Protocol of the Session on May 7, 2009

Hier geht es aber nicht um irgendwelche Bauten, sondern um das Herzstück der Universität. Offenbar lassen diese Lehrgehäuse die studentischen Herzen keineswegs höher schlagen und verbinden sich nicht mit einem Gefühl der Identität als Mitglied der Christian-Albrechts-Universität. Das sollte uns zu denken geben und hat wahrscheinlich nur wenig mit Baufragen zu tun.

Denkmalschutz ist aber gemessen an den jeweils aktuellen Kriterien der Gebäudefunktionalität immer irrational. Dies gilt für Schloss Gottorf, das gilt für das Holstentor in Lübeck - was vor hundert oder zweihundert Jahre beinahe abgerissen worden wäre; eine Stimme Mehrheit hat dies damals in der Bürgerschaft verhindert -, das gilt aber ebenso für das Audimax der CAU. Deshalb müssen wir uns um eine gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit dem jüngsten baulichen Erbe kümmern. Wir müssen uns damit auseinandersetzen. Auch angesichts der Eile des Konjunkturprogramms II und anderer Programme sind diese Fragen zu stellen, denn sonst bekommen wir keinen Konsens in dieser Angelegenheit.

Die Fragen, die auf dem Prüfstand stehen - ich komme zum Schluss -, sind: Welche Rolle spielen überhaupt die Ensembles der ersten 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise in der Stadt Kiel mit ihrer großen Zerstörung? Welche Rolle spielt vor diesem Hintergrund das Universitätsensemble? Und dann müssen wir darüber sprechen, wie die dringend notwendigen energetischen und funktionalen Optimierungen trotz des Denkmalschutzauftrages mit verlässlichen und überschaubaren Finanzzahlen realisiert werden können. Und dann gibt es auch noch die nicht ganz unwichtige Frage:

Frau Abgeordnete, keine leeren Versprechungen bitte.

Was muss getan werden, damit sich die Studierenden in diesen Gebäuden zum Lernen und zur Begegnung tatsächlich inspiriert fühlen können?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Henning Höpp- ner [SPD] und Lars Harms [SSW])

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holstein Landtag hat deren Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Vorfeld des neuen Denkmalschutzgesetzes hat das Präsidium der Christian-Albrechts-Universität eine detaillierte Stellungnahme abgegeben. Dessen Tenor war kritisch bis deutlich ablehnend, weil die Universitätsleitung auch an den eigenen, enorm großen Gebäudebestand denkt. Die Angst der Universität, von den Denkmalschutzbehörden entmündigt zu werden, wird zwar nicht direkt ausgesprochen, ist aber mit Händen greifbar. Die CAU machte sogar geltend, dass es für die Leitung einer Universität mit einem derartig hohen Gebäudebestand kaum möglich sei, alle Maßnahmen an den Gebäuden zu überblicken; sie also ungewollt in Konflikt mit dem Denkmalschutz geraten könne.

Als dann tatsächlich die Unterschutzstellung der Campusgebäude erfolgte, hat die Uni das als Katastrophe gedeutet. Sie hat umgehend im November eine Resolution vorgelegt und kritisiert, dass die Denkmalschutzbehörden notwendige Weiterentwicklungen erschweren würden. Ich denke, das ist falsch. Einige Veränderungen wurden bereits vorgenommen; immer im partnerschaftlichen Dialog mit den Fachleuten vom Denkmalschutz. Genau das sind sie nämlich, sachkundige Experten, deren kostenloser Rat dem Erhalt der Gebäude nutzen kann. Die baugeschichtlichen Fakten des Berichts haben auch mir noch einmal die Bedeutung der Universitätsbauten ins Gedächtnis gerufen. Ich finde, dass die Anregung des Kollegen Höppner gut ist, dass dieser Bericht nicht nur weiteren Beratungen im Ausschuss zugänglich sein sollte, sondern auch der Öffentlichkeit.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Er steht im Inter- net!)

- Ja, er steht im Internet, aber man kann daraus auch ein bisschen mehr machen, denn das ist ein sehr guter Bericht.

