Protocol of the Session on February 27, 2008

Redet ein Minister oder der Ministerpräsident zuletzt in der angemeldeten Zeit einer Aktuellen Stunde, haben danach künftig alle Fraktionen die Chance zu einer Reaktion, egal, wie weit wir im Zeitablauf sind.

Es wird festgeschrieben, dass die Landesregierung künftig Fragen und Briefe von Landtagsabgeordneten innerhalb von 14 Tagen zu beantworten hat. Das ist ein ganz wichtiger Punkt auch für unsere inhaltliche Arbeit.

(Beifall bei CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Damit stärken wir auch unsere Wahlkreisarbeit. Dadurch können wir als Landtagsabgeordnete auch schneller Bürgerfragen beantworten.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Die Regierung ist komplett abgewandert!)

- Die liest das ja später und wird es spätestens zur Kenntnis nehmen, wenn wir beim nächsten Mal nach dieser Geschäftsordnung verfahren.

(Beifall)

Ich bin davon überzeugt, dass diese Fragen auch sehr schnell beantwortet werden können. In den Ministerien sind ja viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorhanden.

Vorgeschlagen wird weiterhin ein anderer Umgang mit Dringlichkeitsanträgen. Dabei haben wir eine Szene aus dem letzten Jahr vor Augen, die wir alle gemeinsam nicht wiederholt sehen möchten. Wir sagen schlichtweg, dass jede Fraktion die Chance hat, die Dringlichkeit zu begründen. Es soll nicht der Präsident oder die Präsidentin feststellen, ob zur Sache oder zur Dringlichkeit geredet wird. Ich glaube, auch das ist ganz wichtig.

(Beifall)

Bei Zwischenfragen kommen wir ebenfalls zu einer Neuerung. Die Zeit für die Fragestellung und Beantwortung wird nicht mehr auf die Redezeit angerechnet. Dafür gibt es einen Bonus von einer Minute. Das bedeutet insgesamt auch mehr Lebendigkeit im Parlament. Der Nachteil ist, dass ab sofort die Ausrede nicht mehr zieht, dass eine Zwischenfrage nicht mehr gestattet wird, weil die Redezeit abläuft.

(Beifall)

Da kann nur noch die Anmerkung gelten, dass das hier kein Quiz, sondern eine Parlamentsdebatte sei. Der Punkt entfällt; das sollten wir also wissen. Wir schlagen das zur Veränderung vor.

Zur Vereinfachung für alle Beteiligten werden Tagesordnungspunkte ohne Aussprachebedarf in Zukunft in einer Sammelabstimmung zur Abstimmung gestellt. Ich glaube, auch das macht Sinn; denn das Verfahren, das wir hier bisher praktiziert haben, war erstens zeitraubend, zweitens nervig und drittens für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

- Wir machen nicht alles für die Öffentlichkeit, Herr Kollege Weber, aber wenn uns die Öffentlichkeit im Groben folgen kann, ist es auch schön.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben noch weitere Vereinbarungen getroffen. Ich will eine

(Torsten Geerdts)

nennen. Wir haben sie in unserem Antrag nicht festgeschrieben, mir ist aber wichtig, dass wir es in der Parlamentsdebatte auch deutlich machen, dass wir gesagt haben: Da gibt es eine Verständigung.

Wir haben gesagt, dass es nicht der Regelfall sein darf oder seltener vorkommen soll, dass Sachanträge durch Berichtsanträge ersetzt werden.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist eine Verständigung, die wir getroffen haben. Das nimmt uns allesamt in die Pflicht. Das bedeutet aber auch, dass es zu weniger zeitlicher Verschiebung und zu schnelleren Entscheidungen kommt. Ich glaube, dass es dem Parlament sehr gut tut. Das bedeutet insgesamt, dass die Regierung noch einen Tick schneller werden darf. Dafür bin ich immer noch. Auch dazu wollen wir einen Beitrag leisten. Das konnten wir nicht in die Geschäftsordnung schreiben. Es gibt aber die Vereinbarung und so eine Vereinbarung soll nicht geheim bleiben, denn ansonsten wird sie nicht umgesetzt.

