Protocol of the Session on February 24, 2006

Mit der letzten Feststellung greife ich eine Forderung des Kollegen Dr. Klug auf, der in der Plenardebatte am 17. November 2000 Folgendes gesagt hat: „Es kommt entscheidend darauf an, dass der Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule im Auge behalten wird“, und: „Herr Höppner hat Recht“, sagt er, „das bunte Bild, der bunte Flickenteppich in punkto Englischunterricht in den Grundschulen muss zu einer einheitlichen Regelung vereinheitlicht werden“.

Sie teilen an anderer Stelle Ihres Redebeitrages die Auffassung der CDU, die damals von Gero Storjohann vorgetragen wurde, die da heißt: Einführung des regulären Unterrichtsfaches Englisch ab Schuljahr 2003/04. Das haben wir so schnell nicht geschafft, aber es wird losgehen. Schulen, die entsprechende Voraussetzungen haben, können zusätzliche Angebote im Fremdsprachenbereich machen. Zu den vorhin genannten Bedingungen im Rahmen ihrer Profilbildung ist das zu begrüßen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen kein landesweites Netz bilingualen Unterrichts, sondern zukünftig landesweit an 627 Grundschulen richtigen Fremdsprachenunterricht. Von daher bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Henning Höppner. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜ

(Dr. Henning Höppner)

NEN hat nun die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zweisprachigkeit gehört heute zu einer guten Bildung. In einem zusammenwachsenden Europa stehen unsere Kinder mehr denn je vor der Herausforderung, zumindest die englische Sprache sicher zu beherrschen. In einer Welt der globalen Wirtschaftsbeziehungen sind Mobilität und Mehrsprachigkeit Voraussetzungen auf dem internationalen Arbeitsmarkt. Auch Ausbildungswege werden immer internationaler. Viele junge Menschen studieren im Ausland, jobben im Ausland, absolvieren ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im Ausland, machen Praktika in ausländischen Betrieben. Auslandsaufenthalte werden zur Normalität in der Biographie junger Menschen.

Meine Damen und Herren, wir stehen vor der Herausforderung, unsere Kinder auf diese Anforderungen vorzubereiten. Je früher, je alltäglicher und je kontinuierlicher Kinder und Jugendliche mit fremden Sprachen konfrontiert werden, umso leichter und sicherer lernen sie, diese zu beherrschen. Deshalb begrüßen wir es, dass es zukünftig auch in Schleswig-Holstein Englisch als Fachunterricht schon in der Grundschule geben wird. Es ist richtig, hierfür die Kräfte zu bündeln.

Der Antrag der FDP-Fraktion, mit bilingualen regionalen Bildungsnetzen das Lernen von Sprachen schon in Kindertagesstätten und Grundschulen zu fördern, ist eine gute Ergänzung zum klassischen Fachunterricht. Es ist kein Gegensatz, ist auch kein Widerspruch, Frau Franzen. Es geht darum, dass wir es den Schulen ermöglichen, tatsächlich auch autonom Vielfalt zu leben. Davor haben Sie Angst. Ich kann das nicht verstehen. Das ist aber ein Schulprofil, was wir wollen.

Zur SPD kann ich nur sagen: Herr Höppner, das, was Sie hier eben vorgetragen haben, hätten Sie auf Ihrem Parteitag vortragen können, denn Sie haben auf ihrem Parteitag genau das beschlossen - Herr Dr. Klug hat es vorgelesen -, was hier auch der Landtag beschließen soll. Wenn Sie das denn so falsch finden, dann korrigieren Sie Ihren Parteitagsbeschluss. Das wäre ehrlich. Sonst streuen Sie den Menschen Sand in die Augen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Wie schwierig es in Schleswig-Holstein ist, wenn Grundschulen bilingual unterrichten wollen, haben Eltern in Pinneberg erfahren müssen. Da gibt es ei

