Protocol of the Session on November 21, 2007

Ich füge sicherheitshalber hinzu, dass noch im September die Große Koalition einen entsprechenden Gesetzentwurf der Opposition abgelehnt hat. Darum haben wir unseren Dringlichkeitsantrag gestellt: Wir und auch die Öffentlichkeit haben einen Anspruch darauf zu erfahren, welche Konsequenzen die Landesregierung aus der Entscheidung des nordfriesischen Kreistages ziehen will und ziehen wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern zeitnahe Informationen. Denn fest steht, dass der Landrat Nordfrieslands und der Innenminister nach der Entscheidung des nordfriesischen Kreistages zwei Wochen Zeit haben, um den Beschluss juristisch korrekt umzusetzen. Das ist aus unserer Sicht der entscheidende Grund für die Dringlichkeit.

Vorhin wurde gesagt - auch das spricht für die Dringlichkeit -, dass die Kreistage und die Kreise momentan dabei sind, die Haushalte für 2008 aufzustellen.

(Dr. Henning Höppner [SPD]: Zur Dringlich- keit!)

- Lieber Kollege, ich habe die Dringlichkeit begründet -

Da Sie nun die Dringlichkeit begründet haben, darf ich Sie bitten, zur Sache zurückzukommen.

Das tue ich jetzt auch, Herr Landtagspräsident. Ich möchte jedoch noch einmal darauf hinweisen, dass auch der Kollege Wadephul gesagt hat, dass es Sanktionsmöglichkeiten gibt. Ich möchte gern wissen, welche Sanktionsmöglichkeiten die Landesregierung nutzen wird.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Das steht im Gesetz!)

Denn sie - oder zumindest die CDU - hat beschlossen, dass eh alles geändert werden soll.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Begründung der Dringlichkeit erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann doch nicht sein, dass wir ein solches Niveau erreicht haben. Nun muss schon das Parlament die „Schleswig-Holstein Nachrichten“ sehen, damit es überhaupt weiß, was die Landesregierung betreibt. Das ist ein unhaltbarer Zustand.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der SSW beantragt zu Recht, dass das Parlament schleunigst darüber informiert wird, ob das Gesetz noch gilt und ob es umgesetzt wird. Zurzeit ruft der Innenminister in seiner Jacke als Landesminister vor Ort offen zum Rechtsbruch auf, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Der Landesvorsitzende empfiehlt -

(Präsident Martin Kayenburg)

Frau Kollegin, derartige Vorwürfe müssten Sie belegen. Ansonsten werden sie mit Nachdruck zurückgewiesen.

Der Landesvorsitzende der SPD empfiehlt seiner Partei - so habe ich es verstanden; das kann ja dementiert werden -, in den Kreistagen Anträge zu stellen, um die beschlossenen Satzungen, die das Landesgesetz umsetzen sollen, wieder rückgängig zu machen.

Frau Kollegin, wir haben hier eine geltende Rechtslage. Das ist das Gesetz. Insofern sollten Sie zur Sache reden, aber nicht zu irgendwelchen Diskussionen, die in irgendwelchen Parteigremien geführt werden. Solange dieses Gesetz gilt, haben Sie es nicht infrage zu stellen. Das Gesetz ist nicht geändert worden.

Wenn ein Gesetz gilt, Herr Präsident, dann erwarte ich von der Landesregierung, dass es umgesetzt wird. Das ist zurzeit nicht der Fall. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Fröhlich schaut die Landesregierung zu, wie die Kreise Rechtsbruch begehen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

- Natürlich ist es so!

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Völliger Un- sinn!)

- Herr Wadephul, wenn es tatsächlich nicht so ist, dann können wir alle Kreise ermutigen, die Satzungen rückgängig zu machen. Neun Kreise haben eine Satzung beschlossen, weil sie glaubten, die Eltern mit den Kosten für eine Schülerfahrkarte belasten zu müssen.

(Holger Astrup [SPD]: Mit Dringlichkeit hat das nicht viel zu tun!)

Wenn dem tatsächlich nicht so ist, dann kann man den Kreisen ruhig sagen: Nehmt das Gesetz des Landes nicht ernst.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte wieder zur Begründung der Dringlichkeit zurück.