Die flächendeckende Eintragung der Campusgebäude ins Denkmalbuch hat aber Abwehr- und Angstreflexe ausgelöst. So kennt man das aus der Vergangenheit. Regelmäßig versetzte ein Denkmalschutzbescheid Hauseigentümer in Panik, weil die Denkmalschutzbehörden buchstäblich erst auf der Baustelle auftauchten und dann erst einmal pau

(Angelika Birk)

schal alle Veränderungen verbieten mussten, bis sie sich ein Bild machen konnten. Mit dem neuen Denkmalschutzrecht wurde ein neues Verhältnis zwischen Eigentümer beziehungsweise Bauherrn und dem Denkmalschutz begründet. Der Bericht der Landesregierung belegt eindrücklich diesen Wechsel von obrigkeitsstaatlicher Verbotsverwaltung hin zu einer pragmatischen Denkmalverwaltung. In dem Bericht steht es noch einmal schwarz auf weiß:

„Denkmalschutz bedeutet keine Veränderungssperre.“

Es liegt gerade im Interesse der Denkmalpflege, dass die Gebäude belebt sind. Das Gerede vom Museumsdorf auf dem Campus - denke ich - entbehrt damit also jeder Grundlage.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Denkmalschutzbehörden und Universitätsleitung sollten sich jetzt an die Arbeit machen und gemeinsam ein Entwicklungskonzept für den Campus der Christian-Albrechts-Universität entwickeln. Es ist alles schon auf einem guten Weg, weil dieser Antrag schon lange in der Beratung ist beziehungsweise wir ihn schon lange vor uns herschieben. Ich denke aber, auch dabei sollten die denkmalpflegerischen Belange mit den modernen Erfordernissen eines laufenden Universitätsbetriebes vereint werden. Auch das ist schon längst auf einem guten Weg.

Eine letzte Bemerkung zu der vorhin etwas akademisch geführten Diskussion über Denkmalschutz und die Geschichte des Denkmalschutzes: Ich finde, es ist eine Binsenweisheit, dass jede Generation die Geschichte neu schreibt. Dazu hat auch irgendeine kluge Person etwas gesagt, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnern kann. Der Satz war also so klug, dass ich mich allein an ihn erinnere. Ich denke aber, das Gleiche gilt auch für die Geschichte des Denkmalschutzes, für den Denkmalschutz als ins Stein gefasste Geschichte. Es ist von daher keine Überraschung, dass sich Denkmalschutz im Laufe der Jahrzehnte immer wieder verschiedene Schwerpunkte herauspickt. Das ist so, und darüber sollten wir auch kein großes Seminar halten, wir sollten im Ausschuss konkret sehen, wie wir mit diesem neuen Denkmalschutzgesetz umzugehen haben. Ich habe schon früher gesagt: Ich finde, das ist ein sehr gutes und pragmatisches Gesetz.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2519, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 17 auf:

Keine Landesmittel für den Ausbau von Lübeck-Blankensee

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2629

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Vorsitzenden der Fraktion, Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf meine Kleine Anfrage, Drucksache 16/2448, antwortete die Landesregierung, dass sie bereit sei, im Rahmen des Zukunftsprogramms Wirtschaft den Ausbau des Flughafens Lübeck zu subventionieren. Unser Antrag zielt deshalb darauf ab, genau dies zu verhindern und darüber hinaus die Hansestadt Lübeck vor einem finanziellen Desaster zu bewahren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Bisher glauben alle Ausbaubefürworter immer noch, dass der Flughafen aufgrund der Kostendegression irgendwann in die positiven Zahlen kommen wird, wenn die Zahl der Fluggäste nur ausreichend ansteigt. Dieser Glaube war offensichtlich auch nicht dadurch zu erschüttern, dass alle Regionalflughäfen in Deutschland im Minus sind, weil die Fluggebühren die Kosten nicht decken - auch Flughäfen, die das Sechsfache des Fluggästevolumens von Lübeck haben. Ohne diese Dauersubventionen durch den Steuerzahler würde nämlich keiner dieser Regionalflughäfen jemals angeflogen werden.

