Protocol of the Session on May 4, 2006

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir brauchen in Deutschland mehr Ingenieure, mehr Nautiker. Von besonderer Bedeutung ist auch das Studium der Schiffsbetriebstechnik, an dem wir festhalten wollen. Es war eine weise Entscheidung, darauf einzugehen. Für den Studiengang Schiffsbetriebstechnik haben sich bereits dreimal so viele Studierende für das Sommersemester eingeschrieben als für das Wintersemester. Das zeigt, dass die jungen Leute das aufgreifen. Deswegen lautet der Appell in dieser Stunde: Wir brauchen mehr Ingenieure, brauchen mehr Nautiker! In

(Lars Harms)

Schleswig-Holstein gibt es ideale Voraussetzungen für die Ausbildung.

Wir begrüßen die Planung der Fachhochschule Flensburg bezüglich der Einrichtung des Studienganges Schiffsmaschinenbau. Ich meine, dies wird ein ebenso profilierter Studiengang wie der Bereich Schiffbau an der Fachhochschule Kiel, der im letzten Jahr insbesondere im Yachtbau von sich reden machte.

Unsere maritimen Schulen und Hochschulen sind erfreulicherweise sehr gut ausgelastet. Beispielsweise sind alle 90 Studienplätze für die Studiengänge Nautik und Schiffsingenieurwesen der Fachhochschule für Seefahrt in Flensburg belegt. An der Seemannsschule steigt die Zahl ebenfalls. Sie befindet sich an der Grenze ihrer Kapazität. Wir denken, dass die Reeder hier noch ein bisschen mehr Geld in die Hand nehmen, und erwarten, dass die Hochschule noch stärker in das maritime Umfeld eingebunden wird.

Die maritime Wirtschaft brummt, das Motto „Zukunft Meer“ erhält besondere Bedeutung und wird durch zusätzliche Arbeits- und Ausbildungsplätze bestätigt.

Ich freue mich, dass alle in diesem Saal hier an einem Strang ziehen. Wenn ich eine Empfehlung zu dem Antrag der Grünen geben darf: Wenn er so verstanden werden kann, dass damit nicht zusätzliche staatliche Aufwendungen, sondern zusätzliche Anstrengungen der Wirtschaft verbunden sind und das Ganze zur Ermutigung beiträgt, könnte man zu einer gemeinsamen Beschlussfassung über beide Anträge kommen.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke dem Herrn Minister. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, begrüße ich auf der Besuchertribüne sehr herzlich den Nordfriesischen Verein aus Schobüll. - Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort hat nun die Frau Abgeordnete Langner.

Eigentlich widerstrebt es mir, Dinge festzuschreiben, die seit langem in gutem Fluss sind. Der Minister hat es hier dargestellt: Die Verhandlungen mit der Fachhochschule Flensburg sind auf einem guten Weg. Da deutet sich demnächst eine sinnvolle Lösung an.

Insofern war es aus unserer Sicht nicht notwendig, das noch einmal in unseren Antrag hineinzuschreiben. Wir können aber auch gut mit der im Änderungsantrag enthaltenen Formulierung leben. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle alle an einem Strang ziehen.

Ich halte es für wenig zielführend, die Anträge jetzt an den Ausschuss zu überweisen, um dort darüber noch hin zu her zu diskutieren.

Wenn ein bisschen Zeit vergangen ist und wenn das Bündnis für Ausbildung das diesjährige Ausbildungsjahr gut begleitet hat, dann möchte ich im Ausschuss über die Ergebnisse beraten. Ich möchte aber nicht über diese kleine Änderung beraten. Von daher sind wir damit einverstanden, dem Änderungsantrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zuzustimmen.

(Beifall)

Ich danke der Frau Abgeordneten Langner. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/748, abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig.

Dann lasse ich über den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/731, mit der soeben beschlossenen Änderung abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. - Auch das ist einstimmig.

Lassen Sie mich geschäftsleitend darauf hinweisen, dass wir den Tagesordnungspunkt 19 noch vor der Mittagspause aufrufen werden. Der Tagesordnungspunkt 22 wird verschoben und heute Nachmittag nach Tagesordnungspunkt 4 a behandelt.

