Protocol of the Session on January 26, 2007

(Beifall bei der CDU)

Mit unserem Kombilohnmodell senken wir die Arbeitskosten für die Unternehmen und verbessern die Einkommen für die Arbeitnehmer. Das ist aus unse

rer Sicht der richtige Weg, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose spürbar zu verbessern.

Unser Ziel ist es, dass spätestens 2010 kein Jugendlicher mehr von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen ist und die Beschäftigungsquote der über 50-jährigen Arbeiternehmer deutlich steigt. Ich weiß, das ist ein ehrgeiziges Ziel, aber ich meine, wir sollten uns auf diese beiden Gruppen konzentrieren: also auf die unter 25-Jährigen und diejenigen, die älter als 50 Jahre sind und denen man sagt, dass sie heute keinen Wert mehr auf dem Arbeitsmarkt hätten. Ich finde diese Aussage skandalös. Natürlich hat ein Peter Eichstädt eine Chance auf dem Arbeitsmarkt.

(Heiterkeit)

Die Chancen von Jugendlichen, einen Ausbildungsplatz und einen Arbeitsplatz zu finden hängen entscheidend vom Schulabschluss und den erworbenen Qualifikationen ab. Auch angesichts der demografischen Entwicklung benötigen wir in der Zukunft eine große Zahl gut qualifizierter junger Arbeitnehmer.

Deswegen wollen wir die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss in den nächsten fünf Jahren halbieren. Dazu muss die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern eine Offensive für den Bildungsaufstieg ins Leben rufen. Ich freue mich darüber, dass insbesondere unsere Bildungsministerin auch an dieser Stelle auf Bundesebene nicht nur bohrt, sondern deutliche Akzente setzt.

Wir brauchen mehr Schüler, die sich für technische Fächer interessieren.

Der Bund muss Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf den Prüfstand stellen. Das, was jetzt hier in Schleswig-Holstein geschehen ist, brauchen wir auf Bundesebene. Das, was sich als wirksam erweist und zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit oder zur Beschäftigung führt, wird fortgesetzt. Das, was unwirksam und ineffizient ist, wird abgeschafft.

Deshalb sollten die unübersichtlichen und teilweise ebenso wirkungslosen wie teuren rund 80 Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik gebündelt werden.

(Beifall bei der CDU)

Die Reduzierung auf fünf bis zehn Arbeitsmarktinstrumente ist sinnvoll und möglich. Das zeigen wir anhand unserer Landespolitik.

Die Teilhabe von Arbeitnehmern an Gewinn und Kapital von Unternehmen ist eine Antwort auf die veränderten Arbeitsbedingungen in der globalisier

(Torsten Geerdts)

ten Welt. Der Intensivlohn kann Arbeitsplätze sicherer machen, weil er die Identifikation zwischen Unternehmen und Mitarbeitern erhöht.

Die Mitarbeiterbeteiligung ist zudem ein wichtiges zusätzliches Instrument der Verteilungsgerechtigkeit und der Altersvorsorge, weil die Bildung von privatem Eigentum gefördert wird.

Unser zentraler Ansatz zur Förderung dieser Form der Arbeitnehmerbeteiligung ist die nachgelagerte Besteuerung. Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist positiv. Vergessen wir aber vor lauter Freude darüber nicht, dass immer noch über vier Millionen Menschen und weit über 100.000 Menschen in Schleswig-Holstein keine Arbeit haben. Von daher sage ich ein herzliches Dankeschön für den Bericht. Wir sollten ihn weiter in den zuständigen Ausschüssen diskutieren und auswerten, auf jeden Fall im Sozialausschuss des Landtages. Ich freue mich auf diese weiteren Beratungen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Bereits vor fünf Wochen, am 21. Dezember 2006, hat Minister Döring seine Strategie gegen die Sockelarbeitslosigkeit vorgestellt. Die Bewältigung der Langzeitarbeitslosigkeit wird - und das hat der SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Lothar Hay gestern anlässlich der Debatte zur Regierungserklärung ausdrücklich betont - für die wirtschaftliche und soziale Zukunft Schleswig-Holsteins eine zentrale Rolle einnehmen. Wir dürfen Menschen, die schon lange ohne Arbeit sind, nicht einfach aufgeben. Entscheidend ist die Qualifizierung arbeitsloser Menschen und die gezielte Unterstützung bei der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, beispielsweise durch individuelles Coaching.

