Protocol of the Session on June 18, 2009

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wir werden das Thema sicherlich im Ausschuss weiterbehandeln.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Matthiessen, ich hatte gehofft, dass wir in der Sache abstimmen und dass auch die Grünen diesem Antrag zustimmen könnten. Ich will jetzt keine neue Diskussion aufmachen, aber ich will noch einmal darauf hinweisen, dass es bei dem Thema der Minderheitenpolitik auch etwas stringenter zugehen kann.

Die Belange von nationalen Minderheiten stellen eine Problemstellung dar, die auf jeden Fall auch eine europäische Dimension hat. Jetzt können Sie sagen: Das betrifft ethnische und religiöse Minderheiten in gleicher Weise. Das sehe ich auch so; aber wir erreichen gar nichts, wenn wir in jeder Diskussion über Minderheitenpolitik alles in einen Topf werfen.

(Beifall bei SSW und FDP - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das war an die Grünen gerich- tet!)

- Ja, das war auch noch einmal ein Appell an die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Wir erreichen nichts, wenn wir alles in einen Topf werfen, darauf das Etikett „Minderheiten“ kleben, und das war es dann.

Unser Antrag bezieht sich auf die Situation der FUEV als nichtstaatlicher Organisation der nationalen Minderheiten in Europa. Er steht nicht im Widerspruch zu dem, was Sie erreichen möchten, bezieht sich aber auf eine Problemstellung, die auch wichtig ist, die nicht zuletzt auch in diesem europäischen Kontext der Friedens- und der Integrationspolitik wichtig ist.

Ich bitte also darum, Maßnahmen auch zu hinterfragen, Politikfelder stringent zu analysieren und diesen Antrag wirklich so zu sehen, wie er formuliert ist: dass es für das Engagement für nationale Minderheiten in Europa wichtig ist, dass wir, wie der

Kollege Fischer sagt, eine nationale Minderheitenpolitik bekommen. Das sehe ich auch so. Gleichwohl finde ich es gut und richtig, dass wir in Schleswig-Holstein zu unserer Minderheitenpolitik stehen. Das erwarten wir als SSW.

Weil mir das wichtig ist, sage ich ebenfalls noch einmal, und zwar nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Jubiläumsfeierlichkeiten, die im Herbst auf uns zukommen: Es gab einmal eine Zeit - das war Anfang der 90er-Jahre -, in der die Minderheitenpolitik auf jeder Agenda der Parlamente stand, in der es große Konferenzen, Sicherheitskonferenzen der OECD, der UNO, des Europarats und auch der Europäischen Union gab.

Die Kopenhagener Kriterien aus dem Jahr 1993 besagten: Länder, die der Europäischen Union beitreten möchten, müssen dafür sorgen, dass es Minderheitenregelungen gibt, sodass Minderheiten dann auch geschützt und gefördert werden. Aber diese Kopenhagener Kriterien spielten bei der zweiten Runde der Europäischen Erweiterung keine Rolle mehr. Bei Rumänien und Bulgarien gab es keine Diskussion um die Kopenhagener Kriterien und um Minderheitenrechte.

Wir brauchen - auch das ist die Aufgabe der FUEV - Instrumente, um dafür sorgen zu können, dass diese Kriterien auch weiterhin umgesetzt werden.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es muss dafür gesorgt werden, dass diese evaluiert werden. Ein Blick in die baltischen Länder zeigt, wie wichtig diese Diskussion ist.

Darum noch einmal: Ich bitte darum, dass wir das eine diskutieren. Dann können wir zu gegebener Zeit auch das andere diskutieren.

(Beifall)

Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Peter Harry Carstensen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Anke Spoorendonk, natürlich ist das ein Problem, gerade bei Erweiterungen, wobei ich nicht davon ausgehe, dass wir in nächster Zeit wieder über eine Erweiterung der Europäischen Union sprechen werden. Aber ich darf zumindest berichten, dass ich als Bundesratspräsident in Bulgarien gewesen bin und dass ich dort als schleswig-hol

(Detlef Matthiessen)

steinischer Bundesratspräsident selbstverständlich auch die Frage der Minderheiten angesprochen habe.

(Beifall bei CDU und FDP - Anke Spooren- donk [SSW]: Das ist richtig!)

Auch wenn etwas nicht an entsprechender Stelle steht, hält uns das nämlich nicht davon ab, über Minderheitenpolitik zu sprechen und, ob das in Ungarn, im Baltikum oder wo auch immer ist, Probleme mit anzusprechen.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Das ist richtig!)

Denn Minderheitenpolitik genießt in SchleswigHolstein einen besonderen Stellenwert. Ich bin dankbar dafür, dass dies auch in der heutigen Debatte in diesem Hohen Haus wieder zum Ausdruck kommt.

Minderheitenschutz genießt bei uns Verfassungsrang. Darauf aufbauend fördert das Land die nationalen Minderheiten nach Kräften. Ich bin froh darüber, dass dieses Parlament einen großen minderheitenpolitischen Konsens trägt.