Ich rufe auf:

Keine Anrechnung des Beitrages für die Kosten der Erziehung auf das Einkommen von Pflegepersonen nach § 11 SGB II

Antrag der Fraktionen von CDU und SPD Drucksache 16/734

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Heike Franzen das Wort.

(Minister Dietrich Austermann)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Pflegeeltern leisten in unserer Gesellschaft einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Kindern. Sie nehmen Kinder in ihre Familien auf, von denen sie genau wissen, dass sie alle eine Geschichte mitbringen. Die Gründe, Kinder in Pflegefamilien unterzubringen, können sehr unterschiedlich sein: von der kurzzeitigen Unterbringung von Kindern einer eventuell allein erziehenden Mutter, die erkrankt ist, bis hin zu verwahrlosten oder misshandelten Kindern, die aufgrund der häuslichen Gegebenheiten nicht in ihrer Ursprungsfamilie verbleiben können.

Bevor ein Kind aus einer Familie herausgenommen wird, haben bereits zahlreiche Hilfsmaßnahmen in der Ursprungsfamilie versagt. An dieser Stelle, meine Damen und Herren, erklären sich erfreulicherweise immer wieder Familien bereit, diesen Kindern ein neues Zuhause und damit verbunden die Chance zu bieten, in einer Familie und nicht in einem Heim aufzuwachsen.

Die Situation in den Pflegefamilien ist selten leicht. Neben der sozialen und emotionalen Probleme, die die meisten Pflegekinder mitbringen, kommen oftmals auch Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen dazu. Pflegekinder sind nicht pflegeleicht, sondern in den meisten Fällen erheblich pflegeintensiver als eigene Kinder.

Oftmals gehört neben der Arbeit am Kind auch noch die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern zum Aufgabenbereich von Pflegeeltern. Für die Tätigkeit bekommen Pflegefamilien Pflegegeld, das neben dem notwendigen Unterhalt für das Kind oder den Jugendlichen auch die Kosten der Erziehung umfasst, also sozusagen den Aufwand der Arbeit der Pflegefamilien berücksichtigt.

Ich will es am Beispiel des Kreises SchleswigFlensburg festmachen. Hier beträgt die monatliche Entschädigung 241 € monatlich für eine Vollzeitpflege, das heißt für 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr, ohne Urlaubsanspruch oder Krankheitsvertretung.

Wollte man diese Entschädigung tatsächlich als Einkommen werten, dann kommt man auf einen Stundenlohn von 33 ct. Über den Anspruch auf Urlaub will ich gar nicht erst reden; den hätten sicher alle Pflegepersonen nötig.

Wir alle hier im Haus sollten uns darüber im Klaren sein, dass man die Leistungen von Pflegefamilien nicht bezahlen kann,

(Beifall der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

aber wir können sie gesellschaftlich anerkennen. Darum ist diese Entschädigung mit Recht nicht steuerpflichtig. Sie wird aber dann relevant, wenn Arbeitslosengeld II bezogen wird, nämlich dann, wenn beispielsweise mehrere Pflegekinder in einer Familie sind. In diesen Fällen haben die Pflegepersonen mit erheblichen finanziellen Einbußen zu rechnen, was bereits jetzt bestehende Pflegeverhältnisse gefährdet beziehungsweise das Entstehen neuer Pflegeverhältnisse verhindert, weil Pflegepersonen keine weiteren Kinder aufnehmen, da sie bereits Leistungen nach dem SGB II beziehen oder weil sie den Verlust des Arbeitsplatzes befürchten und damit dauerhaft keine finanzielle Grundlage sehen, um Pflegekinder aufzunehmen.

Zudem, meine Damen und Herren, haben wir eine Zweiklassengesellschaft von Pflegepersonen geschaffen: die eine Klasse, die Arbeit hat und somit den Erziehungsbeitrag in voller Höhe ohne steuerliche Relevanz bezieht, und die andere Klasse, die keine Arbeit hat und zusätzliche finanzielle Einbußen wegen der Pflegekinder hinnehmen soll. Für die zweite Klasse braucht man mehr als eine gehörige Portion Idealismus.

