Wenn wir in Sonntagsreden über das Universitätsklinikum reden, betonen wir immer die Verantwortung für die über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses größten Arbeitgebers hier in Schleswig-Holstein und die Bedeutung für die Gesundheitswirtschaft, für den Standort SchleswigHolstein. Das sollten wir aber nicht nur in Sonntagsreden tun, sondern auch jetzt in dieser Situation, wenn es darauf ankommt. Deswegen müssen wir verantwortlich mit den Vorwürfen umgehen, die jetzt erhoben werden.
Das Erste ist, dass wir zwischen den einzelnen Komplexen sauber trennen müssen. Sie haben darauf hingewiesen, dass ein Mitarbeiter des International Departement in Untersuchungshaft ist. Das ist eine Sache der Justiz. Damit haben wir in der Politik gar nichts zu tun. Es gilt zunächst die Unschuldsvermutung. Die Ergebnisse der Untersuchungen und möglicherweise auch der Gerichtsverhandlung müssen wir akzeptieren. Wir müssen diese dann auswerten.
- Ich glaube, wenn jemand in Untersuchungshaft sitzt, hat er es nicht mit dem Aufsichtsrat, sondern mit der deutschen Justiz zu tun. Ich habe in dieser Hinsicht offensichtlich mehr Vertrauen als Sie.
Ich glaube auch, dass deutlich geworden ist, dass die Vorwürfe der Bestechlichkeit und der Untreue nichts mit den Lebertransplantationen, von denen vorher die Rede war, zu tun haben. Auch das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Das muss wirklich sauber getrennt werden. Es ist wiederum Sache der Staatsanwaltschaft, mögliche Verstöße gegen das Transplantationsgesetz aufzuklären. Das ist nicht Aufgabe der Politik. Wir sollten auch nicht dahin kommen, dass wir vor diesem Hintergrund die Akquise zahlungskräftiger kranker Kunden aus dem Ausland grundsätzlich in Frage stellen. Hier handelt es sich um einen wichtigen Zweig.
Die Rechtsaufsicht hat funktioniert. Das können wir feststellen. Die externe Revision - das müssen auch Sie zugeben - ist umgehend eingeleitet worden. Ich denke, dass wir die Bewertung des Berichtes zunächst einmal sachkundigen Mitarbeitern überlassen sollten. Diese sollten den Bericht in Ruhe auswerten. Hektik bringt uns überhaupt nicht weiter. Ich stelle aber fest, dass die externe Revision vom Ministerium umgehend eingeleitet worden ist. Wir sollten hier kein Öl ins Feuer gießen. Ich will an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass die Strukturen, über die wir hier reden, nicht von dieser Regierung geschaffen worden sind. Wir reden hier vielmehr über Strukturen, die kurz vor dem Regierungswechsel geschaffen worden sind.
Was die personellen Veränderungen angeht, so steht es uns, wie ich glaube, auch gut an, zurückhaltend zu sein. Wir können in die Köpfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich woanders beworben haben, nicht hineinschauen und somit nicht wissen, welches ihre wirklichen Motive sind. Ich denke, wir sollten diesbezüglich mit Spekulationen hier im Parlament sehr vorsichtig sein. Auch über alles Weitere, was mit personellen Veränderungen zu tun hat, sollten wir meines Erachtens in Ruhe beraten, also nicht unbedingt vor dem Hintergrund der jetzigen Diskussion.