Herr Minister Döring, die SPD-Fraktion begrüßt und unterstützt Ihre Aktivitäten zur Schwerpunktsetzung in der Arbeitsmarktpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Gerade Jugendliche und junge Menschen bis 25 brauchen eine Chance und einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt. Das gilt für alle, für Jungen und Mädchen in allen Qualifizierungen, in allen Ausbildungen, in allen Arbeitsbereichen. Der liebe Kollege Heiner Garg mag vielleicht einmal ganz kurz zuhören, denn Langzeitarbeitslosigkeit bleibt auch

heute eine gesellschaftliche Herausforderung und löst sich nicht von allein.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich höre immer zu!)

Dann bleibt eine aktive Arbeitsmarktpolitik eine politische Notwendigkeit. Insofern passen unsere politischen Ziele und der Gestaltungswille des Ministers sehr gut überein. Eine aktive Arbeitsmarktpolitik war es doch immer, die gerade von der FDP infrage gestellt worden ist.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Quatsch!)

Wenn man in der Vergangenheit Fragen gestellt hat, dann hat man auch Antworten bekommen. Das Problem ist nur, dass die Antworten Ihnen immer nicht gepasst haben. Ich sage aber, dass das ein Problem ist, das Sie in Ihrer Selbsthilfegruppe alleine lösen müssen.

Gleichzeitig haben wir aber auch immer auf Ergebnisse verwiesen. Ergebnisse infrage zu stellen ist natürlich auch ein gutes Recht, aber für uns war auch immer klar, dass Programme dazu dienen müssen, den Menschen zu helfen.

Manchmal helfen sie nur ganz wenigen, aber auch diese ganz wenigen Menschen haben ein Anrecht darauf, Unterstützung und Hilfe in ihrer Problemlage zu finden. Von daher war unsere Position immer eine aktivierende und aktive Arbeitsmarktpolitik zu beschreiten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Jetzt fragen Sie ein- mal Ihren Minister, wie er dazu steht!)

Auch wir halten es für richtig, dass Ein-Euro-Jobs für längere Fristen als bisher ausgeübt werden können, damit sie effektiver sind und auch für die Vermittlung in den regulären Arbeitsmarkt genutzt werden können.

Jedes neue Arbeitsmarktprogramm hat zunächst einmal Modellcharakter. Nach einer bestimmten Zeit wird überprüft, welche Instrumente ihren Zweck erfüllt haben und welche nicht. Aus den Erfahrungen erfolgreicher europäischer Länder wissen wir, dass jedes Land seine eigenen Strategien entwickeln musste, die auf seinen gewachsenen sozialen und kulturellen Grundlagen beruhen und diese einbeziehen. Deshalb ist es richtig, einen schleswig-holsteinischen Weg zu gehen, der eine enge Zusammenarbeit der Arbeitsmarktakteure vorsieht.

Wir haben das Subsidiaritätsprinzip zu berücksichtigen, wir arbeiten gut mit den Gewerkschaften, mit den Kammern und der Arbeitsagentur zusammen und wir können auf die ausgezeichneten jahrelangen Erfahrungen aus dem Programm „Arbeit für Schleswig-Holstein“ und dem Bündnis für Ausbil

(Torsten Geerdts)

dung aufbauen. Das Programm, das jetzt zwischen dem Arbeits- und dem Bildungsministerium aufgelegt worden ist, um zu erreichen, dass Jugendliche nicht ohne Schulabschluss von der Schule kommen, sondern rechtzeitig eine Förderung erhalten, ist hier schon erwähnt worden und macht auch deutlich, wie gut die Zusammenarbeit in der Landesregierung in dieser Frage ist.

Sehr positiv ist die Neuausrichtung der Bundespolitik, die noch von der Regierung Schröder mit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt eingeleitet wurde. Sie haben die Chance, uns in der neuen EU-Förderperiode sehr eng mit der Bundesagentur für Arbeit abzustimmen, die ihre Instrumente sehr viel konstruktiver und an den individuellen Bedarfen der Arbeitsuchenden orientiert. Denn auch hier möchte ich an die Ausführungen von Lothar Hay von gestern anknüpfen, der gesagt hat, dass Arbeitslosigkeit krank macht und dass Arbeitslosigkeit arm macht, und zwar nicht nur die einzelnen Betroffenen, sondern die gesamte Gesellschaft.

