Protocol of the Session on May 7, 2009

Das bedeutet im Klartext: Für eine saubere und stabile Übertragung des Audiosignals ist eine Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger dringend erforderlich. Der Vorteil der Bewegungsfreiheit der Mikrofonträger und die sendesichere Überbrückung auch unter schwierigen Bedingungen wären also hinfällig. Die Mikroportanlagen wieder auf einen Frequenzbereich des Rundfunks zu legen, wo sie wieder nur als Sekundärnutzer senden können, ist ebenso wenig praktikabel, da sich durch die Digitalisierung die Frequenzauslastung im Rundfunkband ebenfalls verändert hat. Das DVB-T-Signal stört bei paralleler Nutzung das Signal der Mikroportanlagen ebenfalls erheblich.

Auch der Verband Deutscher Kabelnetzbetreiber befürchtet erhebliche Störungen durch die geplante Nutzung bisheriger Rundfunkfrequenzen. In vie

(Präsident Martin Kayenburg)

len Regionen würde dadurch die Angebotsvielfalt eingeschränkt werden. Ich sehe schon: Deutschlandfunk oder so etwas können wir demnächst vielleicht nicht mehr hören. Das bedeutet im Klartext, allen Anbietern stehen erhebliche Umrüstungsaufgaben ihrer Mikrofonanlagen bevor.

Im Bundesratsausschuss für Kultur war Schleswig Holstein Berichterstatter zu diesem Thema - wovon wir bedauerlicherweise nichts wussten. Zweifel an der neuen Regelung haben NRW, Rheinland Pfalz und eine Reihe anderer Länder im Kulturausschuss des Bundesrates geäußert. Wie gesagt, verschiedene große Vereinigungen warnen vor erheblichen Kosten. Allein die Stadt Kiel hat ausgerechnet, für das Theater würde das 300.000 € bedeuten. Allein für die bundesweiten Kultureinrichtungen würden das je nach Schätzung 2,5 bis 3,5 Milliarden € bedeuten. Dies kann niemand wollen. Diese Art von Konjunkturpaket III würde sicherlich nie beschlossen. Selbst wenn es beschlossen würde, würde niemand sicherstellen, dass die Verursacher, nämlich die Mobilfunkindustrie, die Kosten tatsächlich bezahlen - abgesehen von der großen Bürokratie, die notwendig wäre. Über dieses Thema haben wir gerade gesprochen.

Um dieses Risiko zu vermeiden, fordern wir den Ministerpräsidenten, fordern wir die Regierung auf: Keine Zustimmung im Bundesrat am 15. Mai! Ziehen Sie die Notbremse! Es muss eine Technikfolgenabschätzung stattfinden. Es muss eine neue Frequenzbereichsverhandlung stattfinden. Dieses Desaster müssen wir unbedingt vermeiden. Dem können wir keinesfalls zustimmen. Das würde bedeuten: Augen zu und durch, und wir alle hätten den Schaden davon.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Johannes Callsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen behandelt ein Thema, auf das viele von uns wohl angesichts des sperrigen Titels nicht sofort gekommen wären. Ich dachte eigentlich, aufgrund der Länge des Titels müsste einem die doppelte Redezeit zustehen. Ich will den Grünen aber danken, weil es im Kern bei diesem Antrag um die Frage geht: Wie nutzten wir moderne Technologien, um den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein weiter voranzubringen?

Durch die Umstellung auf die digitale Technik ist es nämlich möglich, die bestehenden Frequenzen deutlich effektiver zu nutzen. Ich möchte einen Aspekt besonders betonen: Die zusätzlich frei werdenden Kapazitäten können und müssen für Breitband-Internetverbindungen über Funk genutzt werden. Das sind die Segnungen der modernen Technologie. Schleswig-Holstein wird davon profitieren.

Aus dem Antrag der Grünen lese ich genau das heraus - das ist eben auch deutlich geworden -, was wir in Deutschland nicht brauchen, nämlich verbissene Technologieskepsis und Bedenkenträgerei.

