Protocol of the Session on October 11, 2007

Ich erteile Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.

Herr Minister, was Sie hier vorgetragen haben, ist wirklich bemerkenswert. Wir sind ja von Ihnen einiges gewohnt: Im Rahmen einer Pressekonferenz zur Hochschulreform haben sämtliche Rektoren gesagt, dass Sie ein Chaos anrichten würden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Bahnreform!)

- Ja, die Bahnausschreibung wurde so gegen die Wand gefahren, dass sie nun erneut erfolgt.

Und nun erreichen Ihre Managementfähigkeiten beim UK S-H ihren Höhepunkt.

Nachdem Sie hier ein völliges Chaos angerichtet haben, erklären Sie, Schuld habe der Koalitionspartner. Der habe Sie daran gehindert, das zu tun, was Sie eigentlich tun wollten. Das ist wirklich unglaublich: Entweder schaffen Sie es nicht, sich als Minister durchzusetzen oder Sie schieben andere vor.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich komme nun auf den Vorstand zu sprechen. Stellen Sie sich einmal eine private Firma vor, deren Vorstand man nichts mehr zutraut; so haben Sie es hier gerade geschildert. Anstatt den Vorstand abzulösen, setzen Sie einen Sanierer ein und lassen gleichzeitig den Vorstand im Amt. So etwas ist in einer normalen Firma doch völlig undenkbar.

Ich weiß natürlich, was bei Ihnen abgelaufen ist: Es gab tatsächlich Ausschreibungen für führendes Personal. Da saß dann der zuständige Personalchef und neben ihm saß als Aufsicht einer von dieser Beratungsgruppe; der machte praktisch die Personalgespräche mit. Es gab kaum noch Gespräche mit dem Vorstand, an denen nicht auch einer von dieser Gruppe teilnahm und guckte, ob dort alles richtig gemacht wurde. Wenn ich in einer solchen Situation der Vorstand wäre, dann würde ich das Weite suchen und mich nach einem neuen Job umschauen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Denn mit so viel Vertrauen vom Aufsichtsrat im Rücken kann ich doch nicht weiterarbeiten.

Das ist das Chaos, das Sie angerichtet haben, Herr Minister. Und nun stellen Sie sich hier hin und sagen, andere hätten die Schuld - möglicherweise noch Jürgen Weber, der hier einen so netten Beitrag geleistet hat.

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Minister, es ist ein Chaos eingetreten. Der Vorstand ist geflohen. Wir haben einen Sanierungsplan, der beinhaltet, dass bestimmte Lehrstühle eingespart werden sollen. Diese Lehrstühle sind allerdings nicht eingespart worden, sondern mit Wissen des Ministeriums entgegen dem Willen des UK S-H neu besetzt worden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit wurden die Einsparungen nicht möglich. All das wissen Sie.

Es sind Dinge gelaufen, die man hier gar nicht in Gänze aufzählen kann. Herr Minister, nun trauen Sie sich auch noch, sich hier so hinzustellen. Die Verantwortung liegt in einem solchen Fall bei der politischen Führung. Sie liegt im Zweifelsfall bei dem Aufsichtsratsvorsitzenden und der Aufsichtsratsvorsitzende heißt Herr de Jager. Insofern bitte ich Herrn de Jager, die Konsequenzen zu ziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dem Beitrag des Herrn Wirtschaftsministers möchte ich hier zwei Punkte in aller Klarheit ansprechen.

Erstens. Die fundamentalen Gegensätze zwischen der schwarzen und der roten Hälfte der Landesregierung und der Koalition in Sachen Zukunft des UK S-H führen zu einer Blockade, zu einem Stillstand und dies ist zunehmend Teil und Ursache der Krise des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Das ist ein Faktum, für das Sie als Landesregierung beziehungsweise als Koalition insgesamt die Verantwortung tragen.