Das sind die Punkte, auf die wir uns verständigt haben. Meine Redezeit ist zu Ende. Ich gehe davon aus, dass wir weitere Verständigungen hinbekommen, um dieses Parlament noch flotter und noch lebendiger zu machen. Ansonsten sind wir schon ordentlich davor und ein modernes und attraktives Parlament. Den Rest machen wir beim nächsten Mal.

(Beifall)

Ich danke Herrn Abgeordneten Torsten Geerdts und erteile für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Holger Astrup das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gustav Heinemann hat einmal gesagt: „Wohl dem Politiker, der nichts zu sagen hat und trotzdem schweigt.“ Ich finde, das ist eine hochinteressante Formulierung. Ich wollte sie eigentlich gegenüber Herrn Kollegen Kubicki gebrauchen, aber der ist nun leider nicht da. Fürs Protokoll: Ich bitte, ihm das weiterzuerzählen, weil er die Eigenschaft hat, immer gern dann zu reden, wenn er nicht dran ist.

Vorschriften der Geschäftsordnung sind Spielregeln, die sich Vereine und eben auch ein Parlament

geben. Herr Kollege Geerdts hat schon auf eine Reihe davon hingewiesen. Ich will versuchen, das zu ergänzen. Die Voraussetzung dafür, dass wir uns so verhalten können wie angedeutet - Sachanträge und Abstimmungen, die kein Mensch mehr versteht -, ist, dass wir auch Alternativanträge förmlich erlauben. Das werden wir mit der Änderung der Geschäftsordnung tun, vorausgesetzt, dass die jeweiligen Antragsteller damit einverstanden sind. Auch das ist ein Zeichen dieses Parlaments. Ich komme auf einen anderen, für mich und für unsere Fraktion wichtigen Punkt noch einmal zurück.

Wir wollen lebendiger und etwas lebhafter werden. Nun entsteht bei Besucherinnen und Besuchern immer der Eindruck, dass wir relativ lebhaft sind, wenn auch nicht immer zur Sache. An der Stelle werden wir auch den Versuch machen - Torsten Geerdts hat darauf hingewiesen -, dass die übliche Ausrede: „Ich habe keine Zeit zur Beantwortung einer Zwischenfrage!“ wegfällt und man dringend einer neuen Begründung bedarf, wenn man die Zwischenfrage ablehnt, weil die Begründung, dass man im Rahmen eines Dreiminutenbeitrags keine Zeit mehr habe, logischerweise nicht mehr funktioniert. Ich bin sicher, dass irgendjemandem irgendetwas einfallen wird.

Das mit der Aktuellen Stunde ist auch noch so ein Punkt. Sie wird aktueller, das ist richtig. Ich sage einmal etwas boshaft und spöttisch in Richtung der jeweiligen Antragsteller: Ich vermute, dass die Inhalte der Wochenendausgaben unserer Zeitung noch intensiver gelesen werden als vorher,

(Heiterkeit und Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP], Torsten Geerdts [CDU] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sodass wir dann an der Stelle eine deutliche Verbesserung - na ja, wir werden sehen -, vielleicht eine Verbesserung bekommen. Ganz sicher bin ich nicht.

Wie Sie wissen, sind alle Parlamentarischen Geschäftsführer zwangsläufig Anhänger und begeistert von Geschäftsordnungen, denn Geschäftsordnungen bedeuten logischerweise auch dann eine Feinsteuerung, wenn irgendwelche Probleme auftauchen. Die Geschäftsordnung hilft immer. Wenn man etwas profundere Kenntnisse dieser Geschäftsordnung hat, kann man Probleme lösen, bevor andere merken, dass sie überhaupt entstanden sind.

(Zuruf des Abgeordneten Hartmut Hamerich [CDU])

(Torsten Geerdts)

Wir wollen die Geschäftsordnung auch weiterhin fortschreiben, auch das ist ein wichtiger Hinweis. Man darf nur nie vergessen, dass Geschäftsordnungen - das gehört zur Ehrlichkeit dazu - natürlich auch, wenn Sie so wollen, hässlich ausgedrückt ein Machtfaktor sein können. Dieser Machtfaktor bedeutet, dass Minderheit und Mehrheit auch nie durch Geschäftsordnungen relativiert werden können.

