Protocol of the Session on December 14, 2006

keit. Dennoch: Wiederholung ist dringend erforderlich. Für uns ist wichtig, dass ein entsprechendes Netz von Vorsorgeuntersuchungen angeboten wird und alle Kinder von Geburt an regelmäßig an diesen Untersuchungen teilnehmen, dass außerdem Ergebnisse und Erkenntnisse aus unterschiedlichen Quellen und Untersuchungen zusammengeführt werden, um bis zum Kindergartenalter ein einheitliches Bild über die Entwicklung des Kindes zu erhalten.

Wir sind uns einig, dass Krankheiten, Entwicklungs- und Verhaltensstörungen sehr frühzeitig zu erkennen sind und dass wir die Notwendigkeit sehen, Behandlungsschritte rechtzeitig einzuleiten. Wir wissen auch, dass die Gewährleistung frühzeitiger und regelmäßiger ärztlicher Untersuchungen viele rechtliche und praktische Fragen aufwirft und dass diese mittelfristig mit unterschiedlich Beteiligten und Vertretern des Kinderschutzes, der Ärzteschaft, den Kommunen und den Trägern der Jugendhilfe zu diskutieren und aufeinander abzustimmen sind. Dabei hat die Sicherung des Kindeswohls einen absoluten Vorrang. Wir haben das in mehreren Sitzungen im Detail diskutiert.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind uns auch einig, dass es zur Pflicht von Eltern gehört, die Teilnahme ihrer Kinder an den Vorsorgeuntersuchungen sicherzustellen. Die Eltern sind in erster Linie Garanten für die Gesundheit und die Unversehrtheit ihrer Kinder. Sie sollen bei dieser Arbeit und bei der Wahrnehmung dieser Pflichten öffentlich und privat unterstützt werden.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Es geht um eine sehr frühzeitige Unterstützung der Eltern, die durch eine aufsuchende Gesundheitsund Sozialberatung erfolgen kann, und zwar so früh wie möglich, wie es zum Beispiel durch Familienhebammen möglich ist, die bereits vor der Geburt Eltern unterstützen können.

Es ist zu begrüßen, dass es in Schleswig-Holstein bereits Programme wie zum Beispiel „Schutzengel Schleswig-Holstein“ gibt, die sehr Erfolg versprechend sind und eine frühzeitig ansetzende Prävention gewährleisten.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Ingrid Franzen [SPD])

Wir haben in Schleswig-Holstein inzwischen gute Projekte etabliert. Wir alle sind uns einig, dass wir diese Projekte erhalten, ausbauen und erweitern wollen.

Die Beschlussempfehlung sieht vor, dem Landtag bis zum März 2007 erneut einen Bericht über den aktuellen Sachstand unterschiedlicher Projekte und Maßnahmen vorzulegen. Es ist sicherlich notwendig, dass wir immer wieder Instrumente, Maßnahmen und Projekte auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen. Es ist aber ebenso notwendig, falls es sich als umsetzbar herausstellt, auch rechtlich verbindliche Maßnahmen auf den Weg zu bringen, und zwar auf Bundesebene für alle Länder gleichermaßen.