ne engagierte Kindertagesstätte, die erfolgreich einen bilingualen Alltag lebt. Alle vor Ort ziehen an einem Strang. Eltern, Erzieherinnen und die Grundschule vor Ort wollen aufbauend den Kita-Alltag weiter tragen in die bilingualen Klassen. Lehrerinnen haben sich bereits in ihrer Freizeit fortgebildet, ein renommiertes Hamburger Institut konnte als Kostenträger für die fachliche Begleitung gewonnen werden. Alle Fraktionen in Pinneberg unterstützen das Projekt und, ob Sie es glauben oder nicht, sogar der Schulträger hat zugestimmt. Die SPD, meine Damen und Herren, steht in Pinneberg Kopf, weil sie die Landesregierung und die Ministerialbürokratie schlicht nicht mehr versteht. Man sollte meinen, dass eine Landesregierung diese Eigenverantwortung, diese Motivation und dieses Engagement vor Ort zu schätzen weiß und dass sie alles unternimmt, um ein solches Projekt zu unterstützen.

Aber weit gefehlt, das Bildungsministerium hat die Einführung des bilingualen Unterrichtes abgelehnt. Elternvertreter, Kindertagesstätte und die Schule werden mit immer neuen Argumenten konfrontiert, warum es keine bilinguale Klasse geben soll. Herr Dr. Klug hat ein paar Argumente genannt. Das letzte Argument - da war ich völlig erstaunt - lautete: Die Kinder seien nach vier Jahren zu klug, die könnten zu viel.

Meine Damen und Herren, wenn wir auf diesem Niveau Bildung in Schleswig-Holstein diskutieren, werden wir nicht weiterkommen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

So wird es nicht gelingen, Schulprofile mit Leben zu erfüllen, Schulautonomie umzusetzen und so wird es auch nicht gelingen, engagierte Eltern vor Ort zu gewinnen.

Gut, dass die Pinneberger Eltern zäh sind. Sie haben herausgefunden, dass es in Heide eine Grundschule gibt, die bereits bilingual unterrichtet, scheinbar ohne die Landesbürokratie bemüht zu haben. Vielleicht läuft das Projekt dort so erfolgreich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Auch vor diesem Hintergrund haben die Eltern vor 14 Tagen im Pinneberger Rathaus noch einmal an die Landespolitik appelliert, auch ihren Kindern einen bilingualen Unterricht zu ermöglichen. Sie wollen keinen Schulversuch, es soll kein zusätzliches Geld kosten. Mit Unterstützung des von mir eben erwähnten Instituts in Hamburg wollen sie schlicht Anwenderschule sein.

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

CDU und SPD haben vor Ort zugesagt, die Einführung der bilingualen Klasse noch einmal zu prüfen. Mein Kollege Herr Schröder hatte dort einen grandiosen Auftritt. Herzlichen Dank auch dafür, weil das noch einmal deutlich gemacht hat, dass auch Abgeordnete vor Ort den Mut haben müssen, für ihren Kreis einzustehen und Sinnvolles zu unterstützen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Ich hatte gehofft, dass der Antrag der FDP heute hier aufgrund der Diskussion in Pinneberg auf große Unterstützung trifft. Gehofft hatte ich auch, dass das Bildungsministerium nun seinen ablehnenden Bescheid an die Pinneberger Grundschule zurücknimmt.

Ich verstehe die Debatte heute so, als seien CDU und SPD wieder zurückgerudert und wollten die Anerkennung des Pinneberger Modells nicht. Wenn das nicht so ist, Frau Franzen, dann sagen Sie hier doch bitte noch einmal: In Pinneberg kann es losgehen. Hier oben sitzen die Eltern. Die warten darauf. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Sagen Sie: Es kann zum Sommer wie geplant starten. Dann wären wir einen großen Schritt weiter.

Wir brauchen ein positives Signal der Landesregierung, dass sie den bilingualen Unterricht in Pinneberg, aber auch an anderen Grundschulen in Schleswig-Holstein unterstützt. Frau Ministerin, lassen Sie die engagierten Eltern und die Kinder nicht im Regen stehen. Schaffen Sie Handlungsspielraum, damit Grundschulen einen Leitfaden haben, mit dem sie sich auf den Weg hin zur bilingualen Klasse machen können.

