Protocol of the Session on May 7, 2009

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Dr. Stegner erwartet von mir eine große Rede. Ich will ihn nicht enttäuschen. Ich werde mich nicht mit ihm beschäftigen. Ich möchte sagen, dass die herausragenden Beiträge des Kollegen Callsen und des Kollegen Eichstädt eigentlich alles zum Thema gesagt haben, was man dazu sagen kann. Ich kann mich dem voll umfänglich anschließen.

Ich habe mich auch gefragt, was die Grünen veranlasst hat, zum heutigen Tag einen solchen Antrag zu stellen, und zwar vor allem deshalb, weil die Problembeschreibung und der Weg zur Problemlösung bereits in der Stellungnahme des Bundesrates enthalten sind. Mir ist aufgefallen, dass der Parteitag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stattfindet. Ich möchte dem Hohen Haus nicht ersparen, dass es wunderbare Meldungen über die Antragslage gibt. Darunter ist die folgende dpa-Meldung von heute, 13:38 Uhr:

„Wir wollen eine sendeleistungsabhängige Mobilfunksteuer einführen und die Möglichkeit schaffen, hochfrequenzfreie Gebiete als Lebensraum für elektrosensitive Personen auszuweisen.“

(Lachen bei der CDU)

Das ist ein hervorragender Beitrag zur Bewältigung der Krise, in der wir uns befinden. In diesem Zusammenhang macht die Diskussion über die Frage, ob wir Mobilfunk auch im Breitbandbereich nutzen können oder nicht, sicherlich viel Sinn.

Im Ernst: Ich gehe davon aus, dass der Landesregierung bewusst ist, dass es zur Förderung unserer Kulturschaffenden und zur Erhaltung ihrer Möglichkeiten selbstverständlich ist, die Beeinträchtigungen, die wir selbst alle wahrnehmen, wenn wir uns hier im Saal befinden, zu lösen. Wenn wir hier im Saal ein Handy dabei haben, dann sehen wir, dass der Redefluss durch Störfrequenzen unterbrochen werden kann. Diese Beeinträchtigungen finanzieller und tatsächlicher Art müssen ausgeglichen werden. Hier vertraue ich mit dem Hohen Haus gemeinsam - außer mit den Grünen - auf die Standhaftigkeit der Landesregierung, zumal wir von kompetenten Partnern aus der Union und der SPD Herr Kollege Dr. Stegner - gestützt werden. Hier verlasse ich mich auf die Zusagen des Kollegen Eichstädt. Ich wünsche uns noch einen schönen Nachmittag.

(Beifall bei FDP, CDU und vereinzelt bei der SPD)

Für den SSW im Landtag erteile ich der Frau Vorsitzenden, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Breitbandversorgung des ländlichen Raums bis Ende 2010 ist das Versprechen der Kanzlerin an die Wirtschaft und an die Bürgerinnen und Bürger, die derzeit noch nicht in den Genuss eines Breitbandzugangs gekommen sind. Etwa 12 % der Bevölkerung im ländlichen Raum sind von diesem Infrastrukturdefizit betroffen. Gleiches gilt für die dort ansässigen Betriebe. Daher besteht auch die Forderung vonseiten der Wirtschaft nach einem deutlich schnelleren Internet, um Wettbewerbsvorteile oder -nachteile zu vermeiden. Die schnelle Versorgung durch Internet hat sich mittlerweile zu einem Standortkriterium für die Ansiedlung neuer Betriebe entwickelt. Sie hat sich auch zu einem Kriterium für die Entscheidung darüber entwickelt, wo man sich häuslich niederlassen möchte. Das soll heißen, das schnelle Internet hat sich binnen weniger Jahrzehnte zu einem genauso entscheidenden Infrastrukturfaktor entwickelt wie Elektrizitäts-, Wasser- oder Abwasseranschlüsse.

