Protocol of the Session on January 30, 2008

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sauerei!)

Damit steht der Eigenheimbesitzer vor folgender Situation: Er soll die Restschuld seines Kredites bezahlen, die volle Höhe der eingetragenen Grundschuld zahlen und zusätzlich dann anfallende Zinsen auf die Grundschuld.

(Günter Neugebauer [SPD]: Unglaublich!)

Die Zwangsversteigerung ist vorprogrammiert und der stolze Eigenheimbesitzer oder die Eigenheimbesitzerin ist nicht nur das Eigenheim los, sondern komplett pleite. Diese Rechtslage muss dringend geändert werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Das hat mit Verbraucherschutz genauso wenig zu tun wie die gängige Praxis, dass sich Banken zunehmend beim Abschluss des Kreditvertrages im Kleingedruckten schon einmal vorab die Genehmigung für diese Forderungsverkäufe erschleichen. So werden Hausbesitzer in den Ruin getrieben, internationale Finanzinvestoren machen Gewinne und der deutsche Steuerzahler zahlt all dies, denn die Verluste werden die Banken natürlich als Verluste absetzen.

Das ist volkswirtschaftlicher Unsinn und unverantwortlich. Unseriösem Geschäftsgebaren muss ein Riegel vorgeschoben werden. Eigenheimbesitzer dürfen nicht schutzlos in den Fängen internationaler Finanzinvestoren landen. Deshalb haben wir uns auch über die Landesregierung geärgert, die in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von uns keinen Handlungsbedarf sah, obwohl sie gesagt hat - das war damals der Sachstand -, dass das Risikobegrenzungsgesetz gar keinen Vorschlag macht, um diese Dinge zu verändern und zu heilen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört !)

Inzwischen hat der Finanzausschuss im Bundestag getagt. Es gab eine Anhörung. Jetzt sind scheinbar auch die Politikerinnen und Politiker in Berlin aufgewacht. Zumindest hat die Bundesjustizministerin erste konkrete Vorschläge gemacht und Handlungsbedarf erkannt.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sehr gut!)

Noch enthält aber das Risikobegrenzungsgesetz, wie es im Entwurf vorgelegt worden ist, keinen verbesserten Kundenschutz. Deshalb hat sich auch unser Antrag heute nicht erledigt. Ich plädiere dafür, ihn im Innen- und Rechtsauschuss zu beraten und uns dort mit der Sachlage zu beschäftigen.

Noch ein Wort zum Schluss. Zu den Sparkassen. Die Sparkassen sind dem Gemeinwohl verpflichtet und sollen die Wirtschaft vor Ort stärken. Ich erwarte, dass sie sich auch dementsprechend, nämlich gemeinwohlorientiert, verhalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Der Verkauf von Forderungen an internationale Kredithaie dient nicht dem Gemeinwohl. Auch das muss man mit dieser Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Tobias Koch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht noch davon aus, dass es einer Bundesratsinitiative der Landesregierung bedarf, um einen besseren Schutz von Kreditnehmern im Falle des Weiterverkaufs ihrer Kredite zu erreichen. Tatsache ist hingegen - die Kollegin Heinold wies auch gerade darauf hin -, dass die durch Kreditverkäufe aufgeworfenen Fragen bereits Eingang in das laufende Gesetzgebungsverfahren zum Risikobegrenzungsgesetz gefunden haben, welches derzeit von den Bundestagsfraktionen beraten wird.

Die Bundesjustizministerin hat sich bereits im Dezember 2007 dahin gehend geäußert. Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat sich gerade in der letzten Woche im Rahmen einer Expertenanhörung damit auseinandergesetzt. Eine Bundesratsinitiative ist deshalb meines Erachtens entbehrlich geworden. Aus diesem Grund ist auch nachvollziehbar, dass die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Heinold die Einleitung einer Bundesratsinitiative verneint.

(Monika Heinold)

Zum Inhalt des Antrages ist zunächst einmal festzustellen, dass die Veräußerung von Krediten grundsätzlich von deutschen Gerichten nicht beanstandet wird. Der Bundesgerichtshof hat im Februar letzten Jahres entschieden, dass Kreditverkäufe im Einklang mit dem Bankgeheimnis stehen. Das OLG Schleswig hat im Hinblick auf den Kreditverkauf der Sparkasse Südholstein geurteilt, dass eine Ungleichbehandlung des Sparkassensektors unzulässig sei.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nee, nee, nee!)

