Protocol of the Session on October 11, 2007

Es ist die Aufgabe der Landesregierung und primär des verantwortlichen Ministers, dem UK S-H eine tragfähige Zukunftsperspektive zu verschaffen. Die Zeit des Vertagens, der Not- und Übergangslösungen muss vorbei sein, und zwar pronto.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Land wartet hier auf Entscheidungen. Das gebietet das Interesse des Gesundheits- und Wissenschaftsstandortes Schleswig-Holstein, aber auch die Fürsorge für die mehr als 10.000 Beschäftigten.

Die FDP-Fraktion hat vor geraumer Zeit einen eigenen Vorschlag unterbreitet, nämlich die Defusionierung der Uniklinikstandorte Kiel und Lübeck und die Entwicklung der Universität Lübeck zu einer Stiftungsuniversität mit einer Option zur Aufnahme privater Mitträger des dann wieder eigenständigen Lübecker Uniklinikums. Damit würde zugleich für beide Standorte, nämlich für Lübeck und Kiel, der Weg zur Schaffung straffer Leitungsstrukturen im Sinne des Integrationsmodells eröffnet, also sozusagen eine straffe Leitung von Fakultät beziehungsweise Universität in Lübeck und Klinikum in einer Hand, ein Integrationsmodell, das sich andernorts - wie alle wissen - bei der Überwindung der Defizitproblematik als hilfreich erwiesen hat.

Sofern die Landesregierung diesen Weg nicht beschreiten will, muss sie jetzt endlich wenigstens sagen, welches denn ihr Weg sein soll, statt weiter die Taktik des Durchwurstelns in Sachen UK S-H zu betreiben.

(Beifall bei der FDP)

Für die Gruppe des SSW erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das UK S-H bleibt in den Schlagzeilen. Vor den Sommerferien die vom Wissenschaftsminister und seinem Staatssekretär öffentlich propagierte Privatisierung des UK S-H und heute angeblich illegale Lebertransplantationen und Mutmaßungen über Vorteilsnahme bei leitenden Mitarbeitern und verschwundene Unterlagen. Alles das lässt das UK S-H in einem unprofessionellen Licht erscheinen.

Zumindest haben die wirksam verbreiteten Vorwürfe dazu beigetragen, dass der Vorstand des UK S-H dabei ist, sich aufzulösen. Genau der Vorstand, der sich vehement gegen die Privatisierungspläne des Wissenschaftsministers gestemmt hat, steht im Regen und flüchtet sich ins Trockene nach außerhalb Schleswig-Holsteins. Wie heißt es so schön? - Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

(Dr. Ekkehard Klug)

Offensichtlich sind aber andere Unikliniken von der Leistungsfähigkeit und der Managementqualifikation der UK-S-H-Vorstandsmitglieder überzeugt und bieten ihnen entsprechende Positionen an. So schlecht, wie uns weisgemacht wurde, kann deren Arbeit in den letzten Jahren also nicht gewesen sein.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir verlieren hoch qualifiziertes Führungspersonal, weil wir immer noch nicht für Sicherheit im Sinne der Beschäftigten sorgen. Der Aderlass wird sich auf weiteren Managementebenen und beim Fachpersonal fortsetzen, wenn nicht endlich Ruhe und Zuverlässigkeit eintreten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dem Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein tut dies alles wirklich nicht gut. Das UK S-H ist die einzige Uniklinik im Land, das einzige Krankenhaus mit Maximalversorgung und zudem größter Arbeitgeber in Schleswig-Holstein. Forschung und Lehre und eine hervorragende medizinische Versorgung sind das Pfund, mit dem Schleswig-Holstein wuchern könnte und auch wuchern sollte. Dies sollte sich das Land auch etwas kosten lassen. Das ist nicht zum Nulltarif zu machen. Nicht umsonst kommt vom VdAK der Vorwurf, das UK S-H sei in den letzten Jahren kaputtgespart worden.

Hatte nicht auch der Vorstand des UK S-H einen Bau-Masterplan entwickelt, um die Leistungen zukünftig wirtschaftlicher erbringen zu können? War das Land bereit, das UK S-H dabei finanziell ausreichend zu unterstützen? Jeder kann sich vor dem Hintergrund der unendlichen Privatisierungsdiskussionen diese Fragen selbst beantworten.

