Fortschrittliche Orte versuchen sogar, kommende Bauherren auf diese Fragestellungen aufmerksam zu machen, und vermitteln Informationen, wie man barrierefrei bauen kann. Auch dieser Ansatz hat nicht nur den Aspekt des angenehmeren Wohnens im Alter zum Hintergrund, sondern ist natürlich auch für Familien mit Behinderten oder mit Kindern ein wichtiger Gesichtspunkt.
Natürlich gibt es auch Ansätze, die sich tatsächlich nur auf die ältere Generation beziehen. Eine vorausschauende Pflegebedarfsplanung halte ich - um ein Beispiel herauszugreifen - für wichtig, um älteren Menschen im Falle der Pflegebedürftigkeit eine angemessene Wohnform anbieten zu können. Ein Pflegeplatz muss nach einem Unfall manchmal innerhalb weniger Wochen gefunden werden und eine gute Pflegeplanung ist daher sehr wichtig.
Wie verpflichtend diese Planung allerdings im Einzelnen ist, bleibt offen. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Kommunalpolitiker den Bericht lesen. Die Bemerkungen über die zu erwartenden altersbedingten Wanderungen in Richtung der Städte müssen in den Kommunen unmittelbares Handeln auslösen. Nur so kann Planlosigkeit im Bereich des Wohnens im Alter verhindert werden.
Längst nicht alle Alten sind nämlich gebrechlich und auf Hilfe angewiesen. Die überwiegende Mehrzahl der alten Menschen ist bis ans Lebensende absolut selbstständig. Anderseits sind alte Menschen immer noch die besten Anwälte in eigener Sache. Ich erhoffe mir von der avisierten Befragung der über 60-jährigen Menschen weitergehende Erkenntnisse. Es ist allemal besser, selbst zu planen, als planen zu lassen.
Wenn diese Daten vorliegen, dann müssen diese unbedingt der kommunalen Ebene bekannt gegeben werden, denn die Kommunen werden die weitaus meisten konkreten Planungen mit Bezug zum altersgerechten Wohnen machen. Dabei geht es nicht nur um Barrierefreiheit, Pflege, Einkaufsmöglichkeiten oder Dienstleistungen im Krankheitsfall, sondern zum Beispiel auch um speziell auf das ältere Publikum zugeschnittene kulturelle Angebote. Wenn man den vollständigen ganzheitlichen Ansatz verfolgen will und es mit der Verbesserung der Wohnsituation der älteren Generation, aber auch der Wohnsituation aller anderen Bevölkerungsteile ernst meint, dann muss man der kommunalen Basis die finanziellen Möglichkeiten hierfür bereitstellen.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/714, federführend an den Sozialausschuss und mitberatend an den Innen- und Rechtsausschuss zur abschließende Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Wenn ich jetzt etwas dazwischenschiebe, so hat dies nichts mit Wohnformen im Alter zu tun, sondern damit, dass der eine oder andere von Ihnen in der Mittagspause sicherlich noch andere Verabredungen hat. Deshalb möchte ich vor Aufruf des letzten Tagesordnungspunktes jemanden aus unserer Mitte verabschieden, der eigentlich noch ein ganz junger Mann ist. Klaus Müller war nicht ganz lange Mitglied dieses Landtages, aber er hat - trotz seiner jungen Jahre - schon ganz lange in diesem Landtag gewirkt. Ich glaube, dass er hier deutlich gemacht hat, welch hervorragende Ausbildung er nicht nur als Diplomvolkswirt, sondern auch sowohl im Friedensforschungsinstitut als auch im Institut für Weltwirtschaft genossen hat. Er hat Erfahrungen aus Berlin mitgebracht. Er hat in der ersten Phase als Minister für Umwelt, Natur und Forsten in der Regierung gesessen. Danach war er Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft. Das hat sicherlich an der einen oder anderen Stelle mit dem einen oder anderen im Hause Diskussionen gegeben. Wir haben aber schon da gesehen, dass er sein Aufgabengebiet ständig erweitert hat. Er hat sich ständig um neue Dinge gekümmert und bemüht. Vielleicht ist auch der Hinweis auf die Landwirtschaft für ihn der Weg gewesen, zu sagen: Ich suche trotz meiner jungen Jahre neue Herausforderungen. Der Verbraucherschutz liegt hier nicht weit weg.
