Ein Punkt, der in der Debatte bisher keine Rolle gespielt hat, ist das Thema Unternehmensteuerreform. Ich gehe davon aus, dass die Unternehmensteuerreform 2008 kommen wird. Sie wird dem Land Schleswig-Holstein kurzfristig gewaltige Mindereinnahmen bringen. Mittelfristig soll sie ja kostenneutral sein. Aber erst einmal muss die öffentliche Hand Einnahmeausfälle von 7 Milliarden € verkraften. Das müssen wir im Hinterkopf haben, wenn wir über Mehrausgaben diskutieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Zur Haushaltskonsolidierung gibt es keine Alternative. Steuereinnahmen müssen genutzt werden, um die Neuverschuldung zu reduzieren. Unser Ziel muss es sein, möglichst schnell auf die Neuaufnahme von Krediten zu verzichten. Die Koalitionsfraktionen werden sich über die Bereiche unterhalten, in denen wir eine Nachjustierung vornehmen müssen, im Bildungsbereich, beim Thema, wie wir möglichst viele Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche schaffen. Wir gucken, was wir machen können, aber zur Haushaltskonsolidierung, zum Abbau von Schulden gibt es keine Alternative. Ich wäre dankbar, wenn das mit großer Mehrheit im Haus getragen würde.
Für die Fraktion der FDP erteile ich dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.
Mitglieder des Hohen Hauses festgestellt haben, dass die FDP-Fraktion weder den Antrag auf Durchführung einer Aktuellen Stunde gestellt hat noch dass es aus meiner Fraktion Äußerungen zur Frage von Neuwahlen oder sonstigen Dingen gegeben hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was in den letzten Tagen passiert ist, mit dem Begriff „Provinzposse“ zu umschreiben, würde der Provinz nicht gerecht werden. Es war Realsatire.
Wir müssen uns in Erinnerung rufen: Im Jahr 2005 hat diese Große Koalition den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes durch Verlängerung der Arbeitszeit eine reale Gehaltskürzung aufgebürdet. So wurde im Koalitionsvertrag versprochen, dass es keine weiteren Sonderopfer für Beamtinnen und Beamte geben soll. Dann stellte die Unionsfraktion fest, dass ihr Blick in die Kasse doch tiefer war als vorher geahnt. Es war nichts drin und es wurde erklärt, die schwächelnde Konjunktur, die schlechten Aussichten, die miserable Finanzlage des Landes und die Entwicklung der Steuereinnahmen nötigten dazu, das gegebene Versprechen nicht umzusetzen und von den Beamtinnen und Beamten ein Sonderopfer zu verlangen.
Nun sprudeln die Steuereinnahmen wie wild und der Innenminister dieses Landes, von dem ja jeder weiß, dass er für die Finanzmisere des Landes in der Vergangenheit durchaus Verantwortung getragen hat - übrigens wie die Mother of Desaster Frau Heinold auch, die ja neun Jahre allen Haushaltsanträgen der damaligen Koalition zugestimmt hat -, kommt auf die glorreiche Idee, das Versprechen des Koalitionsvertrages vielleicht doch einzulösen, weil das Begründungselement weggefallen ist, die mangelnden Steuereinnahmen verlangten ein Sonderopfer.
Nun kann man ja über den Vorschlag streiten. Das haben wir in den Haushaltsdebatten im Dezember getan und die FDP hat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, auch um ein Stück Glaubwürdigkeit gegenüber den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes zurückzugewinnen. Und was passiert? Die geballte mediale und die geballte Unionsmacht
Ich möchte daran erinnern, dass andere aus der Großen Koalition, zum Beispiel der von mir sehr geschätzte Kollege Wadephul, durch die Lande eilen und überall erklären, was man mit Steuermehreinnahmen machen kann. Es wird vermeldet, dass der Kollege Wadephul in Rieseby erklärt hat, die Unterrichtsverpflichtung für Lehrer müsste abgesenkt werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir mehr Lehrer brauchen, und die müssen ja bezahlt werden. Heute entnehmen wir den „Kieler Nachrichten“, dass ein Teil der Steuermehreinnahmen verwandt werden soll, um Krippenplätze zu finanzieren.
Wie gesagt, man kann darüber streiten, ob das sinnvoll ist oder nicht, aber dass man in einer Koalition nicht mehr vom Koalitionsvertrag abweichende Ideen äußern darf, um zum Fortschritt beizutragen, ist ein bemerkenswerter Zustand. Das habe ich recherchiert - noch nie erlebt, dass Koalitionsparteien außerhalb des Koalitionsvertrages keine weiteren Überlegungen in den Markt der Meinungen hineinstreuen können.
Nun erleben wir - da bin ich ganz begeistert, ich muss den Innenminister loben - einen wunderbaren, genialen Auftritt des Innenministers - wobei ich sagen muss, dass die Behauptung der Presse, der Grillabend am Montag sei abgesagt worden, falsch ist, denn er ist ja gegrillt worden wie nichts Gutes.
Der Innenminister entschuldigt sich, ohne zu erklären, wofür. Er übernimmt einen Teil der Verantwortung, ohne dass wir wissen, welchen Teil. Herr Innenminister, auch ich übernehme einen Teil der Verantwortung und bekenne mich. Solange Sie aber nicht sagen, welcher Teil der Verantwortung Ihr Teil ist und wer einen weiteren Teil der Verantwortung trägt, ist das eine völlig inhaltsleere Diskussion. Ich empfehle wirklich allen, einmal seine Dissertation nachzulesen.
