Protocol of the Session on June 17, 2009

Von den naiven und kindischen Überlegungen, die einige dieses Hauses und darüber hinaus noch haben, Schleswig-Holstein sei stark genug, die Probleme der Welt zu stemmen, von diesen Überlegungen sollte man sich schleunigst verabschieden; denn sonst wird es ein böses Erwachen geben, Herr Finanzminister.

(Beifall bei der FDP)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Sauter, ich habe sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ich die Äußerungen des Kollegen Schultz in keiner Weise teile. Mir ist nicht präsent, dass dies die Beschlussfassung der SPD-Bundestagsfraktion sein soll. Im Gegenteil, ich weiß, dass Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, SPD, der Meinung ist, dass das Geschäftsmodell der HSH Nordbank das Beste war, was es überhaupt für Landesbanken gegeben hat. Insofern müssen die Dinge, die Sie bei mir angesprochen haben, von mir gar nicht angemahnt werden. Sie sind vielmehr ein Teil.

Ich teile das, was Herr Schultz unter anderem gesagt hat, nur nicht in der Konsequenz, die er zieht. Ich teile die Aussage, dass in der Tat Druck erforderlich ist. Wenn ich nämlich höre, was die Herren Seehofer, Koch und Wulff zu dem Thema sagen, dann sind wir noch nicht an dem Punkt angekommen, uns über das zu verständigen, was die SPD seit Langem fordert. Hier muss es noch Druck geben. Wenn ich Sie so verstanden habe, dass Sie hier mitwirken, dann ist das prima, Herr Sauter.

Nun zu dem, was der Herr Oppositionsführer hier gesagt hat. Herr Kollege Kubicki, manchmal sind Sie von Ihren Reden und von denen, die Sie noch halten wollen, so berauscht, dass Sie nicht zuhören. Sonst hätten Sie nämlich mitbekommen, dass ich den folgenden Satz zitiert habe. Ich zitiere ihn zur Wiederholung für Sie noch einmal:

„Die Zeiten der Landesbanken als international agierende Universalbanken sind vorbei.“

Das stand in meinem Redemanuskript, das habe ich vorgetragen. Das ist das Gegenteil dessen, was Sie mir gerade unterstellt haben. Zuhören ist manchmal ganz schlau, weil man sich dann die einen oder anderen Redebeiträge sparen kann. Das entlastet Sie, und das entlastet uns alle, lieber Herr Kollege Kubicki.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Insofern sind wir durch Ihren Beitrag leider wieder einmal nicht schlauer geworden. Man hat es vorhin wieder gegenüber dem Kollegen Neugebauer gemerkt. Manchmal sind Sie ein bisschen versucht, zu

(Wolfgang Kubicki)

verkennen und zu vergessen, dass Arroganz ein Zeichen von Schwäche und nicht von Stärke ist.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])

Zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe zwei Bemerkungen, weil die Aussagen des SPD-Finanzpolitikers auf Bundesebene - so denke ich - uns allen etwas zu denken gegeben haben. Lieber Kollege Astrup, ich werde das jetzt nicht vorlesen. Ich will aber zwei Bemerkungen loswerden. Ich möchte daran erinnern, dass im Herbst vonseiten des Bundes - von Vertretern des Bundesfinanzministeriums und auch von den Vertretern von BaFin und SoFFin - im Finanzausschuss gesagt wurde: Die HSH Nordbank ist eine systemisch relevante Bank.

Ich möchte von der Landesregierung hören, wie mit dieser Aussage in den weiteren Verhandlungen umgegangen worden ist. Daher kann ich nur noch einmal deutlich hervorheben: Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Wort des Bundesfinanzministers in dieser Sache steht und dass die HSH Nordbank eine systemisch relevante Bank ist.

Zu einer weiteren Aussage aus unseren Gesprächen im Finanzausschuss: Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Herr Finanzminister Wiegard in einer Ausschusssitzung deutlich hervorgehoben hat, dass in dem Staatsvertrag zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zur Fusion der HSH Nordbank ausdrücklich das steht, was wir auch wissen, nämlich dass beide Standorte - Kiel und Hamburg gleichberechtigt zu sehen und zu erhalten sind. Diese Aussage hat für uns weiterhin Gültigkeit. Darum bleibe ich dabei: Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie sich vehement für den Bankenstandort Kiel einsetzt.

(Beifall beim SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 16/2714 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Anträge sind nicht gestellt, damit ist der Tagesordnungspunkt erledigt.