Um die Unterversorgung zu lösen, hat die Kanzlerin eine zweiteilige Ausbaustrategie vorgelegt. Zum einen sollen mit den Mitteln aus dem Konjunkturprogramm Leerrohre verlegt werden, in die die Anbieter ihr Breitbandkabel ziehen können. Zum anderen sollen ungenutzte beziehungsweise frei werdende Rundfunkfrequenzen für die drahtlose Internetversorgung zur Verfügung gestellt werden. Damit komme ich zu dem Antrag der Grünen.

Aus der Begründung des Antrags geht hervor, wo die Probleme liegen können, wenn die Bundesregierung die frei werdenden Frequenzen künftig für breitbandige Mobilfunkanwendungen zur Verfügung stellen will. Ich wiederhole noch einmal aus der Begründung: Es können Störungen von Funkmikrofonen oder auch im Bereich des Kabelfernsehen auftreten, die aufgrund der hohen Feldstärken der mobilen Internetübertragung entstehen können. Labor- und Feldversuche bestätigen diese Befürchtungen, sagen die Grünen. Die Bundesnetzagentur hat für den genannten Frequenzbereich bis Ende 2015 die Zusage erteilt, dass auch drahtlose Funk

mikrofone diesen Frequenzbereich nutzen dürfen. Das dürfen sie auch weiterhin, jedoch mit dem Unterschied, dass es rein praktisch so nicht mehr machbar sein wird. Ich denke, das wäre so, als würde man eine Wohnung zweimal vermieten, ohne dass eine Regelung für die bestehenden Mieter gefunden ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kurz gefasst sieht die Problematik wie folgt aus: Auf der einen Seite besteht die durchaus berechtigte Forderung nach einer flächendeckenden schnellen Internetversorgung. Auf der anderen Seite gilt die ungestörte Nutzung des Frequenzbereichs für Kultur- und Sportveranstaltungen oder auch durch Medienunternehmen. Wir unterstützen den Antrag der Grünen daher grundsätzlich, dass vor einer Zuteilung der Frequenzen für mobiles Internet die Auswirkungen auf die drahtgebundene Rundfunkverbreitung sowie auf die anderen Nutzer umfassend geprüft werden sollten. Wir brauchen bei solchen Entscheidungen grundsätzlich eine Technologiefolgenabschätzung. Dieser Meinung sind wir schon.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hätten uns gewünscht, dass dieser Antrag im Ausschuss noch eine Runde hätte drehen können. Das wäre angemessen gewesen.

(Johannes Callsen [CDU]: Dafür ist er zu spät eingereicht worden!)

- Ja, das ist nicht möglich. Das sage ich auch. Es wäre aber angemessen für einen solchen Antrag gewesen. Es soll jetzt in der Sache entschieden werden. Für die SSW will ich sagen: Eigentlich wollten wir dem Antrag in der Sache zustimmen. Mich hat aber der Beitrag des Kollegen Eichstädt überzeugt. Daher werden wir uns der Stimme enthalten.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und SPD)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Spoorendonk, der Kollege Eichstädt hat sich um die entscheidende Frage herumgedrückt. Ich habe nicht alle Ausschussvoten nachgesehen, aber im Bundesrat und in den Gremien ist das sehr nebulös gehalten. Es wird

gesagt, dass eine Lösung gefunden werden muss. Das technische Problem wird nicht geleugnet. Es wird von Entschädigung geredet. Es ist aber überhaupt nicht klar, wie die Bundesregierung die zukünftigen Nutznießer der neuen Regelung definiert. Es wird nicht definiert, zu welchen Anteilen sie sich an der Entschädigung beteiligen wird und wie man diese Entschädigung beantragt.