Wir brauchen eine Art Raster. Wir brauchen Vorgaben für die Schulen, damit sie wissen: Wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen, können sie eine bilinguale Klasse einrichten. Diese Leitlinie haben sie aber noch nicht. Die Schulen erfüllen immer nur das, was die Ministerialbürokratie vorgibt. Wenn sie das erfüllt haben, kommt das nächste Argument. Das, meine Damen und Herren, hat mit Bürgerfreundlichkeit nichts, aber auch gar nichts zu tun. Es demotiviert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Demokratie leben heißt, dass sich Bürgerinnen und Bürger auch einmal gegen das Ministerium durchsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD, gehen Sie gemeinsam mit uns den Weg in ein mehrsprachiges Europa. Geben Sie unseren Kin

dern die Chance, sich schon früh und ganz selbstverständlich in mehreren Sprachen zu bewegen. Dies ist der Weg der Zukunft. Wenn Sie ihn heute nicht blockieren, kann er gegangen werden. Das SPD-Parteiprogramm scheint davon deutlich weiter entfernt zu sein als der Landtag und das Ministerium. Das finde ich sehr schade.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold. - Das Wort für den SSW hat die Vorsitzende des SSW, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als der Kollege Karl-Martin Hentschel in der Bildungsausschusssitzung vom 12. Januar den Antrag der Carl-Eitz-Grund- und Hauptschule in Pinneberg auf Einrichtung eines bilingualen Klassenzuges ansprach und dabei seiner Enttäuschung über die ablehnende Haltung des Bildungsministeriums Luft machte, hob er hervor, dass gesetzliche Regelungen solch einem innovativen Anliegen nicht im Wege stehen dürften, sondern gegebenenfalls geändert werden müssten. Der nächste Tagungsordnungspunkt der heutigen Sitzung macht ja auch deutlich, was sich der Kollege Hentschel darunter vorstellt. Darüber werden wir gleich noch reden.

Ich selbst werde übrigens dafür zitiert, gesagt zu haben, dass die angesprochene Frage vor dem Hintergrund der Bildungsgerechtigkeit eher ein Luxusproblem sei. Das hört sich flapsig an. Es war nicht so gemeint. Trotzdem stehe ich zu dieser Sichtweise. Darauf werde ich gleich noch eingehen.

Vorerst bleibt festzustellen, dass sich auch der vorliegende FDP-Antrag trotz der verallgemeinernden Überschrift konkret auf den Wunsch der Carl-EitzSchule bezieht.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das ist ja auch so!)

- Herr Kollege Klug, das ist mir völlig bewusst. Anfang des Monats konnte man dem „Hamburger Abendblatt“ entnehmen, dass sich dieser Zusammenhang für die FDP so darstellt. Das ist völlig legitim und in Ordnung. Völlig in Ordnung ist auch, wie die Bemühungen der betroffenen und sehr engagierten Eltern mithilfe der regionalen Abgeordneten weitergebracht werden. Denn Eltern wollen für ihre Kinder nur das Beste.

(Monika Heinold)

Aus Sicht des SSW geht es nun darum, das eine berechtigte Anliegen nicht gegen das andere auszuspielen. Damit meine ich, dass man es sich in dieser Sache vielleicht doch etwas zu einfach macht, wenn man dem Ministerium ein Mauern unterstellt.

Im Protokoll der besagten Bildungsausschusssitzung - nur darauf kann ich mich beziehen - ist zumindest nachzulesen, dass das Ministerium der Carl-Eitz-Schule anbietet, ähnlich wie die Muhliusschule in Kiel ab Klastenstufe 1 ein Fach - zum Beispiel Heimat- und Sachunterricht - auf Englisch zu unterrichten sowie zusätzliche Englischangebote in Form von Arbeitsgemeinschaften einzurichten. Natürlich ist dies nicht die optimale Lösung; denn sie hat nichts mit einem bilingualen Bildungsangebot zu tun. Sie sorgt aber doch dafür, dass die im AWO-Kindergarten geleistete Arbeit nicht hinten herunterfällt. Aus unserer Sicht garantiert sie auch, dass vor Ort weitergearbeitet werden kann.

Nun ein paar Worte zu unserem Änderungsantrag, der ja die einseitige Festlegung auf die Fremdsprache Englisch sozusagen infrage stellt. Ich muss sagen: Ich freue mich darüber, dass zumindest Kollegin Franzen die Intention unseres Antrags nicht nur verstanden hat, sondern anscheinend - so habe ich Ihren Redebeitrag verstanden - auch unterstützt. Darüber freue ich mich wirklich.

