Zum Beispiel die Frage, wie sich tatsächlich die Kostenanteile, etwa der Eltern, finanziert über Elternbeiträge, entwickelt haben. Aus den Lokalzeitungen, aus den Presseberichten lesen wir ständig von Einzelfällen, in denen Elternbeiträge erhöht werden. Wir haben gerade vom Bürgermeister der Stadt Geesthacht einen Brief bekommen - er ist an den Landtagspräsidenten gegangen und an die Fraktionen weitergeleitet worden -, in dem das Problem der Kinder von ALGII-Empfängern und deren Abmeldung aus Kindertageseinrichtungen angesprochen wird. Der Kinderschutzbund Schleswig-Holstein hat im Mai dieses Jahres erklärt, dass an über 30 Einrichtungen, die er im Land unterhält, die Tendenz da ist, dass Kinder von Eltern mit geringem Einkommen aus Betreuungsangeboten abgemeldet werden.
Es muss doch möglich sein, in solchen Punkten landesweit eine Faktenbasis zu ermitteln, um davon abgeleitet dann auch landespolitische Entscheidungen treffen zu können.
Sie scheuen die Realität in diesem Bereich und deshalb wollen Sie weiter eine Bildungs- und Kindergartenpolitik im Blindflug betreiben. Das ist absichtsvolle politische Vernebelung der Realität. Sie wollen schöne Bilder produzieren, Sie machen Hochglanzbroschüren, aber von der Wirklichkeit in dem Bereich, für den Sie verantwortlich sind, wollen Sie am liebsten gar nichts wissen.
Herr Abgeordneter Klug, ich danke Ihnen für den Beitrag, möchte aber bei aller Leidenschaft in der Sache um Sachlichkeit bitten. - Das Wort für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Abgeordnete Monika Heinold.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dank der PISA-Studie wird die Arbeit in den Kindertagesstätten nun endlich auch in Deutschland ernst genommen. Während in vielen europäischen Ländern Erzieherinnen bereits an den Hochschulen studieren und die Kindertagesstätten Teil des Schul- und damit des Bildungssystems sind, galt in Deutschland bis vor kurzem die Devise: Auf Kinder aufpassen kann jeder.
Kleine Gruppen und gut ausgebildete Kräfte galten bis vor kurzem als Luxus. In Schleswig-Holstein sind wir jahrelang dafür gescholten worden, dass wir für
die pädagogischen Standards in den Kindertagesstätten eintreten; sie galten als teure, grüne Spielwiese. Heute werden diese pädagogischen Standards zum Glück auch von der großen Koalition nicht infrage gestellt. Die neusten PISA-Ergebnisse haben noch einmal deutlich gemacht, dass Deutschland viel Nachholbedarf hat, wenn es um die Chancengleichheit unserer Kinder geht.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will die Landesregierung ein modernes Bildungsverständnis und ganzheitlich geprägte Bildungsinhalte verbindlich für alle Kindertageseinrichtungen verankern. Das Ziel des Gesetzes ist richtig. Das sage ich ausdrücklich. Aber gemeinsam mit den Trägern hadern wir mit seiner Ausformulierung und mit der finanziellen Ausstattung der Kindertagesstätten. Die entscheidende Diskussion ist, wie der bestehende allgemeine Bildungs- und Erziehungsauftrag der Kindertagesstätten zukünftig präzisiert und flächendeckend umgesetzt werden kann.
Die bisherige Praxis ist sehr unterschiedlich: von vorbildlich bis unzureichend. Zu viele Kinder werden eingeschult, ohne dass sie in der Lage sind, dem Unterricht in der Schule zu folgen. Zu viele Grundschulen sind mit den Defiziten der Kinder überfordert und schaffen es nicht, eine individuelle Förderung statt einer reinen Wissensvermittlung zu garantieren. Auch dies gehört zu dem Bereich, den wir diskutieren.
Um aus diesem Dilemma herauszukommen, reicht der Regierungsentwurf zur Änderung des Kindertagesstättengesetzes nicht aus. Deshalb wird meine Fraktion im Bildungsausschuss und in den Haushaltsberatungen vier Punkte beantragen:
Erstens. Die von den freien Trägern mit erarbeiteten und beschlossenen ganzheitlichen Bildungsleitlinien müssen als solche im Gesetz verankert werden und dürfen nicht nur in der Begründung auftauchen, damit wir einen ganzheitlichen Bildungsauftrag haben und es nicht in Richtung Wissensvermittlung geht.
Zweitens. Die Zusammenarbeit von Kindertagesstätte und Schule muss auf gleicher Augenhöhe passieren und auch die Arbeit in der Grundschule umfassen. Beide Institutionen müssen sich aufeinander zu
Drittens. Für den Landeszuschuss für die Kindertagesstätten muss es neue Verteilungskriterien geben. Es kann nicht sein - die Ministerin hat auch gesagt, sie hat keine Zahlen, sie hat keine Ahnung, was da eigentlich los ist -, dass die Mittelverteilung aufgrund von alten Zahlen aus den Jahren 2002 und 2003 und auf einer eher zufällig zustande gekommenen Verteilungsstruktur jetzt bis 2010 festgeschrieben werden soll. So steht es im Gesetz. Das geht nicht.
