Protocol of the Session on July 16, 2008

Dass das Ministerium im Nachhinein die Paragrafenfolge neu festlegen kann, ist mir zwar neu, allerdings in seinen Auswirkungen wohl auch überschaubar. Aber was bitte sind „Unstimmigkeiten des Wortlautes“? Wer definiert denn das? Und was kann geändert werden? Einen derartigen Freibrief der Exekutive, Änderungen durchzuführen, ohne die explizite Zustimmung der Legislative einzuholen, finde ich schon ein starkes Stück, zumal der Entwurf aus dem Innenministerium stammt. Jetzt frage ich einmal in unsere Reihen hinein: Trauen Sie sich bereits selbst nichts Vernünftiges mehr zu? Und was heißt das in der Praxis?

Lassen Sie mich auch hier ein Beispiel geben. Im alten Gesetz heißt es zum Beispiel, dass zum Mit

glied des Vorstandes nur bestellt werden darf, „wer über die persönliche und fachliche Eignung sowie über die erforderliche wirtschaftliche Erfahrung verfügt“. In der Gesetzesänderung heißt es nun, dass zum Mitglied des Vorstandes bestellt werden darf, „wer zuverlässig ist und über die erforderliche fachliche Eignung verfügt“. Abgesehen davon, dass ich nicht verstehe, warum hier diese Lockerung in der Qualifikation vorgenommen werden soll, stelle ich mir folgende Frage: Was passiert, wenn dem Innenministerium der Wortlaut „zuverlässig“ auch nicht mehr so richtig passt? Kann er angepasst werden, zum Beispiel in „linientreu“ oder „abhängig beschäftigt“ oder was auch immer? Was ist eine Unstimmigkeit des Wortlautes? Kann mir hier einer der regierungstragenden Fraktionen, der das Gesetz jetzt beschließen will, erklären, was „Unstimmigkeit des Wortlautes“ bedeutet, wie weit eigentlich die Exekutive das hier beschlossene Gesetz eigenmächtig ändert?

Das Gesetz ist ganz offenkundig mit heißer Nadel gestrickt. Das erstaunt mich, hatte das Ministerium doch fast zwei Jahre Umsetzungszeit. Dieses Gesetz enthält einen extremen Freibrief für das Innenministerium, nachträglich Änderungen am Gesetzestext vorzunehmen. Das ärgert mich, weil ich als Mitglied des gesetzgebenden Organs nicht bereit bin, dem Innenministerium diesen Freibrief zu erteilen.

(Beifall bei der FDP)

Und dieses Gesetz ist in einem unmöglichen parlamentarischen Verfahren hier durch das Haus gegangen. Das ist absolut inakzeptabel. Meine Fraktion wird deshalb nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Kubicki. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich mit der inhaltlichen Änderung des Gesetzes beschäftigt, und ich denke, auf die formalen Vorwürfe wird gleich die Landesregierung eingehen. Das muss ich hier nicht tun.

Es geht um zwei Dinge. Es geht einmal um die EURichtlinie. Da soll jetzt die Abschlussprüfung von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen in Landesrecht umgesetzt werden. Das muss sein,

(Wolfgang Kubicki)

da gibt es kein Vertun. Wir sehen keinen Grund, dem nicht zuzustimmen. Also stimmen wir zu.

Das Zweite ist tatsächlich ein Ereignis, meine Damen und Herren: Das Erste Verwaltungsmodernisierungsgesetz - auch Flop 1 genannt - ist wieder aus der Schublade herausgeholt worden. Das ist natürlich ein großer Erfolg für Herrn Schlie heute. Ich glaube, es ist auch sein erster Erfolg.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Den habe ich schon länger nicht gesehen!)

- Er ist leider nicht da, sonst hätte ich gern mit ihm seinen Erfolg gefeiert, aber vielleicht macht er weitere Verwaltungsmodernisierungsgesetze für die Schublade. Dieses Erste Verwaltungsmodernisierungsgesetz hatte zwölf oder dreizehn Artikel. Einer davon wird heute nach drei Jahren umgesetzt. Ich finde, dass die Regierung da echt einmal etwas zustande gebracht hat und dass es in diesem Land vorangeht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Ihre Ironie verstehen die nicht!)

- Das macht nichts.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der Beifall der CDU?)

Was Herr Schlie zurzeit erarbeitet, wo wir ein Stück vorangegangen sind, kann vielleicht der Innenminister gleich einmal beantworten.

