Protocol of the Session on June 18, 2009

In Vertretung für den erkrankten Finanzminister erteile ich dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch bei uns in Schleswig-Holstein sind durch die Konjunkturkrise sehr viele Unternehmen in schweres Fahrwasser geraten. Etliche Ar

beitsplätze, die in den vergangenen drei Jahren geschaffen worden sind, werden heute durch Kurzarbeit gesichert. Natürlich hat all das auch Konsequenzen für die Steuereinnahmen. Das Ergebnis der aktuellen Steuerschätzung vom Mai 2009 bestätigt diesen Trend.

Der Effekt auf der Einnahmenseite tritt mit leichtem Zeitverzug ein; das wissen Sie. Für 2009 ergeben sich bundesweit Mindereinnahmen in Höhe von 45 Milliarden €; 2010 werden es 84,7 Milliarden € sein. Bezogen auf Schleswig-Holstein heißt das: Im Jahr 2009 belaufen sich die Mindereinnahmen auf 487 Millionen €, im Jahr 2010 auf 953 Millionen €. Das alles sind schwer zu schluckende Zahlen.

Aber bei all den schwierigen Nachrichten kann man auch ein paar Dinge positiv festhalten:

Schleswig-Holstein ist ein Stück weit besser als in der Vergangenheit gegen wirtschaftliche Krisen gerüstet. Das hat einmal damit zu tun, dass wir eine mittelständisch geprägte Wirtschaft haben, die sich schon in der Vergangenheit im Vergleich zum Bundesdurchschnitt als robust erwiesen hat. Aber wir haben seit 2005 auch viele Investitionen in den Straßenbau und in andere öffentliche Infrastrukturvorhaben gestartet, mit denen wir unsere Position im Wettbewerb gestärkt haben.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt geht es darum, diese Stärken weiter zu stärken, die vorhandenen Kräfte zu mobilisieren und zu bündeln und uns schon heute für die Zeit nach der Krise vernünftig aufzustellen. Deshalb müssen von uns gemeinsam zu treffende Maßnahmen auf der einen Seite kurzfristig für Beschäftigung sorgen, auf der anderen Seite aber auch langfristig eine Wirkung erzielen.

Bereits mit dem ersten Konjunkturpaket - bestehend aus Entlastungen bei Steuern und Abgaben, der Stärkung der wirtschaftlichen Kräfte, Sicherungsmaßnahmen für Beschäftigung und Investitionen in die Zukunft - werden diese Ziele verfolgt. Dieser Effekt wird auch durch die vom Landtag in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2009/2010 vorgenommene Erhöhung der Investitionen in Höhe von 280 Millionen € sehr deutlich unterstützt.

Das zweite Konjunkturprogramm des Bundes setzt nun die Umsetzung dieser Ziele konsequent fort. Durch die Förderung von zusätzlichen Investitionen in den Bereichen Bildung und Infrastruktur werden bei den Unternehmen kurzfristig Beschäftigungseffekte erreicht. Langfristig werden

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

durch Investitionen im Bildungsbereich und vor allen Dingen durch Infrastrukturmaßnahmen nachhaltige Renditen auch bei den Unternehmen erwirtschaftet.

70 % dieser Mittel, das heißt 304 Millionen €, entfallen auf Investitionen der Kommunen und 129 Millionen € auf Landesinvestitionen. Sie sollen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach trotz des erwarteten Einbruchs bei den Steuereinnahmen unangetastet bleiben. Ich glaube, damit wird an dieser Stelle ein wichtiges Signal gesetzt. Das ist ein gewaltiger zusätzlicher Betrag für eine leistungsfähige Infrastruktur in unserem Land.

Die Kommunen haben eine Vielzahl von Anträgen gestellt. Sie werden in den zuständigen Ressorts, auch in der Investitionsbank, zügig bearbeitet. Inzwischen konnten 845 Förderzusagen - allein 800 für Schulen und Kindertagesstätten - mit einem Volumen von circa 240 Millionen € gemacht werden.