(Minister Dietrich Austermann)

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zweitens. Ich komme auf meine Anmerkungen zurück, die ich vorhin in Sachen Chefsache gemacht habe; darauf hat auch Herr Austermann Bezug genommen. Ich möchte es mit einem Vergleich deutlich machen: Was hätten die hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen gesagt, wenn vor der Sommerpause nach den Vorgängen in den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel das für Reaktorsicherheit zuständige Ministerium in der öffentlichen Wahrnehmung nur durch den hochgeschätzten Staatssekretär Dr. Körner in Erscheinung getreten wäre und nicht auch in Person der Ministerin Rede und Antwort gestanden hätte und sich mit der Thematik öffentlich und gegenüber dem Parlament befasst hätte?

Meine Kritik war, dass sich der Minister nach meiner Wahrnehmung - ich habe noch einmal die ganze Presse durchgesehen - jedenfalls in den letzten Wochen, als es immer brenzliger wurde, weitgehend auf Tauchstation befunden hat und

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

dass der Herr Staatsekretär - gewiss als Aufsichtsratsvorsitzender hier in einer bestimmten Funktion im Grunde die Rolle des Krisenmanagers zugeteilt bekam. Das ist schon ein Punkt, den man auch aus der Opposition heraus hier kritisieren darf. Es geht um die Ministerverantwortung. Da muss man, wenn Probleme immer gravierender werden, auch erkennbar präsent sein, Herr Austermann.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Jürgen Weber.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwachstelle im Kabinett! - Zurufe - Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich meinte nicht den Kollegen Weber!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Klug, natürlich gibt es erstens keine schwarz-rote Blockade im Hinblick auf das UK SH, sondern es gibt eine klare Verabredung, es gibt einen klaren Kabinettsbeschluss, es gibt klare Aufträge des Aufsichtsrats. Es müssen sich nur alle daran halten, dann haben wir kein Problem.

(Beifall bei SPD und CDU - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und nu? Er hält sich nicht dran!)

Zweitens würde ich doch sehr darum bitten, dass das, was in fast allen Diskussionsbeiträgen im ersten Satz des regulären Beitrags formuliert wurde, auch in den Kurzbeiträgen nicht ganz außer Acht gelassen wird, nämlich dass wir es mit einer Einrichtung zu tun haben, wo 10.000 Menschen arbeiten und wo zig Tausende von Menschen gesund gemacht werden. Da sollten wir über die Frage, was ein solches Krankenhaus, ein solches Klinikum kann, was es nicht kann und in welchem Zustand es sich befindet, vielleicht etwas zurückhaltender formulieren. Das wäre meine zweite Bemerkung.

(Beifall bei der SPD)

Meine dritte Bemerkung geht auf die Einlassung von Minister Austermann ein. Da will ich nur sagen, dass ich glaube, dass er sich hier ein wenig versprochen hat, aus der Diskussionssituation heraus. Das passiert mir auch. Natürlich ist es meines Erachtens so, dass es keinen Aufsichtsratsbeschluss gibt, der lautet: Der Sanierer entscheidet alles allein oder entscheidet selbstständig über den Vorstand hinweg. Ich glaube, das hat Herr Austermann nicht so gemeint. Es gibt eine klare Abstimmung der Aufgaben von Sanierer und Vorstand. Natürlich kann man keinen Sanierer einsetzen, der über keine Befugnisse verfügt. Einen solchen Sanierer würde man gar nicht brauchen. Ein Sanierer kann innerhalb eines solchen Konstrukts nur in Kooperation mit dem Vorstand arbeiten.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Lars Harms [SSW])

Genau das tut er auch. Nichts anderes hat Herr Austermann auch gemeint.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er sich auch versprochen! - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lass mal Austermann vor!)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki.

(Dr. Ekkehard Klug)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verfolge mit wachsendem Interesse die Debatte, die sich entwickelt. Vor allen Dingen als Finanzpolitiker und Haushälter meiner Fraktion interessiert mich schon die Frage, wie das sich auftürmende Defizit des UK S-H, das innerhalb dieser Legislaturperiode auf 100 Millionen zuläuft, aufgefangen werden soll, wenn nicht der Landeshaushalt irgendwann einspringen muss, weil die Bürgschaften gezogen werden.

