Protocol of the Session on January 31, 2008

Wir wissen alle: Zum Weltkindertag am 20. September letzten Jahres hat Frau Ministerin Trauernicht noch dargestellt, dass die Finanzierung dieser Mittagessen in einer - ich zitiere - „Gemeinschaftsaktion von Verbänden und Sozialministerium mit einem Sozialfonds unterstützt werden“ könnte. Jetzt „beabsichtigt“ man lediglich - so heißt es in dem Bericht -, gezielte Hilfen durch die Einrichtung regionaler Kinderhilfsfonds zu ermöglichen. Der Beitrag des Sozialministeriums beschränkt sich dabei auf - Zitat - „umfassende Aktivitäten“ und Gespräche. Das ist nicht viel, Frau Ministerin, wenn man bedenkt, dass im Sommer 2007 das Land Nordrhein-Westfalen einen Landesfonds gegründet hat, mit dessen Hilfe bedürftigen Kindern und Jugendlichen eine Mahlzeit an einer Ganztagsschule subventioniert werden soll.

Deutlich wird aus diesem Bericht deshalb nur eines: Es gibt viele gute Ansätze in Schleswig-Holstein, um Kinderarmut zu bekämpfen. Wenn es aber um die konkrete Umsetzung geht, werden die Kommunen zu oft noch alleingelassen. Insofern wäre es sinnvoller gewesen, ein konkretes Handlungskonzept vorzulegen, anstatt den gemeinsamen Antrag der Opposition im September durch einen Berichtsantrag der Regierungsfraktionen zu ersetzen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass sich in den letzten Monaten viel bewegt hat, auch hier bei uns. Als wir im Herbst als Grüne den Landtagsantrag zur gesunden Ernährung und zu einem Sozialfonds gestellt haben, ist dieser Antrag noch von Ihnen abgelehnt worden, ohne ihn auch nur einer Ausschussberatung für würdig zu halten. Inzwischen sind wir ein ganzes Stück weiter. Das zeigen auch die Debatten. Als ich damals das Argument genannt habe, es sei unwürdig, dass Kinder in Kindertagesstätten in einem Nebenraum warten müssten, weil die Eltern kein Geld für das Essen haben, haben Sie mir hier gesagt, so etwas gäbe es überhaupt nicht, das sei völlig unpädagogisch und komme vor Ort nicht vor.

Frau Tenor-Alschausky, genau mit diesem Beispiel haben Sie heute Ihren Redebeitrag begonnen. Ich freue mich, dass die Debatte dazu geführt hat, dass vielleicht auch unser Wissen über den Handlungsbedarf im Land ein Stück größer geworden ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der Bericht macht sehr deutlich, dass es Handlungsbedarf gibt. Ich freue mich, Frau Ministerin, dass dies in der Schlussbemerkung Ihres Berichts nicht verklausuliert steht, sondern sehr deutlich gesagt wird, Kinderarmut und ihre lebenslang wirkenden Folgen seien das zentrale Schlüsselthema für die Zukunft unserer Gesellschaft; nach wie vor bestehe großer Handlungsbedarf.

Ich finde, das müssen wir auch hier so benennen. Denn es hilft ja nicht, die Situation schönzureden.

(Dr. Ekkehard Klug)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Richtig ist auch, dass sich viele Träger und Kommunen, Kindertagesstätten, Schulen, Initiativen vor Ort in einer Situation, in der öffentliche Mittel für die Mahlzeiten nicht zur Verfügung gestellt werden, bemühen, etwas zugunsten der Kinder zu erreichen. Das finde ich sehr gut und man muss sich bei jenen, die das tun, bedanken.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dennoch können wir natürlich die Situation in Schleswig-Holstein nicht daran messen, ob es die eine oder andere gute Initiative gibt. Vielmehr bin ich nach wie vor der Meinung, es muss Ziel unserer Gesellschaft sein, dass alle Kinder in allen Kindertagesstätten und in allen Schulen eine gesunde Mahlzeit erhalten. Das muss unser Ziel bleiben. Die ersten Initiativen, die vorhanden sind, helfen hierbei, aber es muss ein Teil der bundesweiten Familienpolitik sein.