Das Parlament hat einen Anspruch darauf, darüber informiert zu werden, ob geplant ist, das Gesetz zum Sommer 2008 zu ändern. Auch die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf. Und vor allen Dingen haben die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker einen Anspruch darauf, weil sie überhaupt keine Orientierung mehr haben. Von daher ist es dringend geboten, diese Information zu bekommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich war auf dem Gemeindetag. Die SPD war nicht vertreten, zumindest nicht auf dem Podium. Sie hätten einmal erleben müssen, was die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister inzwischen über diese Landesregierung denken. Sie wollen Antworten, sie wollen Klarheit und Rechtssicherheit und sie wollen Informationen aus dem Parlament.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Zur Begründung der Dringlichkeit spricht jetzt Herr Dr. Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der schleswig-holsteinischen Landesverfassung ist das Landesparlament oberstes Organ der politischen Willensbildung in Schleswig-Holstein. Ich glaube, niemand kann bestreiten, dass es die Aufgabe eines solchen Organs der politischen Willensbildung ist, die Themen, die im Lande aktuell in der politischen Diskussion sind, aufzugreifen und hier offen im Parlament darüber zu debattieren.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich glaube, niemand vermag zu bestreiten, dass, nachdem wir monatelang über die Themen Schulbuskosten, Schulgesetz und Zwangsbeteiligung der Eltern gesprochen haben und nachdem der Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende vor wenigen Tagen einen gravierenden Kurswechsel seiner Partei eingeleitet hat und sich das Thema dahin entwickelt, dass eigentlich alle Parteien in diesem Hohen Hause eine Änderung wollen, in einer solchen Situation über diese Entwicklung, die durch den Kreistagsbeschluss in Nordfriesland ausgelöst wurde, hier im Landtag eine Debatte geführt werden

muss, wie es der SSW-Antrag verlangt. Wer bestreiten würde, dass es die Aufgabe dieses Parlaments ist, in einer solchen Situation hier eine öffentliche, transparente Debatte zu führen, hat, wie ich glaube, nicht verstanden, was uns die Landesverfassung eigentlich als Aufgabe stellt.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Nun hat Herr Abgeordneter Dr. Wadephul das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auf drei Punkte aufmerksam machen. Bei dem ersten Punkt geht es um die Frage, wie auf den in der Tat feststehenden Gesetzesverstoß eines Kreises reagiert wird. Darauf reagieren die dazu gesetzlich vorgesehenen Organe. Das ist zuerst der Landrat des Kreises Nordfriesland.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

So ist es im Gesetz vorgesehen. Es gibt überhaupt keine Notwendigkeit, keine gesetzliche Verpflichtung der Landesregierung, jetzt auf die Situation in Nordfriesland zu reagieren. Wir machen uns selber lächerlich und führen unsere Kommunalverfassung ad absurdum, wenn wir den Eindruck erwecken würden, dass diejenigen, die hier kommunalaufsichtlich dafür zuständig sind - in diesem Fall der Landrat - jetzt nicht reagieren könnten. Sie haben ihre gesetzliche Verpflichtung und diese werden sie erfüllen. Sollten sie sie nicht erfüllen, ist die Frage zu stellen - diese Frage hat nicht das Parlament, sondern die Exekutive zu beantworten -, ob das Innenministerium gegebenenfalls kommunalaufsichtsrechtlich einzuschreiten hat, ja oder nein.

Zweitens. Ich halte fest, dass der Kreis Dithmarschen in der Sache bisher keine Entscheidung getroffen hat. Das heißt, formal betrachtet hat der Kreis Dithmarschen gegen das entsprechende Landesgesetz noch nicht verstoßen. Nach meiner Kenntnis haben die zuständigen Ministerien jedoch in Beratungsgesprächen alles gesetzlich Notwendige veranlasst. Es ist kein Anlass dazu gegeben, dass die Grünen, Frau Heinold, hier einen derartigen Vorwurf erheben und von einem Verstoß gegen das Gesetz reden. Informieren Sie sich erst einmal. Ihre Darstellung ist falsch.

(Beifall bei der CDU)

Drittens. Herr Kollege Klug, Meinungsbildung im öffentlichen Raum findet so statt, dass diskutiert wird und dann irgendwann entschieden wird. In politischen Parteien und insbesondere in Volksparteien dauert ein solcher Prozess manchmal etwas länger als in einer kleinen Partei. Jeder weiß, dass es einen politischen Vorstoß des CDU-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten gegeben hat. Über diesen Vorstoß wird derzeit in der CDU diskutiert. Wenn Sie die Zeitungen gelesen haben, wissen Sie, dass wir am Sonnabend einen Parteitag haben. Dort wird darüber entschieden. Dann haben wir eine Meinung der Partei. Es wird dann auch in der Fraktion eine Meinungsbildung geben. Sodann werden wir mit unserem Koalitionspartner Gespräche führen. So ist es normal. Schließlich wird sich dann auch das Parlament damit befassen können.

(Zuruf des Abgeordneten Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Kollege Matthiessen, halten Sie sich bitte einmal zurück. Sonst gibt es einen Ordnungsruf.

Es ist ein Akt der politischen Normalität, dass eine politische Partei, insbesondere eine große Volkspartei, Herr Kollege Matthiessen, deren Mitglieder sich nicht in einer Telefonzelle versammeln können - in diesem Falle handelt es sich um die größte Partei hier im Lande -, die entsprechende Zeit braucht, um etwas zu beraten. Es ist bisher guter parlamentarischer Usus gewesen, Parteitage abzuwarten und uns dann Gelegenheit zu geben, uns öffentlich zu artikulieren. Nicht mehr und nicht weniger tun wir. Im Dezember werden wir die Materie dann ausführlich miteinander beraten können.

(Beifall bei CDU und SPD)

Zur Dringlichkeit hat der Herr Abgeordnete Jürgen Weber das Wort.