Ich danke Herrn Abgeordneten Harms. - Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Johannes Callsen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mittlerweile vergeht fast keine Landtagstagung, in der wir nicht über das Für und Wider von Erdkabeln diskutieren. Ich kann nicht unbedingt erkennen, das der Erkenntnisgewinn mit jeder Sitzung dabei größer wird. Zuletzt hat der Landtag nach umfangreichen Beratungen im Wirtschaftsausschuss und einer ausführlichen Anhörung die Drucksache 16/946, Priorität für Erdkabel beim Ausbau der Stromnetze in Schleswig-Holstein, einstimmig zur Annahme empfohlen. Zentrale Aussage des Antrages war es, dass Erdkabeln dort der Vorrang eingeräumt werden sollte, wo es technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist. Gerade die Wirtschaftlichkeit spielt für uns die entscheidende Rolle.
Wir haben als CDU-Fraktion in der Vergangenheit immer wieder betont, dass wir es uns im Interesse des Wirtschaftsstandortes nicht leisten können, Energie durch staatliche Maßnahmen oder Eingriffe immer weiter zu verteuern. Diese Position galt für uns in der Vergangenheit und gilt auch noch heute.
(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie mal durchgerechnet, wie viel teurer das werden würde?)
Dabei steht es außer Frage, dass das Stromnetz in Schleswig-Holstein verstärkt werden muss - die Gründe haben wir bereits gehört -, denn der Anteil der erneuerbaren Energien hat mittlerweile eine Größenordnung eingenommen, die diesen Ausbau erforderlich macht. Der Landtag erwartet von der Landesregierung, dass sie diesen Prozess nach Kräften unterstützt. Aber die Landesregierung kann den erforderlichen Netzausbau nicht selbst durchführen; das ist vielmehr die Aufgabe der Netzbetreiber. Ich sage an dieser Stelle ebenso deutlich: Ich erwarte von E.ON, den Netzausbau in Schleswig-Holstein auf der Baisis unseres Antrages zügig voranzutreiben und dabei auch unseren einstimmi
Aufgabe der Landesregierung dagegen ist es, eine zügige Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren zu gewährleisten. Ich habe keine Zweifel, dass die Landesregierung diese Verfahren nach Kräften unterstützt. Der Wirtschaftsminister hat deutlich gemacht, dass es entsprechende Gespräche aller Beteiligten vor Ort gibt. Der vorliegende Bericht der Landesregierung macht dieses letztlich deutlich. Er zeigt aber auch, dass die Landesregierung selbst nur wenige Eingriffsmöglichkeiten hat, die über das Planungsverfahren hinausgehen.
Vor diesem Hintergrund ist natürlich auch der Antrag des SSW mit dem Ziel zu verstehen, die Landesregierung solle nun eine Bundesratsinitiative starten, deren Ziel die gesetzliche Verpflichtung zum Erdkabelbau von 110-KV-Leistung ist.
Insbesondere sollten wir es als Gesetzgeber vermeiden, die Unternehmen und die Bürger hierdurch mit zusätzlichen Kosten zu belasten. Das gilt für den Landes-, aber auch für den Bundesgesetzgeber.
Auf Bundesebene hat es im Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz bereits eine ausreichende Möglichkeit gegeben, Mehrkosten für Erdkabel und - offensichtlich gibt es diese, wenn ein Gesetz es schon so formuliert wird - innerhalb bestimmter Voraussetzungen in der Entscheidung der Energieversorger umzulegen, wenn die Bundesnetzagentur diese Mehrkosten anerkennt. Die vom SSW eingeforderte Regelung einer gesetzlichen Verpflichtung für den Bau von Erdkabeln wird nach unserer Überzeugung zwangsläufig zu höheren Kostenbelastungen für Unternehmen und Bürger führen, weil sie eben nicht auf die Frage der Wirtschaftlichkeit abstellt.
Ich bin der Überzeugung, dass wir mit unserem einstimmigen Beschluss vom September letzten Jahres eine vernünftige Abwägung zwischen dem notwendigen Netzausbau, den Vorteilen des Erdkabels für das Landschaftsbild und die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen auf der einen und der Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite vorgenommen haben. Ein Konsens, der sowohl vom Energieversorger wie auch vom Bundesverband Windenergie akzeptiert wurde, im Übrigen auch mit dem Ange
Eine pauschale Verpflichtung für Erdkabel, wie sie der SSW jetzt fordert, ist dagegen aus unserer Sicht wirtschaftlich nicht vertretbar. Deswegen sehen wir den Antrag sehr skeptisch, weil wir keine zusätzlichen gesetzgeberischen Maßnahmen wollen, die den Energiepreis in die Höhe treiben. Wir brauchen wettbewerbsfähige Energiepreise, um unseren Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein voranzubringen und Arbeitsplätze für die Menschen zu schaffen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Callsen. - Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Regina Poersch.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon mehrfach habe ich an dieser Stelle dafür geworben, dass in Schleswig-Holstein neue Stromleitungen im Hochspannungsbereich als Erdkabel verlegt werden. Dafür haben wir schon vieles in diesem Haus gesagt und eigentlich sind sich alle einig.
