Protocol of the Session on July 18, 2008

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Ein denkbarer Weg - dies wäre ein Kompromissweg - wäre, die Saldierung auf 10 % zu beschränken, auf zwei Jahre zu verteilen und eine Überlieferung über 10 % hinaus auszuschalten. Die Mengenpolitik darf sich nicht allein an der derzeitigen Situation ausrichten. Sie muss über den heutigen Tag hinaus Bestand haben. Deshalb halte ich überhaupt nichts von Forderungen bezüglich der Ausgestaltung, die ausschließlich den heutigen Stand berücksichtigen, ohne dabei in die Zukunft zu blicken. Offensichtlich haben einige vergessen, dass die Milchauszahlungspreise bereits vor zwei Jahren ähnlich niedrig waren - und dies ohne Quotenanhebung durch die Europäische Union. Die Quote soll ja bis 2015 sukzessive um 15 % angehoben werden, was mit Sicherheit auch auf den Markt drücken wird.

Die von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagene Umstellung des Umrechnungsfaktors von 1,02 auf 1,03 würde faktisch zu einer Quotenkürzung von 1 % führen. Dieser Vorschlag ist kontraproduktiv und daher abzulehnen. Den Vorschlag nach dem Motto „von der linken Tasche in die rechte Tasche“ haben Sie nahtlos vom BDM übernommen, Herr Matthiesen, ohne inhaltlich in die Sache einzusteigen.

Die Forderung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eine bedarfsorientierte und flexibel am Markt ausgerichtete Ausgestaltung der Milchmengenregelung einzuführen, ist mit uns nicht umzusetzen. Solange die Grünen selbst nicht einmal wissen, wie eine solche Regelung aussehen soll, und sie sich auf unverbindliche Forderungen beschränken, können wir uns darauf nicht einlassen.

(Beifall bei CDU und SSW)

Da nur vier Staaten der Europäischen Union für den Erhalt der Milchquote sind, ist es geradezu töricht, jetzt noch Hoffnungen zu schüren, die später nicht erfüllbar sind.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Wer jetzt noch an der Quote festhält und seinen Betrieb nicht auf sich verändernde Verhältnisse einstellt, wird tief fallen und zu den Verlierern gehören. Wir brauchen jetzt keine Durchhalteparolen, die auf ein Festhalten am Status quo abzielen, sondern innovative Vorschläge für die Zeit nach dem Auslaufen der Quote, aber auch für die Zeit bis dahin, also bis 2015.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dann mal zu!)

Mit den planwirtschaftlichen Unsinnigkeiten der Vergangenheit bringen wir unsere Landwirtschaft nicht weiter.

(Beifall beim SSW)

Ich bin froh darüber, dass unsere Landwirtschaft schrittweise in eine Markt- und Preispolitik geführt wird. Unsere Landwirtschaft wird damit gut leben können und am Ende zu den Gewinnern zählen.

Die Bedingungen dafür sind in Schleswig-Holstein hervorragend, ebenso wie die Entwicklung der Weltmärkte. Deshalb erteilen wir einer Fortführung der - wie auch immer ausgestalteten - Milchquotenregelung eine klare Absage.

Wir sagen seit vielen Jahren: Die Landwirtschaft soll durch ihre Arbeit angemessene Produktpreise und ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften. Daran halten wir fest.

Auch deshalb sage ich: Das planwirtschaftliche Instrument „Milchquote“ muss der Vergangenheit angehören.

Den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN können wir im Ausschuss weiter erörtern. Vielleicht gelingt es den Antragstellern bis dahin, ihre sehr unbestimmten Formulierungen mit mehr Substanz anzureichern.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Ulrike Rodust das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es, dass das Thema Milch erneut auf der Tagesordnung steht, denn die Milchbauern haben unsere Unterstützung wahrlich verdient.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Claus Ehlers)

Nach der Ausschusssitzung der vergangenen Woche war eines deutlich: Die ganze Umstrukturierung des Milchmarktes ist verdammt schwierig und eine Lösung nicht in fünf Minuten zu finden, sondern dies bedarf vieler Diskussionen. In einigen Punkten kann ich den Antrag der Grünen unterstützen. Auch ich habe mit der jährlichen Quotenerhöhung ein Problem. Wenn es sowieso schon zu viel Milch gibt und dadurch der Preis im Keller ist, ist es schwer nachzuvollziehen, wieso die Quote weiter erhöht wird.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

In einigen Ländern der EU macht dies allerdings Sinn. Dort hat es durch Dürren und Unwetter im vergangenen Jahr nicht genügend Milch gegeben. Doch bei uns? - Wir haben 2007 eine Überproduktion von 300.000 t gehabt.

Das eigentliche Ziel, das die EU mit der 2-prozentigen Erhöhung der Quote verfolgt, ist ein Soft Landing: Man geht davon aus, dass durch ein Zuviel an Quoten der Börsenpreis für die Quote gesenkt wird und bis 2015 keiner mehr Interesse an den Quoten hat, weil sie ihren Wert verloren haben. Dann soll aus Sicht der EU die Marktwirtschaft greifen und Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen. Ich bin ziemlich sicher, das wird funktionieren, und somit anderer Meinung als die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die die Quote beibehalten möchten.

