Protocol of the Session on November 21, 2007

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass es trotz eines guten ursprünglichen Gesetzentwurfs der Sozialministerin nun völlig anders kommt, kann man nur als Einknicken der Großen Koalition und der Regierung vor Lobby-Gruppen deuten. Dort bekam man anscheinend kalte Füße angesichts des massiven Auftretens verschiedener Interessenvertreter.

Wir hatten ja schon mit der Regelung, dass in baulich getrennten kleineren Nebenräumen in Gaststätten geraucht werden könne, einen Kompromiss geschaffen. Das war wirklich das Maximum, das noch vertretbar gewesen wäre, wenn man bedenkt, dass das Gesetz dem Nichtraucherschutz dienen sollte. Nun aber ist das Gesetz durchlöchert wie ein Schweizer Käse und als solchen kann man das Gesetz auch nur bezeichnen. Wenn man sich das Gesetz ansieht, fragt man sich, wo das Rauchen eigentlich noch untersagt ist. In großen Sälen in Dorfkneipen jedenfalls nicht mehr. Da mutiert nun jeder Ringreiterball zur geschlossenen Gesellschaft, zu der nur geladene Gäste Zutritt haben. Wer will das auch schon kontrollieren? Richtig betroffen sind nur noch die Einraum-Gaststätten, in denen richti

gerweise nicht geraucht werden darf. Aber genau diese Gaststätten werden dadurch nun in ihrer Existenz gefährdet, weil sie eben keinen Raum haben, den sie auf irgendeine Weise für Raucher reservieren können. Weil es so viele Ausnahmen gibt, werden die Raucher ausweichen. Das hat mit fairem Wettbewerb in der Gastronomie nichts mehr zu tun.

Aber da gibt es dann ja auch noch die Zelte-Regel. Zeltfeste im Gewand von Traditionsveranstaltungen werden wie Pilze aus dem Boden schnellen und so manchem gebeutelten Gastromomen eine geräucherte Extrawurst bescheren. In Zukunft werden die Zeltkaravanen durch Schleswig-Holstein ziehen und regelmäßig Zeltfeste aus dem Boden stampfen, die den gezwungenermaßen rauchfreien Kneipen eine weitere Konkurrenz machen, gegen die man sich nicht wehren kann. Was die regierungstragenden Fraktionen da gemacht haben, stellt einen massiven Eingriff in den Markt dar und führt dazu, dass aufgrund von fehlender politischer Konsequenz mancher Gastronom seinen Laden dichtmachen muss.

Standfestigkeit wäre hier eigentlich angebracht gewesen, Herr Kollege Astrup, stattdessen ist die Große Koalition da eingeknickt. Dabei gibt es in der deutschen Geschichte zahlreiche Beispiele dafür, dass Lobby-Gruppen zunächst wild gegen ein Vorhaben zu Werke gingen, um dann nur kurze Zeit später kleinlaut deren Richtigkeit einzugestehen. Lieber Kollege Astrup, ich erinnere hier an das Tempolimit in geschlossenen Ortschaften, dessen Bestehen sich dieser Tage zum 50. Male jährt.

Nachdem der Bundestag im Dezember 1953 alle Tempolimits abschaffte, schnellte die Zahl der Verkehrstoten in ungeahnte Höhen. Mehr als 12.000 Tote beklagte man 1955. Der damalige Verkehrsminister handelte und schlug ein Tempolimit in geschlossenen Ortschaften von 50 Stundenkilometern vor. Das brachte natürlich den DEHOGA der damaligen Zeit, nämlich den ADAC, auf die Barrikaden; der verkündete, dass der Verkehr in der Stadt zusammenbrechen würde, wenn man nur noch 50 fahren dürfe. Beim Tempolimit musste sogar der Vermittlungsausschuss bemüht werden, um den gordischen Knoten zu zerschlagen. Es dann gelang das, was in der Öffentlichkeit vorher nicht möglich war: Das innerstädtische Tempolimit wurde verabschiedet und trat 1957 in Kraft. Der ADAC und natürlich auch alle anderen Beteiligten erkennen das vormals massiv bekämpfte Verbot inzwischen als selbstverständlich und sinnvoll an.