Des Weiteren ist festzustellen, dass die Veräußerung von Krediten international üblich und - was noch viel entscheidender ist - volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Den Banken gelingt es auf diese Weise, ihre Bilanzen zu entlasten, da jeder gewährte Kredit mit Eigenkapital zu unterlegen ist. Auf dem Wege des Kreditverkaufs verschaffen sich die Banken neue Spielräume und erfüllen damit ihre Kreditbereitstellungsfunktion für die deutsche Volkswirtschaft.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den veräußerten Krediten ganz überwiegend um notleidend gewordene Problemkredite handelt, bei denen der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist. In diesen Fällen rühren die vom Kreditnehmer zu tragenden Konsequenzen somit nicht aus dem Kreditverkauf, sondern aus der von ihm begangenen Vertragsverletzung her.

Ich glaube, diese Vorbemerkungen machen deutlich, dass kein Anlass dafür besteht, Kreditverkäufe grundsätzlich infrage zu stellen, sondern dass es nur darum gehen kann, unerwünschte Auswüchse und Nebenwirkungen gesetzlich zu begrenzen. Solche unerwünschten Auswirkungen bestehen dann, wenn bei Kreditnehmern, die für ihren Kredit immer ordnungsgemäß Zins und Tilgung gezahlt haben, eine Zwangsvollstreckung erfolgt und die vom Kreditnehmer gestellte Sicherheit wie zum Beispiel eine Grundschuld verwertet wird. Wenn solche Fälle vorkommen, ist in der Tat die Politik zum Handeln aufgefordert.

Allerdings sollten wir als Politik auch darauf achten, dass wir die entstandene Verunsicherung bei den Verbrauchern nicht noch weiter schüren. Reißerische Forderungen nach dem Motto: „Häuslebauer dürfen nicht von internationalen Kredithaien geschluckt werden“

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Sie merken, es ist die letzte Presseüberschrift von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -, sind eher dazu angetan, Angst und Schrecken weiter zu verbreiten, als sich hier verantwortungsbewusst mit einem erkannten Problem auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der CDU)

Das beste Mittel gegen Verunsicherung besteht darin, für mehr Information und Transparenz zu sorgen. Dazu gehört erstens, dass Kreditnehmer schon bei Aufnahme des Kredites ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass ein späterer Verkauf des Kredites gegebenenfalls möglich ist. Zweitens ist es erforderlich, dass Kreditnehmer bei einem Verkauf unverzüglich über den neuen Vertragspartner informiert werden.

Um eine Verwertung der Grundschuld und eine damit verbundene Zwangsvollstreckung in den Fällen auszuschließen, in denen der Kreditnehmer seinen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen ist, erscheint mir eine gesetzliche Klarstellung erforderlich. Die Grundschuld darf nicht auf die zwischen Kreditnehmer und Bank abgeschlossene Sicherungszweckerklärung übertragen werden. Auch ein Kreditkäufer muss an die vertragliche Verpflichtung gebunden sein, die Grundschuld nur bei Zahlungsverzug zu verwerten, und zwar nur in dem Umfang, in dem der Kredit zu diesem Zeitpunkt noch nicht getilgt ist.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD - Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ein Anfang!)

Für durchaus prüfenswert halte ich auch den Vorschlag, im Falle des Kreditverkaufs ein Sonderkündigungsrecht für Kreditnehmer einzuführen. Ich glaube, das wäre eine angemessene Reaktion, wenn sich der Kreditgeber aus der geschlossenen Vertragspartnerschaft, die auch ein Vertrauensverhältnis darstellt, zurückzieht.

Daneben finden sich im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch deutlich weiter gehende Forderungen. So sollen Kreditverkäufe nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Kreditnehmers möglich sein. Außerordentliche Kündigungsrechte des Kreditgebers sollen abgeschafft werden und schließlich sollen Banken gezwungen werden, Kredite anzubieten, bei denen ein späterer Verkauf ausgeschlossen ist. Diese Forderungen finden nicht die Zustimmung meiner Fraktion. Sie sind undifferenziert und unterscheiden nicht zwischen notleidend und ordentlich bedienten Krediten und sie hätten schwerwiegende volkswirtschaftliche Konsequen

(Tobias Koch)

zen, deren Auswirkungen die jetzt entstandenen Probleme bei Weitem übersteigen würden.