Hier steht - das hat die FDP eingefordert und wir werden dem zustimmen - noch immer eine ernsthafte Evaluation aus, die auch mit berücksichtigt, dass wir mit dem Tagesstättenausbaugesetz 20 % Krippenplätze haben wollen. Auch dies muss in eine solche Kalkulation mit einfließen.
Viertens. Die individuelle Förderung von Kindern in den Kindertagesstätten nach dem neuen Verständnis der gemeinsamen Leitlinien braucht zusätzliche Mittel, sie braucht Mittel für Fort- und Weiterbildung, für Multiplikatoren, aber auch Mittel für die Fachberatung. Hierzu hatten wir im rot-grünen Koalitionsvertrag das Programm „Erfolgreich starten" verhandelt. Die große Koalition hat daraus jetzt ein reines Sprachförderprogramm gemacht; sie hat es auf die Sprachförderung reduziert. So wichtig die Sprachförderung ist - ich habe immer dafür gekämpft -, Sprachförderung allein wird nicht dazu beitragen, dass wir diesen umfangreichen Bildungsauftrag in der Kindertagesstätte sicherstellen.
Ich freue mich, dass wir an dieser Stelle auch den Landesrechnungshof an unserer Seite haben, der in seiner Stellungnahme ausdrücklich sagt, dass der Personalschlüssel in der Kindertagesstätte für die Umsetzung der Leitlinien nicht ausreicht und dass wir insbesondere im Bereich Fort- und Weiterbildung mehr investieren müssen.
Die Erprobung der Leitlinien in den Kindertagesstätten hat gezeigt, dass es in den Einrichtungen einen viel umfassenderen Unterstützungsbedarf gibt, der bisher nicht gedeckt wird.
Ein Blick nach Schweden zeigt, dass unsere Kindertagesstätten nicht auf hohem Niveau jammern; das will ich ausdrücklich sagen und auch den Vergleich in den Raum stellen.
In Schweden kommt auf fünf Kinder eine Fachkraft - meist mit einem Hochschulstudium. Bei uns sieht es hingegen so aus, dass bis zu 25 Kinder von 1,5 Kräften betreut, erzogen und gebildet werden sollen. Da können Sie sich doch nicht hinstellen, Frau Höfs, und sagen, es würde klappen, wenn die Erzieherinnen anders arbeiten würden. So geht es nicht.
Gerade als ehemalige Finanzpolitikerin lasse ich das Kostenargument an dieser Stelle nicht gelten: Zum einen hat meine Fraktion mit einem eigenen Bildungskonzept einen mutigen Vorschlag gemacht, indem wir gesagt haben, es soll eine Umschichtung von oben nach unten erfolgen. Dazu stehen wir und deshalb streiten wir uns mit dem Philologenverband. Aber wir haben eine Antwort darauf, wie es im Vorschul- und Grundschulbereich gehen kann.
Zum anderen stelle ich mit Erstaunen fest, dass die große Koalition, die Sie jetzt auch in Berlin bilden wollen, 1,7 Milliarden € für ein Elterngeld bereitstellen will. Da frage ich mich: Ist es die richtige Priorität, das Geld in die individuelle Familie hineinzugeben oder müssen wir nicht an erster Stelle die Institutionen Kindertagesstätte und Schule fördern, um dort Qualität und einen guten Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsauftrag sicherzustellen?
Ich erwähne es immer wieder: Für mich gehört dazu auch die kostenfreie Mahlzeit. In einem reichen Land wie Deutschland muss es möglich sein, dass die Kinder ein Mittagessen in Schule und Kindertagesstätte bekommen. Es heißt immer: Liebe geht durch den Magen. - Ich glaube, dass das Wohlbefinden beziehungsweise die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft auch durch den Magen geht und von daher werde ich mich weiterhin dafür einsetzen, dass die Qualität in unseren Kindertagesstätten steigt.
Ich bin mir sicher, dass wir in eine Richtung gehen werden, wo Schweden schon angekommen ist. Sie haben noch vor vier Jahren kritisiert, pädagogische Standards in den Kindertagesstätten einzuführen. Nun ist es eine Frage der Zeit, wann Sie sich an unsere Seite stellen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Heinold. - Das Wort für die Gruppe des SSW im Landtag hat der Herr Abgeordnete Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns liegt heute ein Gesetzentwurf vor, den wir in der Zielrichtung natürlich unterstützen können.
Dass die Bildungsziele und damit auch die pädagogischen Rahmenbedingungen konkretisiert und mit dem weiteren Bildungsweg abgestimmt werden, ist sehr zu begrüßen. Gegenüber dem Referentenentwurf sind in der heutigen Vorlage der Landesregierung einige Änderungen aufgenommen worden, die wir positiv sehen und die wir als ein Zeichen sehen, dass die intensiven Diskussionen im Vorwege durchaus fruchtbar waren und ich glaube, dass weitere Diskussionen diesen Gesetzentwurf verbessern werden. So wird jetzt nicht nur auf rein schulische Lerninhalte abgehoben, sondern gegenüber dem Referentenentwurf deutlich gemacht, dass auch Sozialkompetenz und die Individualität eine Rolle bei den Lerninhalten spielen müssen.