Gerade das Thema Raucherschutz und Rauchererlass hat uns bewiesen, dass der Föderalismus von uns neu und anders bewertet werden muss. Insofern rege ich an, nicht nur bis zum März zu warten, sondern mit Blick auf den Föderalismus und das uns auf Landesebene zur Verfügung stehende Instrumentarium zum Beispiel durch das Gesundheitsdienstgesetz zu überprüfen. Das haben die Grünen vorgeschlagen. Das ist sicherlich ein möglicher Weg. Ich schlage vor, dass wir uns nicht punktuell auf eine Untersuchung für Zweijährige stützen, sondern dass wir uns überlegen, ob es nicht möglich ist, Eltern im Prozess der Untersuchung von U1 bis U9 durch Maßnahmen zu begleiten. Die Kollegin Sassen hat darauf hingewiesen, dass es bereits Ansätze eines Gesetzgebungsverfahrens in anderen Bundesländern gibt. Wir sollten uns diese Maßnahmen und Vorhaben ansehen.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir sollten dann kurzfristig überprüfen, ob wir nicht schon parallel zu der Erarbeitung eines Berichts auch für Schleswig-Holstein neue Instrumente einleiten können. Das wäre unter Föderalismusgesichtspunkten eine Chance. Es wäre fatal, wenn hier in Schleswig-Holstein in einem Vierteljahr etwas passiert. Überall kann ähnlich wie in Bremen etwas passieren. Es wäre schrecklich, wenn wir uns dann darauf besinnen würden, dass wir nicht alles getan haben, um die Kinder und die Eltern zu schützen. Insofern schlage ich vor - die Sprecher haben sich schon einmal entsprechend abgestimmt -, uns im Januar zusammenzusetzen und zu überprüfen, ob wir nicht konkret an so einem Gesetzesvorhaben weiterarbeiten können.

(Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Schümann. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg.

(Jutta Schümann)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Vorsitzende des Sozialausschusses, die Kollegin Schümann und auch die Kollegin Sassen haben ausgiebig dargestellt, erstens welche Möglichkeiten wir bislang haben und zweitens welche Defizite wir nach wie vor haben. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN haben mit ihrem Gesetzentwurf ganz klar nicht nur auf die Defizite hingewiesen, sondern auch einen Lösungsvorschlag eröffnet, wie man das Defizit beseitigen kann. Selbst wenn dieser Vorschlag suboptimal sein sollte, wie die Anhörung ergeben hat, wie die Antragsteller selber eingeräumt haben, hat er zumindest Anlass dafür gegeben, dass ausgiebig darüber diskutiert wurde. Der Vorschlag, den die Kollegin Schümann gerade unterbreitet hat, ist daraus entstanden. Deswegen auch wenn sie nicht angenommen wird - ein herzliches Dankeschön für die Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es war richtig, dass sie uns so ernst und, wie Frau Tenor-Alschausky vorhin auch dargestellt hat, im Sozialausschuss am Schluss auch so einig mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Auch wenn die Gesetzesinitiative keine Mehrheit gefunden hat, besteht Einvernehmen in der Sache, wenn es darum geht, das Wohl von Kindern stärker zu fördern beziehungsweise Fehlentwicklungen vorzubeugen. Da gab es überhaupt keine widersprüchlichen Auffassungen im Sozialausschuss.

Die zentrale Frage, vor der wir stehen, vor der wir auch bei einer neuen Lösung des Problems stehen, ist: Wie können wir Eltern von Kindern erreichen, die wir mit all dem, was gerade geschildert wurde, bislang nicht erreicht haben? Hier werden zahlreiche Probleme aufgeworfen, die in diesem Zusammenhang artikuliert werden. Das erste Problem ist unter dem Stichwort Datenschutz der Datenaustausch. Das zweite Problem, das immer wieder gern herangezogen wird, ist das Konnexitätsprinzip. Die dritte Frage, die immer wieder gestellt wird, ist: Ist es gerechtfertigt, alle Eltern in ihrer Entscheidungsfreiheit einzuschränken, um eine kleine Zahl von Kindern vor Erziehungsohnmacht, Gewalt und Verwahrlosung zu schützen? - Ich glaube schon, dass es unsere Aufgabe ist, diese Frage letztlich mit Ja zu beantworten und ein Instrument zu finden, das dem gerecht wird. Ich glaube, jedes einzelne Kind ist es wert, dass wir uns in den nächsten Monaten ernsthaft mit einem Instrumentarium auf Landesebene beschäftigen, das ganz konkret auf Landesebene wirkt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Schümann, ich teile die Einschätzung, dass wir dann, wenn wir uns auf die Föderalismusreform verlassen, möglicherweise in zwölf Monaten hier wieder stehen und wieder bestimmte Umstände und Einzelfälle beklagen. Hoffentlich müssen wir dies nicht in Schleswig-Holstein tun. Genauso wenig wie Sie will ich dafür verantwortlich sein, dass möglicherweise auch in SchleswigHolstein ein ähnlicher Fall wie der des kleinen Kevin in Bremen passiert.

