Es ist nun mal eine fatale Eigenschaft des UK S-H, dass sich praktisch einer der beiden Standorte ständig auf der Verliererstraße sieht.
Früher war das vor allen Dingen Lübeck, jetzt ist es Kiel. Dieses Dauerproblem könnte man ad acta legen, wenn man das UK S-H wieder entflechten würde. Ein weiterer Pluspunkt wäre die Chance der Uni Lübeck, damit den Weg zur Stiftungsuniversität zu öffnen mit der Perspektive, für das Lübecker Klinikum einen privaten Mitstifter zu finden und langfristig für die Entwicklung der Lübecker Universität zusätzliches Stiftungskapital zu mobilisieren.
An beiden Standorten ließe sich dann für die Leitung von Klinikum und Fakultät ein Integrationsmodell verwirklichen, das heißt die Verzahnung der Leitungsebenen von Forschung und Lehre einerseits und Krankenversorgung andererseits. Das führt zu einem straffen, klaren Entscheidungsprozeß. Das hat sich beispielsweise bei der Sanierung des Klinikums in Hannover als ein sehr erfolgversprechender Ansatz herausgestellt. Auch der Landesrechnungshof empfiehlt grundsätzlich ein Integrationsmodell. Das lässt sich tatsächlich aber nur verwirklichen, wenn vorher die Standorte Kiel und Lübeck des Universitätsklinikums wieder getrennt werden. Anderenfalls setzte das Integrationsmodell voraus, dass auch beide Fakultäten, die Lübecker und die Kieler, miteinander verzahnt werden müssten. Dann wäre in der Tat die Lübecker Universität nur noch ein Torso. An eigenen Strukturen bliebe bei ihr praktisch kaum noch etwas übrig. Ein Integrationsmodell für die Leitungsstrukturen des Universitätsklinikums setzt also voraus, dass man die Fusionierung der Uni-Kliniken in Schleswig-Holstein wieder rückgängig macht. So einfach ist die Sache.
Übrigens hat die in Berlin 2003 vollzogene Uniklinikfusion - übrigens aufgrund der Empfehlung derselben Beraterfirma, die damals hier von Herrn Stegner eingesetzt worden ist - auch zu einem nicht gerade durchschlagenden Ergebnis geführt. Das Defizit des Berliner Universitätsklinikums, der neuen Charité ist sogar noch größer als beim schleswig-holsteinischen Universitätsklinikum. Die Entwicklung der letzten fünf Jahre ist überhaupt nicht erfolgreich gewesen. Die gleiche Situation wie hier. Mitte November letzten Jahres hat das Berliner Abgeordnetenhaus die Notbremse gezogen und sogar zwei Drittel des Landeszuschusses für Forschung und Lehre vorläufig gesperrt. Daran sieht man, wie rasch die Krise im Bereich der Krankenversorgung in einem Universitätsklinikum negative Rückwir
Bei den Kieler Hochschulmedizinern herrscht seit der Entscheidung, die Minister Austermann zum Verwaltungssitz des UK S-H herbeigeführt hat, Krisenstimmung. Man befürchtet, dass vor allem junge Forscher die Universität Kiel verlassen könnten. Es ist von einem Berlin-Bonn-Problem gesprochen worden. Man fühlt sich auf ein Abstellgleis geschoben, wenn Entscheidungen über Forschungsmöglichkeiten in den Uni-Klinika nicht mehr vor Ort getroffen werden. Die Krux liegt eben ganz einfach in der engen Verzahnung zwischen Krankenversorgung einerseits und Forschung und Lehre andererseits. Diese Verzahnung ist bei einem Uni-Klinikum in seiner Struktur angelegt. Deshalb ist die Furcht vor einer Abwanderung vom Standort Kiel auch nicht aus der Luft gegriffen. Vor wenigen Tagen, nämlich am 25. Januar, erschien im „Deutschen Ärzteblatt“ eine Stellenanzeige des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf für eine W-3Professur für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Im Ausschreibungstext findet man den verräterischen Satz:
Schließlich ist ein weiterer Gesichtspunkt anzusprechen. Jeder weiß doch, dass beim UK S-H die Masse des Sanierungsbedarfs in Kiel liegt. Der größere Teil der Sanierungsprobleme liegt aufgrund der älteren Infrastruktur, der älteren Gebäude, auch des älteren Klinikkonzepts mit der Pavillonstruktur nun einmal in Kiel. Wenn diejenigen, die als Management sozusagen die Problemlösungen im Bereich der Sanierung vor Ort in den Griff bekommen sollen, gar nicht mehr präsent sind, ist die Frage: Wie kann das auf sinnvolle Art und Weise wirklich funktionieren?