Wichtig ist mir, dass auch von der heutigen Landtagsdebatte das Signal an die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in Ostholstein, Nordfriesland und Dithmarschen ausgeht, dass sie mit unserer Unterstützung bei ihrer Forderung nach einer Erdverkabelung rechnen können. Die Frage ist nur, wie wir unser Ziel erreichen.
So sehr mein Herz auch für das die Landschaft schonende Erdkabel schlägt, eine grundsätzliche Vorfestlegung auf ein Erdkabel ohne Prüfung des Einzelfalls halte ich nicht für machbar. Eine Pauschalierung schießt über unser gemeinsames Ziel hinaus. Bundesweit kann man Landschaften nicht über einen Kamm scheren, die zum Beispiel entweder in touristisch weniger relevanten, dünn besiedelten Gebieten liegen, schon durch Freileitungen belastet sind oder touristische Schwerpunkte bilden.
Ich bin davon überzeugt, dass wir in SchleswigHolstein unsere eigenen Mittel und Wege finden sollten. Wir bestimmen über die Inhalte unserer Landesplanung. Landesplanerische Ziele sind bei
Bauvorhaben und raumbedeutsamen Vorhaben zu beachten. Warum prüfen wir also nicht, in welchen Bereichen unseres Landes die Belastung von Natur und Landschaft bereits so immens ist, dass weitere Freileitungsmasten nicht mehr zugelassen werden können? Ich bin sicher, dass es Landstriche in Schleswig-Holstein gibt, in denen wir heute schon mehr Freileitungsmasten als Windräder vorfinden, und ich bin außerdem davon überzeugt, dass der Tourismus - gerade an unseren Küsten - keine weiteren Freileitungsmasten verträgt. Zumindest in Ostholstein dürfte die Grenze des Zumutbaren erreicht sein.
Lassen Sie uns deshalb gemeinsam mit der Landesplanungsbehörde die Bereiche festlegen, die aus landesplanerischen Gründen keine weitere Belastung durch Freileitungsmasten vertragen! Lassen Sie uns landesplanerische Ziele formulieren, die für bestimmte Bereiche - und eben nicht pauschal - die Verlegung von Erdkabeln zum landesplanerischen Ziel machen! Mein Appell ist also, die Probleme hier im Land zu lösen - mit den Mitteln, die uns hier zur Verfügung stehen. Dazu sollten wir den SSW-Antrag an den Wirtschaftsausschuss überweisen und dort weiter beraten.
Nicht verhehlen will ich an dieser Stelle, dass ich die - ich will es deutlich sagen - Arroganz, Ignoranz und vielleicht sogar Sturheit von E.ON-Netz, mit der hier am Freileitungsbau festgehalten wird, inzwischen unerträglich finde.
Da müssen Windmüller ihre Windräder abschalten und daraus resultierend Einbußen von 10.000 € je 1-MW-Anlage in Kauf nehmen, nur weil E.ONNetz das zeitaufwendige Verfahren für den Freileitungsbau vorzieht, Bürgerproteste und Klagen inklusive.
Es geht um die Verzögerung des Netzausbaus, den wir als Landespolitikerinnen und Landespolitiker nicht akzeptieren dürfen.
Noch Ende Februar, das ist noch nicht lange her, behauptete E.ON Netz im „Flensburger Tageblatt“ völlig unbeeindruckt von der veränderten Rechtslage, die Mehrkosten für den Bau eines Erdkabels
seien nicht umlagefähig. Das stimmt einfach nicht. Im „Flensburger Tageblatt“ war die Überschrift zu lesen: „E.ON unbeirrt“. Ich finde, das dürfen wir E.ON-Netz einfach nicht durchgehen lassen!
