe des BMZ ansehen können. Unsere Fraktion hat ihren Auftritt beim Tag des offenen Landeshauses bewusst unter das Thema „Eine Welt“ gestellt. Auch hier gilt der Grundsatz der Evaluation. In Großbritannien wird breit über unseriöse Anbieter von Programmen für das gap year zwischen Schule und Studium berichtet, die weder sinnvolle Programme noch eine adäquate Betreuung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Entwicklungsprogrammen sicherstellen.

So vielfältig die angebotenen Programme sind, sind die in den Statistiken aufgeführten Zahlen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Schleswig-Holstein nicht sehr hoch. In diesem Zusammenhang möchte ich den 12. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung von 2005 zitieren:

„Die Ergebnisse lassen die Feststellung zu, dass Auslandsaufenthalte über künftige Karriere- und Lebenschancen mit entscheiden dürften, gleichzeitig aber sozial sehr ungleich verteilt sind. Da die Entscheidung für oder gegen einen Auslandsaufenthalt sowohl institutionell als auch sozioökonomisch bestimmt ist, werden SchülerInnen aus ohnehin sozial benachteiligten und bildungsschwachen Familien die Zugangschancen noch erschwert.“

(Niclas Herbst)

Auch der soziale Ausschluss von Schüleraustauschen und Jugendbegegnungen ist einer von vielen Aspekten der Kinderarmut, über die wir hier häufig debattieren. Der Bericht weist ausdrücklich darauf hin, dass das SGB VIII keine einschlägigen Statistiken vorsieht und dass es eine große Zahl von Maßnahmen und Programmen gibt, die von der Landesregierung gar nicht erfasst werden können.

In der Offensive der Landesregierung gegen Kinderarmut ist das Programm „Kein Kind ohne Ferienerholung“ eine der Säulen. Nun ist Ferienerholung nicht mit internationaler Jugendbegegnung zwangsläufig identisch, kann aber damit verbunden werden.

Ich habe, auch mit Rücksicht auf das Nervenkostüm unserer in diesen Tagen ohnehin dauergestressten Finanzpolitiker, nicht vor, ein umfassendes Stipendienprogramm des Landes für Programme der Jugendbegegnung zu fordern. Wir sollten jedoch nach geeigneten Wegen suchen, auch für ein solches Programm in noch höherem Maße private Fördergelder zu mobilisieren.

Ich schlage vor, den Bericht, für den wir uns herzlich bedanken, an den Sozialausschuss zu überweisen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann der Kollegin Redmann nicht böse sein. Es freut mich immer wieder, wenn ich sie hier reden hören darf. Trotzdem möchte ich ganz deutlich sagen: Man hätte eigentlich einen Bericht erwarten dürfen, der ein buntes Bild von dem liefert, was Jugendliche über die Grenzen Deutschlands und Europas hinweg unternehmen können, um ganz persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln und gleichzeitig einen Beitrag zu leisten zu mehr Toleranz, zu mehr Völkerverständigung und zu mehr Friedensarbeit. Denn genau das sind die Ziele, mit denen sich internationale Jugendarbeit zusammenfassen lässt und derentwegen sie seinerzeit ins Leben gerufen wurde. Es geht darum, das gegenseitige Verständnis junger Menschen aus verschiedenen Ländern und Kulturkreisen zu erwei

tern, ihre Beziehungen zueinander zu festigen und Vorurteile abzubauen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Leider beschränkt sich - das will ich ganz deutlich sagen - der Bericht in großen Teilen auf eine eher technokratische Beschreibung der finanziellen Förderangebote des Landes. Da ist von „Maßnahmen von besonderer jugendpolitischer Bedeutung“ die Rede, für die beispielsweise neben den Landesmitteln auch Mittel aus dem Kinder- und JugendAktionsplan des Bundes zur Verfügung gestellt werden. An diesen „Maßnahmen“ haben in den letzten Jahren immer weniger Teilnehmer aus Schleswig-Holstein teilgenommen; die zur Verfügung gestellten Mittel für diese „Maßnahmen“ sind ebenfalls immer weniger geworden.

Das ist an sich schon wenig erfreulich. Aber wie sieht es aus, wenn sich herausstellt, dass sich hinter diesen „Maßnahmen“ beispielsweise auch internationale Aktivitäten der Sportjugend verbergen? Die „Maßnahme“ hat dann plötzlich ein Gesicht, und die Frage, warum weniger Jugendliche weniger Mittel für Sportveranstaltungen erhalten, stellt sich wesentlich dringlicher. Frau Ministerin, hier hätte ich mir eine aussagekräftigere Darstellung gewünscht.

(Beifall bei der FDP)

Ich hätte mir insgesamt eine übersichtlichere Darstellung gewünscht, eine Darstellung, die sich passend zur Fragestellung und zum Thema - nicht auf die Förderangebote aus dem Bereich der Landesverwaltung beschränkt, sondern Organisation und Inhalt des Jugendaustausches mehr berücksichtigt. Wir alle wissen, dass die Art des Jugendaustausches vielseitig sein kann: Au pair, Freiwilligendienst, Job und Praktikum, Schulaufenthalt und Ferienfreizeit, Jugendbegegnung, Sprachkurs, Studium - es gibt so viele Möglichkeiten.