Sie haben aber natürlich ein Anrecht zu erfahren, wie wir politisch zur Zukunft des Universitätsklinikums stehen. Es ist, wie ich glaube, gerade in dieser Situation wichtig, dass wir als CDU-Fraktion
festhalten, dass wir zu dem Lösungsweg, den wir in der Großen Koalition gefunden haben, stehen, dass wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemeinsam mit dem Sanierer, Herrn Schleifer, Zeit geben, wirtschaftliche Strukturen zu schaffen. Das ist unglaublich wichtig, egal wie die Zukunft in zehn oder 15 Jahren aussehen wird. Wir wissen heute wirklich nicht, wie sie dann aussehen wird. Die Kliniklandschaft verändert sich schließlich. Wir müssen auch sehen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Universitätsklinikums schon seit einigen Jahren mit einer gewissen Unruhe leben müssen. Das fing bei der Fusion an und reicht hin bis zu weitergehenden Diskussionen, die vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation, die der Minister auch sehr deutlich angesprochen hat, ja unvermeidlich sind. Wir sollten in dieser Situation als Parlamentarier alles vermeiden, was Unruhe in die Diskussion bringt. Wir sollten eine Skandalisierung und ein politisches Ausschlachten verhindern.
Wir haben eine Vereinbarung getroffen, und zwar dahin gehend, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Zeit gegeben wird, gemeinsam für eine wirtschaftliche Ausgangssituation zu sorgen. Wir müssen in den Sanierer Vertrauen haben. Wir müssen Vertrauen in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Ich füge hinzu: Es gibt aus der Sicht der CDU-Fraktion auch keinen Anlass, das Vertrauen in das Ministerium in irgendeiner Form einzuschränken. Wir haben vollstes Vertrauen. Wir schauen positiv nach vorne und geben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Universitätsklinikums auch die Ruhe, die sie für die Lösung der Aufgaben, die vor ihnen liegen, brauchen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal bedankt sich die SPD-Landtagsfraktion für den Ad-hoc-Bericht des Wissenschaftsministers und nimmt seine Ausführungen mit großem Interesse zur Kenntnis. Zu den Fragen, die auch die Ermittlungsbehörden beschäftigen, hat der Herr Minister unseres Erachtens alles Notwendige gesagt. Auch Kollege Herbst ist schon darauf eingegangen. Dem gibt es von unserer Seite aus nichts hinzuzufügen.
Sanierung des UK S-H in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft nach wie vor von besonderer Bedeutung bleibt.
Ich bin sehr froh, dass auch Kollege Herbst diese Situation unterstrichen hat. Hierzu gibt es eine klare Vereinbarung in der Koalition und einen klaren Auftrag der Landesregierung und des Aufsichtsrats an die Leitung des Klinikums.
Ich darf vielleicht Folgendes in Erinnerung rufen: Im letzten Jahr haben wir sehr ausführlich und sehr intensiv verschiedene Gutachten und Konzepte beraten, um das UK S-H mittelfristig aus den roten Zahlen zu bringen, die wissenschaftliche Exzellenz weiterzuentwickeln und den Investitionsstau abzubauen. Neben Modellen zur Teil- oder Vollprivatisierung des UK S-H lag unter anderem auch ein Konzept des Vorstandes auf dem Tisch, in dem Wege für eine Sanierung des Klinikums in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft vorgestellt wurden.
Schließlich haben sich im Juli dieses Jahres Kabinett und Koalitionspartner darauf geeinigt, den Vorstand des UK S-H gemeinsam mit dem vom Aufsichtsrat bestellten Sanierer Dr. Schleifer zu bitten, bis Jahresmitte 2008 Vorschläge für ein umfassendes Sanierungskonzept zu entwickeln. Das Konzept soll den finanz-, unternehmens-, gesundheitsund wissenschaftspolitischen Zielen nachhaltig gerecht werden. Eine Privatisierung der Krankenversorgung war und ist für uns nicht akzeptabel und damit zumindest für die Zeit dieser Koalition politisch vom Tisch.
Nun ist kein Geheimnis - Minister Austermann hat das heute ja auch noch einmal angedeutet -, dass er als Wissenschaftsminister und auch sein Staatssekretär, der ja Vorsitzender des Aufsichtsrates ist, über das Scheitern der Teilprivatisierungspläne nicht gerade glücklich sind. Das ist, wie ich denke, zunächst einmal kein Problem. Die Beschlusslage ist jetzt allerdings gerade einmal ein Vierteljahr alt und der Zeitpunkt für die Vorlage eines neuen Strukturkonzepts durch den Vorstand und den Sanierer liegt noch über ein halbes Jahr vor uns. Da kann es schon verwundern, wenn der Vorstand, der voll und ganz hinter dem Konzept eines öffentlichrechtlichen UK S-H stand und steht, sich Stück für Stück in Luft auflöst.