Ich komme nun zum Bericht des Wirtschaftsministeriums zur Verstärkung des Stromnetzes. Danke dafür. Immerhin unterstützt die Landesregierung den Beschluss des Landtages vom 14. September des letzten Jahres. Davon bin ich ausgegangen. Die Frage ist nur: Wie? Wird E.ON wirklich nachhaltig klar gemacht, dass niemand hier im Land weitere Freileitungen will? Wer erklärt E.ON letztlich die geltende Rechtslage, wonach die Mehrkosten eben doch auf die Netznutzungsentgelte umgelegt werden können? Wir reden über die Größenordnung von einem Euro je Haushalt und Jahr. Der Bericht enthält leider wiederum den Hinweis auf die angeblich exorbitanten Mehrkosten für ein Erdkabel. Es gibt immerhin das Eingeständnis, dass die Kosten für Erdkabel nicht mehr das achtfache, sondern nur noch das zweifache der Kosten einer Freileitung ausmachen. Das haben wir im Wirtschaftausschuss ganz genau miteinander besprochen.
Ich darf auf eine weitere aktuelle Studie hinweisen, die das Bundesumweltministerium bei der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen in Auftrag gegeben hat. Danach entstehen keine Mehrkosten für Erdkabel im 110-KV-Bereich. Zum Teil ist das Erdkabel sogar billiger als eine Freileitung. Ich denke, daher können wir nicht von einer Schwächung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holsteins reden. Im Gegenteil: Ein Erdkabel schont Mensch und Landschaft. Ein Land, das nicht noch weitere Freileitungsmasten zulässt, ist ganz klar im Vorteil.
Wir haben heute noch einmal die Zusage von Minister Austermann gehört, dass sich die Landesregierung für einen zügigen Netzausbau einsetzen werde. Über diese Zusage freue ich mich. Ich kann nur sagen: Dann mal zu!
Ich danke Frau Abgeordneter Regina Poersch. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Poersch, auch auf Fehmarn gibt es ein „Tageblatt“, das wissen Sie ja als Vorsitzende des Kreisverbands Ostholstein. Der Landtag und mehrere Kreistage haben beschlossen, dass Erdkabel dort vorgezogen werden sollen, wo sie technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar sind. Wenn ich mich richtig erinnere, dann hat der Wirtschaftsausschuss das auch einstimmig beschlossen. Außerdem erlaubt das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz in einem 20 km breiten Küstenstreifen Anträge auf Planfeststellungsverfahren für Erdkabel.
Ich sage ganz deutlich: So sehr auch ich mir das so ähnlich wünsche, wie die Kollegin Poersch das ausgeführt hat, so unsinnig wäre es, Erdkabel dort zu fordern, wo sie technisch unmöglich sind. Deshalb können wir die Bedingung der technischen Machbarkeit ab jetzt weglassen. Auch die beiden anderen Bedingungen reichen derzeit offensichtlich nicht, um Erdkabel zur allgemein wirtschaftlicheren Lösung für 110-KV-Starkstromleitungen werden zu lassen. Möglicherweise ist das auch ein Problem der langfristigen Berechnungsgrundlagen beziehungsweise der langfristigen Sicht darüber, wie man so etwas berechnet. Ich glaube, hier müssen wir unter anderem auf E.ON Hanse einwirken. Es gibt die betriebswirtschaftliche Sicht und es gibt die volkswirtschaftliche Sicht. Ich glaube, in diesen feinen Unterschied kann man argumentativ einmal hineingehen.
Bis jetzt hat die Netzbetreiberin für die neu zu bauenden Leitungen Breklum-Flensburg, Heide-Pöschendorf und Göhl-Lübeck keine Erdkabel, sondern Freileitungen beantragt. Das macht es ganz offensichtlich, dass aus Sicht der Netzbetreiberin ich will das einmal ganz neutral formulieren - bis jetzt Erdkabel nicht die wirtschaftlichere Lösung darstellen. Lieber Kollege Harms, wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass Freileitungen gemäß der geltenden Raumordnungspläne derzeit jedenfalls noch vom Gesetzgeber - also vom Landtag - vorgeschriebener Standard sind.
Wir halten es für falsch, die Ergebnisse von Wirtschaftlichkeitsberechungen per Gesetzesbeschluss vorzuschreiben. Auch hier sollte der Gesetzgeber Rahmenbedingungen vorgeben, also höchstens die Tatbestände, die über die betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkte des Betreibers hinaus bei den Berechnungen zu berücksichtigen sind. Hier haben wir gute Argumente, da sollten wir ansetzen. Selbst dann wird es noch große Spielräume geben, sodass nicht für jeden Einzelfall vorhergesagt werden
kann, wo eine Freileitung und wo ein Erdkabel wirtschaftlicher ist. Ich glaube, hier ist ein Punkt, in dem wir uns einig werden können: Wir sind dafür, dass die zu erwartenden Vollkosten einer Leitung über ihre gesamte Lebensdauer - vom Bau über den Berieb bis zur Verschrottung - berücksichtigt werden sollen, und zwar inklusive der unterschiedlichen Nebenwirkungen, die bei Freileitungen und Erdkabeln entstehen.