Sockelarbeitslosigkeit ist kein schönes Wort in diesem Zusammenhang und Langzeitarbeitslosigkeit ist es auch nicht. Aber es geht auch nicht um schöne Sachverhalte. Es geht darum, dass die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit mit 512 Tagen so lang wie nie zuvor ist. Es geht darum, dass mit jedem Tag Arbeitslosigkeit die Chance sinkt, aus eigener Kraft den Weg zurück in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden.

2006 ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Jahresvergleich um 17 % zurückgegangen. Damit liegt Schleswig-Holstein mit Baden-Württemberg und Bayern weit vorn. Das ist ein gutes Zwischenergebnis und ich bin sicher, dass wir darauf aufbauen können. Allerdings gibt es unter den Menschen, die seit Jahren arbeitslos sind, auch viele, die absehbar nicht mehr einem regulären Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gewachsen sein werden. Hierfür gibt es unterschiedliche Gründe: solche, die in der Person der Arbeitslosen liegen, beispielsweise gesundheitliche Einschränkungen, und solche, die eher struktureller Art sind, wie die gewandelten Anforderungen und der Mangel an Stellen für gering Qualifizierte.

In diesem Zusammenhang ist die Diskussion über die Einrichtung von vermehrt entgeltlichen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsgelegenheiten sehr zu begrüßen. Die bisherigen Erfahrungen belegen, dass bei einer engen Kooperation mit der lokalen und der regionalen Wirtschaft die Integration in den ersten Arbeitsmarkt sehr wohl gelingen kann.

Ein weiterer Vorteil besteht in einem positiven psychologischen Effekt: Die Betroffenen erhalten eine sozialversicherungspflichtige Anstellung, das heißt, sie bleiben nicht arbeitslos und kommen aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II heraus. In dieser Entgeltvariante zahlen die Beschäftigten mehr in Sozialversicherung ein. Daher verweisen viele Fachleute auch auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung hin.

Auch bei den sogenannten Zusatzjobs brauchen wir eine effektivere Nutzung der vorhandenen Förderinstrumente. Dazu gehören eine verbesserte und intensivere Betreuung und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen und die Möglichkeit einer Entfristung für Ein-Euro-Jobs.

Dieser sich entwickelnde neue soziale Arbeitsmarkt kann auch erwerbsfähigen Menschen mit geringen oder kaum Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt eine Perspektive bieten. Dieser soll den ersten Arbeitsmarkt ergänzen und dauerhafte, sinnvolle und gesellschaftlich anerkannte Beschäftigungsmöglichkeiten für besonders schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose anbieten.

Abschließend möchte ich noch auf zwei Personengruppen hinweisen, die es ebenfalls besonders schwer auf dem Arbeitsmarkt haben. Die Arbeitsintegration von Migrantinnen und Migranten bedarf einer gezielten Betrachtung.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ziel der Integration von Migrantinnen ist deren gleichberechtigte Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben. Der Zugang zum Arbeitsmarkt nimmt hierbei eine Schlüsselfunktion ein, da sich viele Schwierigkeiten auf die mangelnde Teilhabe am Arbeitsleben zurückführen lassen.

Wir brauchen in diesem Bereich sinnvoll aufeinander aufbauende integrations- und beschäftigungsfördernde Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen mit Migrationshintergrund. Denn auch für diesen Personenkreis bleibt die Feststellung richtig: Jeder Abbruch und jedes Ende einer Maßnahme ohne Integrationserfolg senkt die Motivation der Betroffenen und erschwert die Integration in unsere Gesellschaft.

Ein weiterer Personenkreis wurde vorhin schon angesprochen: Wir müssen die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderung stärken. Mehr als 8 Millionen Menschen in Deutschland sind behindert. Die meisten von ihnen sind nicht mit einer Behinderung geboren. Sie haben also ein Schicksal, das fast jeden von uns jederzeit ereilen kann. Die

(Wolfgang Baasch)

Integration auch der Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben stärkt ihre Unabhängigkeit und ihre Selbstbestimmung.

Das Ziel, Menschen mit Behinderung das Arbeiten außerhalb von Werkstätten und traditionellen Einrichtungen zu ermöglichen, gehört auch zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Hier wäre ein erster Schritt, die nötige Kompetenz für eine sach- und fachgerechte Beratung zu schaffen und die zielgerichtete Qualifizierung von Menschen mit Behinderung zu fördern.