- Da würde ich gar nicht klatschen, Kollege Hentschel. - Zuerst geht Frau Schulte, die für den Bereich Pflege im Vorstand saß. Heute deutete Minister Austermann an, dass er in Frage stellt, ob es überhaupt Sinn macht, die Pflege im Vorstand vertreten zu sehen.
Demnächst geht der kaufmännische Vorstand des UK S-H, Herr Zwilling. Der Minister erklärte heute, dass die Frage, ob ein Mediziner Vorsitzender des Vorstandes sein müsse, zumindest überdacht werden soll. Wird künftig also vielleicht ein Kaufmann Vorstandsvorsitzender sein? Zurzeit bleibt nur noch der Vorstandsvorsitzende Professor Kremer, der als einziger von dem mit der Sanierung beauftragten Vorstand Ende des Jahres noch im Amt sein wird.
Nun lese ich in der Presse und höre heute auch von Ihnen, Herr Austermann, dass es Ihnen am liebsten ist - Sie haben daraus keinen Hehl gemacht -, einen kompletten personellen Neuanfang zu wagen. Das ist doch wohl nichts anderes als der Hinweis, auch auf Professor Kremer im Vorstand verzichten zu wollen. Damit wären dann alle Vorstandsmitglieder, die das von der Landesregierung beschlossene Vorgehen ausdrücklich unterstützt haben, nicht mehr im Amt. Das ist für einen so kurzen Zeitraum schon ein bemerkenswerter Vorgang.
Ich will dabei gern konzedieren und unterstreichen, dass Herr Minister Austermann heute deutlich gemacht hat, dass Frau Schulte und Herr Zwilling aus freien Stücken gehen. Dieser Hinweis war, wie ich finde, auch notwendig. Ich habe bisher im Klinikum noch niemanden getroffen, der diese Auffassung vertreten hat. Insofern fand ich es richtig und sinnvoll, dass wir das hier im Parlament zumindest einmal deutlich unterstreichen.
Es bleibt in aller Ruhe zu fragen, wie die schwierigen Aufgaben des UK S-H ohne einen eingearbeiteten Vorstand gelöst werden sollen. Bei aller Wertschätzung für die Arbeit von Herrn Dr. Schleifer ich will gern noch einmal meine hohe Wertschätzung für seine Arbeit unterstreichen - wird er ja wohl kaum einen kompletten Vorstand ersetzen können und wollen.
Ich darf daran erinnern, dass in nächster Zeit nicht nur Wirtschaftssanierung auf der Tagesordnung steht, sondern dass wichtige wissenschaftspolitische Weichenstellungen vor uns stehen. Das betrifft das Partikeltherapiezentrum wie auch die Vergabe der nächsten Exzellenz-Cluster im Bereich der Medizin, Arbeitsfelder, für die sich der Vorstand
bisher eingesetzt hat. Ich hoffe, wir werden keine Probleme haben, die Arbeit auf dem bisherigen Niveau fortzusetzen.
Abschließend will ich sagen: Wir sind offen für Beratungen über Vorstandsstrukturen im Klinikum. Dafür braucht es Transparenz und Offenheit. Aber in erster Linie bedarf es einer Orientierung auf die gemeinsam verabredeten Ziele. Innerhalb dieses Korridores sind wir bereit, über alle Dinge zu reden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Universitätsklinika in Kiel und Lübeck sind die einzigen Häuser der medizinischen Maximalversorgung in Schleswig-Holstein. Sie leisten außerdem Wesentliches für Forschung und Lehre in der Medizin; in manchen Bereichen haben sie hier sogar exzellente Leistungen vorzuweisen. Zugleich handelt es sich beim UK S-H um den größten Arbeitgeber in Schleswig-Holstein mit mehr als 10.000 Beschäftigten.