In Schleswig-Holstein läuft der überwiegende Teil der vorgesehenen Projekte über bereits bestehende und bekannte Förderwege und Förderinstrumente. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir hier nicht neue, komplizierte Verfahrenswege eingeführt haben. Damit kann eine gerade aus konjunkturpolitischer Sicht enorm wichtige schnelle Projektprüfung und Bereitstellung der Mittel erfolgen. Einfach und schnell, das ist hier die Losung des Tages.

Die Regelförderquote für die einzelnen Maßnahmen beträgt 75 %. Finanzschwache Kommunen werden sogar vom Land zusätzlich mit insgesamt 18,8 Millionen € unterstützt und erhalten eine bis um 12,5 % erhöhte Förderquote. Wir investieren also massiv in die Kommunen. Finanzschwache Kommunen können teilnehmen. Die Investitionsprojekte des Landes stehen ebenfalls fest. Die Planungsaufträge liegen für alle Projekte vollständig vor. Bei 27 von 30 Vorhaben werden wir noch in diesem Jahr mit den Bauarbeiten wirklich beginnen können. Allerdings wird der tatsächliche Abfluss der Mittel entsprechend dem Baufortschritt im Wesentlichen in den Jahren 2010/2011 anfallen.

Der Bericht kann durch den Redaktionsschluss, den das Ministerium Mitte Mai 2009 hatte, noch keine konkrete Aufzählung der Maßnahmen enthalten. Das Finanzministerium wird das fortlaufend dokumentieren. Von dem Konjunkturpaket II und unseren Investitionen gehen für Schleswig-Holstein klare Signale aus. Wir stärken eigene Wachstumskräfte, wir stützen das Handwerk und den Mittelstand, geben Impulse für Arbeit, investieren in die Zu

kunft und wollen am Ende nach der Krise besser aufgestellt sein als vorher.

(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordne- ten Astrid Höfs [SPD] und Lars Harms [SSW])

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der FDP hat Herr Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Konjunkturpaket II verbindet sich die Hoffnung, dass der Staat durch öffentliche Investitionen in Höhe von mehr als 433 Millionen € in SchleswigHolstein den Folgen der Wirtschaftskrise entgegenwirken kann. Das Konjunkturpaket II erstreckt sich dabei auf eine ganze Reihe von Förderbereichen. An dieser Stelle kann ich - lediglich in einer Fünfminutenrunde - nur auf die Schwerpunkte im Bildungsbereich eingehen, auf die sich auch unser Berichtsantrag vorrangig bezogen hat.

Das Zukunftsinvestitionsprogramm hat bei kommunalen Schulträgern und in den Schulen viele Erwartungen geweckt. Eine vom Bildungsministerium zu Jahresbeginn bei den Kreisen und kreisfreien Städten durchgeführte Blitzumfrage führte sehr schnell zu Anmeldungen in einem Volumen von rund 800 Millionen €. Das verfügbare Förderbudget wurde also auf einen Schlag um etwa das Vierfache überschritten - obwohl die Umfrage des Ministeriums, wie die Ministerin am 15. Januar 2009 im Bildungsausschuss festgestellt hat, eigentlich nur dazu diente, eine grobe Wasserstandsmeldung zu erheben.

Dies wirft im Übrigen auch ein Schlaglicht auf die im Land insgesamt noch vorhandenen Investitionsbedarfe im Schulbereich. Wenn die Ministerin nun - wie in den „Kieler Nachrichten“ vom 10. Juni 2009 nachzulesen ist - von der „größten finanziellen Investition in Bildung“ seit Jahrzehnten spricht, so kann man eigentlich mit Blick auf die Anmeldungen der Kommunen nur mit Erschrecken reagieren: Wie soll das alles in absehbarer Zeit jemals angesichts der finanziellen Situation des Landes und der Kommunen abgearbeitet werden? Dazu reicht offenbar nicht eine einzige große Wirtschaftskrise, sondern es wären mindestens vier davon nötig, um mit entsprechenden darauf folgenden staatlichen Investitionsprogrammen diesen enormen Investitionsstau abzuarbeiten.