Ich möchte aber auch eines sagen: Es wäre in der Rechtsgüterabwägung hilfreich gewesen, wenn man tatsächlich eine Abwägung zwischen Elternrecht und Kindeswohl hätte treffen können. Das hätten wir mit der Änderung der Landesverfassung erreichen können, die FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW vorgeschlagen haben.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das soll an dieser Stelle kein Vorwurf sein, sondern das hätte die Abwägung und die Lösung des Problems, das wir im Januar angehen wollen, wesentlich erleichtert, weil man dann den Rückgriff auf die Landesverfassung gehabt hätte. Ich schenke Ihnen an dieser Stelle eine Minute und 35 Sekunden, weil ich mich auf die intensiven Ausschussberatungen freue. - Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg. Für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

(Wortmeldung der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Pardon! Das kommt daher, weil er so flott kommt. Nein, jetzt hat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es freut mich, dass auch ich noch zu diesem Thema reden darf. Es ist so, dass die Beschlussfassung des Sozialausschusses recht erfreulich ist. Ich gehe nicht auf den überflüssigen Teil eines erneuten Berichtsantrags ein. Sie nimmt auch eine Reihe von Punkten auf, die wir mit unserem Antrag vor einem

Jahr eingebracht haben. Deshalb stimmen wir der Beschlussfassung des Sozialausschusses zu.

Es ist so, dass mir die Beratung über die Frage, ob wir Vorsorgeuntersuchungen verpflichtend machen oder nicht, eindeutig zu lange dauert. Wir sind nun schon ein Jahr dabei. Ich finde, wir sollten uns selbst ein Stück in die Pflicht nehmen und uns sozusagen ein Enddatum setzen, indem wir meinetwegen sagen, wir verständigen uns im ersten Quartal auf eine gemeinsame Gesetzesinitiative, oder aber indem wir sagen, das wird nichts. Ich finde schon, dass wir nicht die ganze Legislaturperiode darüber beraten sollten, sondern dass wir zu Potte kommen sollten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern die Landesregierung mit dem heutigen Beschluss des Sozialausschusses auf,

„Möglichkeiten aufzuzeigen, wie eine erhöhte Verbindlichkeit zur Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen im Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst festgeschrieben werden kann.“

Natürlich freue ich mich darüber, dass wir die Landesregierung auffordern, dies zu tun. Ich hätte allerdings erwartet, dass die Landesregierung dies auch ohne unseren heutigen Beschluss tut. Wir beraten seit einem Jahr über die Frage, ob wir unser Gesundheitsdienstgesetz nehmen können oder wollen, um eine Vorsorgeuntersuchung verpflichtend zu machen. Nun müssen wir heute noch einmal dazu auffordern, einen Vorschlag zu unterbreiten; sei es drum. Wenn es hilft, dann stimmen wir natürlich auch dieser Passage zu.

Ich finde es richtig, dass wir nicht mehr auf die Bundesebene warten. Es ist so, dass das Gesundheitsdienstgesetz ein Landesgesetz ist. Es hindert uns also niemand daran, in dem Gesundheitsdienstgesetz auf Landesebene etwas zu verändern. Wir hatten gehofft - und es war auch immer die Perspektive der Großen Koalition -, dass es eine bundesweite Lösung gibt, und zwar nicht über das Gesundheitsdienstgesetz, sondern im Rahmen einer anderen Lösung. Nun hat sich aber die Jugendministerkonferenz schon im Mai darauf verständigt, dass sie keine bundesweit verpflichtende Vorsorgeuntersuchung haben möchte. Das war vor einem halben Jahr.