Die Entwicklung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein muss deshalb für die Landespolitik als Thema oberster Priorität eingestuft werden. Für das Land Schleswig-Holstein ist die Sicherung der Zukunftsperspektiven unserer Hochschulmedizin von herausragender Bedeutung.
Für diesbezügliche Sorgen besteht seit geraumer Zeit reichlich Anlass. Die Entwicklung der finanziellen Defizite des UK S-H und die tiefgreifenden Gegensätze zwischen den beiden Hälften der Landesregierung im Hinblick auf die zukünftige Struktur und Trägerschaft des UK S-H haben auch den Landtag wiederholt beschäftigt. Es ist natürlich selbstverständlich, dass die seit über einem Jahr bestehende Hängepartie zwischen der schwarzen und der roten Hälfte der Landesregierung im Hinblick auf die zukünftige Struktur und Trägerschaft des UK S-H auch als ursächliche Wirkung für den Weggang von Vorstandsmitgliedern - mit Ausnahme des Ausscheidens von Professor Jocham - zu benennen ist. Insoweit liegt das Entstehen der Führungskrise im UK S-H auch in der Verantwortung der Landesregierung insgesamt.
Aktuelle Probleme kommen hinzu. Die Auflösungstendenzen im UK S-H-Vorstand habe ich schon angesprochen. Die Vorgänge im Zusammenhang mit Organtransplantationen bei außereuropäischen Patienten, der Betrugsverdacht und die Bestechlichkeitsvorwürfe im Zusammenhang mit dem International Department des UK S-H, verschwundene Patientenakten und schließlich auch erst kürzlich bekannt gewordene erhebliche Baumängel beim neuen Anbau des Lübecker Zentralklinikums bilden mittlerweile ein Bündel weiterer Belastungen.
Es ist keine Frage, dass sich auch der Landtag seiner parlamentarischen Kontrollfunktion erinnern muss und sich mit diesen Themen zu beschäftigen hat. Meine Fraktion hat gleichwohl ausdrücklich darauf verzichtet - wir haben in unserer Fraktionssitzung darüber diskutiert -, einen Debattenantrag zu stellen, weil wir der Meinung waren, dass zunächst die Resultate der externen Revision und der Fortgang der staatsanwaltlichen Ermittlungen abgewartet werden sollten, bevor sich aus diesen Vorgängen gegebenenfalls politische Schlussfolgerungen ziehen lassen.
Wenn wir also nun schon heute aufgrund des Antrags der Grünen über die Situation des UK S-H debattieren, so lässt sich aus unserer Sicht zumindest Folgendes feststellen: Es ist höchste Zeit, dass die Entwicklung des UK S-H im zuständigen Ressort der Landesregierung als Chefsache behandelt wird.
Meine Damen und Herren, in der jüngsten Vergangenheit konnte man nämlich den Eindruck gewinnen, dass Herr Minister Austermann in dem Maße, wie es brenzliger wurde, auf umso größere Distanz zur Feuerstelle gegangen ist.
Damit soll ausdrücklich nicht die Funktion des beamteten Staatssekretärs, der in Sachen UK S-H derzeit für die Landesregierung Krisenmanagement betreibt, mit Kritik bedacht werden. Das ausdrücklich nicht. Es geht vielmehr um die Forderung, dass der zuständige Minister seine Ressortverantwortung wahrnehmen muss, und zwar erst recht dann, wenn die Situation schwierig wird.
Es ist die Aufgabe der Landesregierung und primär des verantwortlichen Ministers, dem UK S-H eine tragfähige Zukunftsperspektive zu verschaffen. Die Zeit des Vertagens, der Not- und Übergangslösungen muss vorbei sein, und zwar pronto.