Sie müssen also demnächst, wenn irgendein Schützenverein ein Fest veranstaltet und plötzlich feststellt, die ganze Anlage funktioniert nicht mehr, es gibt Störgeräusche, einen Antrag auf Entschädigung stellen. Jedes kleine Theater, jeder Sportveranstalter, wenn er sich in diesem Bereich aufhält, ist betroffen. Da, wo diese Frequenzen keine Rolle spielen, ist das nicht der Fall. Wenn Leute, die sich damit befasst haben, schon sagen, dass es sich allein im kulturellen Bereich um 2 Milliarden bis 3 Milliarden €, es war sogar von 3,5 Milliarden € die Rede, handelt, geht es doch nicht mehr um Summen, die man einmal eben aus der Westentasche zahlt. Insofern ist das schon regelungsbedürftig, bevor man so weitreichende Entscheidungen trifft.

Nun noch einmal zum Grundsätzlichen: Uns hier zu unterstellen, wir wären gegen Breitbandverkabelung und wir wären gegen die schnelle Nutzung des Internets im ländlichen Raum, das ist einfach unlauter. Das hat hier niemand gefordert.

(Zuruf des Abgeordneten Johannes Callsen [CDU])

Aus anderen Beiträgen zur Medienpolitik ist von uns auch bekannt, dass wir diese grundsätzlichen Bedenken nicht haben, die man uns unterstellt. Es geht um ein ganz konkretes Problem, für das man eine Lösung finden muss; die kann man auch innerhalb von Wochen und Monaten finden, dazu braucht man nicht Jahre. Wir fordern nichts weiter, als dass die Entscheidung verschoben wird, dass diese Entscheidung nicht am 15. Mai 2009 fällt, dass sich Schleswig-Holstein dafür einsetzt und dieser Entscheidung am 15. Mai 2009 nicht zustimmt - nicht mehr und nicht weniger. Vielleicht kann sich der SSW doch noch einmal einen Stoß geben - vielleicht auch andere.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt das Wort.

(Anke Spoorendonk)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Birk, es hat doch niemand bestritten, dass diese Problematik besteht. SchleswigHolstein ist ja keine Insel, auf der das plötzlich auftritt, weil die Grünen das möglicherweise entdeckt haben, sondern das ist natürlich eine Problematik, die bei der Vergabe dieser Frequenzen auftritt. Aber ich habe gesagt: Sie ist handlebar.

Im Moment ist der Bundesrat mit einem Eckpunktepapier und einer Stellungnahme an die Bundesnetzagentur beschäftigt. Ich habe gesagt, dass all Ihre Bedenken in diesem Papier - lesen Sie das doch einmal in der Drucksache nach - abgehandelt und problematisiert werden

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Aber nicht gelöst werden!)

und dass dort gefordert wird, dass sichergestellt wird, dass entweder andere Frequenzen vergeben werden oder dass in den anderen Fällen die Kosten aus den Erlösen der Frequenzversteigerung finanziert und übernommen werden.

Die Probleme sind da, aber Sie können doch jetzt nicht sagen, dass die Nutzung der digitalen Dividende bei uns in Deutschland plötzlich als exklusives Problem auftritt. Wir befinden uns da eher am Ende der Reihe. Viele andere Länder haben da schon Erfahrungen gesammelt und sind schon lange dabei. Martin, das musst du eigentlich auch wissen.

Wir haben jetzt fünf Jahre Zeit. Die tatsächliche Vergabe wird nicht morgen oder auch nicht am 16. Mai 2009 vorgenommen, sondern davor wird es die Vergabe und die Beratung über den Beirat der Bundesnetzagentur geben, in dem - das nur nebenbei - auch wieder alle Länder vertreten sind, auch das Land Schleswig-Holstein. Bis dahin, in dieser Zeit, werden die Probleme zu lösen sein.

Die Anmerkung der Probleme - mehr können wir doch im Bundesrat in dieser Phase nicht machen -, die Sie genannt haben, sind alle darin enthalten, allerdings etwas weniger hysterisch. - Vielleicht hätte ich das jetzt nicht sagen dürfen. Durfte ich das, Herr Präsident? - Doch, er hat nichts gesagt.

(Zuruf der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ich habe das zu Ihnen gesagt. Ich glaube, wir sind hier nicht unter Männern, liebe Kollegin.