Damit bin ich wieder beim Thema und der Frage, wo die 180 Milliarden € bleiben, die wir in die Familienpolitik investieren. Wenn wir wollen, dass diese Gelder beim Kind ankommen, so kann sich das aus meiner Sicht am besten darin abbilden, dass es eine Grundversorgung mit der warmen Mittagsmahlzeit und möglichst auch des Frühstücks gibt.

Meine Damen und Herren, die Sozialministerin ist im Begriff, den Sozialfonds zu konzipieren. Ich finde es gut, dass 2 Millionen € aus der Stiftung herausgenommen werden. Dies zu tun, ist richtig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Die Frage, die sich mir dabei gestellt hat und die ich im Rahmen einer Kleinen Anfrage noch beantwortet bekommen werde, lautet, wie lange das Geld reichen soll. Denn 2 Millionen € sind endlich und es handelt sich ja nicht um einen revolvierenden Fonds. Wie lange reicht also dieses Geld, wenn die Kindertagesstätten vor Ort es jetzt auch abrufen? Das müssen wir sehen. Das erste Jahr wird zeigen, wie viel gebraucht wird. Sie sagen ja auch, dass das Geld nicht in Verwaltungskosten fließen soll. Auch das begrüßen wir. Nun wird es darauf ankommen, wie dies die Träger und Kindertagesstätten vor Ort umsetzen.

Ich finde es richtig, dass es ein einfaches Verfahren geben soll und dass die Ministerin im Prinzip

auf das vertrauen, was die Kindertagesstätten melden. Ich glaube, dass sie das auch wissen werden.

Ich appelliere an dieser Stelle noch einmal an die Wirtschaft, aber auch an die Wohlhabenden, an die Reichen in unserer Gesellschaft, an die Erben und an Privatleute, sich vor Ort an diesen Fonds zu beteiligen. Ich glaube, dass es zur Solidarität gehört und auch wichtig ist, dass sich Private, aber auch die Wirtschaft beteiligt, wenn wir feststellen, dass eine staatliche Leistung, die eigentlich notwendig wäre, warum auch immer, vielleicht auch aufgrund falscher Prioritätensetzung, nicht geleistet wird. Kinderarmut muss dringend bekämpft werden, weil sie - das wurde mehrfach gesagt - zu Bildungsarmut führt, und Bildungsarmut können wir uns wiederum auch volkswirtschaftlich nicht leisten.

Deshalb freue ich mich, dass in dem Bericht viele konkrete und gute Initiativen genannt sind. Damit haben wir aber unsere Aufgabe noch nicht erledigt. Nicht wir wollten ja wissen, was in dem Bericht steht, sondern CDU und SPD wollten das wissen. Ich bin gespannt, was die Regierungsfraktionen nun damit machen. Ich hoffe, dass der Bericht nicht in die Schublade gelegt wird, sondern dass in der Ausschussberatung aus dem Bericht Schlüsse gezogen werden, sodass wir gemeinsam zu weiteren Schritten und Schlussfolgerungen kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf Seite 16 des vorliegenden Berichts bedauert die Landesregierung, dass für eine repräsentative Erhebung zu den Unterstützungsmaßnahmen in Kita und Schule die Zeit zu knapp war. Das bedeutet, dass die Landesregierung derzeit weder weiß, in welchen Schulen oder Kitas genau Mahlzeiten angeboten werden, noch in welchem Umfang dies der Fall ist. Sie stellt lediglich einzelne Projekte vor. Ich bin mir sicher, dass die Antragsteller, nämlich CDU und SPD, einer Fristverlängerung zugestimmt hätten, wenn man hierdurch sichere Daten hätte bekommen können. Denn dies wäre notwendig.

Die Landesregierung war aufgefordert zu berichten, wie die Themen Gesundheit, Ernährung und Bewe

(Monika Heinold)

gung in Kindertagesstätten und Schulen umgesetzt werden. Das hat sie bisher nicht vollständig getan, sondern nur Stichproben nennen können. Die fehlenden Daten müssen nun für die Ausschussarbeit nachgeliefert werden. In den nächsten Wochen sollten sie vorliegen und auf dieser Grundlage sollten wir dann im Ausschuss beraten, welche Maßnahmen konkret in Angriff genommen werden müssen. Schließlich will der Landtag wissen, wie genau es mit der Essensversorgung für Kinder und Jugendliche bestellt ist, damit wir dann wirklich handeln können. In diesem Jahr stehen wieder Haushaltsberatungen an. Dann werden die ursprünglichen Antragsteller, CDU und SPD, sicherlich irgendetwas mit den Erkenntnissen anfangen wollen. Ohne konkrete Daten ist dies aber nicht möglich.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