Auf der Tribüne begrüße ich weitere Schülerinnen und Schüler sowie die sie begleitenden Lehrer der Grund- und Regionalschule der Stadt Heide und des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums Halstenbek. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Sozialstaffelregelung für Kindertageseinrichtungen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2669

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordneter Monika Heinold das Wort.

Lassen Sie mich noch darauf hinweisen, dass man im Ältestenrat eine Vereinbarung dahin gehend getroffen hat, dass die Grünen als Antragsteller zu diesem Tagesordnungspunkt zehn Minuten reden. Alle anderen - einschließlich der Landesregierung reden dazu fünf Minuten. Frau Heinold, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer sich in Schleswig-Holstein mit der Sozialstaffel für Kindertagesstätten beschäftigt, der stellt schnell fest, dass die jetzige Regelung unübersichtlich und ungerecht ist. Fünfzehn Kreise und kreisfreie Städte haben hoch komplexe Sozialstaffeln konzipiert. In jedem Kreis gibt es andere Bestimmungen für die Ermäßigung der Kindertagesstättengebühren. Gemeinsam mit den unterschiedlich hohen Kitakosten und Elternbeiträgen führt dies dazu, dass die Kindertagesstättengebühren für Familien in SchleswigHolstein je nach Wohnort extrem unterschiedlich sind. Der Landesrechnungshof monierte schon vor zwei Jahren, dass die unterschiedliche Ausgestaltung der Sozialstaffel nicht mit dem Gebot der allgemeinen und gleichen Lebensbedingungen zu vereinbaren ist.

Wir teilen diese Auffassung und fordern in unserem heutigen Antrag drei Dinge: Wir fordern, dass wieder die vollen Regelsätze bei der Bemessung der Sozialstaffelreglung zugrunde gelegt werden, dass die entstehenden Kosten aus den durch die Einführung des beitragsfreien Kindertagesstättenjahres frei werdenden Mitteln finanziert werden und dass

(Dr. Ralf Stegner)

spätestens 2010 eine landesweit einheitliche Sozialstaffel umgesetzt wird.

Um die jetzige Regelung im Kindertagesstättengesetz nachvollziehen zu können, müssen wir einen Blick zurück auf den Dezember 2004 werfen. Damals gab es eine schwierige Gefechtslage. Durch die Verabschiedung von Hartz IV erhöhten sich die Regelsätze für Transferempfänger und -empfängerinnen. Die einmaligen Bedarfe wurden pauschaliert und zum Bestandteil der monatlichen Zahlungen. Der Regelsatz der alten Sozialhilfe von 296 € wurde zum neuen Sozialgeld beziehungsweise zum Arbeitslosengeld II in Höhe von 345 €. Die veränderte Bundesgesetzgebung hatte konkrete Auswirkungen auf die Sozialstaffel in Schleswig-Holstein.

Hätten wir damals die erhöhten Regelsätze zur Grundlage für die Freistellung von Kitagebühren gemacht, so wären zusätzlich eine ganze Reihe von gering verdienenden Familien beitragsfrei gestellt worden. Die Kommunen meldeten sofort Konnexität an. Wir haben den Wissenschaftlichen Dienst gefragt. Er bestätigte diese Rechtsauffassung der Kommunen. Unser damaliger Koalitionspartner SPD war nicht bereit, mehr Geld in den Landeshaushalt einzustellen. Die SPD blieb hart, obwohl wir Grüne in mehreren Runden versucht hatten, einkommensschwache Haushalte an dieser Stelle von den Kindertagesstättengebühren zu entlasten. Nach zähem Ringen zwischen SPD und Grünen wurde im Gesetz verankert, dass die bisherigen 296 € fortgeschrieben und folgerichtig nur 85 % der Regelsätze für die Beitragsfreiheit berücksichtigt werden müssen. Das Einzige, was wir Grünen erreichen konnten, war eine Revisionsklausel mit dem Ziel, die Sozialstaffel erneut zu diskutieren und auch zu ändern, wenn sich daraus negative Ergebnisse ergeben sollten.

Diese Vereinbarung beinhaltete, dass die Landesregierung über die praktischen Auswirkungen berichten sollte. Unsere Hoffnung war, dass die Kreise auch ohne Verpflichtung des Landesgesetzgebers zumindest Eltern mit Transfereinkommen zu 100 % von den Kindertagesstättengebühren freistellen würden. Einige - die meisten - Kreise haben ihre soziale Verantwortung wahrgenommen, das möchte ich hervorheben. Das ist gut und richtig. Andere haben dies nicht. Der vom Bildungsministerium im Herbst 2005 vorgelegte Bericht war nicht sehr aussagekräftig. Das Ministerium machte nicht den Anschein, als würde es an dieser Thematik Interesse haben.