Ich glaube, es ist in Ordnung, wenn wir das so zur Kenntnis nehmen, was die Landesregierung im Bundesrat mit auf den Weg gebracht hat.

Ich habe am Ende ausdrücklich gesagt, es wäre durchaus schöner gewesen, wenn man im Rahmen des Parlamentsinformationsgesetzes diese Problematik auch einmal dem zuständigen Ausschuss zugeleitet hätte. Aber auch dies kann nur ein Appell für die Zukunft sein.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Henning Höppner [SPD], Johannes Callsen [CDU], Wolfgang Kubicki [FDP] und Lars Harms [SSW])

Für die Landesregierung hat der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herr Dr. Jörn Biel, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von den Herren Abgeordneten Callsen und Eichstädt ist das Wesentliche gesagt worden, deshalb will ich mich sehr kurz fassen.

Für die Befassung im Bundesrat wird zurzeit mit Unterstützung Schleswig-Holsteins eine Entschließung zur Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vorbereitet. Wahrscheinlich wird es irgendwann dafür einmal eine Abkürzung geben. Diese wird fordern, dass vor der tatsächlichen Frequenzvergabe und Nutzung der digitalen Dividende für die Störfallproblematiken für drahtlose Produktionsmittel und für die Rundfunkübertragung eine befriedigende Lösung aufzuzeigen ist. Außerdem wird der Bundesrat fordern, den Nutzern von drahtlosen Mikrofonen bereits vor Beginn des Versteigerungsverfahrens ein gleichwertiges Ersatzspektrum verbindlich zu benennen. Die Bundesnetzagentur wird daher in der nächsten Woche ihrem Beirat ein Konzept für die Frequenzzuteilung für drahtlose Mikrofone und sonstige Reportageund Funkanlagen vorlegen.

Damit ist davon auszugehen, dass die Belange der drahtlosen Mikrofone hinlänglich berücksichtigt werden. Der Bundesrat erwartet zudem, dass unvertretbare Umstellungskosten aus der Frequenzverlagerung erstattet werden. Auch die Bundesregierung hat diese Forderung grundsätzlich anerkannt, wie sich aus dem Entwurf der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung ergibt.

Noch einmal: Wir brauchen die Änderung der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, damit auch mit Hilfe dieser Frequenz möglichst schnell

die Lücken der Breitbandversorgung im ländlichen Raum geschlossen werden können.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Das ist gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein von großer Bedeutung, denn wir rechnen damit, dass mehr als 300 Gemeinden momentan unterversorgt sind.

Dabei sind selbstverständlich die berechtigten Anliegen des Rundfunks und der drahtlosen Produktionsmittel in angemessener Weise zu berücksichtigen. Die praktische Umsetzung der Verordnung wird auf der nächsten Ebene des Frequenzmanagements durch die Bundesnetzagentur erfolgen. Dabei ist eine intensive Zusammenarbeit mit den Ländern sichergestellt. Herr Eichstädt machte darauf bereits aufmerksam. Diese ist unter anderem institutionalisiert in Form des Beirates bei der Bundesnetzagentur, in der 16 hochrangige Ländervertreter - meist die zuständigen Minister - mit beschließen. Die Öffentlichkeit wird in Form einer Anhörung zu den Frequenzvergabegrundsätzen beteiligt.

Die berechtigten Interessen der Beteiligten werden also ausreichend berücksichtigt. Die Probleme sind nach unseren Erkenntnissen auch lösbar. Was wir zusätzlich zu diesem Verfahren nicht brauchen können, sind weitere Warteschleifen. Deshalb wäre es auch nicht hilfreich, wenn der Antrag hier im Haus eine Mehrheit finden würde. Geben Sie den Menschen und der Wirtschaft im ländlichen Raum eine Perspektive zur besseren Breitbandversorgung, und lassen Sie uns das Verfahren nicht weiter verzögern.