Auch der Bundesrat, der im November noch einmal getagt hat, hat auf einen Antrag des Saarlands und Hessen hin gesagt, dass er sich zurzeit nicht damit beschäftigen möchte und auf Bundesebene keinen Beschluss dazu fassen möchte. So sehr ich mich

darüber freue, dass der CDU-Bundesparteitag jetzt auch an meiner Seite ist und sagt, er möchte auch verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen, was sehr zu begrüßen ist,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Lars Harms [SSW])

so befürchte ich auch ein wenig, dass die Bundesfamilienministerin dies nicht zu ihrer höchsten Priorität macht, weil sie immer dagegen war. Lassen Sie uns einfach die Landesgesetze, die wir haben, nutzen.

Nun zur Anhörung! Es ist richtig beschrieben worden, dass die eingeladenen Fachverbände einschließlich des Kinderschutzbundes gesagt haben, sie unterstützen unseren Gesetzentwurf nicht, weil er ihnen nicht weit genug geht. Das muss man wissen. Er reicht ihnen nicht aus. Sie haben einheitlich gesagt, sie wollen eine verpflichtende Untersuchung für alle dreijährigen Kinder beim Gesundheitsamt. Ich finde, das ist ein Supervorschlag. Darauf hat die Landesregierung aber geantwortet, dies sei schlicht nicht zu finanzieren. Das wäre mit allem Aufwand praktisch eine zweite Schuleingangsuntersuchung. Wir müssen also feststellen, dass das, was bei der Anhörung herausgekommen ist, scheinbar relativ teuer und schwer zu finanzieren ist. Nun müssen wir gucken, ob es noch andere vernünftige Lösungen gibt.

Es ist gut, dass wir mit dem Vorschlag aus dem Saarland auch einmal einen anderen Vorschlag vorliegen haben. Ich finde es absolut hilfreich, mehrere Möglichkeiten und vielleicht auch schon einmal datenschutzrechtlich durchgescheckte Möglichkeiten zu haben, weil die Frage des Datenschutzes immer schwierig war. Der Vorteil bei dem Gesetz aus dem Saarland von der CDU ist der, dass er nicht nur die zweijährigen Kinder umfasst. Vielmehr umfasst er alle Kinder bei allen Vorsorgeuntersuchungen. Wenn das tatsächlich ein Modell ist, das sicherstellt, dass bei jeder Vorsorgeuntersuchung kontrolliert wird, ob das Kind mit seinen Eltern zum Arzt geht oder nicht, dann wäre das super. Wenn dies nicht der Fall ist, gibt es eine Aufforderung. Zur Not schreitet das Jugendamt ein. Ich finde das ausgesprochen gut, hier werden wir uns schnell einig werden. Vielleicht gelingt es uns dann ja doch noch miteinander, die Landesverfassung in der Frage der Kinderrechte zu verändern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Vielleicht stellen wir ja alle miteinander fest, dass dies hilfreich ist. Vielleicht springen wir alle in der

(Monika Heinold)

Debatte über unseren Schatten. Es wäre in jedem Fall im Interesse der Kinder in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich danke Frau Abgeordneter Monika Heinold. Nun hat für den SSW Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.

Er hat lange gewartet, aber er kommt doch. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Überforderte Eltern machen einen großen Bogen um alles, was ihnen weitere Probleme beschert. Darum schließen sie auch die Augen vor Defiziten ihrer Kinder. Dabei kann eine frühzeitige Förderung und Unterstützung viele Defizite ausgleichen. Wir haben darüber schon oft gesprochen. Wir sind uns alle einig darin, dass wir im Interesse der Kinder die aufsuchende Sozialberatung verstärken wollen. Niemand im Landtag wird dem widersprechen.

Aufsuchende Sozialberatung allein einem Projekt wie dem Schutzengel zu überlassen, ist eine Bankrotterklärung staatlicher Sozialpolitik. Die Jugendämter gehören in die Familien, und zwar nicht nur als Sanktionsbehörde, sondern unterstützend und beratend.