Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Hentschel, es ist natürlich Pech, wenn eine Aktuelle Stunde ihre Aktualität verloren hat.
Man kann natürlich das eigene Dilemma dadurch vergrößern, indem man hier einen Wortbeitrag abliefert, bei dem sich das ganze Haus fragt: Was wollte uns der Redner damit eigentlich sagen?
Wir haben gleich Zeit, ein bisschen über Parlamentarismus und Schleswig-Holstein nachzudenken. Kollege Kubicki hat gleich noch seinen Aufschlag -
- Wie es sich für eine Regierungskoalition gehört, warten wir mit der entsprechenden Demut auf den Beitrag des Kollegen Kubicki.
Nach 60 Jahren Schleswig-Holstein muss ich allerdings feststellen: So eine Opposition hat das Land nicht verdient, Herr Hentschel. Das war kein Beitrag, der uns weitergeführt hätte.
Natürlich müssen wir in dieser Lage darüber nachdenken, was wir mit möglichen Steuermehreinnahmen machen, mit denen wir nicht haben rechnen können. Das Allererste, was mir dazu einfällt, ist,
dass wir uns darüber freuen, dass es Steuermehreinnahmen gibt. Sie sind nämlich nicht vom Himmel gefallen, sondern sie sind das Ergebnis von Politik.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wessen Politik? - Detlef Matt- hiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Gesetze haben Sie denn beschlossen, die dazu beigetragen haben?)
Ich will es Ihnen ganz offen sagen, wer zu diesem Ergebnis beigetragen hat. Ich habe kürzlich im ZDF ein Interview mit dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Herrn Professor Walter, gesehen. Er hat gesagt, dass das momentane Wirtschaftswachstum viele Mütter und Väter hat. Er hat gesagt - das möchte ich in diesem Hause durchaus sagen -, dass die letzten Reformen, die von Rot-Grün auf Bundesebene mit angestoßen wurden - beispielsweise Hartz IV -, auch einen Beitrag dazu geleistet haben.
Das gehört zur Wahrheit mit dazu, genauso wie die erfolgreiche Politik, die die Großen Koalitionen in Berlin und Kiel machen.
Mit irgendwelchen dummen Bemerkungen zur Verkehrspolitik von Herrn Austermann kommen wir an der Stelle nicht weiter. Wir kommen nur mit einer Politik weiter, die die Grundlagen für Wachstum und Beschäftigung liefert. Insofern sind wir gerade in der Verkehrspolitik mehr als froh, dass die grünen Bremser nicht mehr in der Regierung hier in Kiel vertreten sind und dass grüne Bundestagsabgeordnete wie Herr Steenblock in Berlin nicht mehr die Chance haben, die wichtigen Verkehrsprojekte für dieses Land zu stoppen. Wir haben endlich eine klare Politik, die auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet ist und den Vorrang für Arbeitsplätze unterstreicht. Das ist das einzig Richtige, was wir an dieser Stelle machen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es Steuermehreinnahmen gibt - in der Tat sieht es so aus, aber selbst der Finanzminister hat noch keine genauen Zahlen -, werden wir sehen müssen, was wir mit ihnen machen können. Dazu gibt es im Koalitionsvertrag und in einer Entschließung, die im Rahmen der Haushaltsberatungen getroffen wurde, klare Festlegungen. Ich darf an dieser Stelle den Koalitionsvertrag zitieren. Da heißt es:
„Mehreinnahmen bei Steuern und Minderausgaben durch Ergebnisse der Verwaltungsreformen werden für Investitionen in Wachstum für mehr Beschäftigung, die Senkung der Neuverschuldung und für mehr bessere Bildung verwendet.“
So werden wir vorgehen, meine Damen und Herren. Unsere allererste Aufgabe in dieser finanzpolitischen Situation besteht darin, dafür zu sorgen, dass die Erblast für die Kinder und Enkelkinder geringer wird. Dort muss das Geld eingesetzt werden und dafür setzen wir uns ein. So wird es auch kommen.
Dass das kein einfacher Weg ist, wissen wir. Dass es kein Weg ist, auf dem man jeden Tag von Applaus begleitet wird, wissen wir auch. Dass das ein Weg ist, auf dem wir uns viel Unterstützung der Opposition wünschen, wissen wir auch.
Herr Kubicki, ich erinnere an Ihre letzten Haushaltsanträge im vergangenen Dezember. Darin haben Sie eigentlich Mehrausgaben gewollt.
und Sie heute hier im Haus erklären, dass Sie unsere mutigen Sparbeschlüsse mittragen, dann muss ich einräumen, dass sich bei diesem Teil der Opposition ein deutlicher Erkenntnisgewinn bemerkbar macht, den wir nur unterstützen können.