Noch ein Wort zum Sanierer. Offensichtlich sieht auch Herr Schleifer die Möglichkeit, das UK S-H ohne Privatisierung zu sanieren, und unterstützt den Vorstand in dieser Position. Das freut uns natürlich. Schön wäre aber auch, wenn uns einmal jemand sagen würde, was die Sanierungsberatung wirklich kostet, welche Beratungsunternehmen an der Sanierung beteiligt sind und ob das UK S-H auf Empfehlung von Herrn Schleifer neue Mitarbeiter eingestellt hat, die ihn in seiner Arbeit unterstützen.

Staatssekretär de Jager hat im Ausschuss bereits angekündigt, dass er die Zahlen zur Verfügung stellen will, die vonseiten des UK S-H für Beratung und Forschung eingestellt worden sind. Für diese Transparenz bedanken wir uns ausdrücklich.

(Beifall beim SSW)

Die Position des SSW zur Situation des UK S-H ist klar. Ich will sie trotzdem nennen. Wir wollen keine Privatisierung der einzigen Uniklinik im Land, auch nicht durch die kalte Küche, indem man den sich auflösenden Vorstand durch privates Management ersetzt, um schon einmal die Weichen für das Jahr 2010 zu stellen.

Das UK S-H braucht ausreichende finanzielle Unterstützung und die Rückendeckung des Landes, um konkurrenzfähig zu bleiben und seine Leistungen weiterhin hervorragend und wirtschaftlicher als bisher erbringen zu können. Und es muss endlich Ruhe und Kontinuität hergestellt werden, damit die Mitarbeiter nicht weiter verunsichert und damit demotiviert und ausgelaugt werden.

Die Landesregierung sollte sich gut überlegen, ob sie die Position des pflegerischen Vorstandes klammheimlich verschwinden lassen will. Die Pflege ist eine wichtige Berufsgruppe und wird noch mehr an Bedeutung gewinnen, da sie immer mehr ärztliche Tätigkeiten übernehmen wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Andere Länder machen es uns vor.

Ansonsten, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleibt nur noch einmal zu sagen: Ohne Unterstützung des Landes geht es nicht. Die Landesregierung sollte nicht vergessen: Das UK S-H braucht das Land, aber das Land braucht auch das UK S-H. Ich hoffe, das ist allen Verantwortlichen klar.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister Austermann hat sich noch einmal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, aber ich muss mich noch einmal zu Wort melden, da ich den Eindruck habe, dass der eine oder andere versucht, das Ganze in eine bestimmte Richtung zu schieben. Der Ausgangspunkt der Debatte - ich meine den Antrag der Grünen - war ein ganz anderer als das, was sich dann in den Wortmeldungen widergespiegelt hat.

(Beifall bei der CDU)

Es wurden fünf Fragen gestellt und zu diesen Fragen habe ich Auskunft gegeben. In den Wortmeldungen lief es darauf hinaus, dass nun ein bestimm

(Anke Spoorendonk)

ter Zustand eingetreten sei und dass wir eigentlich Privatisierung wollten.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die erste Frage, die wir gestellt haben!)

- Zur ersten Frage habe ich gesagt, dass es diese Differenz nicht gibt. Wenn ich mich richtig erinnere, ging es darum, ob Herr Schleifer auf der einen Seite und die Landesregierung auf der anderen Seite stehe.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zur Privatisierung, ja!)

Wir haben im Kabinett und in den Regierungsfraktionen über die Möglichkeit debattiert, privates Kapital bis zu 49 % hineinzuholen. Also, das Klinikum komplett zu verkaufen, hat nie zur Diskussion gestanden. Ich bitte, das zur Kenntnis zu nehmen.

Im Kabinett haben wir dann mit Mehrheit eine andere Entscheidung getroffen. Unsere Vorstellung einer Privatisierung, die vorsehen sollte, dass der Private für die Krankenhausversorgung und die öffentliche Seite für den Komplex Forschung und so weiter verantwortlich sein sollte, hat sich nicht durchgesetzt.