Die Frage, was Mehrheit ist, hat Friedrich Schiller einmal beantwortet, indem er gesagt hat: „Mehrheit ist der Unsinn, Verstand ist stets bei wen’gen nur gewesen“ - wobei wir dann wieder bei den Parlamentarischen Geschäftsführern wären.

(Heiterkeit)

Diese Parlamentarischen Geschäftsführer werden den Versuch machen, unsere Spielregeln weiterzuentwickeln und auf die Art und Weise dieses Parlament tatsächlich etwas lebendiger zu machen.

Deshalb noch zum Schluss, weil der Kollege Geerdts vieles gesagt hat, was ich nicht zu wiederholen brauche, ein Hinweis, der uns ganz besonders wichtig ist: Sie wissen, dass die derzeitige Zusammensetzung des Landtags - 59 zu zehn - auf der Grundlage unserer Verfassung im Prinzip der Opposition null Rechte ermöglichen würde. Alles das, was wir zum Beispiel heute exerziert haben, die namentliche Abstimmung, wäre nach unserer Verfassung gar nicht möglich, wenn nicht - das bitte ich einmal, auch in Richtung unserer Besucherinnen und Besucher erwähnen zu dürfen - die große Mehrheit der Großen Koalition mit 59 zu zehn Abgeordneten eine freiwillige Vereinbarung eingegangen wäre, in der - Frau Heinold, ich glaube, 19 Regelungstatbestände enthalten sind, durch die die Große Koalition der Opposition, die das zahlenmäßig im Moment nicht kann, zu ihrem verfassungsmäßig verbrieften Recht verhilft.

Mir liegt ausgesprochen viel daran, dies einmal hier zu erwähnen, weil ich Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Landtagsfraktionen erlebt habe, die den Kopf geschüttelt haben, als ich ihnen erzählt habe, wie wir mit Oppositionsrechten umgehen. Ich finde, wir können und sollten auch ab und an ein bisschen stolz darauf sein. Ich habe den Versuch gemacht, das an dieser Stelle zu erwähnen.

Jeder Mensch hat seine Rituale, doch er sollte sie von Zeit zu Zeit überprüfen. Wir haben dies getan, und ich glaube, wir haben das verantwortungsvoll getan. Die Tatsache, dass außer dem Kollegen Austermann dort hinten die Regierung nicht anwesend ist,

(Zurufe)

soll zum Ausdruck bringen, dass es offensichtlich auch ganz gut ohne Regierung geht. Wir werden sehen, wie das in Zukunft geht.

(Heiterkeit und Beifall)

Das Wort für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern ging eine dpa-Meldung über den Ticker mit dem Titel - ich möchte es Ihnen wirklich als Zitat vortragen -: „Landtag/Fraktionen streiten über Geschäftsordnung.“ Das war ein Bericht über die konstituierende Sitzung des Niedersächsischen Landtages, wo sie sich über Fragen der Geschäftsordnung wirklich gestritten haben wie die Kesselflicker. Da fällt mir der Titel eines Films von Detlef Buck ein, ich werde ihn in freier Anlehnung zitieren: Wir können auch anders.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

So ist es eben in Schleswig-Holstein in der Tat anders. Ich will Ihnen sagen - ich glaube, ich verrate aus unserer Runde kein Geheimnis -, dass die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer jedenfalls in den Diskussionen über die Frage, über die wir heute entscheiden, übereingekommen sind und darin übereinstimmten, dass wir Fragen der Geschäftsordnung in unserem Parlament im Konsens regeln wollen und dass das keine Streitfrage sein soll.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich glaube, dass es gerade im Hinblick auf das Verhältnis von Mehrheit und Opposition, Mehrheit und Minderheit eine ganz wichtige Frage des parlamentarischen Stils und des parlamentarischen Klimas, der Form, in der man miteinander zusammenarbeitet, ist. Dazu gehörte auch, dass wir nach erster Sichtung der vielen Papiere, die wir natürlich von unserer fleißigen Verwaltung bekommen haben Stichwort: Wie sind die Sitten und Gebräuche in anderen Landesparlamenten -, zum Ergebnis gekommen sind, dass wir die Abgeordneten in Schleswig-Holstein sind. Was die Kolleginnen und Kollegen irgendwo sonst in Bayern vielleicht für richtig