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Der Löwenanteil der im Konjunkturpaket II für Schulgebäude verwendeten Mittel - mindestens die Hälfte der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben fließt gemäß den rechtlichen Vorgaben des Bundes in den Bereich der energetischen Sanierung. Die Landesregierung führt - wie ich finde mit nachvollziehbarer Argumentation - in ihrem Bericht aus, man habe darauf verzichtet, im Vorgriff auf eine etwaige Grundgesetzänderung von dieser Schwerpunktsetzung abzuweichen, vor allem deshalb, weil man das Land, die Kommunen und andere Träger vor eventuellen Rückforderungen des Bundes schützen wollte.

Die Föderalismuskommission II hat unterdessen bereits im Frühjahr, in den letzten Monaten, über eine Änderung des Art. 104 b Grundgesetz beraten. Eine Änderung soll Finanzhilfen des Bundes in „außergewöhnlichen Notsituationen“ auch für Zwecke ermöglichen, in denen der Bund keine Gesetzgebungsbefugnisse hat. Im Klartext: Es sollen auch allgemeine schulische Zwecke förderfähig werden.

Das Protokoll der Föderalismuskommission II, das heißt der Schlusssitzung vom 5. März 2009, enthält dazu einige bemerkenswerte Ausführungen des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten. Herr Carstensen führte - laut Protokoll dieser Sitzung Folgendes aus:

„Erstens gebe ich gerne zu, dass die Regelung selbstverständlich auch im Länderinteresse ist. … weil ich die Diskussion zu führen habe, dass in den Schulen die energetische Sanierung finanziert werden kann, aber die Bundesmittel nicht verwendet werden dürfen, wenn Farbe von den Wänden blättert.“

(…)

„- Das kann man ja gern sagen, dass dies das Land zahlen muss. Wir haben es deswegen nicht gezahlt, weil wir vorher das Geld dafür nicht hatten.

Kinder, kommt doch für ein paar Jahre nach Schleswig-Holstein und lebt dort einmal! Dann wisst ihr wenigstens, wie es ist, wenn man ein bisschen schlechter dabei ist.“

(Zuruf von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

- Das steht im Protokoll, ich gebe Ihnen das gleich. Diesen lauten Stoßseufzer des Ministerpräsidenten will ich nicht weiter kommentieren, aber das Zitat macht doch eines deutlich: Die Rahmenbedingungen für eine möglichst sinnvolle Verwendung der

Investitionsmittel waren nicht gerade supergünstig. Wie gesagt, Herr Ministerpräsident, das ist gar kein Vorwurf an Sie, das ist einfach die rechtliche Ausgangslage und auch die Verfassungslage, wie man solche Sonderprogramme des Bundes beziehungsweise die Mittel einsetzen kann.

(Zuruf)

- Ja, das ist inzwischen geändert worden, aber man hat das Konzept entworfen, als die alte Rechtslage noch bestand. Ich habe eben erläutert, warum sie dann aus Sicherheitsgründen von der damals bestehenden rechtlichen Situation ausgegangen sind.