Hier geht es auf jeden Fall um aus unserer Sicht vernünftige Lösungen. Es geht unter anderem darum - das ist auch eben erwähnt worden -, dass die Sparkassenaufsicht jetzt konzentriert werden soll, dass nicht mehr zwei Ministerien zuständig sind, sondern nur noch eins. Das scheint uns vernünftig zu sein. Es geht um andere weitere, kleinere fachspezifische Änderungen - auch dazu haben meine Kolleginnen und Kollegen eben schon viel gesagt -, unter anderem um die Aufhebung einer Beschränkung bei der Abführung ausschüttungsfähiger Ausschüsse.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion stimmt dem Gesetz so zu, wie es ist. Wir erwarten allerdings angesichts dessen, was Herr Kubicki eben gesagt hat, dass die Landesregierung noch einmal etwas zu diesem neu eingefügten Artikel sagt. Da sollte sie noch einmal deutlich machen, welche Interpretationshoheit sich ihr da jetzt bietet und wie sie diese nutzen wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Frau Abgeordneter Monika Heinold. Das Wort für den SSW im Landtag hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ernsthaft überlegt, ob ich meinen Redebeitrag jetzt vor dem Hintergrund dessen ändern muss, was der Kollege Kubicki und die Kollegin Heinold gesagt haben. Ich kann Sie beruhigen. Ich werde eine nette Rede halten, und wir werden dem Gesetzentwurf auch zustimmen.

Gleichwohl ist es natürlich richtig, dass auch in Detailfragen - auch wenn es um formale Sachen geht nicht geschlampt, sondern handwerklich gut gearbeitet werden sollte. Ich denke, das steht außer Frage.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir haben trotzdem keine Probleme damit, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, weil wir in der Finanzausschusssitzung doch erklärt bekommen haben, dass es sich wirklich nur um Formales gehandelt hat.

Der SSW steht weiterhin zum jetzigen Sparkassensystem mit seiner Verantwortung für die Daseinsvorsorge auf regionaler Ebene. Dieser Gesetzentwurf hat auch nichts mit der anderen Sparkassendiskussion zu tun, die wir wieder führen werden, wenn der Gesetzentwurf der FDP hier im Plenum behandelt werden soll.

Hier geht es um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Trotzdem will ich noch mal grundsätzlich hervorheben, dass sich gerade die Sparkassen ihrer regionalen Verankerung in der Vergangenheit gestellt haben und es weiterhin tun, dass sie die regionale Wirtschaftsstruktur immer entschieden unterstützt haben - durch günstige Kredite an den Mittelstand und auch an die Landwirte vor Ort und auch durch ein relativ großes Filialnetz in der Fläche, das den Bürgerinnen und Bürgern im ländlichen Raum immer zugute gekommen ist.

Die vorgeschlagenen Änderungen im Sparkassengesetz kann der SSW unterstützen. Dabei geht es insbesondere darum, dass die Arbeit des Verwaltungsrates verbessert wird. Zum Beispiel muss beim Wertpapierhandel jetzt mindestens ein Mitglied über Sachverstand in der Rechnungslegung oder Abschlussprüfung verfügen. Alternativ kann ein gesonderter Prüfungsausschuss eingesetzt wer

(Monika Heinold)

den. So werden die Kontrollmöglichkeiten des Verwaltungsrates dem Vorstand gegenüber verbessert.

Nicht zuletzt das Beispiel der Flensburger Sparkasse, die jetzt ja nach fast 70 Millionen € Verlustabschreibungen mit der Nord-Ostsee-Sparkasse fusioniert, zeigt, dass dies notwendig ist. Der Verwaltungsrat braucht bessere Kontrollmöglichkeiten, wenn er seine Arbeit ernsthaft und gewissenhaft umsetzen soll.

Auch die Bestimmung, dass die Kompetenzen der Prüfungsstelle des Sparkassen- und Giroverbandes ausgeweitet und die Anforderungen an das Personal der Prüfungsstelle dem angepasst werden sollen, verbessern die Kontrollmöglichkeiten gegenüber dem Vorstand der Sparkasse. Auch dies hätte womöglich bei der Flensburger Sparkasse einen positiven Effekt gehabt, und auch das begrüßen wir. Wir begrüßen den Gesetzentwurf in diesem Punkt.

Es ist ebenfalls positiv, dass in Zukunft den Vertretern des Trägers vor dem Beschluss über die Schließung von Zweigstellen Gelegenheit gegeben werden soll, dazu Stellung zu nehmen. Gerade bei fusionierten Sparkassen - von den wir eine ganze Reihe haben - sind die einzelnen Kommunen im Verwaltungsrat nicht immer ausreichend vertreten.

Da wir alle wissen, welch ein sensibles Thema eine Zweigstellenschließung vor Ort ist, kann ein formales Recht auf Stellungnahme des Trägers, in dem dann auch die kommunale Vertretung mitwirkt, durchaus sinnvoll sein.