Dieses Lehrstück in Sachen Lobby-Politik sollte sich die Große Koalition auch beim Nichtraucher

(Monika Heinold)

schutz zu Herzen nehmen. Die Gaststättenbetreiber hätten vom Nichtrauchen profitiert und ihre Lobby hätte das schon bald kleinlaut eingestanden, wenn Sie, meine Damen und Herren, nur den Mut gehabt hätten, standhaft zu bleiben.

Darum: Nichtraucherschutz ohne weitgehende Ausnahmen. Wer rauchen möchte, kann das privat tun. Da regelt der Staat überhaupt nichts und da hat er auch nichts zu suchen. In öffentlich zugänglichen Räumen sollte dagegen das Rauchen untersagt werden. Das war die Position des SSW und das wird sie bleiben, trotz des Drucks der Lobbyisten, den auch wir durchaus zu spüren bekommen haben. Was wir jetzt haben, schadet weiterhin der Gesundheit und schafft unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen für die einzelnen unterschiedlichen Betriebe und bedroht teilweise deren Existenz. Das darf ein Gesetzgeber nicht zulassen. Deswegen werden wir gegen dieses Gesetz stimmen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms, der, ohne dass wir die Zeit gestoppt haben - glaube ich -, ordnungsgemäß drin war; vielen Dank. - Das Wort hat für die Landesregierung nun die Gesundheitsministerin, Frau Dr. Gitta Trauernicht.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem heutigen Beschluss des Landtages zum Nichtraucherschutzgesetz wird - das muss man überhaupt nicht herunterreden - ein wichtiges gesundheitspolitisches Ziel der Landesregierung erreicht: Zum 1. Januar 2008 können die Mitbürgerinnen und Mitbürger erleichtert durchatmen in öffentlichen Gebäuden und in Gaststätten.

Die Zeit ist reif für klare Luft und klare Entscheidungen. Das war von Anfang an mein Credo. Nun macht der Landtag den Weg zu einem verbesserten Nichtraucherschutz frei.

Das Gesetz hat - das war mein zweites Ziel - einen klaren Kurs: Nichtrauchen im öffentlichen Raum wird zur Normalität, Rauchen findet nur in speziell abgetrennten Räumen statt.

Ich begrüße, dass der Gesetzgeber Ausnahmen für Einraum-Gaststätten eine klare Absage erteilt. Die nach der Anhörung vorgenommenen Präzisierungen und kleinen Änderungen jedoch die grundsätz

liche Linie des Gesetzentwurfs der Landesregierung nicht.

Gesetze müssen überzeugend sein, dafür müssen sie unbürokratisch sein, sie müssen klar verständliche Regelungen beinhalten. Ich finde, dass der Gesetzentwurf einen guten und praktikablen Kompromiss darstellt, ein verbesserter Nichtraucherschutz ist nicht mehr aufzuhalten.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Mir bleibt als zuständige Gesundheitsministerin nur festzustellen, dass damit der politische Beschluss aller Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der Länder und des Bundes ab Januar in den Ländern Wirklichkeit wird. Das ist bemerkenswert, denn noch vor einem Jahr wurde heftig über das Scheitern des damaligen Beschlusses spekuliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was gesundheitspolitisch ein Selbstgänger sein sollte, bedurfte noch intensiver Debatten in den Fraktionen und ist auch jetzt - wie wir in der Debatte feststellen - nicht streitfrei. Ich aber sage: Nun ist es geschafft. Wir machen einen Riesensprung beim Schutz vor Passivrauchen in Schleswig-Holstein. Das ist gut für unser Land, das ist gut für unser Profil als Gesundheitsland. Ich freue mich und bedanke mich bei Ihnen für diesen Weg, den wir gemeinsam gehen können.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke der Frau Ministerin. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung, die sich ein bisschen kompliziert gestaltet; aber ich denke, wir kriegen das hin.

Zunächst lasse ich über den Entwurf der Fraktion der FDP zum Nichtraucherschutzgesetz abstimmen. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/1363. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der FDP abgelehnt.

Ich komme zur Abstimmung zu b: Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens, Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/1435. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP in Drucksache 16/1653

(Lars Harms)

abstimmen, der sich auf eine Änderung der Beschlussempfehlung des Ausschusses ausrichtet. Wer diesem Änderungsantrag der FDP-Fraktion zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Dieser Änderungsantrag ist mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der FDP abgelehnt worden. Herr Arp hört gut zu.