Aber natürlich sieht unsereiner noch stärker mit dänischen Augen auf die Gesetzesvorlage. Ein Vergleich mit Dänemark, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigt, dass dort die Bildungsinhalte grober vorgegeben werden und diese vor allem die allgemeine persönliche Entwicklung der Kinder, ihre sozialen und sprachlichen Kompetenzen und die Werte umfasst. Die Verantwortung hierfür und für eine Reihe von weiteren Bildungszielen obliegt in Dänemark den pädagogischen Fachkräften, weil diese wissen, wie es - vor allem beim einzelnen Kind - geht. Das heißt, hier steht das Individuum Kind im Vordergrund und nicht die Institution Kindergarten.
Sieht man auf den vorliegenden Entwurf, so stellt man fest, dass sehr spezifiziert Bildungsziele für die Einrichtungen festgelegt wurden und gleichzeitig wird in § 5 Abs. 6 vorgeschrieben, dass sich die Kindertagesstätten und die Grundschulen in verbindlichen Vereinbarungen auf eine Zusammenarbeit verpflichten sollen. Das ist ein etwas anderer Ansatz als in Dänemark. Er ist dort ein ganzheitlicher Ansatz und da gebe ich der Kollegin Heinold Recht: Dieser ganzheitliche Ansatz ist eigentlich der Ansatz, der kommen müsste. Das müsste das Dach sein, unter dem man als Pädagoge für das einzelne Kind etwas tun könnte. Das ist unserer Auffassung nach der richtige Weg.
Ich betrachte zwar wohlwollend, dass immerhin Bildungsziele erstmalig so konkretisiert und festgeschrieben werden, allerdings stellt sich zwangsläufig die Frage, wie diese konkret umgesetzt werden sollen. Wenn ich das Personal für diese Aufgaben schulen
will, muss ich hierfür Finanzmittel einsetzen. Das geschieht derzeit aber nicht. Ganz im Gegenteil: Die Mittel für die Kindertagesstätten werden festgeschrieben.
Dies kann man nicht damit begründen, dass die Kinderzahlen sinken. Dies wird in den nächsten Jahren vergleichsweise geringe Auswirkungen auf die Kindergärten haben, da zwar Gruppengrößen vereinzelt verkleinert werden, aber die Anzahl der Beschäftigten und die Fixkosten erst einmal bleiben werden. Will ich nun das Personal für zukünftige Aufgaben fit machen, muss ich zumindest für eine Übergangszeit auch Mittel zur Weiterbildung zur Verfügung stellen; anders geht es nicht.
Ich möchte aber auch noch auf zwei konkrete Bildungsziele eingehen, die meiner Meinung nach noch etwas genauer betrachtet werden müssen: Sprache und Kultur. Die diesbezüglichen Bildungsziele lassen sich als Auftrag an die Kindertagesstätten deuten, die Kinder auf die Zukunft in der deutschen Gesellschaft vorzubereiten, in der die deutsche Sprache und Kultur natürlich das prägende Element sind und in der auch das Bestreben sein sollte, Einheimische und Einwanderer über Sprache und Kultur wechselseitig einander kennen lernen zu lassen.
Nicht so deutlich ist die Aufzählung unter § 4 des Entwurfs, wenn es um die Frage geht, wie wir es mit den in Schleswig-Holstein heimischen anerkannten Minderheiten halten wollen. Die Bildungsziele sind hier zusätzlich zu den allgemeinen Bildungszielen andere, nämlich die zusätzliche Vermittlung der Sprache und Kultur der Minderheiten hier im Land.
Sowohl der dänische Schulverein als auch der dänische Jugendverband für Südschleswig haben darauf hingewiesen und deutlich gemacht, dass diese zusätzlichen Bildungsziele für Einrichtungen, die den Minderheiten dienen, mit aufgenommen werden müssten. Träger dieser Leistungen wäre dann in Bezug auf die dänische Minderheit der dänische Schulverein.
Auch die friesische Minderheit hat in ihrem „Modell Nordfriesland“ deutlich gemacht, dass auch die Vermittlung der friesischen Sprache zu den allgemeinen Bildungszielen in Nordfriesland und auf Helgoland gehört. Ziel muss es daher sein, dass auch bei Überlegungen zur Erfüllung der Bildungsziele das Angebot der friesischen Sprache eine Rolle spielt.
Positiv sehen wir natürlich die Einrichtung von Kreis- und Landeselternvertretungen. Im Schulbereich waren diese Vertretungen schon sehr erfolgreich und die privaten Initiativen für die Kindertagesstätten, die es gibt - so zum Beispiel auch bei uns in Nord