Die dänische Minderheit bei uns, die friesische Volksgruppe, die Sinti und Roma und die deutschen Nordschleswiger bereichern das soziale und kulturelle Leben. Wir sind hier vom Gegeneinander über das Miteinander zum Füreinander gekommen. Ich meine, das ist etwas, was Schleswig-Holstein in Europa einmalig macht und was Schleswig-Holstein auch in die europäische Diskussion überall einbringen kann.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Deshalb war es wichtig, das European Centre for Minority Issues - ECMI - in gemeinsamer deutschdänischer Trägerschaft in Flensburg anzusiedeln, und deshalb sind wir auch stolz darauf, dass die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen FUEV - ihr Generalsekretariat in Flensburg unterhält. Wir würdigen diese Standortentscheidung, indem wir die weit über die Landesgrenzen hinaus wirkende Arbeit der FUEV mit 20.000 € pro Jahr institutionell unterstützen. Aber noch sind es zu wenige Regionen und Staaten, die die Arbeit dieser Organisation finanziell fördern - viel zu wenige für eine europäische Dachorganisation.

Denn wir wissen auch, dass die Nachfrage nach dem Sachverstand, nach der Expertise der FUEV europaweit immer stärker zunehmen wird. FUEVPräsident Hans Heinrich Hansen weist beharrlich darauf hin, dass rund 105 Millionen Menschen in

300 Volksgruppen in Europa einer nationalen Minderheit angehören. Das sind 14 % der europäischen Bevölkerung. Dies zeigt: Europa ist auch ein Europa der Minderheiten.

Das stellt Anforderungen an die FUEV. Wir wissen, dass sie mehr Geld braucht, um den Erwartungen gerecht werden zu können. Wir haben deshalb im vergangenen Monat Gespräche mit den Repräsentanten der Organisation geführt über die Möglichkeiten, die FUEV in Berlin und in Brüssel zu unterstützen. Meine Beauftragte, Caroline Schwarz, hat im Europaausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags über unsere Bemühungen berichtet.

Ich habe mich kürzlich persönlich in einem Schreiben an die Bundeskanzlerin gewandt und ihr mitgeteilt, dass durch die nicht gesicherte institutionelle Förderung der FUEV auch eine Gefährdung des Standortes Flensburg nicht auszuschließen ist. Ich habe deutlich gemacht, dass es uns ein wichtiges Anliegen ist, das Sekretariat dieser international renommierten Organisation in Flensburg zu erhalten.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Es wäre daher eine große Unterstützung, wenn die Bundesrepublik Deutschland, vergleichbar mit Dänemark und Ungarn, als dritter Nationalstaat diese wichtige europäische regierungsunabhängige Organisation zukünftig institutionell mit fördern würde.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

- Applaus nimmt man gern entgegen. Da hört man gern einen Augenblick auf und nimmt vielleicht eine kurze Überschreitung in Kauf.

Wir sind auch mit Sachsen im Gespräch über ein abgestimmtes Vorgehen zum Wohle der FUEV. Ich bin mir sicher, dass wir in dieser Sache keinen Dissens hier im Parlament haben.

Die Arbeit der FUEV ist wichtig. Das Generalsekretariat soll in Flensburg bleiben. Die FUEV ist ein wichtiges Sprachrohr der Minderheiten in Europa und ein guter Botschafter für die Minderheitenpolitik Deutschlands. Ich füge hinzu: Dass FUEVPräsident Hans Heinrich Hansen und Vizepräsident Heinrich Schultz aus dem deutsch-dänischen Grenzland kommen, ist für mich nicht nur eine unmittelbare Anerkennung der Arbeit der Minderheiten und eine mittelbare Anerkennung der Minderheitenpolitik des Landes;

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

nein, beide sind auch hervorragende Botschafter unserer Region in Europa. Das hat unsere Anerkennung und unseren Respekt verdient. Ich würde es begrüßen, wenn der Bund die Arbeit der FUEV institutionell unterstützen würde, und habe dies gegenüber der Bundeskanzlerin auch deutlich gemacht.

Ich würde es begrüßen, wenn auch die EU die Minderheitenpolitik stärken würde. Deshalb bin ich froh, dass die FUEV ihren Jubiläumskongress im Herbst in Brüssel direkt vor den Haustüren der Kommission und des Rates organisiert. Das ist ein wichtiges und selbstbewusstes Zeichen. Ich meine, dass dieses Hohe Haus seine Unterstützung der Arbeit der FUEV gut sichtbar formulieren und auch auf parlamentarischer Ebene an den Bund herantragen sollte.

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich schließe die Beratung, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass dem Europaausschuss mein Vorschlag vorliegt, den Kongress mit 5.000 € zu unterstützen. Der Europaausschuss wird sicherlich in Kürze darüber befinden.

In Abstimmung mit dem Antragsteller ist beantragt worden, in der Sache abzustimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 16/2709 einstimmig angenommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf:

Umsetzung des „Konjunkturpakets II“ in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/2662

In Vertretung für den erkrankten Finanzminister erteile ich dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.