Protocol of the Session on May 29, 2008

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das glaube ich nicht!)

Ob Promenaden ausgebaut, Internetauftritte professionalisiert, der ÖPNV an die Bedürfnisse angepasst oder der Urlaub barrierefrei gestaltet werden soll - es geht um passgenaue und zielgruppengerechte Angebote genauso wie um investive Maßnahmen.

Spaß- und Wellnessbäder sind im Trend, aber gewiss kein Allheilmittel. Ich gebe Ihnen, Frau Heinold, recht, dass sich die einzelnen Projekte im Wettbewerb nicht untereinander gefährden dürfen, und das, was bereits besteht, darf in seiner Existenz nicht bedroht werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch ich möchte auf ein abschreckendes Beispiel Bezug nehmen, nämlich auf den Streit zwischen Glücksburg und Flensburg; nachzulesen ist dies im „Flensburger Tageblatt“ von heute. Es geht um zwei Spaßbäder im Abstand von gerade einmal zehn Kilometern mit einem fast identischen Einzugsbereich. Da kommt man schon ins Grübeln.

(Günter Neugebauer [SPD]: Verschwendung von Steuergeldern!)

Die Bäder dürfen sich natürlich nicht gegenseitig die Gäste wegnehmen. Sie dürfen sich nicht gegenseitig kannibalisieren; diesen Ausdruck fand ich in diesem Zusammenhang sehr passend. Die Abstimmung von Planungen zwischen Nachbargemeinden ist unerlässlich. Wir haben gestern viel über den Dirigismus seitens der Landesplanung gesprochen. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die Gesamtbetrachtung einer Region Sinn macht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Regina Poersch)

Die Frage nach der Tragbarkeit der Folgekosten für Kommunen muss sich natürlich zu allererst eine Kommune selbst beantworten. Aber auch das Land ist gefragt. Ich sage es noch einmal: Es darf Landesgeld nur für Projekte geben, die Sinn machen. Deshalb liegt jedem Antrag ein Finanzierungsplan zugrunde.

Ein weiteres Anliegen sind mir in diesem Zusammenhang unsere Sportbäder. Bei aller Notwendigkeit touristischer Fördermittel darf die Förderung im Tourismus nicht dazu führen, dass unsere Sportbäder zu kurz kommen. Sie sind zum Teil in die Jahre gekommen und in mancher geschlossenen Schwimmhalle können Schulen keinen Schwimmunterricht mehr abhalten.

(Lars Harms [SSW]: Siehe Flensburg!)

Insofern müssen wir aufpassen, wie wir mit Landesmitteln umgehen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Den Bericht des Wirtschaftsministers sollten wir heute zur Kenntnis nehmen. Wir können ihn gerne aufgreifen, wenn der von SPD und CDU erbetene umfassende Bericht zur Förderpolitik in der Tourismuswirtschaft im Oktober vorliegt. Dann haben wir eine gute Gesamtschau auf das Land.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Regina Poersch, und für die FDP-Fraktion hat deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt noch Highlights in diesem Landtag. Das möchte ich betonen.

(Zuruf: Ihre Rede! - Heiterkeit)

- Nein, ich meine nicht meine Rede, sondern die Tatsache, dass ich den Redebeitrag der Kollegin Heinold fast wörtlich hätte halten können. Ich möchte versuchen, ihn in einigen Punkten zu ergänzen, wiewohl er in seiner Conclusio zutreffend war.

Am 27. September 2007 veröffentlichte der Bund der Steuerzahler das „Schwarzbuch der Steuerverschwendung“. Dort warnten die obersten Verschwendungsprüfer des Bundes auf der Seite 54 vor einer enormen Steuergeldverschwendung durch

überflüssige Bäder-Konkurrenz in Schleswig-Holstein. Diese Mahnung ist bei Weitem nicht unbegründet. Ich empfehle Ihnen diese Lektüre.