(Heiterkeit)

Ich lasse jetzt über die Änderungsanträge abstimmen, zu denen der Ausschuss ein Votum abgegeben hat. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Änderungsantrages der Fraktion der FDP in Drucksache 16/1504. Wer dieser Ausschussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Ausschussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der FDP zugestimmt worden.

Weiter empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des Änderungsantrages von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Drucksache 16/1508. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Diese Ausschussempfehlung ist mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen worden.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 16/1435 in der vom Ausschuss empfohlenen und eben von uns bezüglich des FDP-Antrages abgestimmten Fassung abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Damit ist der Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung in Drucksache 16/1639 (neu) mit den Stimmen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW angenommen.

Weiter haben die Mitglieder des Sozialausschusses dem Landtag in Buchstabe B der Drucksache 16/ 1639 (neu) einen Entschließungsantrag mit der Bitte um Übernahme vorgelegt. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Unruhe)

- Das liegt Ihnen vor! Wenn Sie sich darüber nicht im Klaren sind, müsste ich das heraussuchen und vorlesen. Ich möchte die Frau Berichterstatterin des Ausschusses bitten, uns aufzuklären.

(Zurufe)

- Das kriegen wir alles hin.

Haben Sie es parat, Frau Vorsitzende? Dann lesen Sie es bitte vor, damit wir eine klare Lage haben.

Es geht darum, dass die Koalitionsfraktionen einen Antrag vorgelegt haben, mit dem sich der Sozialausschuss beschäftigt hat. Diesem Antrag haben die Koalitionsfraktionen zugestimmt. Die Vertreter von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben ihn abgelehnt. Den Text dieses Antrages können Sie der Drucksache 16/1639 unter B entnehmen.

Ich möchte Sie bitten, ihn vorzulesen, weil ich das Gefühl habe, dass der Text nicht präsent ist. Haben Sie ihn präsent? Ich kann es aber sonst auch tun. Ich mache es selber: „Die Landesregierung wird gebeten, dem Landtag zum August 2009 einen Bericht über die Erfahrungen anderer Bundesländer vorzulegen, die in ihren Nichtraucherschutzgesetzen Ausnahmen vom Rauchverbot in Gaststätten zugelassen haben, wenn durch technische Vorkehrungen ein gleichwertiger Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens wie bei einem Rauchverbot gewährleistet werden kann.“

Ich glaube, jetzt haben wir die Klarheit über das, was der Ausschuss zusätzlich haben will.

Wer diesem Entschließungsantrag in Drucksache 16/1639 (neu) unter B zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diesem Entschließungsantrag in Buchstabe B der Drucksache 16/1639 (neu) ist mit den Stimmen von CDU, SPD und SSW gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zugestimmt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Entwurf eines Gesetzes Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (LBO)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1675

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile das Wort dem Innenminister, Herrn Dr. Ralf Stegner.

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Schneller, preiswerter, leichter - diese Ziele verfolgt die Ihnen vorgelegte Novellierung der Landesbauordnung Schleswig-Holstein. Dabei bewegen wir uns im Spannungsfeld von Gefahrenabwehr, Gewährleistung sozialer Standards und Baugestaltung. Die Novellierung erfolgt mit Augenmaß und mit Sachverstand.

Der Gesetzentwurf verfolgt im Wesentlichen folgende Ziele:

Erstens. Die Regelungen werden auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt, nachdem die Landesbauordnung durch eine unabhängige Sachverständigenkommission überprüft worden ist.

Zweitens. Die Verfahren werden fortentwickelt und weiter vereinfacht. Im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, in das der größte Teil der Bauvorhaben fällt, wird weiter gehender als im bisherigen Bauordnungsrecht überhaupt nicht mehr geprüft. Das bisherige Baufreistellungsverfahren ist zu einem Genehmigungsfreistellungsverfahren entwickelt worden, in dem die Gemeinde eine besondere Rechtsstellung erhält und in das deutlich mehr Vorhaben als bisher fallen. Zusätzliche Fristenregelungen lassen eine weiter gehende Beschleunigung der Verfahren erwarten.