Herr Minister Austermann, in diesem Zusammenhang würde mich schon interessieren, dass Sie jetzt nähere Ausführungen dem Hohen Haus gegenüber machen, sonst würde ich Sie einmal im Finanzausschuss bitten darzulegen, welche Vorstellungen Sie haben. Sie haben erklärt, Sie hätten welche, Sie würden nur daran gehindert, sie zu verwirklichen. Mich würde interessieren, welche Vorstellungen Sie haben, dieses Defizit auf null zu reduzieren beziehungsweise in positive Zahlenwerke umzusetzen.

Darauf hat das Parlament einen Anspruch und ich werde Sie das auch weiter fragen. Vor allem werde ich das deshalb tun, weil für mich nicht nachvollziehbar ist, warum wir einen Sanierer haben bestellen und beauftragen müssen, wenn Sie wissen, wie man das Klinikum sanieren kann. Der kann im Zweifel auch nur das umsetzen, was Sie auch wissen. Davon gehen die Grünen wahrscheinlich aus, wenn sie mit der Vermutung operieren, Herr Dr. Schleifer werde im Prinzip genau das machen, was Sie machen wollten, aber nicht machen dürfen, weil Sie sich in einer Koalition befinden.

Herr Minister Austermann, ich würde trotzdem darum bitten, dass Sie uns erklären, welche produktiven Vorschläge zur Sanierung des Universitätsklinikums Sie dem Haus und uns unterbreiten würden.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Dietrich Austermann, das Wort.

Man kann die eine oder andere Mutmaßung darüber anstellen, was jemand mit dieser oder jener Bemerkung gemeint hat. Ich will das noch einmal ganz klar sagen: Wir sind mit einem ganz bestimmten

Vorschlag vor einiger Zeit in die Kabinettsvorbereitungen gegangen. Diesen Vorschlag haben wir in der Koalition abgestimmt und daraufhin gab es eine bestimmte Entscheidung. Diese Entscheidung wird von uns getragen und umgesetzt, damit das ganz klar ist. Das heißt, das Thema, das Sie angesprochen haben, nämlich Privatisierung, ist seitdem ob vorübergehend oder nicht - zu den Akten gelegt. Damit das ganz klar ist. Herr Weber, das war offensichtlich das, was Sie gemeint haben.

Unsere Aktivität geht jetzt in die Richtung zu sagen: Wenn das eine nicht läuft, gehen wir den anderen Weg. Den gehen wir mit voller Kraft und dieser Weg heißt Sanierer. Das tun wir in Abstimmung mit der Landesregierung und mit den mehrheitstragenden Fraktionen der Koalition. Dass Sie jetzt versuchen, sich daran zu laben, ist klar und das verstehe ich nach Ihrem Auftritt gestern und heute. Man sucht jetzt, um irgendwann noch einmal wieder die Lacher auf die eigene Seite zu kriegen.

Weshalb setzen wir einen Sanierer ein? Weil wir sagen, wir erwarten uns von dem Mann, der medizinische und kaufmännische Erfahrung in einem riesigen Klinikum hat, Vorschläge nach Durchsicht der vorhanden Akten dazu, wie man das Klinikum wieder auf einen besseren wirtschaftlichen Pfad bringen kann. Sie werden doch von mir nicht im Ernst erwarten, dass ich jetzt sage, ich schlage vor, dass im Sekundärbereich an der Stelle 14 Stellen eingespart werden, an anderer Stelle die Beschaffung zentralisiert wird und an der dritten Stelle etwas anderes gemacht wird. Insofern finde ich, dass man sich solche Beiträge auch sparen kann. Wir haben den Sanierer. Der Sanierer hat - wie Herr Weber völlig zu Recht gesagt hat - innerhalb von acht Monaten die Vorschläge vorzulegen. Es gibt erste Ansätze dafür, ein Rohkonzept, das im Aufsichtsrat angesprochen wird.

Zu Ihnen, Herr Dr. Klug: Sie kennen doch die Konstruktion des Klinikums. Da gibt es entsprechende Organe einer öffentlich-rechtlichen Anstalt mit einem Vorstand und einem Aufsichtsrat. Im Aufsichtsrat gibt es verschiedene Mitglieder. Dieser Aufsichtsrat hat die Aufsichtsfunktion. Ich gehöre dem Aufsichtsrat nicht an, aber selbstverständlich habe ich die Fachaufsicht und Rechtsaufsicht über das Klinikum qua Ministerium.