Allerdings, meine Damen und Herren, kommen wir an der Analyse von Professor Seitz nicht vorbei. Er hat gesagt:
„Die schwere finanzielle Schieflage des Landeshaushalts in Schleswig-Holstein erfordert mehr als einen finanzpolitischen Konsolidierungskurs. Notwendig ist, dass die Politikverantwortlichen im Land einen Paradigmabeziehungsweise Philosophiewechsel vornehmen und mit der Mentalität der letzten drei Dekaden, der Lösung der Probleme auszuweichen, brechen.“
Meine Damen und Herren, zu einem solchen Mentalitätswechsel gibt es überhaupt keine Alternative. Wir müssen und werden unseren Konsolidierungskurs energisch fortsetzen. Der Finanzminister und das gesamte Kabinett haben die geschlossene Unterstützung meiner Fraktion und ich bin sehr froh, dass die SPD-Fraktion in einem gestrigen Beschluss diesen Kurs eindeutig unterstützt. Wir machen weiter beim Sparen. Denn alles andere wäre gegenüber nachfolgenden Generationen unverantwortlich.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen. - Es geht nicht darum, ob wir in einer Großen oder kleinen Koalition das Land SchleswigHolstein regieren. Meine Erfahrungen sagen mir: Es wird immer unterschiedliche Auffassungen geben. Denn meistens sind mindestens zwei Parteien an einer Koalition beteiligt.
Dass es Streit und Differenzen gibt, ist nichts Neues, Herr Kollege Hentschel. Ich kann mich an viele Differenzen erinnern, die wir beide miteinander hatten. Diese haben sicherlich nicht immer das Licht der Öffentlichkeit erblickt, aber auch das ist nichts Verwunderliches. Ich möchte ein mongolisches Sprichwort zitieren: Nicht jeder Streit führt zur Trennung.
Nach einem Streit muss man sich zusammensetzen und schauen, was falsch gelaufen ist. Das haben wir gemacht und so haben wir den Weg nach vorn gefunden.
Eine weitere Bemerkung. Bestimmte Forderungen nach Neuwahlen erinnern mich an pawlowsche Reflexe einzelner Oppositionskräfte. Diese gehören zum Ritual. Man sollte dieses Ritual einmal abstellen. Man sollte vielmehr einen neuen Reflex einführen, der beinhaltet, Alternativen zur Regierungspolitik zu entwickeln.
Nun zum eigentlichen Thema. - Zur Haushaltskonsolidierung gibt es keine Alternative. Die Fraktionen von CDU und SPD haben sich darauf verständigt - und zwar schon seit Längerem und wiederholt -, die Nettoneuverschuldung bis 2010 zu halbieren. Die zusätzlichen Einnahmen, die wir am Horizont erwarten, werden wir in erster Linie für den Abbau der Neuverschuldung nutzen. Warum? Schleswig-Holstein hat einen Schuldenberg von 22 Milliarden €. Wir nehmen nicht so viel Geld ein, wie wir ausgeben.
Um das Ganze mal mit einigen Zahlen zu unterfüttern: Wir borgen uns zurzeit am Kreditmarkt 2007 4,33 Milliarden €. Wir zahlen 3,5 Milliarden € für Zinsen und Tilgung. Im Jahre 2008 nehmen wir 3,82 Milliarden € an Krediten auf und zahlen 3,6 Milliarden € an Zinsen und Tilgung. Diese Zahlen sind so beeindruckend, dass wir keine Alternative zu dem haben, was die Koalitionsfraktionen mehrfach beschlossen haben. Wir sind der kommenden Generation und unserer Enkelgeneration gegenüber dafür verantwortlich, dass wir ihnen ein Land mit einem Finanzvolumen hinterlassen, das es ihnen ermöglicht, Politik in den wesentlichen Feldern Arbeitsmarkt, Bildung und Umwelt gestalten zu können. Wir wollen unseren Kindern und Enkelkindern ein solides Land Schleswig-Holstein hinterlassen.
mir ein Schweizer Sprichwort eingefallen: Vertraue nicht einer Prognose. Sorge für die Vorsorge. - Das ist aus meiner Sicht wichtig. Das ist der konservative Ansatz des Finanzministers, den ich immer unterstützt habe: Vertraue nicht den Prognosen. Betreibe lieber Vorsorge.
Wir wissen doch ganz genau, dass dieser Aufschwung irgendwann wieder zu einem Abschwung werden kann, und deshalb muss man Vorsorge treffen. Das war unter anderem ein Ansatz des Stabilitätsgesetzes der 60er-Jahre, das von Karl Schiller wesentlich mit beeinflusst wurde.
Ein Punkt, der in der Debatte bisher keine Rolle gespielt hat, ist das Thema Unternehmensteuerreform. Ich gehe davon aus, dass die Unternehmensteuerreform 2008 kommen wird. Sie wird dem Land Schleswig-Holstein kurzfristig gewaltige Mindereinnahmen bringen. Mittelfristig soll sie ja kostenneutral sein. Aber erst einmal muss die öffentliche Hand Einnahmeausfälle von 7 Milliarden € verkraften. Das müssen wir im Hinterkopf haben, wenn wir über Mehrausgaben diskutieren.