(Beifall des Abgeordneten Niclas Herbst [CDU])

Sie können doch nicht ernsthaft den auf der einen Seite dringend notwendigen DSL-Ausbau in Schleswig-Holstein wollen - oder zumindest so tun als ob - und auf der anderen Seite dieses Ziel durch Bedenken konterkarieren.

Um es deutlich zu sagen: Auch die Menschen auf dem Land in Schleswig-Holstein haben ein Recht auf schnelle Internetverbindungen. Wir sollten alles tun, um die technischen Möglichkeiten für den Ausbau des Breitbandnetzes zu nutzen.

Es geht nicht darum, dass wir gewisse Bedenken nicht ernst nehmen. Aber es kann doch nicht sein, dass wir die Potenziale, die sich durch die sogenannte digitale Dividende eröffnen, einfach verschenken. Immerhin geht es laut einer Studie der EU-Kommission um einen Gegenwert von rund 70 Milliarden € in Europa. Ich sehe es in meinem Wahlkreis, viele der Kolleginnen und Kollegen sicherlich auch: Viele Bürgerinnen und Bürger in den ländlichen Regionen haben noch keinen Zugang zum Breitbandinternet. Dabei ist es gerade dort für die Mittelständler, für die KMUs, sehr wichtig, über schnelle Verbindungen zum World Wide Web zu verfügen.

Das Verlegen neuer Kabel ist sehr kostspielig, auch nicht überall wirtschaftlich darstellbar. Wir erhalten über das Konjunkturpaket zusätzliche Mittel für diese Maßnahmen. Die CDU-Fraktion wird dafür Sorge tragen, dass im Landesentwicklungsplan der weitere Ausbau des Breitbandnetzes festgeschrieben wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen dennoch jede Initiative, jede Chance, die es uns ermöglicht, alternative Zugänge zum schnellen Internet bereitzustellen, insbesondere dort, wo die Verlegung neuer Kabel unwirtschaftlich ist.

(Angelika Birk)

In diesem Zusammenhang möchte ich mich ganz besonders bei unserem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen bedanken. Er hat Ende April eine Kooperationsvereinbarung mit mehreren Glasfasernetzbetreibern unterzeichnet. Dadurch können wir jetzt bestehende Infrastrukturen besser nutzen und damit Lücken im Breitbandnetz in SchleswigHolstein schließen. Wir sind damit erneut bundesweit Vorreiter.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Wunderbar!)

Kommen wir zurück zur Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung. Ich halte fest: Die Neuordnung der Frequenzbereiche hilft Schleswig-Holstein, die flächendeckende Versorgung mit DSL in absehbarer Zeit zu realisieren. Wir sollten diese Verordnung deshalb baldmöglichst verabschieden, damit wir nicht noch mehr Zeit verlieren. Es wird auf politischer Ebene alles getan - so die Zusagen aus Berlin -, um die Probleme mit Sekundärnutzern, die hier angesprochen wurden, zu verhindern und die von Ihnen befürchteten Beeinträchtigungen zu vermeiden. Die Bundesregierung wird auf internationaler Ebene initiativ tätig werden, damit alternative Frequenzbereiche für die Sekundärnutzer bereitgestellt werden können. Auch die Bundesnetzagentur, die als sehr verlässlich gilt, wird mögliche Störungsquellen managen und beseitigen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Befürchtungen der Grünen gegenüber den möglichen neuen Frequenzbereichen sind daher aus meiner Sicht deutlich überzogen. Wir müssen Warnungen ernst nehmen und die Interessen aller berücksichtigen. Ich bin aber zuversichtlich, dass sich eine für alle tragfähige Lösung finden wird. Die Versorgung mit Breitbandinternet in ganz Schleswig-Holstein hat für die CDU-Fraktion nach wie vor oberste Priorität. Es bleibt dabei: Wir wollen diese neue Technologie nutzen. Die angesprochenen Bedenken werden in dem bisherigen Verfahren ausreichend gewürdigt und berücksichtigt. Das Risiko, dass es zu ernsthaften Störungen kommt, wird allgemein als sehr gering eingeschätzt. Ich sehe daher keinen Anlass für einen weiteren Aufschub und beantrage Ablehnung dieses Antrags.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich sage nur: Elektrosmog!)