Ich möchte noch ganz kurz auf den Hochschulbereich eingehen: Hier ist die Auskunft im vorliegenden Bericht nach meiner Auffassung etwas dürftig. Das müssen wir im Bildungsausschuss, der von dem größten Anteil dieser Fördermaßnahmen betroffen ist, noch einmal mit dem Ministerium besprechen. Es wird nicht klar, nach welchen Kriterien die 77 Millionen €, die auf den Hochschulbereich entfallen, wirklich verteilt worden sind. Es ist auch abweichend von der Aussage, die Herr de Jager zu Jahresbeginn einmal im Ausschuss getroffen hat, nun doch ein relativ großer Anteil für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen eingesetzt worden. Der Kernbereich der Hochschulen hat vergleichsweise wenig abbekommen, weil man einen Riesenbrocken an das UK S-H gegeben hat. Wir wären daran interessiert, einfach noch einmal vom Ministerium zu erfahren, nach welchen Kriterien man die verfügbaren Mittel verteilt hat, für welche Vorhaben, und welche Vorhaben gewissermaßen das Nachsehen gehabt haben.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wir wissen, dass auch hier die Anmeldungen in der Größenordnung von 200 Millionen € lagen, also damit eine dreifache Überzeichnung des Programms verbunden war.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Deutschland steckt derzeit in der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 6 % werden

(Dr. Ekkehard Klug)

wir in diesem Jahr rechnen müssen. Und diesmal können wir leider nicht darauf hoffen, dass sich die Prognosen nicht bewahrheiten werden.

Die Auswirkungen auf die Republik sind gravierend. Sämtliche öffentlichen Haushalte werden auf den Kopf gestellt. Allein Schleswig-Holstein wird dieses Jahr rund 500 Millionen € weniger Steuern einnehmen. Aber auch der Arbeitsmarkt wird von der Rezession nicht verschont bleiben. Zwar verzeichnen wir im Moment keine großen Einbrüche, aber ein kräftige Belebung, wie sie im Frühjahr üblich ist, ist ebenfalls ausgeblieben. Zudem muss ich Sie davor warnen, dass die Einschläge noch kommen können. Ein Zeitverzug bei der Wirkung auf den Arbeitsmarkt muss man immer mit einkalkulieren.

Allerdings wird auch hier in dieser schwierigen Situation die erfolgreiche Arbeit der CDU-geführten Landesregierung deutlich. Finanzminister Wiegard hat beim Haushalt in Schleswig-Holstein wieder einen soliden Kurs eingeschlagen. Parallel zeigen sich sowohl der Arbeits- als auch der Ausbildungsmarkt in unserem Land deutlich robuster als im Bundesdurchschnitt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der ganzen Republik ertönen nun die Hilferufe der unterschiedlichsten Unternehmen. Ja, sage ich, wir mussten die Banken retten, um die Wirtschaft vor dem Abgrund zu retten. Ja, es wurden auch Hilfsprogramme für Unternehmen aufgelegt, die durch die Wirtschaftskrise in Not geraten sind. Das alles hätte wohl vor der Krise niemand gewollt. Aber, um es mit unserer Bundeskanzlerin zu sagen: Wir tun das nicht im Interesse der Banken, sondern im Interesse der Menschen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Was aber auf keinen Fall passieren darf, ist, dass der Staat jedes Unternehmen retten muss, das selbstverschuldet beziehungsweise durch Managementfehler in die Bredoullie geraten ist. Das wäre ordnungspolitisch falsch, und finanziell ist der Staat dazu ohnehin nicht in der Lage, auch wenn von manchen der Eindruck erweckt wird, der Staat sei für alles zuständig und könne alles lösen.

Dass bei den Diskussionen um die Rettungsmaßnahmen für große Unternehmen das Rückgrat unserer Wirtschaft, der Mittelstand nicht vergessen wurde, zeigt sich am Konjunkturpaket II. Ich bin dem Finanzministerium sehr dankbar für diesen ausführlichen Bericht. Durch die bereitgestellten Bundesgelder können wir in Schleswig-Holstein eine Reihe wichtiger Investitionsmaßnahmen voran

bringen. Die Aufträge dafür landen in erster Linie bei den Unternehmen, die Wachstums-, Beschäftigungs- und Ausbildungsmotor sind, eben bei den kleinen und mittelständischen Betrieben in Schleswig-Holstein.