Für uns ist entscheidend, dass bei der Erweiterung des Fremdsprachenangebots - unter anderem durch Einführung bilingualer Angebote; ich sehe diese eher als Ergänzung - nicht zu kurz gesprungen wird. Wenn es um Fremdsprachen in der Grundschule geht, dann bieten nämlich gerade die Sprachen, die in der unmittelbaren Umgebung des Kindes täglich gesprochen werden, die größten Chancen und Möglichkeiten für einen besonders lebensnahen und lebendigen Unterricht. In SchleswigHolstein trifft dies nicht zuletzt auf die Minderheitensprachen Friesisch und Dänisch zu, wobei Dänisch sowohl Minderheitensprache als auch angrenzende Nachbarsprache beziehungsweise Fremdsprache ist.

Als sich der Bildungsausschuss des Landtags im Jahr 2001 im Rahmen einer großen Anhörung - ich habe diese Anhörung noch einmal durchgelesen mit dem Thema „Fremdsprachenunterricht an Grundschulen“ befasste, fasste zum Beispiel der Beauftragte des IPTS für Friesischunterricht in der Grundschule, Ingwer Nommensen, dies wie folgt zusammen - das kann man in dem Umdruck 15/ 0893 nachlesen -:

„Im Friesischunterricht erwerben oder erweitern die Schüler und Schülerinnen Kenntnis

se in der friesischen Sprache und beschäftigen sich mit der Geschichte und Kultur Nordfrieslands. Der Unterricht bildet dabei einen wichtigen Bestandteil für die Identitätsfindung der Kinder und unterstützt gleichzeitig die Erziehung zur Toleranz gegenüber den anderen Kulturen und Sprachen sowohl in Schleswig-Holstein wie auch im gesamten Europa.“

Vor diesem Hintergrund regte damals Professorin Elin Fredsted, die hier schon genannt worden ist sie kommt von der Universität Flensburg -, an, verstärkt über eine besondere Nachbarsprachendidaktik in Verbindung mit den Sprachen Dänisch und Friesisch nachzudenken. Insgesamt erhöht nämlich jede positive Begegnung mit einer anderen Sprache - das sagte auch Kollegin Franzen - und deren Kultur das sprachliche Abstraktionsvermögen eines Kindes und sensibilisiert es so für andere Kulturen. Deshalb ist es auch nicht so entscheidend, dass etwa eine ganz bestimmte Fremdsprache unterrichtet wird, sondern entscheidend ist, dass die Kinder früh an andere Sprachen und Kulturen herangeführt werden.

Der Erwerb von Kenntnissen in den schleswig-holsteinischen Minderheitensprachen stellt also eine Schlüsselqualifikation dar. Dabei ist es aus Sicht des SSW nicht entscheidend, ob es sich konkret um ein bilinguales Angebot handelt. Entscheidend ist für uns, dass das frühe Fremdsprachenlernen kindgerecht geschieht.

Ich habe mir zum Beispiel sagen lassen, dass sich eine noch stärkere Einbindung der frühen Fremdsprachenbegegnung in den rhythmisch-musischen Bereich auch auf die Entwicklung der Muttersprache des Kindes positiv auswirkt, insbesondere bei Kindern mit motorischen Störungen. Auch dies ist etwas, was mit den hiesigen Minderheitensprachen hervorragend zu leisten ist.

Dass Fremdsprachenkenntnisse, in der deutsch-dänischen Grenzregion nicht zuletzt Dänischkenntnisse, nach der Schule die Berufschancen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steigern, dürfte mittlerweile eine Binsenweisheit sein. Ich kann auf die vor kurzem durchgeführte Veranstaltung der IHK Flensburg und auf den Aktionstag Region Schleswig-Sønderjylland zur dänischen Sprache unter der Schirmherrschaft des Landtagspräsidenten verweisen. Der Aktionstag zeigte, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen. Es gibt noch genug zu tun, erst recht im schulischen Bereich. Dies möchte ich hervorheben. Dazu hatte ich eine Kleine Anfrage gestellt. Auch diese belegt es.