Wir haben uns also heute von einem sehr lebhaften, sehr engagierten, aber auch immer fairen Mitstreiter zu verabschieden. Herr Müller, Ihr Engagement war manchmal richtig Leidenschaft. Man hat gemerkt, dass Sie gebrannt haben. Ich weiß nicht, ob das etwas mit der Weisheit des Alters zu tun hat, aber Sie haben in der letzten Zeit und während der letzten Sitzungen durchaus eine erstaunliche Kompromissfähigkeit an den Tag gelegt.
Dies hat gezeigt, dass Sie sich auf Ihre Arbeit als oberster Verbraucherschützer vorbereiten. Ich denke, wir werden hier Ihre geistreichen Zwischenbemerkungen, vor allem aber Ihr engagiertes Eintreten für Ihre Überzeugungen vermissen. Die guten Wünsche dieses Hauses begleiten Sie. Haben Sie viel Erfolg in Ihrer neuen Funktion für diejenigen, für die Sie in Nordrhein-Westfalen tätig werden! Ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Mitarbeit hier im Hause.
Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Bundesrepublik Deutschland leben zurzeit knapp 50.000 Menschen mit HIV und AIDS. 1.200 Menschen davon leben in SchleswigHolstein. Unser Land gehört damit nicht zu den besonders betroffenen Regionen. Wir müssen uns aber auch hier mit der Tatsache auseinander setzen, dass die Zahl der Neuinfektionen in den letzten Jahren wieder gestiegen ist. Im Gegensatz zu dieser aktuellen und beklagenswerten Entwicklung in unserem Land haben sich die medizinischen Handlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren verbessert. Dies hat auch die Lebensqualität der betroffenen Menschen verbessert. Ganz losgelöst von der Tatsache, dass sie an einer unheilbaren Krankheit leiden, führen sie jetzt meistens ein weitgehend normales Leben. Damit sind sie auch nicht mehr den unsäglichen Ausgrenzungen ausgesetzt, die noch vor wenigen Jahren mit dieser Krankheit verbunden waren. Es bleibt aber festzuhalten: Ein Leben mit AIDS ist ein Leben mit Belastungen. Deshalb bedarf es auch der Unterstützung dieser besonderen Zielgruppe.
Insgesamt erlauben uns aber diese veränderten gesellschaftlichen Entwicklungen sowie die medizinischen Erneuerungen, die Landesmittel in den Regionen unseres Landes stärker für präventive Aufgaben einzusetzen. Sie finden in dem Ihnen vorliegenden Bericht eine Zusammenstellung der vom
Land geförderten Hilfeeinrichtungen in Kiel, Lübeck, Flensburg, Neumünster, Heide und auf Sylt. Ich weiß, es war ein besonderes Anliegen dieses Parlaments, dass die Angebote tatsächlich auch regional erreichbar sind, auch wenn es ohne Zweifel so ist, dass die Nachfrage erheblich variiert. Menschen mit AIDS konzentrieren sich in großstädtischen Regionen. Sie befinden sich weniger in ländlichen Bereichen.
In der Regel handelt es sich um Vereine, in denen ehrenamtlich tätige Mitarbeiter und Mitglieder von hauptamtlichen Kräften unterstützt werden. Ich finde, gerade das ehrenamtliche Engagement von Menschen in diesem Bereich über diese lange Zeit ist ein besonderes Lob wert. Ich möchte daher alle bitten, an dieser Stelle allen Beteiligten herzlich durch einen Applaus für ihre Arbeit zu danken.
Wie Sie dem Bericht entnehmen können, hat sich das Beratungsspektrum der AIDS-Hilfen in den letzten Jahren entsprechend verändert. Während es in den 80er-Jahren vorrangig um Beratung und Betreuung in der letzten Lebensphase - bis hin zur Sterbehilfe - ging, aus der sich an der einen oder anderen Stelle entsprechende Hospize entwickelt haben, stehen heute sozialrechtliche Fragen zur Gesundheit und zur gesamten Lebenssituation im Vordergrund.
Diese Situation wurde bereits Anfang März 2006 in einem Fachgespräch im Landeshaus erörtert. An diesem Fachgespräch hat Staatssekretär Dr. Körner teilgenommen. Es haben aber auch zahlreiche Landtagsabgeordnete sowie Fachleute aus verschiedenen Bereichen teilgenommen, die mit der Behandlung und Beratung von HIV-Infizierten befasst sind. Schon damals wurden jedoch auch Personen und Institutionen eingeladen, die stärker den Akzent auf die Prävention setzen könnten. Ganz offiziell gibt es - so wurde mir berichtet - eine klare Tendenz zur Verstärkung des präventiven Ansatzes.