Ich glaube nicht, dass diese Gesetzesänderung dazu führen wird, dass in der damit verbundenen Anhörung die Wettbewerber der Sparkasse detaillierte Kenntnisse über betriebswirtschaftliche Daten der Sparkasse bekommen, wie es der Sparkassen- und Giroverband in seiner Stellungnahme zum Gesetz befürchtet. Hier wird man in den einzelnen Sparkassen Wege finden, mit diesem Thema verantwortungsvoll umzugehen.

Auch bei der Bestimmung, dass die Sparkassen in Zukunft bis zu 35 % vom Jahresüberschuss an den Träger abführen können, ist der SSW anderer Meinung als der Sparkassen- und Giroverband. Genau wie die kommunalen Landesverbände befürworten wir die Erweiterung der Ausschüttungsmöglichkeiten an den Träger. Hier wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Träger stärker als bisher von einem erfolgreichen Geschäftsjahr der Sparkasse profitieren. Ich denke, das ist im Sinne des Sparkassensystems. Wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Thomas Rother [SPD])

Ich danke Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk. Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Lothar Hay.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf das eingehen, was der Herr Oppositionsführer dem Innenministerium vorgeworfen hat. Es geht bei der Novellierung des Sparkassengesetzes, die heute dem Hohen Haus vorliegt, um Umsetzung von europäischem Recht. Im Innen- und Rechtsausschuss ist auch schon deutlich gemacht worden, Herr Kollege Kubicki, dass es dazu einer bundesweiten Abstimmung der Länder untereinander bedurfte. Die Zeitverzögerung und auch, dass es eine längere Abstimmung gegeben hat, hat auch mit den zuständigen Bundesministerien zu tun. Insofern konnte der Gesetzentwurf leider erst zu einem sehr späten Zeitpunkt vorgelegt werden.

Was Artikel 2 des Gesetzentwurfs angeht, den Sie angesprochen haben - Sie sind nach meinem Kenntnisstand ja Jurist -, darf ich auf § 326 Abs. 2 des Landesverwaltungsgesetzes verweisen:

„Das fachlich zuständige Ministerium wird ermächtigt, geänderte Gesetze in ihrer geltenden Fassung bekannt zu machen, und dabei Unstimmigkeiten des Wortlauts zu beseitigen.“

Soll darüber hinaus die Paragrafenfolge neu festgelegt werden, bedarf es einer ausdrücklichen Ermächtigung im letzten Änderungsgesetz. Das heißt, es ist ein übliches Verfahren. Das ist im Innen- und Rechtsausschuss ebenfalls so erklärt worden.

Ein weiterer Punkt, warum im Finanzausschuss noch etwas anderes vorgelegt worden ist: Es steht mir nicht zu, irgendein Parlamentsgremium zu kritisieren, aber im Innen- und Rechtsausschuss ist leider vergessen worden, Artikel 3 des Ersten Gesetzes zur Modernisierung der Verwaltung mit zu beschließen. Das hat der Finanzausschuss bemerkt und hat es nachgeholt. Das waren die von Ihnen angesprochenen Punkte.

Da sie inhaltlich aus meiner Sicht zu dem vorgelegten Gesetzentwurf keine Kritik haben, gehe ich zumindest davon aus, dass ich an dieser Stelle aus

(Anke Spoorendonk)

drücklich den Vorwurf der schlampigen Behandlung mit Abscheu und Empörung für die Landesregierung zurückweise.

Was den Inhalt betrifft, ist darauf hingewiesen worden: Erstens. Umsetzung des europäischen Rechts. Zweitens. Bei dieser Gelegenheit sind noch einige andere wichtige Punkte geregelt worden, einmal was die Ausschüttung betrifft. Ich will das, was von den Vorrednern gesagt worden ist, nicht wiederholen, weil ich in diesem Fall von dem pädagogischen Prinzip der Wiederholung nicht Gebrauch machen möchte. Es ist aber so, dass die Sparkassen sehr sorgfältig prüfen, bevor sie ausschütten. Es hat in der Vergangenheit nur drei Sparkassen von 16 gegeben, die etwas ausgeschüttet haben. Was die Debatte darum angeht, dass vor der Schließung einer Zweigstelle immer der Träger dazu gehört werden kann, ist immer eine Forderung der kommunalen Landesverbände gewesen.

Insofern glaube ich, dass wir mit diesem Gesetzentwurf, der heute vom Parlament verabschiedet werden soll, geltendes europäisches Recht in schleswig-holsteinisches Recht umsetzen und gleichzeitig das eine oder andere verändern, was aus meiner Sicht mit Blick auf die Fachkompetenz dringend erforderlich war. Insofern ist dies aus meiner Sicht ein sehr gut erarbeiteter Gesetzentwurf.

(Beifall bei SPD und CDU)