Doch ich bin auch sicher: Wenn wir nicht gemeinsam mit den Milchviehhaltern Ideen entwickeln, werden noch etliche kleine Betriebe ihre Pforten dichtmachen. In den Jahren von 1960 bis 2006 haben 87,5 % der Milchviehhalter aufgegeben. Der Bestand der Kühe ist allerdings gleichgeblieben. Das heißt: Der Strukturwandel hat bei uns umfänglich stattgefunden. Wir wissen allerdings auch: Er ist noch nicht beendet.

Ich will nicht das Wort reden, dies mit allen Mitteln zu verhindern. Nein, es ist erforderlich, dass auch Landwirte im freien Markt ihre Rolle spielen. Die großen Betriebe bereiten sich darauf vor, und sie werden es schaffen, wenn sie anstatt auf Quantität auf Qualität setzen.

Bei den kleinen werden wir, wird die Politik helfen müssen. Es gilt, alternative und komplementäre Einkommensquellen zu erschließen, auszubauen und nachhaltig zu sichern. Über die Biomassestrategie, die rapide wachsende Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln und Perspektiven des Tourismus ist bereits hinlänglich gesprochen

worden. Unser besonderes Augenmerk verdient in diesem Zusammenhang die Honorierung öffentlicher Güter. Das bedeutet beispielsweise, dass die Landwirte in Regionen, in denen sich die Milchkuhhaltung zurückzieht, die bestehenden Grünlandstandorte erhalten und durch extensive Bewirtschaftung die Biodiversität sichern können.

(Konrad Nabel [SPD]: Sehr gut!)

Eine solche gesellschaftlich erwünschte Dienstleistung kann durchaus zu einem durch Marktmechanismen entstehenden Preis honoriert werden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ein weiterer Weg für kleine Betriebe, sich zu behaupten, sind die Direktvermarktung und die Herstellung von ökologisch produzierter Milch. Man hat festgestellt, dass die Preisschwankungen dort wesentlich geringer sind. Von Januar bis Mai dieses Jahres ist der Preis um nur 0,08 Cent gesunken. Im gleichen Zeitraum sank der Preis von konventioneller Milch um 6,6 Cent, und der Preis war um 15,4 Cent geringer als bei der Biomilch. Hier wird deutlich, dass Biolandwirte wesentlich sicherer planen können.

(Beifall bei der SPD)

Der BDM fordert, die Saldierung zu stoppen. Dem kann ich zustimmen. Auch ich meine, dass die Superabgabe ab dem ersten Kilogramm Überlieferung fällig und der Umrechnungsfaktor anzuheben ist.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Es kann nicht sein, dass bei hohen Milchpreisen alles an Milch herausgepresst wird, was möglich ist. So haben wir erfahren, dass Kühe, die eigentlich zum Schlachter sollten, weiter gemolken wurden oder durch besonderes Futter zusätzlich eine Milchsteigerung herbeigeführt wurde.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Und was ist jetzt besser? - Weitere Zurufe)

Da haben die Milchviehalter eine große Verantwortung, und sie sollten diese auch ernst nehmen.

Ein weiterer wichtiger Punkt in dieser Diskussion scheint mir die Genossenschaftsarbeit zu sein. Die Landwirte dürfen sich das Heft des Handelns nicht weiter aus der Hand nehmen lassen. Als Mitglieder der Meiereigenossenschaft müssen sie die Molkereien wieder fest in ihre Hand bekommen, damit sie ihre eigenen Interessen vertreten können. Ansonsten wird der Genossenschaftsauftrag konterkariert.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr richtig!)

(Ulrike Rodust)

Wie gesagt, in fünf Minuten ist dieses komplexe Thema nicht aufzuarbeiten. Lassen Sie uns deshalb im Ausschuss weiter nach Lösungen suchen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Rodust, ich weiß nicht, was ich davon halten soll, wenn Sie es sagen: Kühe dürfen länger leben, um ausgebeutet zu werden. Ist das die schlechtere Alternative, als gleich geschlachtet zu werden?

(Zurufe und Heiterkeit)

Darüber können wir im weiteren Verlauf der Debatte ja noch philosophieren.

Meine Damen und Herren, dass Liberalisierung per se ein Fremdwort ist, ist auch uns Liberalen bekannt. Wie wenig allerdings die Grünen hier im Haus darunter verstehen, war mir jedenfalls bis zu diesem Antrag und der letzten Umwelt- und Agrarausschusssitzung neu. Seit Jahren wird auf dem Agrarmarkt und insbesondere im Milchsektor eine großzügigere, freiheitlichere Gestaltung ausdrücklich und funktionsübergreifend gewünscht, und nun präsentieren die Grünen mit einem Mal Vorschläge, die wieder weit hinter diesen Ansatz zurückfallen. Dabei gehörte selbst Renate Künast als ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin zu den Fürsprechern, dass „die Landwirtschaft … endlich mehr Freiräume für eine marktgerechte Produktion bekommt, statt sich von festgesetzten und festgelegten Subventionen ständig knebeln zu lassen“.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP], Konrad Nabel [SPD] und Lars Harms [SSW])

Sicherlich sind wir uns alle einig, dass die Milcherzeuger ein Recht auf faire und kostendeckende Preise haben. Ein Milchpreis von circa 27 bis 29 Cent, wie er jüngst Anlass zum Milchboykott gegeben hat, ist für die Bauern schlicht nicht auskömmlich. Die Frage ist deshalb: Wie lässt sich dieser faire und kostendeckende Preis erzielen? Die Grünen schlagen dazu heute gleich ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor. Es entspricht in Teilen den Vorschlägen des Bundes Deutscher Milchviehhal