Wir werden dies in den Ausschussberatungen gern näher erläutern. Die Ausschussüberweisung an den Innen- und Rechtsausschuss ist bereits beantragt. Ich schlage vor, mitberatend den Finanzausschuss mit aufzunehmen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Koch. - Bevor wir in der Rednerliste fortfahren, möchte ich auf der Besuchertribüne Mitglieder des Motorsportclubs Hohenwestedt, Studierende der CAU Kiel - WiPoFachschaft - und Jugendliche des Interact Clubs Itzehoe begrüßen. - Seien Sie uns alle sehr herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Thomas Rother das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift mit ihrem Antrag zur Verbesserung des Schutzes von Immobilieneigentümern ein erst seit wenigen Jahren vermehrt auftretendes Phänomen am deutschen Finanzmarkt auf. Fast täglich gibt es dazu neue Meldungen, aber nicht alle diese Meldungen geben jeden Sachverhalt richtig wieder und dies gilt insbesondere dann, wenn es um die Sparkassen geht.

Im Bereich der Wirtschaft ist der Forderungsverkauf, das sogenannte Factoring, ein übliches Verfahren zur Unternehmensfinanzierung. Hier stehen den Kreditnehmern jedoch über eine geschickte Wahl der Unternehmensrechtsform Möglichkeiten zur Begrenzung der privaten Haftung zur Verfügung. Beim Verkauf privater Immobilienkredite ist die Sachlage schon deshalb anders, weil es sich häufig um die einzige Großinvestition im Leben einer Privatperson mit voller persönlicher Haftung handelt.

Ein wesentliches Verkaufsmotiv der Banken hat die Deutsche Bank im vergangenen Jahr so beschrieben:

,,Während Banken im Allgemeinen und vorwiegend regional tätige Institute im Besonderen Rücksicht auf ihren Ruf nehmen und deshalb bei der Abwicklung von Krediten behut

samer vorgehen, können Abwicklungsgesellschaften ihre beziehungsweise die Interessen ihrer Auftraggeber bei den Verhandlungen und im Falle des Scheiterns bei der Zwangsvollstreckung offener durchzusetzen versuchen."

Das sind sehr offene Worte, die deutlich machen, dass die Interessen der privaten Immobilienbesitzer bei solchen Geschäften auf der Strecke bleiben sollen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, unterstützen wir das Vorhaben der Grünen, den Verbraucherschutz an dieser Stelle zu stärken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn Kreditnehmer entscheiden sich gezielt für eine Bank und sind auch oft bereit, für eine Vor-OrtBetreuung durch ihre Hausbank teurere Konditionen in Kauf zu nehmen. Durch dieses fast persönliche Verhältnis entsteht auch ein Vertrauensverhältnis. Ein Forderungsverkauf missachtet jedoch dieses Vertrauensverhältnis und das Recht auf freie Wahl des Vertragspartners. Die Möglichkeit einer Anschlussfinanzierung wird in der Regel verbaut, insbesondere dann, wenn nicht Banken, sondern Finanzinvestoren die neuen Gläubiger sind.

Und - da soll man sich nichts vormachen - Kreditnehmer sind sich beim Vertragsabschluss meist nicht bewusst, dass ihre Kredite möglicherweise verkauft werden können. Welche Bank weist über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinaus schon darauf hin? Und welcher Kreditnehmer versteht schon den Inhalt einer Sicherungsabrede?

Des Weiteren sind bei einer Forderungsabtretung Datenschutz und Bankgeheimnis gefährdet. Denn welcher Forderungserwerber will sich nicht über seine neuen Schuldner informieren? - Leider hat der Bundesgerichtshof das im vergangenen Jahr im Sinne der neuen Gläubiger entschieden. Das ist unter Verbraucherschutzgesichtspunkten unbefriedigend; es besteht also ein gesetzlicher Korrekturbedarf. Diese Regelungsnotwendigkeit müsste nicht nur für die Verbraucher, sondern auch für die Banken von Belang sein. Denn auch sie können kein Interesse an dauerhaft negativen Schlagzeilen haben.

Das öffentliche Bekenntnis der Förde-Sparkasse zum Verzicht auf den Verkauf von privaten Immobilienkrediten - so stand es in den „Kieler Nachrichten“ vom 24. Januar - macht das offensichtliche Ausmaß der Verunsicherung der Immobilienbesitzer gegenüber ihren Hausbanken deutlich.