Alles in allem kommen wir unter Abwägung aller Gesichtspunkte, wenn man also Plus und Minus gegeneinander abwiegt, zu dem Fazit: Im Interesse einer vernünftigen Entwicklung an beiden Standorten, Kiel und Lübeck, wäre es am Besten, man würde die schleswig-holsteinische Uni-Klinikfusion wieder rückgängig machen und an beiden Standorten die Chance für einen Neustart eröffnen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Klug und erteile für den SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Situation im und um das UK S-H spitzt sich dramatisch zu und es drängt sich die Frage auf, wie es dazu kommen konnte. Seit dem Regierungswechsel im Jahr 2005 und dem Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrates kommt das Uni-Klinikum nicht mehr zur Ruhe. Das aufgelaufene Defizit in Höhe von circa 70 Millionen € und der Investitionsstau in Höhe von über 400 Millionen € lassen die Verantwortlichen offensichtlich in blinden Aktionismus verfallen - ohne Rücksicht auf Verluste.
Dabei steht das UK S-H im Vergleich mit anderen Uni-Kliniken in Deutschland nachweislich gut da, weil man Leistungen hier wirtschaftlicher erbringt als in anderen Bundesländern. Nur, diesen Vergleich will man hier im Land nicht gelten lassen. Auch müssen sich die aktuelle Regierung und die vergangene Regierung die Frage gefallen lassen, wie groß denn ihr Anteil an der angeblich desaströsen Situation des Uni-Klinikums eigentlich ist. Als Geldgeber für die Investitionen sind sie nämlich maßgeblich mit schuld an dem immer wieder dem UK S-H vorgeworfenen Investitionsstau und der sich daraus ergebenden zum Teil unwirtschaftlichen Infrastruktur.
Genauso hat die Politik die geringe Höhe des Basisfallwertes in Schleswig-Holstein mitzuverantworten. Stünde das UK S-H nämlich in NordrheinWestfalen oder in Hamburg, könnte es jährlich einen Überschuss in zweistelliger Millionenhöhe einfahren.
Der Presse können wir entnehmen, dass im UK S-H eine Wiederbesetzungssperre verhängt wurde und angeblich bis zu 1.000 Stellen abgebaut werden sollen. Betroffen seien vor allem die nicht wissenschaftlichen Berufsgruppen. Abgesehen davon, dass Wiederbesetzungssperren nicht gerade ein Kennzeichen von innovativem Sanierungsmanage
ment sind, fragen wir uns, wie lange die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Universitätsklinikums diese Situation noch ertragen. Sie sollen nämlich nicht nur den ständig steigenden Arbeitsdruck aushalten - nein, dazu wird im Zug der aktuellen Tarifverhandlungen auch noch mit Gehaltskürzungen im zweistelligen Prozentbereich gedroht. Und das, obwohl die Beschäftigten bereits durch den Beschäftigungspakt eine Gehaltskürzung haben hinnehmen müssen.
Es gehört schon sehr viel Idealismus dazu, unter diesen Bedingungen täglich seiner Arbeit zum Wohl der Patienten nachzugehen und nicht zu resignieren. Abgesehen davon wird sich der Personalmix durch die Nichtverlängerung von befristeten Verträgen zulasten der älteren Beschäftigten verschieben. Aber gerade die Mischung aus erfahrenen älteren Beschäftigten und jüngeren Mitarbeitern, die mit neuen Ideen am Universitätsklinikum tätig sind, führt dazu, dass man für die Zukunft gerüstet ist. Genau das verhindert die jetzige Wiederbesetzungssperre. Genau dort werden die jungen Leute nicht mehr zum Zug kommen. Wir werden eine „überaltete“ Personalstruktur haben,
Schon jetzt warnen die Beschäftigten aufgrund des Personalmangels öffentlich vor schlechterer Pflege im UK S-H. Hatte der Sanierer sich nicht eigentlich eine Verbesserung gerade auch dieser Situation und des Marketings auf seine Fahnen geschrieben? Das kann er damit wohl nicht gemeint haben. Statt durch eine Wiederbesetzungssperre planlos Stellen abzubauen, sollte man sich daran machen, die einzelnen Geschäftsbereiche durch modernes Personalmanagement zu stärken.