In Zeiten wachsender Schlangen vor den Ausgabestellen der Tafeln im Land erscheint es sehr wahrscheinlich, dass nicht alle Kinder ausreichenden Zugang zu gesunden Mahlzeiten haben. Der SSW will wissen: Wie hoch ist die Zahl genau? Das Sozialministerium weiß durchaus, dass Kinder in Schleswig-Holstein ohne warme Mahlzeit bleiben, weil den Eltern die nötigen Mittel fehlen. Zumindest sagt dies das Sozialministerium auf Seite 28. Gespräche, um diesem Missstand abzuhelfen, sind bereits mit Verbänden und Sponsoren geführt. Dennoch fehlt ein flächendeckender Überblick über die Maßnahmen in den Kindertagesstätten und Schulen. Ohne genaue Kenntnisse der bereits geleisteten Unterstützung könnten Hilfsangebote möglicherweise ins Leere laufen, drohen Sponsoren vergrätzt und Ehrenamtliche enttäuscht zu werden. In diesen Fällen erweist man der Sache einen Bärendienst. Gerade weil in diesem Bereich so viel über bürgerschaftliches Engagement läuft, was der Bericht meines Erachtens richtigerweise lobend hervorhebt, sind wir zu besonderer Sorgfalt verpflichtet.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bericht schätzt, dass 30.000 Kinder Zwischenmahlzeiten und/oder eine warme Mahlzeit in einer Einrichtung einnehmen. Das Ministerium kann sich aber aufgrund der fehlenden Datengrundlage keine Bewertung darüber erlauben, ob das ausreichend ist.

Wenn Programme mit „Kein Kind ohne Mahlzeit“ betitelt werden, dann setzt das zwangsläufig eine flächendeckende und nicht zuletzt eine bedarfs

deckende Struktur voraus. Wenn das Ziel wirklich eine umfassende Versorgung ist, reicht die Nennung von einzelnen Projekten nicht mehr aus. Eine willkürliche Auswahl der am leichtesten zugänglichen Quellen hat überhaupt keine Aussagekraft für die Gesamtsituation. Das ist kein Vorwurf, sondern nur eine allgemeine Feststellung. Das Ziel heißt: „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Wenn nur einzelne Projekte vorgestellt werden und damit der allgemein verbindliche Ansatz aufgegeben wird, würden wir genau dieses Ziel verfehlen. Das wäre dann allerdings ein Armutszeugnis für unsere staatliche Sozialpolitik. Wenn wir es wirklich ernst meinen, dann brauchen wir ordentliche, landesweit aussagekräftige Daten. Auf deren Grundlage müssen wir dann die Entscheidung treffen, wie und gegebenenfalls mit wie viel Geld wir die Sache angehen wollen. Ziel muss es eigentlich sein, dass wir allen Kindern in den Schulen und Kindergärten eine gesunde Mahlzeit zur Verfügung stellen. Einzelne Initiativen an einzelnen Orten sind gut und lobenswert, aber der Staat muss über kurz oder lang seiner Verpflichtung nachkommen, landesweit eine gesunde Mahlzeit für alle an den Schulen und Kindergärten anzubieten, ohne von Sponsoren abhängig zu sein.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In diesem Ziel sind wir uns hoffentlich einig. Die ersten Maßnahmen der Landesregierung sind sehr lobenswert. Aber diese sind nur ein erster Schritt und für uns eine Verpflichtung, noch viel mehr zu tun.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1727 federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Bildungsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsordnung

Gesetzesentwurf der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1812

(Lars Harms)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1812 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Berufung des Verwaltungsrates der Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten

Wahlvorschlag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/1795

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich lasse über den Wahlvorschlag abstimmen und schlage Ihnen offene Abstimmung vor. - Widerspruch höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren. Wer dem Wahlvorschlag Drucksache 16/1795 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist einstimmig so -

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nein, nein!)

- Entschuldigung. Dann wiederhole ich. Wer dem Wahlvorschlag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist dieser Wahlvorschlag gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit den Stimmen der übrigen Mitglieder des Hauses angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Wahl eines Mitgliedes der Parlamentarischen Kontrollkommission des Verfassungsschutzes