So soll in Schleswig für rund 14 Millionen € ein neues Thermalbad entstehen sowie für bis zu 5 Millionen € ein neues Sportbad. Das Land hat zumindest für die Therme einen Förderzuschuss in Höhe von 70 % in Aussicht gestellt. Auf Sylt wurden gerade 15 Millionen € in der Keitum-Therme versenkt, obwohl fünf Kilometer entfernt die Sylter Welle ein nahezu identisches Angebot bereithält. Ich bin seit über 30 Jahren auf dieser Insel. Mit mir ist dort eine Reihe weiterer Persönlichkeiten begegnet, aber ich habe noch niemanden kennengelernt -

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Was heißt Persön- lichkeit? - Heiterkeit)

- Kollege Arp, warst du denn schon einmal in der Keitum-Therme schwimmen?

Deshalb haben wir nachgefragt, wie die Prognosen zustande kamen, die die Gutachter ihren Anträgen zugrunde gelegt haben. Wir haben festgestellt, dass die gleichen Gutachten - allerdings mit dem Austausch des Ortes - auch für andere Orte in Schleswig-Holstein passen würden. Die Besucherzahlen sind so illusorisch, dass jeder, der Kenntnisse vor Ort hat, nur mit dem Kopf schütteln kann.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Flensburg hat bis auf die beiden FDP-Vertreter offenbar kein Kommunalpolitiker das Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes gelesen. Ich bin wirklich beeindruckt, wie sich die Kommunalvertreter der beiden damals noch großen Fraktionen von CDU und SPD - heute sind sie ja etwas kleiner - für dieses Bad haben entscheiden können. Denn im April 2008 hat die Stadt Flensburg beschlossen, ein neues Spaßbad zu errichten und dieses mit 37,5 Millionen € zu finanzieren. Das alles geschah, obwohl im März 2007 in Glücksburg die Fördeland-Therme eröffnet wurde. Für dieses, damals als - ich zitiere - „Leuchtturm-Projekt für die Tourismusregion Flensburger Förde“ gefeiertes Projekt, leistete das Land einen Zuschuss in Höhe von 7,1 Millionen € bei Baukosten von 14 Millionen €.

Eine Konkurrenz sollte es im Umkreis von 30 km ausdrücklich nicht geben. Die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2002 bezeichnet die Stadt Flensburg sogar explizit als Kerneinzugsgebiet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die einzelnen Bäder gefährden, mit Steuergeld finanziert, gegensei

(Regina Poersch)

tig ihre Wirtschaftlichkeit. Das ist Kannibalismus in Reinform. Und auch dem heutigen Bericht der Landesregierung können wir weder ein landesweites Konzept noch eine gewisse Koordination entnehmen. Hier wird schlicht Steuerzahlergeld verschwendet.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ja nicht so, dass das Land oder die Kommunen finanziell so gut dastehen, dass sie sich diese Verschleuderung von Steuergeldern leisten können.

Es ist schlicht so, dass mit den 7,1 Millionen € Steuergeldern in Glücksburg nicht sorgsam umgegangen wird, wenn in Flensburg ebenso ein Hallenbad mit Spaßbad-Elementen gebaut wird. In diesem Zusammenhang bin ich dem Minister für seine eingängige Formulierung: „Spaßelemente raus, Sportbad rein“, äußerst dankbar.

Es ist schlicht so, dass es sich um eine Wettbewerbsverzerrung handelt, wenn das Campus-Hallenbad in Flensburg jährlich mit 1,5 Millionen € Fördergeld ausgestattet wird, die Fördeland-Therme in Glücksburg hingegen ohne Betriebskostenzuschuss aus öffentlichen Kassen betrieben wird. Und es ist schlicht so, dass beide Bäder nicht wirtschaftlich betrieben werden können, sondern dass es absehbar zu einem weiteren Bedarf an Steuergeldern kommen wird. Denn wenn ein privater Investor in Flensburg einen lukrativen Spaßbadstandort sehen würde, dann bräuchte er sicherlich auch keine Zuschüsse in Höhe von 37,5 Millionen € aus öffentlicher Hand.