Das leuchtet auch vor dem Hintergrund der unmittelbar gestiegenen Anzahl der Neuerkrankungen ein. Wir müssen den präventiven Ansatz also wieder verstärken. Dabei geht es vor allem um flächendeckende Angebote, die wir in Zeiten knapper Kassen nur dann realisieren können, wenn wir die vorhandenen guten Ansätze verkoppeln und stärker mit Kooperationspartnern vor Ort vernetzen, die die Zielgruppen, die wir erreichen wollen, ohnehin schon im Blick haben und die aufgrund ihrer Angebote - zum Beispiel sexualpädagogischer Angebote - besondere Akzente der AIDS-Prävention
Wie im vorliegenden Bericht aufgezeigt wird, denken wir also insbesondere an Organisationen mit starkem Bezug zu jungen Menschen, denn diese bleiben - auch in der AIDS-Prävention - die wichtigste Zielgruppe. Ich möchte, dass möglichst alle Jugendlichen am Anfang ihres sexuellen Lebens mindestens einmal mit einer AIDS-Präventionsbotschaft erreicht werden. Hierzu wurde ein hervorragendes Instrument entwickelt. Ich weiß nicht, wer von Ihnen den so genannten AIDS-Präventionsparcours kennt. Ich habe ihn schon einmal mitgemacht. Dieser Parcours ist ein wunderbares Instrument, weil er junge Menschen anspricht. Junge Menschen können dieses Instrument selbst anwenden, es ist sozusagen ein Peer-to-Peer-Ansatz. Dieses Instrument gibt ganz praktische Einblicke in alle Fragen rund um die Prävention. Der Parcours ist so aufgemacht, dass er mit großem Erfolg bereits seit Jahren an vielen Schulen in unserem Land eingesetzt wird. Hier sind uns schon jetzt die öffentlichen Gesundheitsdienste willkommene Partner. Aber auch überall dort, wo Sexualaufklärung betrieben wird, kann und soll diese Botschaft vermittelt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht also nach meiner Einschätzung darum, diese Aktivitäten weiter zu unterstützen, damit die Präventionsarbeit im Land insgesamt weiter gefördert wird. Wird sollten alle miteinander um aktive Mitarbeit bei unseren Kooperationspartnern werben, denn diese brauchen wir, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen, um die Zahl der Neuinfektionen zu senken und insbesondere jungen Menschen die zentrale Präventionsbotschaft für ihr Leben mit auf den Weg zu geben.
Ich danke der Frau Ministerin für den Bericht und eröffne nunmehr die Aussprache. Das Wort hat für die Fraktion der CDU die Frau Abgeordnete Ursula Sassen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Trotz Aufklärung, Anlaufstellen und Hilfesystemen ist in den letzten drei Jahren die Zahl der jährlichen HIV-Neuinfektionen von etwa 2.000 auf 2.500 gestiegen. Auch in Schleswig-Holstein gab es nach Angaben des Robert-Koch-Instituts Berlin im Jahr 2005 56 neue Fälle, während es im Jahre 2003 nur 27 Neuinfektionen waren. In den Ballungsgebieten
Kiel und Lübeck ist der Anteil der HIV-Neuinfizierten besonders hoch. Dies macht deutlich, dass wir den Umgang mit dieser Erkrankung überdenken und die Strukturen und Schwerpunkte insbesondere im Bereich Prävention neu ordnen müssen.
Fünf AIDS-Hilfevereine - die Ministerin hat es gerade schon gesagt - sowie eine AIDS-Beratungsstelle der Diakonie Flensburg werden von der Landesregierung gefördert. Darüber hinaus bieten Selbsthilfegruppen Beratungen für HIV-Positive an. Ich möchte an dieser Stelle selbstverständlich auch den Dank der CDU aussprechen, aber wir haben uns schon mit dem Applaus daran beteiligt.
Seit 2004 werden die vom Land geförderten Hilfeeinrichtungen einem standardisierten Dokumentationssystem unterzogen, das die Grundlage für eine jährliche Auswertung und vergleichende Analyse bildet. Wir müssen unterscheiden zwischen den Personen, die Antworten auf Fragen rund um HIV und AIDS erhalten wollen und Präventionsveranstaltungen besuchen, und jenen, die aufgrund ihrer Erkrankung beraten und behandelt werden möchten. Kiel nimmt mit einer Gesamtzahl der Kontakte von 1.488 die erste Stelle in Schleswig-Holstein ein, wobei die Anzahl der HIV- beziehungsweise AIDS-infizierten Personen mit 134 beziffert wird, gefolgt von Lübeck mit 851 Kontakten und einer Zahl von 54 bekannten Infizierten.