Es ist dem Innenminister gelungen, in der Sache vom „Buhmann“ zu einem „guten Menschen“ zu werden. Er ist jetzt der Rächer der Enterbten und Geschundenen, er setzt sich für die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ein. Man muss nur die DGBErklärung, die Erklärung der GdP lesen. Die anderen sind die bösen Buben, die ihre Zusagen nicht einhalten.
In einer Woche, in 14 Tagen wird verraucht sein, was an persönlichen Dissonanzen da gewesen ist. In der Sache wird es dabei bleiben, was die SPDFraktion gestern beschlossen und verkündet hat: Man könne diesen Vorschlag in der jetzigen Koalition nicht umsetzen. Das heißt nicht, dass der Vorschlag falsch war.
„Die Diskussion der vergangenen Tage hat einmal mehr gezeigt, dass es in einer Koalition, allemal in einer Großen Koalition zweier gleich starker Partner, nur zur Realisierung von Projekten kommen kann, wenn beide Partner diese mittragen. Ich habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass dies bei meinem Vorschlag nicht der Fall ist. Das ist bedauerlich.“
Wenn der Kollege Hay sagt: „Das ist einfach so, das müssen wir zur Kenntnis nehmen“, dann frage ich einmal zurück: Verabschieden sich die Sozialdemokraten von ihrem Parteitagsbeschluss, die Schülerbeförderungskosten für die Eltern wieder auf das ursprüngliche Maß zurückzuführen, Kollege Hay?
- Das ist in jeder Koalition so. Dass man Selbstverständlichkeiten publizieren muss, ist für mich etwas Wundersames. Wenn man aber gleichzeitig erklärt, in der Sache sei man dieser Auffassung - Herr Kollege Wadephul hat einen Mentalitätswechsel gefordert -, die Union sei leider dagegen, stellt es sich so dar: Die Union kriegt den Schwarzen Peter für die Lösung der Finanzmisere, für die Sozialdemokraten und Grüne erheblich die Verantwortung tragen. Die Unionsleute sind die Bösen. So wird es weitergehen. Es wird bei den Schülerbeförderungskosten genau das Gleiche sein: Die Sozialdemokraten setzen sich für die Eltern im ländlichen Raum ein, für die Schülerinnen und Schüler, für vermehrte und bessere Bildungschancen und die Unionsfraktion ist dagegen, weil sie aus Sparbemühungsgründen heraus nichts anderes bewältigen kann. Ich finde eine solche Strategie genial.
Ende, wird sich nicht bewahrheiten, weil bei jeder künftigen Debatte die Sachfrage im Vordergrund stehen und es der Union schwerfallen wird zu erklären, warum sie in der Sache eine Position einnimmt, die sie im Wahlkampf möglicherweise nicht durchhalten kann, während sich die Sozialdemokraten wieder einmal auf die Seite der Armen und Entrechteten stellen.
Herr Innenminister, ich beglückwünsche Sie zu dieser wunderbaren Form der politischen Kommunikation. Der Kollege Wadephul hat gesagt, der Innenminister sei kopfgesteuert - wohl wahr, es war nichts, was aus dem Bauch heraus geschehen ist, es war wohl vorbereitet und es hat funktioniert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte heute hat gezeigt, dass die Aktuelle Stunde überhaupt nichts mit dem Thema, wie wir den Haushalt konsolidieren können, zu tun gehabt hat oder haben sollte. Es hat so viel mit dem Thema zu tun wie Störche mit der Geburtenentwicklung. Worum es hier geht, hat mit dem Innenleben der Großen Koalition zu tun, mit der Beziehung von CDU und SPD, damit, dass Personen nicht miteinander auskommen können, und damit, dass es in der Koalition in wichtigen politischen Sachfragen ganz unterschiedliche Vorstellungen gibt, bei der Kreisreform, bei der Verwaltungsstrukturreform, bei der Schulpolitik, bei der Hochschulpolitik und so weiter.
Richtig ist auch, dass diejenigen, die der Großen Koalition angehören, natürlich durch die Lande reisen und sagen: Wären wir allein, könnten wir allein, hätten wir schon vieles anders gemacht, dann hätten wir mehr für die Lehrer und mehr für die einen oder anderen ausgegeben.
Wir haben es mit einer Beziehung zu tun, die im wirklichen Leben so zerstritten wäre, dass die Partner jetzt auseinandergegangen wären. Bei der Scheidungsrate ist es ja auch nicht verwunderlich, wenn es so gekommen wäre, aber Politik ist anders und Politik hat manchmal sehr wenig mit dem realen Leben zu tun.
Was bleibt, ist eine Koalition, in der sich die SPD unterworfen hat. Was bleibt, ist in jedem Fall die Möglichkeit, dass man sagen kann: Wenn ihr nicht
Vor diesem Hintergrund hat der SSW gesagt: Da müssen die Wähler gehört werden. Wir können keine weitere Flickschusterei betreiben. Erst wenn Neuwahlen stattgefunden haben, können die Karten neu gemischt werden.
Ich sage das auch vor dem Hintergrund der Situation nach der Landtagswahl 2005, wo es in Kiel große Demonstrationen für eine Große Koalition gegeben hat. Vertreter der Medien und der Wirtschaft hatten damals gemeint, Große Koalitionen machten große Taten. Ich kann sagen: Bisher ist es eher so, dass mehr Mist als große Taten gemacht worden ist.