Aber auch die übrigen Zahlen sprechen eine recht eindeutige Sprache. Die Planer der Betreiberfirma für das Campus-Hallenbad rechnen mit 200.000 zahlenden Gästen. Geht man davon aus, dass das Bad jeden Tag die Woche geöffnet ist, wären dies im Schnitt 550 zahlende Gäste pro Tag. Dass diese Zahl nahezu unerreichbar ist, zeigt Glücksburg. Dort wurde ohne die Flensburger Konkurrenz mit 720 zahlenden Besuchern gerechnet. Doch schon in den ersten Wochen war die Besucherzahl bei Weitem nicht so hoch wie erhofft. Im Schnitt sind es nur 415 zahlende Besucher, und zwar ohne Konkurrenz. Wenn die beiden Bäder nun in Konkurrenz zueinander stehen, dann ist mir schleierhaft, woher die Besucherzahlen kommen sollen.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es lohnt sich ein Blick nach Cottbus. Dort existiert die Lagune. Be

treiber ist der zukünftige Betreiber des CampusHallenbades in Flensburg. Das Finanzkonzept ist annähernd identisch. Dort wurde mit 260.000 Besuchern kalkuliert, gekommen sind im Jahr 2007 nur 149.000. Ende April 2008 drohte der Betreiber der Stadt mit der Insolvenz aufgrund eines Fehlbetrages von 85.000 €. Daraufhin durfte die Stadt 100.000 € aus der Verfügungsbürgschaft hinterherschießen. Ich sage: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wie es sich in Flensburg entwickeln wird. Genau dasselbe droht nämlich meiner Meinung nach in Flensburg.

Insofern finde ich es schon etwas befremdlich, dass mir die Landesregierung auf meine Kleine Anfrage vom 24. April auf vier der gestellten acht Fragen nicht antwortet und als Begründung dafür bringt: Das Konzept für das Campus-Hallenbad steht der Landesregierung nicht zur Verfügung.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht hier um Fördergelder des Landes. Es geht um öffentliche Mittel der Stadt Flensburg. Es geht um Steuerzahlergeld. Das kann uns allen nicht egal sein. Genauso befremdlich finde ich die Äußerungen der Kommunalaufsicht in Person von Innenminister Lothar Hay, er fühle sich nicht zuständig. Das Land hat zwar wenig Möglichkeiten, aber es hat einen rechtlichen und finanziellen Gestaltungsspielraum, um auf Kommunen, die sich schädlich verhalten, in angemessener Weise einzuwirken.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da in diesem Punkt in diesem Haus Einvernehmen herrscht, gehe ich davon aus, dass wir Mittel und Wege finden werden, um dies durchzusetzen. Ich denke, dass wir uns im Ausschuss mit dieser Frage angemessen beschäftigen werden.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki und erteile für den SSW im Landtag Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussionen über Sinn und Unsinn

(Wolfgang Kubicki)

von öffentlich geförderten Schwimmbädern in Schleswig-Holstein hat in der Tat in den letzten Jahren zugenommen, und von daher begrüßt der SSW, dass die Grünen dieses Thema aufgegriffen und dazu einen Bericht von der Landesregierung gefordert haben.

In den letzten Wochen hat insbesondere die Entscheidung für das Campus-Hallenbad in Flensburg für große Aufregung gesorgt, weil es nur wenige Kilometer entfernt in Glücksburg mit der Fördeland-Therme schon ein sogenanntes Spaßbad gibt. Auch auf Sylt haben die Planungen für die sogenannte Keitum-Therme Sylt-Ost zur Diskussionen geführt, weil es bereits mit der Sylter Welle in Westerland ebenfalls in unmittelbarer Nähe ein anderes Bad gibt.