Für die Fraktion der SPD hat der Herr Abgeordnete Peter Eichstädt das Wort.

(Zuruf: Hat er überhaupt ein Handy? - Hei- terkeit)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Problematik im Zusammenhang mit der Vergabe von Frequenzen im Bereich von 790 bis 862 MHz ist von durchaus erheblicher Bedeutung. Allerdings gibt es nicht wirklich einen Anlass für den Beschluss, wie ihn die Grünen hier vorschlagen. Frau Birk, nach Ihrem Redebeitrag würde ich sagen: Ich finde es eigentlich schade, dass ein Thema, das durchaus wichtig ist und Betrachtung verdient, von Ihnen mit dieser Art der Hysterie versehen wird.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das finde ich auch!)

Das ist einer Problematik, die bei vernünftiger Betrachtung durchaus lösbar ist, überhaupt nicht angemessen.

(Beifall bei SPD und CDU)

In meinem Beitrag wird deutlich werden, worum es eigentlich geht.

Ausgangspunkt der Diskussion um die Neuverteilung ist die sogenannte digitale Dividende. Was ist das? - Durch den Umstieg bei Rundfunk und Fernsehen von der analogen auf die digitale Technik werden Teile der bislang für die terrestrische Verbreitung von Rundfunk- und Fernsehsignalen benutzten Frequenzspektren frei. Der Gewinn in Form von frei werdenden Frequenzen wird als digitale Dividende bezeichnet.

Diese frei werdenden Frequenzen könnten in verschiedenster Weise verwendet werden. Die für Schleswig-Holstein wichtigste Verwendungsmöglichkeit ist die einer breitbandigen Internetversorgung für den ländlichen Raum. Gleichzeitig nehmen auch die Rundfunkanstalten, die diese Frequenzen frei machen, für sich in Anspruch, weiterhin Frequenzen für den Ausbau und die Weiterentwicklung von Rundfunk- und Fernsehübertragungen für sich zu behalten. Das sollen sie auch.

Es ist erkennbar, dass es um diese im Rahmen der digitalen Dividende zu vergebenden Frequenzen das sind noch mehr als die hier angesprochenen; das ist nur ein kleiner Teil - einen Streit verschiedenster Interessengruppen, im Wesentlichen der Rundfunkveranstalter und der Mobilfunkanbieter für Handyleistungen, aber auch für Breitbandversorgung geben wird.

(Johannes Callsen)

Zum einen muss den Rundfunkanbietern - das ist meine Überzeugung - die Möglichkeit offengehalten werden, sich weiterzuentwickeln. Dafür müssen sie auch Frequenzen behalten. Daneben sollen aber ausreichend Frequenzen zur Verfügung stehen, um den Internetausbau/DSL in den ländlichen Bereichen zu gewährleisten.

Die Bundesnetzagentur hat ein Eckpunktepapier für die Vergabe dieser Frequenzen erstellt, zu dem der Bundesrat am 15. Mai 2009 eine Stellungnahme beschließen wird. Diese Stellungnahme ist der Drucksache 204/09 des Bundesrats enthalten. Man hätte sich dort informieren können. Darin werden nämlich die von den Grünen angesprochenen Aspekte umfänglich berücksichtigt.