Die im Bericht dargestellte Tabelle macht deutlich, dass HIV-Infizierte die professionellen eher anonymen Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten der Universitätskliniken Kiel und Lübeck in Anspruch nehmen. Erstaunlich groß ist allerdings die Zahl der Ratsuchenden, die offensichtlich nicht infiziert sind, aber Beratungsbedarf, möglicherweise aus Sorge um Angehörige, haben. So sind zum Beispiel in Neumünster 178 Personen „registriert“, von denen lediglich 16 mit der Krankheit infiziert sind. Aber diese 158 Personen haben insgesamt zu 352 Kontakten in der Beratungsstelle geführt.
Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass zwischen Beratung, Aufklärung und Behandlung von AIDS-Patientinnen und -Patienten einerseits und dem Personenkreis um Infizierte oder Risikogruppen andererseits unterschieden werden muss. Die Zahl der Beratungsfälle am UK S-H in Kiel mit 330, in Lübeck mit 220 sowie am Westküstenklinikum Heide mit 25 beweisen, dass die AIDS-Hilfen an den Standorten der HIV-Ambulanzen besonders nachgefragt werden.
Es hat sich herausgestellt, dass beispielsweise in Kiel nur circa 40 % der dort behandelten Patienten aus der Landeshauptstadt selbst kommen. Es ist da
Der Bericht der Landesregierung zeigt, dass sich die Kontakte der an AIDS Erkrankten zwar auf Therapieund Beratungszentren konzentrieren, stellt aber auch klar heraus, dass wir die Präventionsarbeit überall im Land stärken und unterstützen müssen. Der im Land Schleswig-Holstein bereits bewährte AIDS-Präventionsparcours ist ein gutes Vehikel, die HIV-Prävention in der allgemeinen Jugendarbeit voranzutreiben. Ich begrüße daher die Anregung der Landesregierung, möglichst alle jungen Menschen einmal zu Beginn des sexuell aktiven Lebens mit entsprechenden Präventionsbotschaften zu erreichen.
Die Steigerungsrate beträgt 13 %. Das hat der letzte Bericht des Robert-Koch-Instituts ergeben. Diese Besorgnis erregende Zahl hängt auch damit zusammen, dass sich eine gewisse Gewöhnung im Umgang mit dem Thema eingeschlichen hat. Das ist gefährlich, dem müssen wir entgegenwirken. Lassen Sie uns gemeinsam mit allen Kooperationspartnern und den bewährten Netzwerken daran arbeiten, dass wir diese Situation verbessern. Um Gesundheitsförderung erfolgreich zu etablieren, muss sich so etwas wie eine Präventionskultur entwickeln wie in allen Bereichen. Wir alle, Politiker, Krankenkassen und Ärzte, müssen daran arbeiten, dass den Bürgerinnen und Bürgern bewusst gemacht wird, dass sie für den Erhalt ihrer Gesundheit Eigenverantwortung übernehmen müssen. Dies gilt für alle Bereiche des Gesundheitswesens und würde uns eine große Entlastung bei den Kosten bescheren.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank für Ihren Bericht, unterstreicht er doch sehr deutlich die Notwendigkeit der Stärkung der Präventionsarbeit. Er macht aber auch deutlich, dass die sechs AIDS-Hilfeeinrichtungen und drei Kreisgesundheitsämter in Schleswig-Holstein, die mit regelmäßigen Präventionsmaßnahmen arbeiten, nicht ausreichend sind, um umfassend in allen Regionen des Landes diese wichtigen Informations- und Beratungsangebote vorzuhalten.
Ihr Ziel, möglichst flächendeckende Angebote zu machen und dafür vorhandene Strukturen von haupt- und nebenamtlichen Kräften besser als gegenwärtig zu vernetzen und dadurch die Effizienz zu steigern, halte ich für ein richtiges Vorgehen. Hierzu sollte der im Bericht hervorgehobene und von vielen Akteuren gelobte schleswig-holsteinische Präventionsparcours „Liebe, Sex und mehr“ weiter verbreitet werden. Es wäre schön, wenn dieser Präventionsparcours in größerer Anzahl in Schleswig-Holstein an Schulen und Jugendeinrichtungen eingesetzt werden könnte. Vielleicht gibt es ja Sponsoren aus dem Bereich der Krankenkassen oder der Gesundheitsinitiativen, die sich auch dem Ziel der Präventionsarbeit verpflichtet fühlen und die sich hier engagieren möchten. Lohnenswert wäre es allemal.