Da das so war und wir das Ganze auf eine vernünftige Basis stellen wollten, haben wir uns für einen Sanierer entschlossen. Nun frage ich Sie, was ein Sanierer eigentlich machen soll. - Er soll natürlich sanieren und er muss entsprechende Entscheidungen treffen. Und diese Entscheidungen muss er gegebenenfalls auch gegen den Vorstand treffen. Wenn ich ein Unternehmenschef wäre und mir ein Aufsichtsgremium einen Sanierer in Haus setzen würde, dann wäre dies für mich ein ziemlicher Beweis dafür, dass man nicht glaubt, ich sei in der Lage, das zu schaffen. Also, wir haben uns für den Sanierer entschieden, weil es um handfeste und harte Lösungen geht.

Nun gehe ich auf die Frage ein, warum sich der eine oder andere entfernt hat. Der Vorstand selbst hat ein Konzept vorgeschlagen, das davon ausging, dass irgendwann der Turnaround erreicht wird und dass man massive Einsparungen im Personalbereich vornehmen kann. Nun kann ich sagen, dass sich zumindest zwei Vorstandsmitglieder offensichtlich nicht mehr in der Lage sehen, dieses eigene Konzept durchzusetzen. Uns daraus einen Vorwurf zu machen, ist - glaube ich - ziemlich unberechtigt.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt komme ich zu der Frage - diese musste ja kommen -, ob sich der eine oder andere mehr darum gekümmert hat. Herr Dr. Klug, Sie wissen ganz genau, wie der Aufsichtsrat zusammengesetzt ist. In dem Aufsichtsgremium sitzen nicht nur SPDoder CDU-Mitglieder, sondern auch andere Personen. Dass man im Aufsichtsgremium das eine oder andere durchsetzt, ist von Absprachen abhängig.

Dann wurde auch die Frage gestellt, wer eigentlich wen informiert. Als ich den „Monitor“-Bericht im Fernsehen gesehen habe, in dem dargestellt wurde, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein soll, habe ich natürlich den Aufsichtsratsvorsitzenden gefragt. Und der fragte wiederum den Vorstand. Und wenn ich dann nicht die Auskünfte bekomme, die ich bekommen möchte, dann ziehe ich daraus meine Konsequenzen. Dann werden die Leute einbestellt und dann führen wir darüber Gespräche. Das haben wir gemacht. Jetzt daraus den Schluss zu ziehen -

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Wir wollen jetzt einmal die Dinge beim Namen nennen. Ich könnte auch gern etwas zur politischen Verantwortung sagen, Herrn Hentschel. Denn Sie wissen ganz genau, wann bestimmte Entscheidungen getroffen wurden.

Also, wenn die Fragen nicht ausreichend beantwortet werden, dann müssen wir daraus Konsequenzen ziehen. Dafür leisten wir den Diensteid: Wir tun nämlich das, was erforderlich ist, um Schaden vom Land abzuwenden. Schaden vom Land abzuwenden heißt auch, dass wir dafür sorgen, dass wir kein Defizit in dem Klinikum haben. Das Klinikum lebt doch zurzeit nur, weil der Finanzminister Bürgschaften gibt. Uns in dieser Situation zu unterstellen, wir seien nicht bemüht, optimale Lösungen herbeizuführen, erachtet ich als unangebracht.

Ich könnte Ihnen nun sagen, welche einzelnen Maßnahmen ich treffen würde. Aber die jetzigen Maßnahmen sind in der Koalition mehrheitlich beschlossen worden. Also muss ich mich mit dem abfinden, was wir machen. Deshalb sage ich, dass wir alle Kraft dem Sanierer widmen sollten. Er braucht allerdings Zeit für die Sanierung.

Ich möchte auch noch einmal daran erinnern, welche Fragen Sie in Ihrem Fragenkatalog haben. Ich denke, dass wir bei diesem wichtigen Thema die Dinge so nennen, wie sie genannt werden sollten. Dass wir von der Landesregierung in die Mitarbeiter des Klinikums als größtem Arbeitgeber vollstes Vertrauen setzen, brauche ich hier wohl nicht zu unterstreichen. Dass sich niemand in Schleswig

(Minister Dietrich Austermann)

Holstein Sorgen darüber machen muss, dass er nicht optimal behandelt würde, ist für mich selbstverständlich.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel das Wort.