Mit dem Vorurteil, dass Familien Pflegekinder aufnehmen, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu sichern, hat dies nichts zu tun. Allen, die davon überzeugt sind, empfehle ich ein Praktikum in einer Familie mit Pflegekindern. Ich helfe gern bei der Vermittlung.

Ein Ziel der Jugendhilfe ist, betreuungsbedürftige Kinder und Jugendliche vorrangig in Pflegefamilien unterzubringen. Denn wir wissen, dass Pflegefamilien für die Entwicklung und Sozialisation der Kinder nachweislich das geeignetste Umfeld sind. Hinzu kommt, dass sich die Kosten für einen Heimplatz gut auf das Vierfache belaufen würden. Unser Antrag ist also auch ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung.

Es kann also weder in unserem Sinne noch im Sinne der Kinder und Jugendlichen und deren Pflegefamilien sein, wenn weiterhin so praktiziert würde wie bisher. Daher bitte ich Sie letztlich um Zustimmung zu unserem Antrag, um die gute Arbeit von Pflegefamilien nicht weiter zu gefährden.

Für die CDU-Fraktion beantrage ich Ausschussüberweisung, und zwar federführend an den Sozialausschuss und mitberatend an den Innen- und Rechtsausschuss.

(Beifall)

Ich danke der Frau Abgeordneten Franzen. - Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Diskussion um das Optimierungsgesetz zum Sozialgesetzbuch II war vorgesehen, das Pflegegeld, das nach dem Sozialgesetzbuch VIII für den Erziehungsanteil an Pflegeeltern gezahlt wird, in einer Höhe von 200 € pro Pflegekind auf die Leistungen nach Hartz IV anzurechnen. Eine solche Regelung würde bestehende Pflegeverhältnisse massiv beeinträchtigen und unter Garantie die Schaffung neuer Pflegeverhältnisse erschweren oder sogar verhindern.

Ich bin meiner Kollegin Franzen sehr dankbar dafür, dass sie die Initiative zu diesem Antrag gestartet hat, gilt es doch, sich für Personen, die über keine allzu große Lobby verfügen, einzusetzen: Personen - in dem Fall Pflegeeltern -, die eine außerordentlich wertvolle Arbeit für unsere Gesellschaft leisten, aber auch für die Kinder und Jugendlichen, die in Pflegefamilien leben und sich in einer sehr speziellen Lebenssituation befinden.

Pflegekinder haben mindestens eine gravierende Trennung von wichtigen Bezugspersonen erlebt. Pflegekinder kommen häufig aus Lebenssituationen, in denen ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllt wurden, in denen sie keine Geborgenheit und Förderung erfahren haben und in denen sie nicht selten traumatisierende Erfahrungen machen mussten.

In Pflegefamilien sollen Kinder und Jugendliche Halt und Stabilität finden. Sie sollen gefördert werden und in enger Zusammenarbeit mit Jugendamt, Kindergarten und Schule und anderen sich selbst finden und entwickeln. Diese wichtige psychologische und pädagogische Arbeit darf nicht von finanziellen Entscheidungen beeinträchtigt werden. Pflegefamilien brauchen darum Unterstützung und Anerkennung. Sie brauchen aber auch finanzielle Unterstützung und für viele Kinder und Jugendliche wäre die Alternative zur Pflegefamilie die oft viel teurere Heimunterbringung.

Die Bundesregierung sucht derweil nach einem Kompromiss, das erste und das zweite Pflegekind ohne Anrechnung, das dritte und vierte mit 50 bis 75 % Anrechnung und für jedes weitere dann die volle Anrechnung des Pflegegeldes zu gestalten. Meiner Meinung nach ist dies ein schlechter Kompromiss. Mit dem Antrag wollen wir erreichen, dass das Pflegegeld bei Vollzeitpflege generell als nicht

anzurechnendes Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird.

(Beifall der Abgeordneten Heike Franzen [CDU])

Ich glaube, eine so große Reform wie die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für die Umsetzung von „Fördern und Fordern“ in Hartz IV muss sich auch daran messen lassen, wie sie mit solchen Detailfragen umgeht, die zwar nur Detailfragen sind, aber die Lebensverhältnisse von Menschen - in diesem Falle Pflegeeltern - und vor allem von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien leben, direkt betreffen.