Es ist notwendig - das ist ganz klar -, dass bei der Vergabe der Frequenzen darauf geachtet wird, dass sowohl ein störungsfreier Rundfunkempfang gewährleistet ist, als auch diverse drahtlose Produktionsmittel ein gleichwertiges und hinreichendes Ersatzspektrum erhalten. Dazu gehören auch die hier angesprochenen drahtlosen Kommunikationsmittel im Bereich der Kultur- und Bildungseinrichtungen, bei Sportveranstaltungen und Ähnlichem. Auch die Kommunen nutzen solche Geräte. Bis zum Jahr 2015 werden diese den hier genannten Frequenzbereich weiter nutzen können. Danach sollen ihnen Frequenzen zugewiesen werden, die eine Störung durch andere Nutzungen ausschließen. Diese Umstellung kostet Geld. Deshalb fordert der Bundesrat in seiner Stellungnahme von der Bundesnetzagentur, dass mögliche Kosten der Anbieter solcher Dienste durch zu erwartende Erlöse aus den Versteigerungen der Frequenzen ausgeglichen werden. Ich erinnere hier an die Versteigerung der UMTSFrequenzen. Ganz so viel wird es hier nicht werden.

Festzuhalten ist: Mit der Änderung der - jetzt kommt noch einmal dieses Wortungetüm - Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung -

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Bitte?)

- Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung. Ich habe auch gedacht: Wer sich solch ein Wort ausdenkt, der muss sich für Breitbandübertragungen aussprechen. Herr Kollege, ich wiederhole das jetzt nicht. Damit wird nur ein erster Schritt in die Richtung der Nutzung der Frequenzen in diesem Bereich für die mobile breitbandige Internetversorgung im ländlichen Raum getan. Die weitere Umsetzung bedarf der intensiven Abstimmung mit dem Bund und den Ländern.

Es ist davon auszugehen, dass die Bundesnetzagentur bei der Versteigerung dieser Frequenzen Erlöse

erzielt. Mit diesen Erlösen sollen auch die Kosten der Sekundärnutzer und der Hersteller, die diese durch die Umstellung auf andere Frequenzbereiche haben, ausgeglichen werden. Der Bundesrat sagt deshalb in seiner Stellungnahme, dass der Bund den die Frequenzen bisher nutzenden Kultur- und Bildungseinrichtungen beziehungsweise den sie tragenden Kommunen oder Ländern die Umstellungskosten in geeigneter Form erstattet.

Was bleibt? - Die Forderung der Grünen, vor der tatsächlichen Frequenzvergabe die Störproblematik für drahtlose Produktionsmittel ebenso wie für leitungsgebundene und nichtleitungsgebundene Rundfunkübertragung zu prüfen und eine befriedigende Lösung aufzuzeigen, ist in der Stellungnahme des Bundesrats bereits enthalten. Die Nutzung der digitalen Dividende zu verzögern, liegt nicht im Interesse des Landes Schleswig-Holstein. Die von uns allen gewünschte baldige Versorgung aller ländlichen Bereiche mit Breitbandtechnologie ist für die Wirtschaft mindestens genauso wichtig wie mancher Bau einer Autobahn. Sie ist aber auch für die Bildung und die Kultur in unserem Land wichtig.

Herr Kollege, achten Sie bitte auf die Redezeit.

Ich komme zum letzten Satz. - Es bleibt festzustellen, dass die Problematik im Begründungsteil dieses Antrags der Grünen zwar richtig beschrieben ist, dass die Begründung in diesem Fall allerdings deutlich besser ist als der Antrag selbst. Trotzdem will ich sagen, dass es im Rahmen des Parlamentsinformationsgesetzes noch vorbildlicher gewesen wäre, wenn die Landesregierung den Landtag zu einem früheren Zeitpunkt über diese doch sehr wichtige Problematik informiert hätte. Dies richte ich an die Landesregierung.

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion der FDP hat der Oppositionsführer und Fraktionsvorsitzender, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, das Wort.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Jetzt kommt be- stimmt eine große Rede!)

(Peter Eichstädt)

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege Dr. Stegner erwartet von mir eine große Rede. Ich will ihn nicht enttäuschen. Ich werde mich nicht mit ihm beschäftigen. Ich möchte sagen, dass die herausragenden Beiträge des Kollegen Callsen und des Kollegen Eichstädt eigentlich alles zum Thema gesagt haben, was man dazu sagen kann. Ich kann mich dem voll umfänglich anschließen.