Nur mit gut ausgebildetem und vernünftig bezahltem Personal lässt sich der zukünftige Qualitätswettbewerb, den wir alle wollen, auch gewinnen. Wer an der falschen Stelle spart, spart das UK S-H kaputt.
Die durch die Politik neu entfachte Diskussion um den Verwaltungssitz ist zum jetzigen Zeitpunkt so überflüssig wie ein Kropf und hetzt die Standorte wieder gegeneinander auf. Das konnten wir in der Presse alle lesen. Das UK S-H hatte sich mit dem anfangs auch vom SSW kritisierten - Doppelsitz arrangiert und war auf dem Weg, insbesondere in der Verwaltung Prozesse campusübergreifend zu optimieren und Aufgaben an dem einen oder anderen Campus zu zentralisieren. Denn entscheidend ist doch, dass Aufgaben nur einmal und nicht doppelt wahrgenommen werden.
Zweitrangig ist dabei, ob die für beide Standorte zuständigen Mitarbeiter in Kiel oder in Lübeck sitzen. Es soll auch keiner glauben, dass bei einer Zentralisierung der Verwaltung in Lübeck oder Kiel das Pendeln zwischen den Standorten schlagartig aufhört. Wenn zum Beispiel der Vorstand nicht mehr pendelt, dann müssen sich wohl diejenigen auf die Straße begeben, die Termine mit dem Vorstand wahrnehmen wollen. Dann werden wir künftig viele Klinikdirektoren und andere Beschäftigte zwischen den beiden Standorten hin und her pendeln sehen.
Vor diesem Hintergrund haben wir auch ernsthafte Zweifel an den kursierenden Zahlen über Einsparungen, die einmal mit 3,6 Millionen €, einmal mit 4,2 Millionen € und einmal mit 5 Millionen € beziffert werden.
Wir fordern die Landesregierung auf, diese Zahlen endlich einmal zu konkretisieren und uns die Maßnahmen konkret zu benennen, die zu diesen Einsparungen führen sollen. Auch wüssten wir gern, wie viele Verwaltungsmitarbeiter denn nun wirklich an den Standorten betroffen sind und wie viele an den neuen Standort umziehen sollen. Darüber gibt es nämlich auch sehr unterschiedliche Zahlen.
Nach unseren Informationen sind aber die hoch dotierten Stellen im UK S-H wie zum Beispiel die Dezernatsleitung oder die Stabsstellen sowieso nur einmal besetzt. Diese Aufgaben werden schon seit Längerem standortübergreifend wahrgenommen.
Daher bezweifeln wir auch die in den Raum gestellten Zahlen. Denn, wie gesagt: Das UK S-H hat sich seit der Fusion im Jahre 2003 durchaus bewegt und
Wie will man also in Zukunft neue Einsparungen erzielen und muss man sich dafür wirklich für nur einen Verwaltungssitz entscheiden? Ist das wirklich der ausschlaggebende Punkt? Geht es nicht eher darum, die begonnene standortübergreifende Zusammenlegung von Aufgaben fortzuführen, und ist es dabei nicht völlig zweitrangig, wo der Verwaltungssitz angesiedelt ist?
Diese hochgradig emotional geführte angebliche „Sachdiskussion“ zwischen den Standorten Kiel und Lübeck erweckt eher den Eindruck, als würden Nebelkerzen als Ablenkungsmanöver geworfen. Wir stellen uns dabei natürlich die Frage, wovon die Landesregierung eigentlich ablenken möchte.
Wir als SSW haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir uns aus struktur- und regionalpolitischen Gründen oft dafür aussprechen, andere Standorte als die Landeshauptstadt zu wählen. Vor diesem Hintergrund macht die Überlegung Sinn, den Standort nach Lübeck zu legen und diesen Standort dadurch zu stärken. Aber wie gesagt: Wir halten die gesamte Diskussion um den Verwaltungssitz zum jetzigen Zeitpunkt schlicht und ergreifend für überflüssig und bedauern im Übrigen sehr, dass dadurch die Diskussion um den Sitz des Medizinausschusses erneut aufflammt. Denn diese Kuh hatte man eigentlich schon vom Eis.