(Anke Spoorendonk)

Dass das so ist, hat Ryanair schon mehrfach deutlich gemacht. Jeder Versuch, an den Rahmenbedingungen der Regionalflughäfen etwas zu ändern das heißt, die Flughafengebühren zu erhöhen oder andere Maßnahme zu ergreifen, um die Flughäfen in die Gewinnzone zu bringen -, konterte Ryanair mit der Drohung, den entsprechenden Flughafen nicht mehr anzufliegen. Zuletzt geschah das vor zwei Wochen gegenüber dem Flughafen Weeze bei Münster, als das OVG Münster die Ruhezeit in der Nacht ausdehnte.

Weil das so ist, bedanke ich mich an dieser Stelle bei den Wirtschaftsprüfern der Uhlenhorster Treuhand GmbH, die in knappen und klaren Zahlen und Worten die Zukunftsaussichten des Flughafens Lübeck in einer Studie nachgerechnet und dargestellt haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Keine Werbung hier!)

Dieses Gutachten kommt zu folgendem Ergebnis: Betreibt man den Flughafen ohne zusätzliche Investitionen, dann wird im sogenannten Nullfall bis 2020 ein zusätzliches Defizit von 35 Millionen € aufgelaufen sein. Die heutige Verschuldung wird sich also bis dahin glatt verdoppeln. Das ist der Nullfall ohne Investitionen.

Wird aber der geplante Ausbau wie im Planfeststellungsbeschluss realisiert, dann müssen einschließlich moderaten Preissteigerungen circa 130 Millionen € investiert werden. Bis 2020 werden davon nach Plan 10 Millionen € getilgt sein. Dafür werden aber bis dahin weitere 100 Millionen € neue Schulden aus dem Betrieb und der Kreditbedienung aufgelaufen sein.

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Betrachtet man aber anstelle des Nullfalles den angestrebten Planfall - der Planfall bedeutet, dass sich die Fluggastzahlen vervierfachen, Kollege Schröder -, wenn dieser Planfall also eintritt, dann kommt es nicht etwa besser. Das sind 3,2 Millionen Fluggäste, die im Planfall angestrebt werden; heute sind es 600.000. Kommen wir also zu diesem Planfall: Die angestrebte Vervierfachung der Fluggastzahlen bedeutet, dass die Defizite und die Investitionsnotwendigkeiten noch stärker ansteigen und nicht etwa sinken.

Aber die angestrebte Vervierfachung der Fluggastzahlen ist mit dem geplanten Ausbau überhaupt nicht realisierbar; denn eine solche Steigerung würde bedeuten, dass im Jahresdurchschnitt tagtäglich

alle fünf Minuten eine Maschine starten und landen müsste.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es kommt auf die Größe der Maschine an!)

- Nein, darauf kommt es nicht an.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Natürlich!)

- Die Frage der Slots hängt vor allen Dingen von der Anzahl der Maschinen ab, nicht von deren Größe.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Die Frage der Pas- sagiere hängt von der Größe der Maschine ab!)

Es wird eine Zahl von durchschnittlich 57 Fluggästen pro Maschine angenommen. Alle Zahlen, die die Gutachter genommen haben, sind Originalzahlen der Flughafenplanung, keine anderen.

Eine Steigerung der Fluggastzahlen würde bedeuten: alle fünf Minuten ein Flugzeug. Jetzt kommt der Clou: Das ist mit einer einzigen Landebahn gar nicht realisierbar. Wenn auf der gleichen Landebahn sowohl gestartet als auch gelandet wird, reichen die Kapazitäten nicht. Der Gutachter kommt also zu dem Ergebnis: Um die geplanten Passagierzahlen zu erreichen, muss der Flughafen zusätzlich ausgebaut werden und eine zweite Landebahn bekommen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Mehr Fluggäste pro Maschine!)

Außerdem reicht, wenn wie geplant ausgebaut wird, die Abfertigungshalle für die Passagiere nicht aus, um die geplanten Fluggastzahlen zu realisieren.

(Zuruf des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

- Ich zitiere nur den Gutachter, lieber Kollege Schröder, auch wenn es dich drückt.

Selbst wenn die angestrebten Fluggastzahlen zu erreichen wären, würde also das Defizit noch einmal erheblich über den Nullfall hinaus anwachsen. Eine Kostendeckung ist nicht absehbar, im Gegenteil. Selbst die Bezeichnung „Fass ohne Boden“ ist deshalb für den Flughafen Lübeck noch ein Euphemismus.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)