Inzwischen liegen Fakten auf dem Tisch, die uns nicht nur beunruhigen müssen, sondern die uns zum

Handeln zwingen. Die Bürgerbeauftragte führt in ihrem Bericht 2008 ein kurioses Beispiel an. Eine fünfköpfige Familie mit zwei Kindergartenkindern und mit Hartz-IV-Einkommen muss einen monatlichen Kindertagesstättenbeitrag von 136 € zahlen und diesen aus dem Regelsatz finanzieren. Wie soll das gehen, meine Damen und Herren?

Beim Verband alleinerziehender Mütter und Väter häufen sich solche erschreckenden Beispiele. Gespräche mit Leiterinnen von Kindertagesstätten, aber auch die Gespräche mit dem Verband für alleinerziehende Mütter und Väter haben ergeben, dass Eltern ihre Kinder aufgrund von Kindertagesstättengebühren, die sie nicht zahlen können, abmelden. Es gibt auch immer mehr Beitragsrückstände. So ist in der Stadt Kiel inzwischen ein Beitragsrückstand von ungefähr 3 Millionen € entstanden. Immer mehr Eltern verdienen zu und sind als Hartz-IV-Empfänger und -empfängerinnen Aufstocker, aber auch diese Aufstockung wirkt sich so aus, dass davon Kindertagesstättengebühren gezahlt werden müssen.

Wie soll eine Familie von den 211 €, die sie für ein Kind unter 13 Jahren erhält, 10 € oder auch 15 € Kita-Gebühren bezahlen, zumal dann noch das Essensgeld in Höhe von 20 € bis 40 € hinzukommt? Dem einen oder anderen von uns mag die Summe von 10 € gering erscheinen. Für die Betroffenen ist sie aber nicht gering. Schließlich ist der Regelsatz für ein Kind ohnehin knapp bemessen, und Betreuungsgebühren werden bei seiner Berechnung schlichtweg nicht berücksichtigt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sprechen wir uns in unserem Antrag dafür aus, die betroffenen Eltern in Schleswig-Holsein zukünftig von den Kita-Gebühren zu befreien.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das würde bedeuten, dass ein Zweipersonenhaushalt - Elternteil plus Kind - bei einem Monatseinkommen von circa 1.050 € Anspruch auf einen gebührenfreien Kindertagesstättenplatz hat. Wenn wir die Bekämpfung von Kinderarmut wirklich ernst nehmen, dann ist dies eine unverzichtbare Maßnahme.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle Kinder müssen die Chance haben, eine Kindertagesstätte zu besuchen. Aus materieller Armut darf keine Bildungsarmut werden!

(Monika Heinold)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Meine Damen und Herren von der SPD, ich möchte insbesondere noch einmal an Sie appellieren. Sie führen derzeit - wahrscheinlich auch heute Abend wieder - eine Debatte über die Beitragsfreiheit von Kindertagesstätten. Sie wissen aber selbst, dass wir die von Ihnen geforderte dreijährige Beitragsfreiheit in Schleswig-Holstein nicht von heute auf morgen bekommen werden. Setzen Sie sich deshalb bitte dafür ein, dass erst einmal die dringlichsten Probleme gelöst werden

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

und dass die Eltern entlastet werden, die es am dringendsten nötig haben, statt für die dreijährige Beitragsfreiheit, die Sie in ihr Wahlprogramm aufnehmen wollen, zu kämpfen!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die von Ihnen geforderte Beitragsfreiheit bezieht sich außerdem nur auf eine Betreuung von fünf Stunden pro Tag. Viele Eltern mit geringem Einkommen müssen ihr Kind aber nicht nur für fünf Stunden am Tag und nicht nur drei Jahre lang in eine Kindertagesstätte geben. Diese Eltern hätten also nur begrenzt etwas von der dreijährigen Beitragsfreiheit und sind deshalb auf eine vernünftige Sozialstaffel angewiesen.

Zuletzt möchte ich noch an die Kreise und kreisfreien Städte appellieren, das durch die Einführung eines beitragsfreien Kindertagesstättenjahres eingesparte Geld in der Sozialstaffel zu belassen, um Menschen mit einem geringen Einkommen von der Kita-Gebühr zu entlasten. Ich hätte es für sinnvoll erachtet, mit den Kommunen bereits vor Einführung des beitragsfreien ersten Kita-Jahres darüber zu verhandeln; dann wäre vieles einfacher gewesen. Nun sind wir ein Stück weit auf die Kompromissbereitschaft der Kommunen angewiesen.